Mittlere Kräulspitze (3302 m) - über Sommerwandferner und Nordwestgrat


Publiziert von 83_Stefan , 23. März 2014 um 23:09.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:15 März 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT6 - Anspruchsvolle alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über die B183 nach Neustift im Stubaital; in den Ort abbiegen und dort der Beschilderung ins Oberbergtal folgen. Durch das Tal auf schmaler Bergstraße bis zur Wintersperrung bei Seduck; begrenzte, kostenfreie Parkmöglichkeiten.
Unterkunftmöglichkeiten:Franz-Senn-Hütte (OeAV-Sektion Innsbruck, 2147 m).
Kartennummer:AV-Karte 31/2 - Stubaier Alpen Sellrain und AV-Karte 31/1 - Stubaier Alpen Hochstubai. Beide Karten decken jedoch den Zustiegsweg von Seduck zur Oberisshütte nicht ab.

Im Gebiet um die schön gelegene Franz-Senn-Hütte gibt es allerhand interessante Ziele für den Schneeschuhgeher. Viel besuchte Winterklassiker, weniger bekannte Geheimtipps - von allem ist etwas dabei. Die Innere Sommerwand fällt unter die Kategorie "einfache Hochtour" und hat in den letzten Jahren stark an Beliebtheit gewonnen. Sie ist heute fast schon eine Modetour, denn der Sommerwandferner ist eher gutmütig und der Grat hinauf zum Gipfel gut versichert und nicht besonders anspruchsvoll. So richtig Würze bringt man dann aber in die Unternehmung, wenn man die Mittlere Kräulspitze ins Programm einbezieht, den dominierenden Gipfel in der Umrahmung des Sommerwandferners. Sie ist auf keinem Weg einfach zu erreichen, im Winter schon gar nicht. Eine harte Nuss und definitiv der Kategorie "Holla die Waldfee" zuzuordnen!
Die Tour ist beschrieben als relativ lange Schneeschuh-Tagestour von Seduck aus. Wer mag, kann natürlich auch auf der Franz-Senn-Hütte übernachten. Sie hat im Winter geöffnet und ist durchaus empfehlenswert - fließend Warmwasser und Internet-Hotspot inklusive.


Die Tour beginnt bei der Wintersperre der Straße ins Oberbergtal bei Seduck. Im Tal geht's auf der breiten Schneemobil-Trasse weiter; vorbei an der Stöcklenalm wird endlich die Oberisshütte erreicht - der Talmarsch ist enorm! An der Oberisshütte beginnt die Versorgungsseilbahn der Franz-Senn-Hütte, daher endet die breite Trasse.

Im Talschluss geht's in westlicher Richtung an den Hang heran; unterhalb des Sommerwegs quert ihn der Winteranstieg in südwestlicher Richtung bis der schwach ausgeprägte Rücken, der den Alpeiner Bach begrenzt, hinauf zur Alpeinalm leitet, wo der Winterweg wieder mit der Sommerroute zusammentrifft. Oberhalb des Alpeiner Bachs geht's weiter, bis die große Franz-Senn-Hütte erreicht ist.

Wer noch schnell seine E-Mails checken möchte besucht die Hütte, der Rest geht in südöstlicher Richtung weiter, wo das Hochtal beginnt, in dem weiter oben der Sommerwandferner liegt. Durch kupiertes Gelände ("Stiergschwez") geht's recht angenehm dahin, zwischenzeitlich sorgt die eine oder andere steilere Stufe für so manchen Schweißtropfen. Stets etwas rechts haltend, erreicht man schließlich den Sommerwandferner, der im unteren Teil durch einen markanten Felssporn getrennt wird.

Der rechte (orographisch linke) Gletscherlappen birgt weniger Spalten, daher ist ein Anstieg über ihn empfehlenswerter als über den linken. Oberhalb des Felssporns vereinigen sich die beiden Zustiegswege und rechts haltend geht's hinauf bis zur Kräulscharte. Da wegen des Gletscherrückgangs der Grat nicht mehr direkt erreicht werden kann, sind Drahtseile gespannt, die durch leichtes Felsgelände nach oben zur Scharte leiten.

Von der Kräulscharte folgt man dem gutmütigen, versicherten Blockgrat (bis I) - kurzzeitig auf die Ostseite ausweichend - hinauf zum Gipfelkreuz (mit -buch). Die Aussicht ist richtig gut, vor allem der Tiefblick auf die umliegenden Gletscher ist super. Es macht zudem Laune, wenn man den am Gletscher aufsteigenden Gruppen vom Gipfel aus zusehen kann. Nach Osten und Südosten ist der Blick allerdings durch die deutlich höheren Nachbarn verstellt - dies lässt sich mit einem Besuch der Mittleren Kräulspitze allerdings ändern!

Am Anstiegsweg geht's wieder zurück zur Kräulscharte und am Gletscher so weit hinunter, bis man um einen Felssporn in östlicher Richtung herumqueren kann, dann wieder hinauf zur wenig markanten Oberen Kräulscharte. Damit ist der "gemütliche" Teil der Tour beendet.

In östlicher Richtung quert man den steilen Hang hinüber zu einer schwach ausgeprägten Rinne, die hinauf zum Grat leitet. Durch sie geht es aufwärts, möglichst nahe an den sie links begrenzenden Felsen. Weiter oben wird es sausteil und 50-55° scheinen bei eisbedeckten Felsplatten mit knietiefer Triebschneeauflage gerade noch so eben vertretbar. Am Grat dann zunächst relativ unproblematisch durch ziemlich steiles Gehgelände weiter, nur der Triebschnee auf einem festen Harschdeckel mahnt zu großer Vorsicht. Bald wird der Grat deutlich schmaler und felsiger, eine Engstelle kann rechts unterhalb günstig umgangen werden (I). Dort, wo er sich markant aufsteilt, verlässt man den Grat auf schmalen Felsbändchen nach rechts hinüber auf eine kleine Schuttterrasse. Hier links weiter über eine Rinne wieder hinauf zum Grat (II). Ein steiler, griffloser Aufschwung stellt sogleich die klettertechnische Schlüsselstelle der Tour dar (III-), danach geht es noch wenige Meter über Gehgelände hinauf zum Gipfelkreuz (das Gipfelbuch hat sich leider in seine Einzelteile aufgelöst und besteht nur noch aus einem nassen Klumpen), das im Winter nur recht selten Besuch erhält. Der Ausblick in alle Richtungen ist absolut genial, im Südwesten stellt die höhere Östliche Seespitze mit dem Alpeiner Kräulferner den Haupt-Blickfang dar. Die Mittlere Kräulspitze erweist sich als Aussichtsberg par excellence - die Innere Sommerwand kann da lange nicht mithalten!

Runter geht's äußerst vorsichtig auf dem Anstiegsweg. Objektiv am gefährlichsten dürfte die steile, plattige Rinne zum Grat sein - unsere knie- bis hüfttiefen Aufstiegsspuren waren beim Abstieg großteils durch Triebschnee bereits wieder vollständig aufgefüllt.

Schwierigkeiten:
Winteraufstieg von Seduck zur Franz-Senn-Hütte: WT2 (in der Hauptsaison stets gut ausgetretene Spur).
Aufstieg zur Inneren Sommerwand: WT3, T3+/L (Hochtour), I (Sommerwandferner relativ gutmütig, aber nicht spaltenlos; Gipfelgrat relativ breit und versichert).
Abstecher zur Mittleren Kräulspitze: WT6, T6/ZS+ (Hochtour), III- (bis zu 55° steile Rinne zum Grat; der nahezu durchgehend mit Bohrhaken versehene Grat ist durchwegs sehr ausgesetzt; die Beschreibung der Route im AV-Führer (II, immer am Grat) scheint zumindest im Winter nicht nachvollziehbar und auch die mit Bohrhaken versehene Trasse weicht der Steilstufe aus; ausgerechnet an der hier beschriebenen Schlüsselstelle existiert kein Bohrhaken - möglicherweise ist sie umgehbar).

Fazit:
Eine eindrucksvolle 4*-Schneeschuh-Hochtour auf zwei schöne Stubaier 3000er. Die Gipfel sind sehr gegensätzlich - während die Innere Sommerwand recht gut erreichbar und häufig besucht ist, ist die Mittlere Kräulspitze eine richtig harte Nuss, die den erfahrenen Allround-Alpinisten fordert und ständig ausgesetzt ist. Der Anstieg zur Mittleren Kräulspitze kann - sofern man die nötige Ausrüstung dabei hat - dank der Bohrhaken fast durchgehend gesichert werden; eventuell ist der Anstieg direkt von der Oberen Kräulscharte unter Vermeidung der steilen Rinne möglich.

Mit auf Tour: Uwe.

Kategorien: Stubaier Alpen, Hochtour, Schneeschuhtour, 4*-Tour, 3300er, T6, WT6.


Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (13)


Kommentar hinzufügen

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 24. März 2014 um 09:14
Respekt, wirklich eine saubere Tour. Würd ich mich im Winter net trauen.

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. März 2014 um 18:16
Hallo Andy, danke dir! Macht im Sommer auch sicher mehr Spaß, denn da friert's einen nicht so in die Finger ;-) .

ReinerD hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. März 2014 um 22:37
ich würd die Tour zumindest noch machen , solang
noch Schneeauflage in der Steilrinne hast - ist im
Sommer oft Blankeis und Steinschlag kommt dann
auch noch hinzu.

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. März 2014 um 23:10
...oder man schaut, ob man den Grat nicht durchwegs von der Oberen Kräulscharte begehen kann. Steht so auch im AV-Führer drin, aber das heißt ja nicht viel, denn der Rest stimmt auch nicht ;-) .

ReinerD hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. März 2014 um 23:38
da haben die sicher nur im AV-Führer geschrieben , falls , was nie vorgesehn war , mal jemand ohne SKI unterwegs
sein sollte ;-)

Kireko hat gesagt: Wow...
Gesendet am 24. März 2014 um 09:54
... echt eine abenteuerliche Unternehmung! Dagegen war der Hochreichkopf wohl nur ein lahmer Spaziergang ;)

83_Stefan hat gesagt: RE:Wow...
Gesendet am 24. März 2014 um 18:19
Ja, abenteuerlich war's wirklich. Der Hochreichkopf war auch wirklich nicht ohne, aber definitiv deutlich weniger anspruchsvoll. Wobei die meisten Begleiter zum Hochreichkopf auch nicht mit rauf gegangen wären, also nochmal ein Kompliment an dich ;-) .

Kireko hat gesagt: RE:Wow...
Gesendet am 1. April 2014 um 14:39
Danke dir - mir hat das völlig gereicht. Mehr Anspruch hätte ich nicht mehr genießen können, von daher hat's genau gepasst!

bidi35 hat gesagt: gratuliere...
Gesendet am 24. März 2014 um 10:44
...2'000 Hm, 11 Stunden unterwegs...nicht schlecht.

War 1996 in einer Skitourenwoche auf der Franz-Senn-Hütte...weiss nicht mehr genau, was wir alles gemacht haben. Auf alle Fälle waren die Ruderhofspitze und der Schafgrübler dabei. Getrübt wurde die Woche durch den tragischen Todesfall, den ich beim entspr. Bild erwähnt habe.

LG Heinz

83_Stefan hat gesagt: RE: gratuliere...
Gesendet am 24. März 2014 um 18:21
Hallo Heinz, danke dir! Ich wusste gar nicht, dass du mal in "meinem" Einzugsbereich unterwegs warst?!? Jedenfalls schade, dass deine Tourenwoche durch einen derartigen Unfall überschattet wurde.
Die Ruderhofspitze "fehlt" mir übrigens noch - die hast du mir voraus ;-) .

Gelöschter Kommentar

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. März 2014 um 23:54
Hey Markus, danke dir! Die Tour hätte dir sicherlich auch gefallen! Viele Grüße "aus dem Süden"!

ADI hat gesagt:
Gesendet am 2. Mai 2014 um 15:36
Hi, Stefan!

Diese oberlässige Tour hätte wahrlich besseres Wetter verdient.
Wuide Unternehmung!

VLG!

ADI


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