Südöstlich von Hinterstein liegt der wahrscheinlich schönste Bergsee der Allgäuer Alpen, der Schrecksee. Die Gipfel um ihn herum bieten sich förmlich zu einer Rundtour an, wäre da nicht die Kälbelespitze, die im Gegensatz zu den anderen Gipfel nur für erfahrene Bergsteiger zugänglich ist.
Ich wollte heute eigentlich nur einen im AVF erwähnten alternativen, vergessenen Aufstieg auf den Falken, dem nördlichsten Ausläufer des Lahnerkopf-Nordgrates ausspähen, da der Wetterbericht Regen ab Mittag angesagt hat, aber wieder einmal ist es dann doch mehr geworden wie erhofft.
Los geht’s am Wanderparkplatz in Hinterstein und zügig hinein ins Hintersteiner Tal. Am E-Werk zweigt man dann links ab und folgt dem Weg hinauf in Richtung Schrecksee. Vorbei an einem winzigen Stausee und der verfallenen Taufersalpe gelangt man schnell an die im AVF erwähnte große Felsstufe.
Auf dem Falken:
An der in der Karte eingezeichneten 90° Kehre zweigt man nun vom Normalweg ab und steigt auf teils ganz schwachen Spuren, wahrscheinlich eher Wildspuren an die Felsstufe heran. Auf einem Grasband steigt man zu einer kleinen Felshöhle auf. Weiter geht es in die nun folgende Rinne, die gequert wird, um auf der nächsten Grasstufe weiter aufzusteigen. Hier finden sich immer wieder alte Spuren, etwas weiter oben findet man sogar richtige Überreste des alten Weges. Er wird anscheinend doch noch ab und zu benutzt. Bald hat man die erste Steilstufe hinter sich gelassen und könnte nun nach links hinüber zum Schrecksee queren. Doch der weitere Aufstiegsweg hinauf zum Falken war ja das Ziel, und so geht es hinein in die nächste Rinne, die fast bis zum Kamm hinauf verläuft. Wenn man direkt in der Rinne bleibt hat man teils leichte Kletterei im I-ten Grat, man kann aber auch über die Grasflanke aufsteigen. Ich bleib jedoch in der Rinne und steig schnell auf. Das Ziel ist der steile Felsabbruch auf Kammhöhe, der schon von weitem zu sehen ist. Direkt darunter verläuft ein erstaunlich ausgeprägter Pfad nach links hinüber zum Falken, der unschwierig erreicht wird. Von hier erhält man bereits einen guten Einblick auf den weiteren Anstieg zum Älpelekopf.
Im AVF steht das der Falken von Norden her gewonnen wird, dazu müsste man allerdings bereits einiges vor der vorher erwähnten Felsstufe nach Nordwesten queren, was wenig Sinn ergibt. Der Aufstieg von Norden her schaute vom Gipfel jedenfalls sehr anspruchsvoll aus, zumal der Fels keine gute Qualität besitzt. Deswegen, und aufgrund der immer wieder aufgefunden Spuren nehme ich an das dies der alte vergessene Aufstieg auf den Falken ist. Das gleiche hat mir auch ein ausgewiesener Gebietskenner bestätigt, den ich später noch getroffen habe ;-)
Älpelekopf:
Vom Falken geht es nun ein kleines Stück in die Scharte, der folgende Felskopf kann nun auf beiden Seiten umgangen werden, die östliche Variante ist dabei die einfachere. Direkt nach dem Felskopf geht es wieder auf den Kamm und direkt am steilen Grasgrat hinauf den Grat entlang, der einen schnell an den Gipfelaufbau des Älpelekopfes führt. Die letzten Meter auf den Älpelekopf sind nun wieder etwas anspruchsvoller (T5, I-II), bleibt man direkt am Grat hat man schöne ausgesetzte Graskraxelei in ca. 60-65° steilem Gras, es kann allerdings auch leicht umgangen werden.
Der Älpelekopf hat ein Kreuz mit einem Gipfelbuch, ich war soweit ich mich erinnern kann der 10te Eintrag dieses Jahr. Nach einer kurzen Pause entschloss ich mich dann die Tour doch noch etwas zu erweitern, obwohl der Wetterbericht eigentlich Regen angesagt hatte und die Wolken auch schon sehr dunkel waren. Aber für was hat man denn eine Regenausrüstung.
Lahnerkopf:
So geht es nun direkt am Kamm entlang über einige kleinere Erhebungen bis an den Lahnerkopf heran. Bleibt man direkt an der Gratkante hat man einige aufregende Tiefblicke auf den gut 200 Meter tiefer liegenden Schrecksee. Beim finalen Aufstieg auf den Lahnerkopf sind noch 2 kleine Felsstufen zu überwinden, dies ist aber ohne Probleme zu bewältigen, wenn überhaupt dann kurz I.
Am Lahnerkopf steht ebenfalls ein schönes Kreuz und ein Gipfelbuch. Da das Wetter bis auf ein paar Tropfen immer noch hält, überlege ich wie ich die Tour nochmals erweitern könnte. Eigentlich hatte ich vor direkt am Grat weiter zur Schänzlespitze und dem Schänzlekopf zu schauen, die Nic und yuki am Tag zuvor besucht haben, aber dann hab ich auf dem Gipfel des Kälbelespitze einen anderen Bergsteiger entdeckt, und nachdem ich ein Foto mit Vollzoom gemacht habe, meinte ich den Bene zu erkennen.
Kastenkopf - Übergang Kälbelespitze:
Und so warf ich meinen Plan über den Haufen und stieg zur Lahnerscharte ab um dann auf den Kastenkopf aufzusteigen. Und siehe da, es ist der Bene, der kurz nach mir den Kastenkopf erlangt. Er hat die komplette Überschreitung der Kälbelespitze vom Kirchdachsattel über den Nordgrat gemacht.
Von ihm hole ich mir ein paar Infos und entschließe mich, den Übergang hinüber zur Kälbelespitze auch zu wagen, während er am Kastenkopf eine Pause einlegt.
So geht es nun direkt am Kamm entlang in die Scharte vor dem Westgipfel (T4+, I-II). Der Aufstieg hinauf auf den Westgipfel erfolgt über eine kleingriffige Rinnenplatte, ist allerdings deutlich einfacher wie im AVF beschrieben, der diese Stelle als Schlüsselstelle ausmacht und mit III- bewertet. Mehr als ne gerade II ist es sicherlich nicht. Die letzten Meter zum Kamm sind deutlich einfacher. Wer hier schon Probleme hat sollte wieder umdrehen, die Schwierigkeiten fangen jetzt erst an.
Nun geht es sehr anspruchsvoll über steile Schrofenstufen mit viel losem Geröll auf der Südseite gut 30-40 Meter hinab (T6) bis man an eine kleingriffige Platte gelangt. Man sollte nicht den fehlen machen so früh nach Osten über die Platten queren zu wollen. Ich bin zunächst nur ein paar Meter abgestiegen und habe dann gequert und befand mich schnell im T6 III Gelände wieder, das dann senkrecht abbricht. So bin ich wieder zurück und zu der erwähnten Platte abgestiegen. Über die Platte quert man an kleinen Griffen und auf sehr viel Reibung gut 3-4 Meter auf die nächste Flanke (T6, III-) und von dort direkt an den Felsabbruch des Westgipfel, unter dem man zurück auf den Kamm steigt. Man kann diese Stelle auch etwas weiter unterhalb auch umgehen, der weitere Abstieg ist allerdings auch sehr anspruchsvoll (T6). Von dort geht es direkt am Grat weiter auf den kleinen Gipfel (T5, I-II). Am Gipfel befindet sich nur ein Markierungsstein und eine alte Vermessungsstange. Hätt ich gewusst das ich heute noch auf die Kälbelespitze steige, hätte ich ein Buch mitgenommen, aber das wird demnächst zusammen mit quacamozza nachgeholt.
Ein paar Fotos später geht es wieder zurück zum Kastenkopf, um den Bene nicht allzulang warten zu lassen. Die Schlüsselstelle empfand ich in dieser Richtung etwas anspruchsvoller, aber das liegt wahrscheinlich daran das ich zunächst über eine schöne Rissverzweigung über der Platte aufsteigen wollte (III-IV), was mir dann aber aufgrund der Abschüssigkeit des Geländes doch nicht ganz zusagte. Die Schrofenflanke zurück zum Westgipfel ist im Aufstieg deutlich einfacher als im Abstieg, der Abstieg zurück in die Scharte ist auch im Abstieg nicht mehr als ne normale II. Und die letzten Meter zurück zum Kastenkopf sind dann nur noch Genuss ;-)
Nach einer kurzen Rast machen Bene und ich uns dann an den gemeinsamen Abstieg hinunter zum Schrecksee und auf dem Normalweg zurück ins Tal. Bei der Querung der Felsstufe hat man dann einen sehr guten Einblick auf den vorher begangenen alten Aufstieg hinauf zum Falken, sogar die Spuren sind teilweise deutlich zu erkennen. Während Bene ab dem E-Werk mit dem Bike zurück fährt, darf ich dann allerdings zurück nach Hinterstein laufen, allerdings nicht ohne eine kurze Einkehr im Konstanzer Jägerhaus.
Fazit:
Eine Tour genau nach meinem Geschmack. Der alte Aufstieg auf den Falken ist etwas für Individualisten und erfordert ein gewisses Maß an Trittsicherheit und Orientierungsvermögen. Der komplette Nordgrat des Lahnerkopfes über den Älpelekopf ist ein richtiges Schaulaufen mit tollen Aussichten in alle Richtungen.
Der Übergang vom Kastenkopf zur Kälbelespitze ist nur für erfahrene Bergsteiger zu empfehlen, der III-te Grat sollte sicher beherrscht werden, um vorallem an den Platten nicht in Schwierigkeiten zu gelangen. Zudem sollte man sich im T6 Gelände nicht unwohl fühlen, sonst wird der Abstieg in der Südflanke schnell zur Tortur. Wer sich dies jedoch zutraut findet einen sehr interessanten Übergang vor, der das Herz eines Bergsteigers höher schlagen lässt.
Zeiten:
Parkplatz - Abzweig alter Weg 90 min
Aufstieg auf den Falken 40 min
Übergang zum Älpelekopf 20 min
Weiterweg zum Lahnerkopf 30 min
Lahnerkopf - Kastenkopf 20 min
Kastenkopf - Kälbelespitze 35 min
Kälbelespitze - Kastenkopf 20 min
Rückweg nach Hinterstein 110 min
Schwierigkeiten:
Bis Abzweig alter Weg T2
Aufstieg Auf dem Falken T4+, I
Übergang zum Älpelekopf T5- kurz nach dem Falken
T4- direkt am Kamm
T5, I-II Schlussaufstieg Älpelekopf
Übergang zum Lahnerkopf T4, I
Abstieg in Lahnerscharte T4
Aufstieg Kastenkopf T3
Übergang zur Kälbelespitze T6, III
Abstieg T2
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