Quer durch Hessen: Gießen - Gersfeld


Publiziert von Vandrer , 3. April 2013 um 13:20.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Vogelsberg
Tour Datum:29 März 2013
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5 Tage
Strecke:ca. 120 km (vermutl. mehr)

INHALT

Basisinformationen
Bericht
Erkenntnisse


BASISINFORMATIONEN

Weg: Per Kompass und grober Karte ging's von Lützelinden bei Gießen östlich nach Gersfeld. Teilweise fiel der Weg zusammen mit dem Jakobsweg oder dem Vulkanring um den Vogelsberg. Überwiegend ging es jedoch auf Feld- und Waldwegen "querfeldein".
Basisgewicht (alles am Körper ohne Verpflegung, Brennstoff u. Wasser): 8119 Gramm
Wetter: am Tag max. 6°C, manchmal Sonne sowie Schnee, aber kein Regen; in der Nacht: ca. -4°C, minimaler Schneefall, kaum Wind


BERICHT

Vorwort: Die ursprüngliche Planung war, C. und T. (nebst deren drei Hunden) auf ihrem Weg von Lützelinden (Gießen) nach Südbrandenburg eine gute Woche zu begleiten. Aus verschiedenen Gründen musste dieses Projekt jedoch abgebrochen werden, sodass nach 5 Tagen Feierabend war. Dennoch war die Tour, die von Lützelinden nahezu direkt östlich nach Gersfeld (Rhön) ging, eine gute Erfahrung!

Tag 1: Unter großem Hallo ging es am frühen Nachmittag von Lützelinden aus teils an Resten des Limes und rekonstruierten Römer-Wachtürmen zu einem Waldstück mit See und Schutzhütte (Graf-Otto-Hütte) süd-westlich von Lich. Der Weg selbst war wenig spektakulär, da wir meist auf Feldwegen und sehr ortsnah liefen. Dafür waren alle Beteiligten noch ausgeruht und auch die Sonne lugte mitunter kurz hervor. Abends dann an der Hütte schlugen wir im Wald das Zelt auf und hockten uns ums Lagerfeuer. Ein Freund von C. und T. brachte noch zusätzliche Verpflegung vorbei, sodass reichlich geschlemmt werden konnte. Leichter Schneefall und sinkende Temperaturen sowie eine gewisse Müdigkeit trieben uns aber einigermaßen zeitig ins Zelt.

Tag 2: Wie immer draußen schlief ich die erste Nacht kaum. Dazu trug auch bei, dass meine dünne Isomatte nicht ausreichend nach unten hin isolierte. Außerdem traten bei drei Menschen plus drei Hunden leichte Kondenserscheinungen auf, die jedoch noch harmlos waren. Während die beiden anderen noch dösten, aß beziehungsweise lutschte ich zum Frühstück schon einmal zwei fast gefrorene Schokoriegel, schrieb ins Touren-Tagebuch und fragte mich, was die kommenden Tage noch bringen würden...
Nach etwas langwieriger Packerei marschierten wir nach Hungen, wo wir uns erstmal mit weiterer Verpflegung versorgten. Pappnasen wie wir es sind, vergaßen wir es nämlich, dass die Geschäfte am Abend vor Karfreitag früher schließen. Entsprechend zogen wir sehr "asketisch" los. Gut versorgt ging es dann weiter östlich. Eigentliches Tagesziel war der Nidda-Stausee, der jedoch aufgrund allgemeiner Erschöpfung nicht erreicht wurde. Dies stellte sich jedoch als Vorteil heraus: Unser Lager schlugen wir nämlich bei einem Bauwagen auf, in dem sich für ein paar Tage ein Aussteiger-Typ eingenistet hatte. Entsprechend kurios war der Abend. Wir durften auf dem Holzöfchen kochen, die Handys mussten - was sie natürlich sowieso waren - ausgeschaltet sein, da dies in dem Wagen zu dem Effekt einer "Mikrowelle" führen würde. Als Gäste akzeptierten wir aber selbstverständlich alle Bedingungen des Gastgebers und verbrachten einen im Wortsinne merkwürdigen Abend mit diesem wandernden Hippie-Wikinger.

Tag 3: Am Morgen war das Außenzelt von Rauhreif überzogen und die allgemeine Stimmung eher mäßig. Um 10 Uhr erreichten wir den Campingplatz am Nidda-Stausee, wo wir uns einer Wäsche unterzogen. Die lange Warterei in der Kälte nagte jedoch etwas an meiner Laune, die schon durch die etwas langwierige Packerei am Morgen leicht strapaziert war (s. dazu auch unten "Erkenntnisse"). Ennervierend kam Ärger mit einem der Hunde hinzu, sodass ich mich leicht absetzte, um mit erhöhtem Tempo voranzumarschieren - schon allein, um endlich warm zu werden. Später ging es längere Zeit über verschneite Waldwege, was zwar schön, mit Laufschuhen jedoch auch anstrengend zu gehen ist. Die Kommunikation war nahezu vollkommen eingeschlafen. Alle fragten sich: Wie soll's bei der Kälte weitergehen?
Mit diesem Fragezeichen im Kopf marschierten wir auf Volkartshain zu und hielten nach passablen Scheunen oder Schuppen Ausschau. Im Ort bekamen wir jedoch die Auskunft, dass es kaum noch Landwirtschaft in der Gegend gebe. Wir fragten uns jedoch bis zum Ortsvorsteher durch und dann geschah das "Oster-Wunder": Er gab uns einen Raum mit Heizung und Bad unter dem Dorfgemeinschaftshaus! Wir konnten unser Glück kaum fassen und verbrachten einen entsprechend entspannten Abend. An dieser Stelle noch einmal einen ausdrücklichen Dank an Orstvorsteher Reinhold und Volkartshein!

Tag 4: Gut gelaunt und zeitig losgekommen zogen wir am Morgen des vierten Tages über eisige, aber sonnenbeschienene Felder weiter nach Osten. Ohne längere Unterbrechungen kamen wir gut voran und kehrten in Ober-Moos in "Heidi's Caféstübchen" (ja, mit Apostroph...) ein, wo wir sehr freundlich aufgenommen und gut bewirtet wurden. Der Wirt erzählte auch, dass alle sieben Jahre Ostern so kalt sei. Vor zwei Jahren lief ich entsprechend auch noch in kurzer Hose durch den Ort... - Versorgt mit Café, Speck und Rührei ging es hoch motiviert weiter. Unter anderem liefen wir durch ein sehr schönes Tal mit Blick auf die verschneite Rhön. Gelegentlich waren Rehe zu sehen und sogar auch ein Fuchs. Die Sonne kam heraus und die Laune war gleichfalls sonnig!
In Neuhof versorgten sich C. und T. an der Tankstelle noch mit Apfelwein. T. bekam von jemand anderem, den er nach Wasser fragte, noch Nussecken geschenkt. Auf einem Hügel östlich von Neuhof wurde in einem einladenden Waldstück das Lager aufgeschlagen. Von der Kälte abgesehen war es perfekt: Sonnenuntergang, Windstille, Apfelwein oder Tee mit Whisky und ein durch Laub äußerst angenehmes Waldbett!

Tag 5: Ich hatte wunderbar geschlafen und war in "Kämpferlaune". Die beiden anderen laborierten jedoch mit unterschiedlichen Problemen herum: T. hatte sich einen Wolf gelaufen und litt allgemein unter seinem schweren Rucksack. C. war ebenfalls von ihrem Rucksack sowieso den nur bedingt erfolgreichen Erziehungsversuchen des einen Hundes erschöpft. Später in Thalau bei Café und Stückchen die erste Entscheidung: T. bricht ab und fährt mit dem Bus sowie einem Großteil des Gepäcks nach Gersfeld.
C. und ich (noch mit kompletter Ausrüstung, da unentschlossen) marschieren sehr zügig die Reststrecke von etwa 12 km nach Gersfeld. Der eisige Wind sowie der wieder zunehmende Schnee auf der Anhöhe vor Gersfeld führten zur zweiten Entscheidung: Auch ich breche ab, da die Rhön nochmal rauher gewesen wäre und mir allein in diesem Fall die Motivation fehlte. So schön die nahezu voralpine Stimmung der Gegend war, so sinnlos wäre ein "einsamer Kampf gegen die Elemente" gewesen. Und so trennten sich um 16 Uhr unsere Wege in Gersfeld - nach fünf intensiven, herausfordernden, aber dennoch tollen Tagen!


ERKENNTNISSE

Zunächst fühlte ich mich einmal mehr darin bestätigt, dass sinnvoll reduzierte Ausrüstung erhebliche Vorteile bringt. Wo die beiden anderen mit gewaltigen Rucksacken zu kämpfen hatten, lief ich überwiegend entspannt und hatte körperlich kaum mit Schwierigkeiten zu tun.
Neben der Gewichtsersparnis führte die Reduktion in der Ausrüstung auch zu einem anderen, wesentlichen Vorteil: Das Packen am Morgen geht wesentlich (!) schneller. Was nach Hektik auf Wanderschaft klingen mag, ist vernünftig betrachtet schlicht eine Stunde mehr Gehzeit, also ca. 4 Kilometer mehr Strecke.
Diese Form von Ökonomie lässt sich weiter auf das Essen übertragen: Statt großer Pausen ziehe ich es vor, im Gehen zu essen und mich dabei mit Nüssen, Trockenobst und Schokolade zu verpflegen. Erstmals hatte ich auf dieser Tour auf ein "ordentliches" Frühstück verzichtet und kann es nur befürworten: wieder eine halbe Stunde gewonnen und 2 Kilometer mehr gelaufen!
So zufrieden ich grundsätzlich mit meiner Ausrüstung war, so kritisch ist bei Nachtfrost meine 1 cm dicke Isomatte zu beurteilen. Mit einem Laubberg darunter sowie fast sämtlicher Kleidung am Körper und in einem Daunenschlafsack mit einem Komfortbereich von -2°C schlief es sich zwar gut. Jedoch nächtigte ich diesmal auch nicht unterm Tarp (obwohl es dabei war...) und hatte generell Glück mit dem sonstigen Wetter. Auch ist nicht immer Laub verfügbar. Kurzum: Mein Schlaf-Set war hier am Limit, was auch der wesentliche Grund war, nicht noch auf die richtige Rhön zu gehen.
Positiv an der Ausrüstung möchte ich einmal mehr meine leichte Montane-Windjacke mit Kapuze hervorheben. Das Teil ist genial! Auch wurde mir bei dieser Tour der Wert einer Kapuze noch einmal überdeutlich. Zu optimieren wäre an der Kleidung künftig hauptsächlich das Isolationsmaterial: Aus Geldgründen habe ich die dünnsten Decathlon-Fleece übereinander gezogen, was auch funktioniert hat, mit einer Daunen-/Primaloft-Jacke gewichtsmäßig jedoch noch zu toppen wäre. Bezüglich Daune bleibt noch zu sagen, dass mich der Daunen-Schlafsack immer etwas unter "Anspannung" wegen Feuchtigkeit etc. setzt. Vorerst bleibe ich in jedem Fall noch bei ihm, ziehe künftig aber auch einen Synthetik-Quilt in Erwägung (dann in Kombination mit einer gescheiten Daunenjacke).

Tourengänger: Vandrer


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