Gratwanderung Hochstollen, Glogghüs und Rothorn


Publiziert von Chrichen , 7. September 2015 um 13:10.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:26 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Westliche Melchtaler Alpen   CH-OW   CH-BE   Östliche Melchtaler Alpen 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:ca. 15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Sarnen / Postauto bis Stöckalp / Gondelbahn nach Melchsee-Frutt
Zufahrt zum Ankunftspunkt:(Gleicher Weg umgekehrt)

Die Überschreitung von Glogghüs und Rothorn oberhalb der Melchsee-Frutt gehört zweifellos zu den Alpinwander-Klassikern der Schweizer Voralpen. Da die Tour auch landschaftlich vielerorts in höchsten Tönen gelobt wird, steht sie schon seit längerem auf meiner Pendenzenliste. Und tatsächlich, die Versprechen werden eingehalten.

Ich habe die Variante der kleinen Melchsee-Runde gewählt, mit Start und Ziel in der Melchsee-Frutt, wobei ich wie die meisten Begeher den Hochstollen auch mitgenommen habe. Weitere Möglichkeiten ergeben sich unter Verwendung der Stationen Käserstatt und Planplatten vom Haslital aus. Als längere Variante kann auch das Haupt in die Überschreitung miteinbezogen werden.

Die Route über den Glogghüs und das Rothorn wurde vor einigen Jahren an den meisten Schlüsselstellen mit neuen Fixseilen ausgerüstet. Dies sollte bei der Lektüre von älteren Berichten berücksichtigt werden. Die Kletterschwierigkeiten halten sich meist in Grenzen, da an fast allen schwierigeren Stellen Drahseile helfen und Kletterstellen eher kurz sind. II ist eventuell etwas überbewertet. Vielmehr liegen die Schwierigkeiten bei einigen Passagen, die im etwas heiklen Gras/Schrofengelände abgestiegen werden müssen. Ich hatte im Vorfeld Respekt vor den ausgesetzten Gratpassagen. Diese haben sich aber als erstaunlich angenehm erwiesen. Die hier gewählte Richtung ist einfacher, da die Schlüsselstelle am Rothorn bei der Metzgerchälen im Aufstieg begangen werden kann. Die Route ist durchgehend blau-weiss markiert, wobei die Markierungen stellenweise verblasst sind. Insgesamt gibt es eher weniger Markierungen als ich erwartet hatte. Wer mit offenen Augen geht, sollte den gut frequentierten Weg aber problemlos finden.


Melchsee-Frutt - Abgschütz (T2)
Ich starte morgens um 9:30 bei der Bergstation Melchsee-Frutt. Das erste Teilstück bis zum Abgschütz ist gut ausgeschildert. Auf dem sonst nicht allzu spannenden Weg sorgt das zauberhafte Blauseeli für eine willkommene Abwechslung. Da ich schon einmal auf dem Hochstollen war, habe ich mir im Vorfeld überlegt, über das Wit Ris abzukürzen. Ein blau-weiss markierter Pfad führt durch das Schuttcouloir hinauf (T5). Leider liess sich zu diesem Weg nur wenig in Erfahrung bringen. In einem *Bericht auf Hikr wird der obere Bereich als "sehr mühsam" bezeichnet. Daneben fand ich noch eine Information über zwei Berggänger, die sich verstiegen hatten und unverletzt von der REGA geborgen werden mussten. Insgesamt nicht sehr verheissungsvoll. Deshalb verzichte ich auf die Abkürzung.

Abgschütz - Hochstollen (Stellen T3)
Beim Abschütz kommt man in den Genuss einer schönen Aussicht zum Flachland und über den Grat zum Haupt. Ein Pfad leitet nun weiter über einen sanften Grat in Richtung Hochstollen. Hier lasse ich mich kurz fehlleiten durch einen Wanderweg weiter unten in der nordwestseitigen Flanke. Das ist aber schnell korrigiert. Schliesslich steilt der Grat auf, und der Wanderweg zum Hochstollen führt in die Westflanke. Es könnte direkt dem Grat gefolgt werden (T5, Wegspuren vorhanden). Da ich aber wenig Lust auf Experimente habe, bleibe ich auf dem Wanderweg. Dieser quert zunächst stellenweise ausgesetzt in der Flanke (T3) und führt anschliessend in Serpentinen einfach zum Gipfel hinauf. Trotz grandioser Aussicht lege ich nur eine kurze Fotopause ein, da die besten Sitzgelegenheiten schon belegt sind.

Hochstollen - Wit Ris - Fulenberg (T3-T4)
Der Abstieg vom Hochstollen zum Wit Ris ist schnell erledigt. Nach dem Wit Ris verlasse ich den Wanderweg und steige weglos die erste Graterhebung hoch. Zunächst ist noch keine Pfadspur auszumachen, bei genauerem Hinschauen sind aber einige Fussabdrücke zu erkennen. Auf der Gratschneite gibt es dann schliesslich deutlichere Spuren. Bis P.2331 kann durchgehend dem wunderschönen Grat gefolgt werden. Bei zwei steileren Graterhebungen führen gut sichtbare Tritte etwas in die grasige Südflanke. Die nordseitige senkrechte Abbruchkante mahnt zur Vorsicht.

Fulenberg - Glogghüs (T4-T4+)
Beim Fulenberg trifft man auf das breite Strässchen, das vermutlich zur Erschliessung des Skigebietes angelegt wurde. Diesem folgt man in Richtung Glogghüs. An einer Stelle findet sich linksseitig ein aussichtsreiches Pausenplätzchen. Kurz nachdem das Strässchen in die Flanke geht, führen deutliche Pfadspuren über mühsamen Schotter wieder zum Grat hinauf. Ich bin mir nicht sicher, ob das der Beginn des offiziellen Alpinwanderwegs ist. Da es durchaus verlockend ist, weiter dem Grat zu folgen, wähle ich kurz entschlossen diesen gut ausgetretenen Weg. Nach einem Weilchen stosse ich tatsächlich auf eine blau-weisse Markierung. Bis an den Fuss des Gipfels gibt es keine nennenswerten Schwierigkeiten. Anschliessend folgen zwei steile drahtseilgesicherte Passagen, wobei die zweite fast direkt zum Gipfel führt.

Glogghüs - Rothorn (T5)
Vom Glogghüs bis zum Rothorn gilt es nun einige anspruchsvollere Passagen in teilweise recht exponiertem Gelände zu bewältigen. Nach einigen luftigen Metern auf dem Grat führt der Weg rechtsseitig über heikle Schrofen einige Meter steil hinunter an einer Stufe vorbei. Griffe sind gut zu prüfen, denn hier wackelt fast alles. Für mich war dies die unangenehmste Stelle der gesamten Überschreitung. Nach einer Querung unter einem Felsbrocken hindurch findet man sich bald wieder auf der Gratschneite. Nach einigen kleinen Aufschwüngen, von denen der letzte rechts umgangen wird, folgt nochmals ein kurzer aber steiler Abstieg in der Südflanke zu einer Rinne, die mit Drahtseil gesichert ist. Danach wird erneut ein längeres Gratstück erreicht, das sehr schön auf der Schneite begangen werden kann. Linksseitig geht es fast senkrecht hinunter, die Wiesen auf der rechten Seite sind aber nicht ganz so steil wie erwartet. Am Ende dieses Abschnittes führt der Weg schliesslich einem senkrechten Abbruch ausweichend über die Südwest- und Südflanke in steilem Gras zur Metzgerchälen hinunter. Ca. nach der Hälfte des Abstieges geht es in Abstiegsrichtung nach links (Markierungen sind vorhanden). Diese Stelle kann leicht verfehlt werden, da einige Spuren zu einem weiteren Abstieg eher rechtshaltend verleiten. Bei der Metzgerchälen bietet sich die Möglichkeit für einen (wahrscheinlich nicht sehr angenehmen) Notausstieg in Richtung Mägisalp.

Ab Metzgerchälen folgt nun die Schlüsselstelle beim Aufstieg zum Rothorn. Zuerst muss eine Felsplatte überwunden werden. Zwei drei beherze Züge am Fixseil helfen. Die Kletterei ist nicht besonders ausgesetzt, die Platte bietet aber nur kleine Tritte. Kurz darauf folgt eine weitere Fixseilpassage, die bis an die Abbruchkante führt. Hier befindet man sich kurz direkt über der fast senkrechten Wand. Dank solidem Fels mit guten Tritten und dem Drahtseil lässt sich die Stelle jedoch problemlos bewältigen. Ein schmales gut begehbares Band führt sogleich wieder zurück in die Flanke, immer noch mit Unterstützung von Fixseilen. Die grössten Schwierigkeiten sind nun vorbei und die erste Graterhebung wird mehr oder weniger direkt erklommen. Markierungen, spärliche Spuren und ein weiteres Drahtseil weisen den Weg. Prinzipiell könnte relativ frei aufgestiegen werden. Den restlichen Weg bis zum Gipfel habe ich eher als anstrengend denn als anspruchsvoll in Erinnerung, wobei es noch eins zwei exponierte Stellen gibt.

Rothorn - Läuber (T5)
Auf dem Rothorn bin ich ein Weilchen alleine, weshalb sich eine ausgedehntere Pause anbietet. In Musse geniesse ich das wundervolle Panorama und mein Sandwich. Der Abstieg vom Rothorn folgt im Grossen und Ganzen dem Grat entlang und gestaltet sich als eher gemütlich. Die grasbewachsene Südwestflanke ist relativ sanft. Anspruchsvoll ist eine kleine ausgesetzte Scharte, die überwunden werden muss, sowie insbesondere der Abstieg zu P.2448. Letzterer fordert nochmals die volle Konzentration (T5). Ich erlaube mir noch einen kurzen Abstecher zum Läuber (T4), was sich leider nicht allzu gut auf die Zeitplanung auswirkt.

Läuber - Melchsee-Frutt (T4)
Wieder zurück bei P.2448 folge ich dem Alpinwanderweg, der direkt hier abzweigt, zum Skilift Balmeregghorn. Nach einem flachen Wegstück über eine kleine Ebene folgt ein steiler Abstieg mit einigen kurzen aber schönen Gratpassagen. Dieser Weg ist landschaftlich durchaus reizvoll und wahrscheinlich insgesamt interessanter als ein Abstieg zur Bergstation Planplatten. Vom Rothorn kommend gibt es übrigens laut Karte bereits vor P.2448 einen Abzweiger in Richtung Skilift Balmeregghorn. Diesen habe ich scheinbar verpasst.

Da ich knapp in der Zeit bin, erhöhe ich mein Tempo bei ebenfalls hoher Konzentration. Kurz vor dem Talistock sind die anspruchsvolleren Passagen schliesslich geschafft. Der Weg führt durch die Flanke bis zum Skilift. Ein kleines Stück kürze ich weglos über Wiesen ab, um den Wanderweg zur Melchsee-Frutt schneller zu erreichen. Dieser folgt eher lustlos dem Lift bis hinunter zum Melchsee. Nach wie vor in schnellem Tempo geht es zurück zur Bergstation Melchsee-Frutt, die ich drei Minuten vor der letzten Talfahrt erreiche.

In der Tat ist die Melchsee-Runde ein Alpinwander-Highlight, das durch wunderbare Gratpassagen und vor allem die landschaftlichen Reize überzeugen kann. Kein Wunder wird die Route oft begangen. Ich kam in den Genuss bester Verhältnisse, was den Spass zusätzlich erhöhte. Eine Wanderung, die sich uneingeschränkt weiterempfehlen lässt. Unterschätzt werden sollte sie aber dennoch nicht. Leider fiel die Zahl der Fotos recht hoch aus...

Tourengänger: Chrichen


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Kommentare (1)


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jgr hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2023 um 21:16
Habe die Tour heute auch gemacht. Dein Bericht könnte nicht besser sein, absolut treffend. Merci.


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