Andersherum wird Drumherum


Publiziert von rojosuiza , 9. Oktober 2015 um 18:15.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:25 September 2015
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   Hopschusee   Hopschu   Simplon   Simplonpass   Sempione   See   Seeli   Pass   passo   col   Bergsee 
Zeitbedarf: 14:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:13
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Glis
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Glis
Unterkunftmöglichkeiten:Simplonpass


Vor Jahr und Tag habe ich diese Wanderung in der anderen Richtung gemacht; im Abstieg damals und jetzt im Anstieg. Am Ende war ich zu Hause vor vielen Jahren, dieses Mal auf dem Simplonpass, wo um 20:00 kein Postauto mehr den müden Wanderer wieder heimführt. Was also tun?

Das Feriendomizil ist wieder Glis. Am Morgen verlasse ich mein Bett auf etwa 700 Metern Höhe über Meer. Bald erblicke ich meine ersten Mitgesellen; es sind zwei jugendliche Autowanderer, die den Weg nicht sicher kennen. Sie wollen als ‚Forstarbeiter‘ zur Mattustafel und hoffen auf die Bestätigung, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Ja, der Weg ist richtig; zum Glück gilt das Fahrverbot nur für Nichtforstarbeiter… Via Schratt auf 1239m erreiche ich auf 1597m meinerseits die Mattustafel; hier stehen die Autos von 3 Forstarbeitequipen, eine sogar aus Frankreich. Ab hier werden die Radspuren auf dem Wanderweg weniger und die Zahl der Pilze am Wegesrand mehr. Unter der Spitze des Glishorns begege ich einem stolzen Steinbock, der für mich posiert.
 
Über der Baumgrenze stehen noch ein paar solitäre Arven, eine stolz und gross: Wer seinen Keimort korrekt wählt, für den gelten keine Baumgrenzen.
 
Das Glishorn, wo ist seine Spitze? – Es hat gar keine Spitze. Das Glishorn ist oben wie ein Deckel auf einem Topf, weit wie ein Ballsaal in den Alpen, umkrönt von lauter 3000ern. Wo der höchste Punkt wohl ist?  - Immer wieder gibt es eine Kuppe, die noch etwas weniges höher ist, bis die Höhe von 2525 Metern schliesslich doch stimmt.

Der Aufstieg hat lange gedauert, die Zeit wird mir knapp. Das letzte Postauto fährt um 18:15 Uhr. Ein kurzer Abstieg auf 2479 Meter, und danach den Aufschwung zum Fülhorn angepackt. Der Weg ist im Schneezucker nicht gut auszumachen; er ist leichter zu finden aus der anderen Richtung. Wie gut, dass ich ihn von früher kenne. Verblichene Markierungen dann und wann, in Weiss-Blau, aber auch ohne Weg wäre der Berg leicht zu  überklettern. Ein paar Mal verliere ich den wenig ausgeprägten Pfad und laufe frei. Aber Suchen nach der geeigneten Route kostet wieder Zeit. An einen Felsblock erinnere ich mich, der wie ein Autobus über dem armen Wanderer hängt, und unter dem er durchgehen muss. Ihn peile ich an, und er führt mich sicher. Das Fülhorn besteht aus riesigen Blöcken auf 2678 Metern; die jetzt folgende Flanke, Richtung Simplon, ist völlig auseinandergebrochen und auseinandergezogen; auf alle Seite fallen sie Plattentürmchen auseinander, und der rechte Weg ist dort, wo das Überspringen der Kluften dazwischen noch geht. Auch hier bestätigt ab und zu verblichenes Blau das der Weg noch stimmt.

Vor dem Aufstieg zum Spitzhorli 2737 geht es immer leicht bergab; der aufsteigende Pfad zum Spitzhorli ist im Schneepuder nicht auszumachen. Aber schliesslich bin ich oben, und der Blick ist frei Richtung Simplon, weit unten. Nur noch ein Katzensprung, denkt man, aber es dauert die durch den Wegweiser versprochen 2 Stunden bis man auf dem Pass steht. Die Wegfindung ist ab jetzt klar, gegen 20:00 wird der Bergheld unten sein.

Es ist Nacht. Dann und wann ein Autofahrer, aber keiner von den dreien wünscht anzuhalten. Man könnte sich an der ersten Baustelle, wo jeder bei Rot halten muss, aufdrängen. Aber ich entscheide anders; nimmt mich keiner mit, dann eben nicht. Ich gehe zu Fuss, Stirnlampe sei Dank! in weiteren 3 Stunden muss es zu schaffen sein. Damit ich den Weg leicht finde, nehme ich die Autostrasse im oberen Teil, im Getöse und Gestank der Autos. Der Simplon ist recht gut zugebaut, obenan, erst weiter unten geht man unter freiem Himmel. Der Mond ist voll, es gibt erst dünnen Nebel, der bald weicht. Die Berge sind klar auszumachen, auch die Furchen und Rillen im Gelände sind zu sehen. Alles ist wie verzaubert. In Schallberg nehme ich die alte Simplon-Strasse für eine kurzes Stück, bis eine Wanderweg abzweigt nach Brig. Hier steige ich im Licht der Lampe ab, der Weg ist gut zu finden. Auf Wanderwegen kommt man schnell voran. Kurz vor dem Ziel passiert aber im Dunkeln ein Schnitzer: Halb in Lingwurm schon, ab wo ich den Weg im Schlaf gehen könnte, zeigt ein gelbes Schild in die Tiefe: eine weitere Abkürzung! – Leider nicht, die Exkursion kostet mich am Ende ½ Stunde und führt mich zur nächtlichen Saltina hinunter und wieder hinauf nach Lingwurm. (Dank einen weiteren Fehler von mir!). Schliesslich komme ich doch einmal an zu Hause.

 War diese Wanderung nun ein Erfolg? – Ein voller Erfolg war sie, inklusive das Verpassen des Postautos und die Nachtwanderung auf der Passstrasse, alles inklusiv. Nur die Fussballen, die nehmen das lange Laufen auf der Strasse nachhaltig übel…

Tourengänger: rojosuiza


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Kommentare (2)


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laponia41 hat gesagt:
Gesendet am 9. Oktober 2015 um 20:16
Sehr schöner Bericht mit eindrücklichen Fotos über ein Gebiet, das ich sehr liebe. Ich hätte aus Bequemlichkeit auf dem Simplonpass Unterkunft und gutes Essen im Simplonblick genossen ....

LG Peter

rojosuiza hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Oktober 2015 um 20:35
Das habe ich kurz erwogen, war aber etwas böse auf mich... Warum gehe ich auch erst um 9 Uhr los, nicht wahr...


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