Barthspitze und Hochglück - Zweigipfeltour über dem Hochglückkar


Publiziert von Wagemut , 10. Juli 2017 um 15:27.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:26 Juni 2017
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Alpengasthof Eng
Kartennummer:AV-Karte Karwendelgebirge Ost 5/3 und Karwendelgebirge Mitte 5/2

Eine Frage, die sich bei der Besteigung der Barthspitze und dem Übergang zum Hochglück stellt, ist: Gehts nicht ein Ideele leichter, weniger brüchig? Ein Uraltführer, der sog. "Hochtourist", ein dreibändiges Führerwerk, dass im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aufgelegt wurde, liefert hier wertvolle Hinweise! Vor allem war für mich interessant, ob sich die heiklen IVer Stellen am NO-Grat des Hochglück umgehen ließen. Mit Georg, welcher sich hier recht gut auskennt und auch den Tipp mit dem Führer gegeben hat, war der ideale Tourenpartner gefunden.

Schafkarspitze Nordwestwand, III., Erstbegehung Josef Enzensperger.

Zunächst richten wir unser Augenmerk auf einen anderen interessanten "Weg", der Nordwestwand der Schafkarspitze. Die Route wurde angeblich von J. Rinshofer und Gef. (Gefolge) 1920 erstbegangen; aus den Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Bd. 23, S.120, ist jedoch zu entnehmen, dass die Tour bereits 1897 bekannt war. Da man von der Eng solchermaßen verhältnismäßig schnell die Grathöhe östlich der Barthspitze erreichen kann, das im Bericht Hochglück (2573 m) - der lange Grat von der Lamsenspitze beschriebene " Erholungsstück... zum genussvollen Dahinschlendern", bot sich diese Route an.  
Die Tour beginnt in der Eng. Auf schönen und bekannten Wegen steigen wir aussichtsreich am Kirchl vorbei hinauf ins Hochglückkar. Die Wiesen stehen in voller Blüte. Im Sommer trifft man fast obligatorisch auf weidende Schafe mit verteidigungsbereiten Böcken und kleinen Lämmern. Kleiner Tipp für Städter: Wenn hinten zwei große Dinger baumeln, sind das nicht zwingend Euter, sondern tatsächlich...

Im mittleren Karboden des Hochglückkars angekommen, steigen wir nicht weiter Richtung Westl. Hochglückscharte, sondern folgen den Steigspuren und Gamswechseln nach links in den östlichen Teil des Kares. Vor dem Nordgrat (Kaisergrat) der Schafkarspitze folgen wir einer weit heraufreichenden Schnee- und Schuttzunge, welche unter einem auffallenden großen Kamin endet. Ca. 25 m vor dem Kamin folgen wir einem Band nach links. Durch eine kurze Verschneidung weiter nach links und im Zickzack immer den Weg des geringsten Widerstands nehmend durch Rinnen gerade empor. Vor dem Erreichen des Westgrats der Schafkarspitze steilt das Gelände etwas auf und wir suchen uns einen geeigneten Durchschlupf zur Grathöhe.
Dieser Aufstieg wirkt aus der Ferne problematischer, als er ist, alpine Erfahrung und Orienterungssinn sind aber auch hier unabdingbar. Es handelt sich vor allem um Schrofengelände mit gelegentlichen Kletterpassagen zwischen II. und  III-. Im Abstieg dürfte die Wegfindung schwerer fallen. Wenn man die Route kennt, böte sie im Notfall jedoch eine bessere Abstiegsmöglichkeit, als die von der Schafkarscharte gen Norden.

Übergang zur Barthspitz, III.

Hier gibt es zum Bericht vom 83er Stefan, Yeti69 und Uwe nichts hinzuzufügen. Der Grat verlangt sehr vorsichtiges Klettern! Besonders ist mir die erste Stelle Abkletterselle nach dem Gehgeländeabschnitt in Erinnerung geblieben, zu sehen auf diesem Bild unserer "Vorgänger". Nach ca. zwei Metern Abklettern muss man schaun, dass man wieder nach rechts zur kleinen Scharte hinaufkommt, da es unterhalb bröselig abbricht. Unser kurzes Halbseil haben wir nicht ausgepackt. Wenn man aber den zur Verfügung stehenden  Blöcken vertraut, kann man sich auf dem Grat sellenweise Abseilen oder Sichern, wobei es fraglich ist, ob bei einem Sturz die Sicherung halten würde!

Abstieg zur Schafkarscharte, I-III-.

Im Vergleich zum vorhergehenden Abschnitt geht es erstmal entspannt auf dem Grasband durch die plattige Südseite abwärts. Wir erreichen wieder den Grat und steigen in eine Rinne ein, die parallel, nördlich des Grats verläuft. Leider handelt es sich aber nicht um die im AV-Führer bechriebene. Die richtige verläuft ganz knapp unterhalb des Grats, unsere holt weiter nach Norden aus und ist komplizierter abzuklettern, da sie sich weiter unten noch einmal verzweigt. Doch schließlich können wir über brüchige Schrofen wieder zum Grat queren. Ein Blick zurück offenbart uns die einfachere Abstiegsrinne. Wir haben die Schafkarsscharte erreicht. Passender sollte man sie als zerklüfteten, grathaften, 250 m breiten (oder: langen) Sattel bezeichnen. Um das westliche Ende der Scharte zu erreichen, kann man sich auf der Grathöhe halten oder einfacher aber schrofig-brüchig südlich umgehen. Ein schwierige Abkletterstelle am Schartengrat, relativ am Anfang, kann man nicht gut umgehen; dies kann man hier sehen. Danach bietet es sich eigentlich eher an, auf dem Grat (bis zum Westende der Scharte) zu bleiben, da einen keine großen Schwierigkeiten mehr erwarten.

Aufstieg zum Hochglück über nordseitiges Band und oberen NO-Grat, III+.

Von der Schafkarscharte klettern wir nur ca. 3 m an der Kante hinauf zu einem Absatz, III-. Der eigentliche, stark zerrissene NO-Grat (IV.) biegt von hier links ab. Wir folgen jedoch einem sehr deutlichen Gamswechsel, der erst fast waagrecht, dann in angenehmer Steigung die Nordseite quert. Dort wo der Grat nach Westen umbiegt, klettern wir über steile, aber gut gangbare Schrofen hinauf in eine größere Scharte im Grat. Der weitere Grat bis zum Gipfelaufbau des Hochglück ist ein wahrer Genuss, da das meiste fest ist. Es mogeln sich immer mal wieder ein paar IIIer Stellen dazwischen, aber diese sind nicht heikel.
Da der Gipfelaufbau wieder brüchiges Gestein aufweist, queren wir an der Nordseite, bis wir eine geeignete Rinne in Gipfelfalllinie erreichen. Durch diese geht es hinauf zum Hochglück.

Abstieg über Westl. Hochglückscharte zur Eng.

Dieser Abschnitt wurde desöfteren beschrieben und bedarf keiner weiteren Hinweise. Eine Umgehung des Turms vor der Westl. Hochglückscharte ist aus dieser Richtung kommend nicht vonnöten, weil sich dieser ohne große Schwierigkeit über Schrofen bis ca. zur Hälfte seiner Höhe besteigen lässt; daraufhin kann man fast waagrecht südseitig zur Scharte queren.

Fazit: Eine grandiose Gipfeltour im Herzen des Karwendels mit allen Facetten des klassischen Bergsteigens, grüne Wiesen - grauer Fels, rauschende Bäche, Tierwelt, fester und brüchiger Fels, ernsthafte, luftige Kletterei, unglaubliches Panorama!
 

Tourengänger: Wagemut


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2017 um 16:35
Sauber Sauber !!
Respekt für diese schöne und sehr wilde Tour. Hab ehrlich gesagt schon drauf gewartet das du die Runde drehst ;-)

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. Juli 2017 um 21:57
Danke, Andy!

Hab schon länger überlegen müssen, ob ich diese Gratabschnitte in der Hauptkette auch mal mach. Aber dann war ich doch recht neugierig und dann ist sich die Tour doch mal ausgegangen.

Viele Grüße,

der Joseph

ADI hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2017 um 16:37
da hamm' se de richtigen zwoa gefunden zu der vogelwuiden Tour!
Beste Grüße.....

ADI

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. Juli 2017 um 21:59
Servus ADI,

ja, des hod si ganz guad troffa, dass der Georg mitkema iis.:-)

Viele Grüße,

der Joseph

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2017 um 21:39
Seawas und Gratulation zur Tour! Wir sind damals am Grat geblieben, aber ihr habt offenbar auch eine gute Alternative gefunden und seid um die IV herum gekommen. Wünsche euch viele weitere schöne Touren mit gesunder Rückkehr.

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Juli 2017 um 09:05
Seawas Stefan,

Danke! Freut mich von Dir zu hören! Eure Tour war eine wunderbare Inspiration. Vielleicht geht sich mal eine gemeinsame Tour, sofern Deine Knia auch mitspieln. Wünsche auch Dir weitere schöne Touren und komm immer gut runter!

Viele Grüße,

der Joseph

frecar hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2017 um 12:41
Servus Joseph,

ich trau meinen Augen kaum?! Du in Gurt und Helm? Kann nur heißen, dass der Hut in der Reinigung ist ;-) ...

Ob mit oder ohne Hut - klasse Tour! Glückwunsch dazu und bis bald.

VG, Carsten

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Juli 2017 um 13:33
Servus Carsten,

tja, eigentlich fast enttäuschend, dass es nicht einmal einen gscheiden Steinschlag gegeben hat. Das Seil hama auch ned braucht. Beim nächsten Mal wieder nur mit Hut!!:-)

Bis bald,

Viele Grüße vom Joseph


Kommentar hinzufügen»