Grattouren am Nebelhorn


Publiziert von frmat , 3. September 2015 um 15:46.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:31 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 3000 m

Das Nebelhorn ist wahrscheinlich der meistbesuchte Gipfel im Allgäu. Per Bergbahn kann man problemlos in drei Sektionen auf 2224m Höhe raufgondeln. Dass dies beim aktuellen Traumwetter - ja Tausende! - genutzt haben, ist verständlich. Umso erstaunlicher ist es, dass bereits wenige Minuten abseits der Bahnstationen wahre Bergeinsamkeit genossen werden kann. Zwei schöne und einsame Gratwege - Schattenberggrat und Gundkopfkamm - lassen sich zu einer langen Tagestour kombinieren oder wie von mir gemütlich an zwei Tagen überschreiten.

Schattenberggrat: T4 (mehrere Passagen) und I; 1300Hm Aufstieg; 1300Hm Abstieg; 5:15h
Der Schattenberggrat wird jeden Skisprungfan zumindest vom Namen eher aufhorchen lassen. Die unterhalb gelegene Skisprunganlage trägt den Namen Schattenbergschanze und ist jährlich Austragungsort der Auftaktspringens zur Vierschanzentournee. Hier beginnt die heutige Wanderung. Von der Talstation der Nebelhornbahn führt ein Wanderweg hinauf nach Kühberg. Der Einstieg in die Route zum Schatttenberg liegt etwas oberhalb des Gasthauses in der Wiese nahe einer von unten sichtbaren Bank. Gerade geht's hinauf dann leicht nach rechtshaltend, ehe deutliche Pfadspuren in den Wald leiten. Es schließt sich nun eine lange und unschöne Querung der Südflanke weit hinein ins Oytal an. Umgestürzte Bäume, zahreiche Wurzeln und Stufen verhindern, dass ein gleichmäßiger Wanderrhythmus aufkommt. Als nach einer Stunde erst 300Hm zu Buche standen machte sich etwas Frust breit. Jedoch ändert sich dies bald. Bedingt durch die oben hin zunehmende enorme Steilheit ist das Schattenbergkreuz doch nach insgesamt 1:50h erreicht (T3). Der Alpenvereinsführer schreibt "ungewöhnlich steil", wie wahr.

Das Schattenbergkreuz thront hoch über Oberstdorf und ist auch von unten gut zu sehen, eine Pause dementsprechend Pflicht. Mental kann man sich nun schonmal auf den weiteren Wegverlauf einstellen. Sollte nicht zufällig eine Motorsäge im Gepäck sein wird die Sache nämlich ziemlich nervig. Latschenkampf ist angesagt, v.a. auf den folgenden 120Hm bis zum Gipfel des Schattenbergs. Ein heute wieder mal schweißtreibender Latschenkampf, da man meistens voll in der Sonne wandert. Nach diesem ersten Gipfel wird es etwas entspannter. Auf meist guter Spur verläuft die runter mal bergab mal bergan über die unbedeutenden Schattenbergköpfe zum hübschen Seeköpfle. Zeitbedarf ab Schattenbergkreuz: 1:05h, T4.


Die aussichtsreiche Tour hat bislang nicht gerade mit Highlights geglänzt, wird jedoch zusehends schöner, je länger sie dauert. Es folgt der Abstieg in die tiefste Scharte, wo von links die Fischerrinne heraufkommt. Mehrere Abstiegsmöglichkeiten zum Seealpsee bieten sich rechts hinunter an. Die lasse ich natürlich außer Acht, schließlich folgt nun endlich der spannendste Teil des Grates. Die Überschreitung des Hüttenkopfes ist ein echter Leckerbissen für alle Freunde des Allgäuer Steilgrases. Eine bröselige Felsstelle habe ich rechts auf deutlichen Pfadspuren umgangen und lange nun ordentlich in die Botanik um die Scharte vor dem Gipfelaufschwung zu erreichen. Dann geht's beherzt zur Sache immer steiler werdend auf die recht schmale Gipfelschneide, die dann doch nicht so exponiert ist wie erwartet. Bereits von unten erkennt man die sensationslüsternen Gaffer im Zeigersattel, die scheinbar darauf gieren spektakuläre Fotos zu schießen. Und nun begann das Problem, wie es bei vielen Gipfel besteht, die nahe zur Seilbahn liegen. Es fühlt sich jeder berufen überall hoch zu gehen. Glücklicherweise erkennen die meisten rechtzeitig, dass der Schlussgrat durch seine Schärfe nicht jedermanns Sache ist und drehen rechtzeitig um. Gehzeit Seeköpfle - Station Höfatsblick: 1:05h, T4.

An der Station Höfatsblick ist es dann endgültig vorbei mit der Ruhe. Nach den schönen Momenten auf den Gipfeln kurz zuvor kein Ort an dem man lange bleiben möchte. Ich wähle die zweitkürzeste und wahrscheinlich unattraktivste Option zurück zu kommen, die Fahrstraße. Wenigstens ist man hier recht flott unterwegs und nach 1:15h ist Oberstdorf wieder erreicht (T1).

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Gundkopfkamm: T5- (mehrere Passagen) und I; 600Hm Aufstieg, 1700Hm Abstieg, 4h
Da gestern die Faulheit siegte war es heute eine Sache der Ehre die Runde zu Ende zu bringen. Naja, ganz so weit wars dann doch nicht mit der Ehre. Dank Gästekarte ist der Ausgangspunkt "Höfatsblick" heute morgen ohne Anstrengung für Körper und Geldbeutel schnell erreicht. Die letzte Sektion hinauf zum Gipfel wird dann natürlich ehrlich erwandert und nach 30Min kann ich am Gipfelrestaurant auf dem Nebelhorn schon einen schnellen Kaffee genießen. Schnell musste es heute gehen, schließlich waren ab Nachmittag Gewitter angesagt, auf dem folgenden Grat keine schöne Vorstellung.

Wie bereits gestern am Hüttenkopf scheint es den meisten Nebelhornbesuchern schleierhaft, dass man die Berge auch außerhalb der betonierten Flächen betreten kann und darf. So ernte ich wieder skeptische Blicke, als ich den Gipfel über den Grat nach Norden verlasse. Die Steilheit des kleinen Wegleins hält viele davon ab hier herab zu steigen, dennoch hat es die ganze Tour über einen deutlichen Pfad, wenn auch teils in heiklem Absturzgelände. Über zwei steile Abschwünge ist bald der erste Gipfel erreicht. Oder doch nicht? Zwar befindet sich auf dem Gundkopf ein großer Steinmann, mit der Höhe scheint es aber nicht zu passen. Schließlich soll der Berg sicher nicht 2150m hoch sein. Da der Höhenmesser kurz zuvor geeicht wurde bin ich mir nicht sicher, ob der Gundkopf wirklich der Gundkopf ist. Aber da ohnehin alle Anhöhen überschritten werden ist es eigentlich auch egal. Kurz vor dem Geißfußsattel befindet sich wahrscheinlich die schwerste Stelle: eine recht ausgesetzte Felsschneide will überklettert oder links mit deutlichem Höhenverlust umgangen werden. Dennoch bereitet die Stelle wie der gesamte Grat dem geübten Wanderer mehr Freude als Ärger, wenngleich das Gelände oft keinen Fehler verzeihen würde. Gehzeit Nebelhorn - Geißfuß: 1:15h, T5-.

Die grüne Kuppe des Geißfuß ist im grasigen T2-Gelände rasch überschritten. Eine kaum merkliche Bodenwelle mit vielen Lawinenverbauungen ist kein geeigneter Rastplatz, also in 30Min hinüber zum schönen Kreuz auf dem Geißalphorn, T5-. Der Schlussanstieg ist giftig steil und weist unmittelbar unter dem Gipfel noch eine ziemlich exponierte Querung auf. Die Exposition des Geländes im Gipfelbereich des Geißalphorns wird häufig durch die üppigen Latschen gedämpft. Trügerisch, denn auch hier sollten keine gröberen Schnitzer passieren. Bis zum Niedereck geht es meist am Grat entlang, einmal über eine etwas abdrängende Aluleiter zur Rubihorn-Autobahn. Das Schlid "Rubihorn 3/4h" kann getrost ignoriert werden. In normalem Wandertempo benötigte ich nur ein Drittel davon und stand nach insgesamt einer Stunde ab Geißfuß auf dem höchsten Punkt des vielbesuchten Rubihorns.

Da die Wolken bereits begannen sich bedrohlich zu verdunkeln fiel auch diese Gipfelpause eher kurz aus. Die Beine in die Hand genommen heißt erstmal wieder in den Latschen latschen. Über den Grat zurück zum Niedereck, an dem sich so mancher - frage mich wie das geht - doch verlaufen kann. Eigentlich ist hier alles gut ausgeschildert und für jeden halbwegs sportlichen Wanderer ohne Höhenangst problemlos zu schaffen. Bis kurz vor die Station Seealpe verläuft ein deutlicher Weg, ehe sich dieser zur Zeit in der Mure, die Oberstdorf im Juni schweren Schaden zufügte, verläuft. Durch das breite Bachbett geht's aber genauso gut und via bekannter Fahrstraße und heute auch dem Faltenbachtobel in 1:30h ab Rubihorn hinab nach Oberstdorf.

Fazit: Zwei schöne Grattouren, die auch kombiniert werden können, durch Latschenbewuchs gelegentlich nervig aber aussichtsreich und einsam und somit für jeden Oberstdorf-Fan ein Muss.

Tourengänger: frmat


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