Kleine Hörndlwandrunde - Ostgrat und Alter Schmidkunzweg


Publiziert von frehel , 27. Mai 2016 um 23:55.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum:27 Mai 2016
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Parkplatz Seehaus

An der Hörndlwand bildet der Wettersteinkalk steile und bei Kletterern beliebte Wände, die die  Überschiebungsfront der Inntaldecke über die Lechtaldecke darstellen. Unterhalb der schrofigen und latschigen Ostwand entsendet die Hörndlwand einen kurzen Ostgrat, der das Ostertal nördlich begrenzt. Dem Zebhauser Kletterführer habe ich entnommen, dass dieser Ostgrat begehbar sein soll. Also stand mein Plan, dem Ostgrat zu folgen, anschließend über eine der Ostwandführen auf die Hörndlwand zu steigen und über den Alten Schmidkunzweg abzusteigen. Leider musste ich feststellen, dass die Hörndlwand zwei ziemlich unterschiedliche Gesichter zeigt, je nachdem ob man sie von Süden bis Osten oder von Norden erklettern will. Ersteres brüchig, erdig, latschig, steinschlaggefährdet, zweiteres mit wunderbar festem Kalk und attraktiv in die vertikalen Abschnitte Sockel, Vorbau, Gipfelaufbau gegliedert.

Vom Weg von der Branderalm durchs Ostertal zweigt man im Ostertal nach Umgehung des ersten Gratturms des Ostgrats ab, um in die folgende Scharte zu queren. Von einem zu durchkriechenden Felsloch wie im Zebhauser angekündigt, fehlt jede Spur. Der Blick auf den ersten Grataufschwung lässt Ernüchterung aufkommen, total latschig. Also die Latschen auf der Nordseite umgehen und dann gleich zurück zum Grat vor dem durch einen Riss gespaltenen zweiten Gratturm, über den uns Zebhauser zu berichten weiß: "...,  der ebenso wie der folgende Doppelturm bereits überklettert wurde." Das hilft mir jetzt auch nicht viel, also einfach mal losklettern.

Leider ist die Kletterei absolut beschissen: extrem brüchig, latschig, erdig, grasig. Ein Felsblock, den ich zart berühre, bricht sofort ab und fliegt donnerned hinunter ins Tal. Immerhin taucht einmal ein Normalhaken auf, ich bin also nicht ganz falsch. Viele der Latschen, an denen man sich gezwungenermaßen hochziehen muss, sind ziemlich morsch; äußerst unangenehm, obwohl klettertechnisch wohl nur (III). Der Grat flacht im Mittelteil ab, man kann mehr oder weniger immer auf seiner Schneide bleiben. Zuletzt stellen sich noch einige ungangbare Grattürme in den Weg, die man laut Zebhauser nördliche  umgehen soll. Ich habe sie aber durch längeren bröseligen Abstieg ins Ostertal umgangen, weils weniger latschig-erdig aussah. Wenn man, wie im Zebhauser vorgeschlagen, den zweiten Turm nordseitig umgeht, wird der Grat mit (III-) bewertet.

Ziemlich entnervt schaue ich mir zumindest noch mal einen möglichen Ostwanddurchstieg an, doch schon im Zustieg zum Gipfelkamin bzw. zur Ostkante gebe ich auf (T6-Gelände). Diese bröselige Latschenkletterei ist mir zu heikel. Beim Abstieg ins Ostertal zeigt ein Blick in die Zellerschlucht, dass diese viel zu nass für eine Durchsteigung wäre. Das hat alles keinen Sinn und so bleibt mir nur der Wanderweg aus dem Ostertal zur Hörndlwand.

Für den Abstieg will ich mir noch den Schmidkunzweg anschauen, der am östlichen Kreuz der Hörndlwand beginnt und sich im unteren Teil der Wand in "alten" und "neuen" aufteilt. Bis auf die Schlüsselstelle soll sich hier alles im zweiten Grad abspielen. Schon die ersten abzukletternden Meter über den Westgrat lassen alle schlechte Laune verfliegen: Bombenfester Fels und wunderbare Kletterei. Der Weg zeigt deutliche Begehungsspuren und ist mit vielen Haken ausgestattet, man kann sich auch ohne den Kletterführer kaum verlaufen. Der obere Teil bis zum Zellerloch gehört für mich eindeutig zu den tollsten Klettereien, die ich im zweiten Schwierigkeitsgrad bisher gemacht habe. Unterhalb des Zellerlochs wartet die Schlüsselstelle, die auf Grund der Politur mittlerweile mindestens mit (III) zu bewerten ist (früher (III-)). Diese ist heute noch nass und von oben schwer einzusehen, was das Abklettern etwas herausfordernd macht.

Schließlich folge ich an der Kreuzung dem Alten Schmidkunzweg der landschaftlich lohnend unterhalb der steilen Felswände des Vorbaus auf einem rinnenartigen Band über mehrere Blöcke nach Osten quert. Nur die nun folgenden letzten Seillängen über den Sockel zum Wandfuß sind wegen erdigen Abschnitten nicht lohnend. Hier habe ich mich auch einmal kurz abgeseilt, weil es mir zu bröselig wurde.
Eine detaillierte und sehr präzise Wegbeschreibung zu den Schmidkunzwegen findet sich im Zebhauser.

Fazit: Ostgrat pfui, Ostwand pfui pfui, Schmidkunzweg mehr als hui. Der Schmidkunzweg bietet fantastische und abwechslungsreiche Kletterei für den Schwierigkeitsgrad im bombenfesten Fels. Zudem ist es eine tolle Linie durch diese abweisende Nordwand.

Anmerkung: Traditionell wurde an der Hörndlwand sehr niedrig bewertet. So manche Zweierstelle am Schmidkunzweg wäre andernorts eventuell eine (III-).

PS: Chiemgauer hat den Neuen Schmidkunzweg nur einen Tag nach mir begangen, siehe *Bericht.

Tourengänger: frehel


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Kommentare (5)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 28. Mai 2016 um 07:26
Tolle Tour! Die Chiemgauer Alpen werden mir immer sympathischer. Da hätten wir uns ja beinahe "zuwinken" können. Haben die Falkenstein Überschreitung bei Inzell gemacht. Ein ganz besonderes Schmankerl. Wenn auch recht kurz.

VG Nico

frehel hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Mai 2016 um 08:31
Tja, einsamge Waldtouren findest du hier wirklich mehr als genug ;). Ich glaube ich brauche langsam wieder "richtige" Berge.

BG,
Moritz

RossiS hat gesagt:
Gesendet am 28. Mai 2016 um 12:46
Tröste Dich! Ich bin da vor ein paar Jahren, auch vom Zellerführer angelockt, rumgehirscht und wieder umgedreht. Früher noch als Du. Von der Scharte noch ein bisschen weiter und dann war Schluss. Echt nicht zu empfehlen! Obwohl es eigentlich von der Linie her recht verlockend aussieht. Naja...
Die andere Seite ist, wie du schreibst, dafür umso besser.

VG
RossiS

Chiemgauer hat gesagt: Ein Tag zu spät
Gesendet am 28. Mai 2016 um 16:52
von mir, denn ich bin ihn heute mal zum Veröffentlichen auf hikr rauf, weil bis gestern Abend noch nichts zu finden war.
Da ich ihn (Neuen) aber im Aufstieg gemacht habe, werde ich wohl doch einen Bericht schreiben.
Schlüsselstelle hängt wohl von Bedingungen ab. Letzten Herbst bei trockenen Felsen hätte ich gesagt III- kommt schon hin, heute bei nassen Fels wäre ich ohne Bandschlinge gar nicht drüber gekommen und musste mich über den Klemmblock ziehen, während die Füße mehr oder weniger in der Luft baumelten, weil es nichts zum Steigen gab.
Gruß
Hans

frehel hat gesagt: RE:Ein Tag zu spät
Gesendet am 28. Mai 2016 um 17:28
Hallo Hans,

eine gute Beschreibung vom Schmidkunzweg im Aufstieg wäre doch super für hikr. Freue mich auf deinen Bericht.

Beim Abstieg über die Schlüsselstelle bin ich auf den großen Henkel unter dem Block erst mit dem Fuß und dann mit der rechten Hand dazu. Das war etwas tricky.

VG,
Moritz


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