Val Bavona/Val Calnegia – Die Mäusefalle der Alpe d’Orsalia, Corte di Mezzo


Publiziert von Seeger , 31. Mai 2013 um 11:05.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:30 Mai 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Biela   Gruppo Pizzo Solögna 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1170 m
Abstieg: 1170 m
Strecke:11.7km: Foroglio 684m – Puntid 890m – Gerra 1045 – Calnegia 1108m – Alpe d’Orsalia, Corte di Mezzo, 1680m – gleicher Weg zurück
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ö.V.: FART von Locarno nach Bignasco – Im Sommer Busverbindungen ins Bavonatal. Auto: Locarno – Vallemaggia bis Bignasco – nach der Brücke direkt nach links Richtung Val Bavona – Foroglio (genügend gebührenfreie Parkplätze)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Einkehr: Restaurant Baloi, Fontana (neue einheimische Bewirtung) mit hübscher Pergola und typischen Tessiner Spezialitäten. Im Sommer 7 Tage offen. In Foroglio: La Froda.
Kartennummer:1271 Basodino, Alpi di Val Bavona (Giuseppe Brenna)

Gewarnt durch den eindrücklichen Bericht  von zaza, den präzisen Ausführungen von Giuseppe Brenna „Alpi di Bavona“ und „Storie e sentieri di Val Bavona“ von Nora und Aldo Cattaneo ging ich das „Unternehmen Orsalia“ gut vorbereitet an (Grobübersetzte Auszüge in kursiv,fett) . Eine alte Landeskarte 1:50‘000 war für den in der neuen Landeskarte nicht mehr vorhandenen „Weg“ vor allem im unteren Teil sehr wertvoll. Ebenfalls der Höhenmesser. Auch bei meiner letzten Tour  gleich vis-à-vis her sperberte ich auf Augenhöhe ins Gebiet und resümierte: „Wegen den Erlen könnte es happig werden“! Doch die Erlen waren es nicht....
Im Osten der Alpe Orsalietta befindet sich die Alpe Orsalia, weniger wild, juristisch auf dem Territorium von Cavergno (Neu: Gemeindezusammenschluss von Cevio, Bignasco und Cavergno). Sie wurde bis 1960 bestossen durch Innocente und Miriam Dalessi mit etwa 15 (!) Kühen und rund einhundert Ziegen. Ursprünglich waren diese Alprechte unter vier Besitzern verteilt und dadurch erklärt sich die Tatsache, dass jeder Corte mehrere Hütten aufweist“. („Storie e sentieri di Val Bavona“, Aldo e Nora Cattaneo)
Nach Salvioni (1898, I.41) und Gualzata (1924, 68-9) sind „Orsalia“ und „Orsalietta“ auf das lateinische ursus ‚ ‘orso, Bär‘ zurückzuführen (SAC-Clubführer, Tessiner Alpen 1, Giuseppe Brenna).Orsalia (Orssaliga) wurde bereits 1346 genannt und zwar im Zusammenhang mit der Grenze zur Alpe Formazöö (Formacollo) und Alpe Crosa (Crossa), welche damals noch bis zum Talgrund reichten. (Alpi di Val Bavona, Giuseppe Brenna)
Wer je den Corte di Cima und den weiten Talkessel der Alpe d’Orsalia gesehen hat (leicht von „oben“, das heisst von Bosco Gurin oder Camanoi, erreichbar) kann es nicht fassen: Corte di Fondo und Corte di Mezzo sind in einem Gewirr von Runsen, Felswänden und Abgründen gelegen. Dazu die „tapferen Pionierpflanzen“, welche den ehemaligen Weg in Besitz genommen haben und die Lawinen-Kegel tauen so friedlich bis in den späten Sommer vor sich her.
Der Nordgrat vom Pizzo d’Orsalia und dessen Ausläufer reichen bis vor den Weiler Calnegia. Der Weg windet sich westlich (Rechts in Laufrichtung) hinauf:
Start beim obersten Haus von Calnegia. Nach links in den Wald und dann gleich in die Höhe auf schwach ausgeprägtem Weglein (Steinmännchen und Schnittspuren) über Weiden bis auf 1220m. Nun horizontal nach rechts in den Wald. Nach 50m (karges Steinmäuerchen) links wieder hoch bis auf 1400m.
Zwei parallele und nach rechts oben führende Felsbänder begrenzen ein steindurchsetztes Grasband, die Schlüsselstelle. So ist die abweisende Rippe schnell überwunden. Welch eine Aussicht in die nächste weite Mulde, den Bächen, den Lawinenkegel…und am Horizont die steilen Wände vom Orsalia – Strahlbann – Wandfluhhorn!
Und wie bin ich angenehm überrascht: Es hat eine scheue Erlengasse. Und irgendwie schaffe ich es, auf 1450m den Abzweiger nach Corte di Fondo zu finden. Der Weg liegt dann unter dem Schnee und ein Risiko darf ich als Alleingänger nicht eingehen. Also weiter.
Bis auf 1600m hinauf bin ich am Suchen und komme zum Schluss, dass der Weg unter dem Schnee liegt. Doch dieser trägt gut. Ist ja immer noch besser als Erlengestrüpp. Wie hatten die Kühe dies alles geschafft?
Richtungswechsel nach links: Auf gut erkennbarem Weg entlang einer Felswand in die Scharte hinauf. Wenn nur die Schneekegel nicht wären. Pickel wäre besser wie Stöcke. In der Scharte verbreitert sich der Weg und führt über Treppenanlagen bequem auf den Corte di Mezzo, 1680m.
Wow! Ein sagenhafter Ort auf lieblichem Plateau. Neues Leben! Neues Bänklein, neue Türen…da tut sich was. Jetzt weiss ich, weshalb der Weg hergerichtet wurde. Es müssen Ticines sein, welche sich für diesen abgelegenen Ort stark machen. Saluti e Auguri. Grazie mille!
Nun könnte ich noch den Corte di Cima besuchen. Weniger steil und knappe 200hm zu überwinden. Schneewackel. Ich entschliesse mich zur Rückkehr auf dem gleichen Weg.
Von oben nach unten bekunde ich Mühe, die Schlüsselstelle auf 1400m zu finden. Beim dritten Anlauf klappt es. Adrenalinschub auf sicher! Diese ist extrem weit Richtung Westen, gleich oberhalb des Bachgrabens, zu suchen (beginnt mit einem begrünten Weglein nach Links ins Nichts).
Nicht umsonst warnt Giuseppe Brenna verschiedene Male:
Wegen den verschwundenen Wegen ist die Alpe d’Orsalia schwer vom Talgrund des Val Calnegia zu begehen. Nur ein wirklich sicherer Experte kann daran denken, den Talboden des Val Calnegia von (oben) Bosco/Gurin, von Corino oder der Alpe d’Orsalietta zu erreichen: Also besser, wenn überhaupt, die Traversierung im umgekehrten Sinn machen und damit zuerst die schwierigen Passagen von unten angehen, mit eventueller Rückkehrs-Möglichkeit auf dem gleichen Weg.
„Trapola“ heisst Mäusefalle!
Orsalia è una trapola. 

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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