Im Visier der Landvogte: durch hohle Gassen am (Klein-)Gsür


Publiziert von lorenzo , 7. Mai 2017 um 14:50.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:23 April 2017
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Ski Schwierigkeit: S
Wegpunkte:
Geo-Tags: Niesenkette   CH-BE 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1345 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto zum gebührenpflichtigen Parkplatz Vordere Fildrich
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:LK 1247 Adelboden; M. Brandt, Clubführer Berner Voralpen, SAC 1981

Zuoberst im Diemtigtal, der flächenmässig fünftgrössten Gemeinde des Kantons Bern, thronen und wachen wie zwei Landvogte die Zinnen des Türmlihore und die Felsmauer des Klein Gsürs. Der NE-Grat zu Letzterem gilt als pièce de résistance des Hinteren bzw. des gesamten Niesengrats. Im Sommer 2004 war ich dort einmal, vom Hohniesen kommend, mit einem eher mulmigen Gefühl hinauf gestiegen. Bei einer Skitour auf den Drümännler Mitte Mai 2016 fiel mir dann ein schönes N-Couloir westlich davon auf, das einen eleganteren Aufstieg versprach und sogar skitauglich aussah.

Wenige Tage später stieg ich bei einem ersten Versuch zuerst von NW auf die beiden Steibodezwillinge und fuhr dann vom Sattel 2318 durch das NW-Couloir zum Einstieg unter dem N-Couloir hinab. Ich war aber schon zu spät dran, indem schon Steinschlag eingesetzt hatte. So verzichtete ich auf einen Direkteinstieg von unten, fuhr weiter zum Steibodehang ab, stieg über diesen bis ca. 2160m und querte von dort nach E in das N-Couloir. Der Aufstieg durch dieses ging zwar problemlos, für eine Abfahrt wäre der Schnee aber zu hart und zu wenig griffig gewesen. Dafür konnte ich am Gipfelaufbau dank der guten Schneelage direkt SE dem NE-Grat entlang zum Gipfel des Klein Gsürs aufsteigen, von wo ich dann der unten beschriebenen Route folgte.

Bei dem zweiten, hier beschriebenen Versuch verzichtete ich auf die Steibodezwillinge, und konnte dafür - abgesehen von einem einzigen Stein beim Einstieg - ohne Steinschlag direkt ein- und durch trittfesten und griffigen Pulver aufsteigen. Am Gipfelaufbau lag aber kaum mehr Schnee, und die brüchigen Felsen waren noch nass und schmierig, so dass ich auf eine etwas leichtere Rinne SE vom NE-Grat auswich. Zuerst war ich noch zuversichtlich, hier auch wieder absteigen und über das N-Couloir abfahren zu können. Spätestens bei der Schlüsselstelle schlug ich mir diesen Gedanken wegen zu hohem Risiko aber wieder aus dem Kopf und folgte vom Klein Gsür erneut der unten beschriebenen Route. Wer im Abstieg über solch heikles Gelände mit Skischuhen, Steigeisen, Pickel und aufgeschnallten Ski nicht versiert und sicher ist, sollte sich deshalb vorher unter dem Gipfelaufbau entweder für 
den glänzenden Gipfelfünfer oder - "wenn ds Gsür z'tüür isch" - den herzhaften Biss in das luftig-pulvrige Abfahrtsweggli entscheiden, da - wie so oft - nicht beides zu haben ist... 

Klein Gsür (Landvogtehore)

Mit Ski von Vordere Fildrich (1361m) der Alpstrasse entlang (Abkürzungen, ev. Portage bis zur Schneegrenze) über Hindere Fildrich (1379m) zur Chilei und bis zur Kurve ca. 1590m. Nach SE zum NE-Couloir, das von P. 2318 hinunterzieht, und durch dieses bis ca. 2200m unter das Klein Gsür  N-Couloir (Vorsicht wegen Steinschlag). Zu Fuss über den Einstiegshang (ca. 55 Grad) diagonal nach W hinauf auf eine 1. Rippe und W davon durch ein 1. Couloir (50 Grad) bis ca. 2325m und nach W auf eine 2. Rippe. Wiederum W davon durch das 2. oder Hauptcouloir (45-50 Grad, 1. "hohle Gasse") bis ca. 2560m unter den felsigen Gipfelaufbau ("Apfelschuss"). Nach E durch die oberste, ev. vereiste Rampe auf den NE-Grat bei ca. 2580m. Nun entweder direkt SE dem Grat entlang (zu Beginn III, brüchig, heikel), oder zuerst 10 Hm nach SE absteigend und weiter SE vom Grat durch eine brüchige Rinne (II), zuletzt NW haltend unter eine ca. 2m hohe leicht überhängende Stufe. Über diese hinauf (III-, Ski vorher auf das obere Band legen) und über leichtere Bänder und Stufen (I-II, brüchig) auf den Gipfel (2615m), WS (Hochtourenskala), T6, 4h 30min.

Gsür
Vom Klein Gsür über den S-Grat mit Ski oder zu Fuss in den Sattel 2605 und mit Ski NW dem verwächteten NE-Grat entlang bis zum Vorgipfel 2679, Skidepot. Zu Fuss weiter über den verwächteten Grat, einige Stufen (I-II,  1 kurzes Fixseil) überkletternd auf den Gipfel (2708m, Kreuz), 1h, ZS (Skitourenskala).

Abfahrt  NW-Couloir-Steibodehang
Zurück zum Skidepot und  Abfahrt durch das von oben z.T. versteckte NW-Couloir (45-50 Grad, 2. "hohle Gasse") bis ca. 2500m, nach N durch das Rügge Tälti zum Sattel 2359 zwischen Klein Gsür und Türmlihore, über den Steibodehang (35-40 Grad) bis ca. 1800m und entlang der Aufstiegsroute zurück, 1h 30min, S (Skitourenskala).

Verhältnisse: bei leichter Bise sonnig mit Quellwolken. Schnee ab ca. 1625m. Im Steibode hart und Sulz, in den Couloirs, am Grat und im Steibodehang mehr oder weniger angezogener Pulver.

Material: zusätzlich Helm, Steigeisen und 2 Eisgeräte.

Facts: 8.45 Start, 13.15 Landvogtehore, 14.15 Gsür, 15.45 retour.

Bemerkungen: die Abfahrt vom Fuss des Gipfelaufbaus durch das Landvogtehore N-Couloir dürfte etwa SS entsprechen.

Tourengänger: lorenzo


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