Von Wurzkriemersch und dem Optokinetischen Gleichgewicht

Tag 2: Von Marburg nach Braunfels

Wir verlassen das interessante Marburg und fahren jetzt erstmal durch den uninteressantesten Abschnitt des Lahnradweges und unserer Rundtour. Hier ist das Tal der Lahn am weitesten, und die Beschreibung des Lahnradweges (z.B. im Bikeline-Führer) spricht euphemistisch von fruchtbarer Ackerlandschaft.

Immerhin ist die Lahn schon etwas gewachsen, und vereinzelt trifft man Kanu-Wanderer und Paddelboote. 

Aufpassen sollte man in der Ortschaft Sichertshausen. Dort wie auch in anderen Dörfern tragen die Häuser ihren vom Volksmund gegebenen Namen, auf sorgfältig gestylten Schildern. Wer heute noch irgendwo ländlich wohnt, wird ähnliche Hausbezeichnungen kennen (siehe Bilder).

Gießen lohnt eine längere Rast, die sich vorzüglich auf dem Marktplatz im Schatten des Turmes der Stadtkirche verbringen lässt. Gießen gibt sich modern und angenehm quirlig.

Das vielgelobte Lahnfenster hatte geschlossen - wenn der Algenbelag vom Fenster entfernt ist, könnte man dann unter die Oberfläche der Lahn die verschiedenen frei schwimmenden Fische betrachten.

Etwas mehr Zeit sollte man mitbringen für den Besuch des interaktiven Mathematik-Museums. Vielleicht wird der eine oder andere so seine Abneigung gegen die Königin der Wissenschaften überwinden. Wir hatten die Zeit nicht, nahmen uns aber vor bei Gelegenheit reinzuschauen. 

Hinter Gießen hatte uns der Regen endgültig eingeholt. Merke: Unter Eisenbahnbrücken bleibt man nicht richtig trocken. Straßenbrücken dagegen sind in der Regel wasserdicht.

Vor der Einfahrt nach Wetzlar passieren wir eine tunnelförmige Konstruktion, mit der man sein - für jeden Bergsteiger und Radfahrer wichtiges - optokinetisches Gleichgewicht verstehen und prüfen kann (Bild). Normalerweise hilft uns das Innenohr, unsere Lage zu bestimmen - z.B. ob wir stehen oder liegen - selbst bei geschlossenen Augen. Allerdings unterstützt das Auge diese Information. Beim Durchgang durch die sich drehende Röhre stemmt sich der Körper unbewusst gegen die Drehrichtung. 

Wetzlar selbst ist immer eine Reise wert, und der kurze Anstieg zum Dom lohnt auf jeden Fall. Der rote Sandsteinbau dieser Simultankirche vereinigt so ziemlich alle Baustile. Wir können uns nicht allzu viel Zeit lassen, da wir noch nach Braunfels müssen.

Das Märchenschloss Braunfels liegt hoch am Berg. Das Schloss könnte ohne weiteres eine Kulisse für einen Fantasy-Film abgeben. Den zusätzlichen Energieverbrauch für die Anfahrt sollte man bei der Tourenplanung berücksichtigen. Auch berücksichtigen sollte man, dass montags restlos alle Restaurants im Ort Braunfels geschlossen haben. 

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