Übergang zur Vernagthütte und Hintergraslspitze 3325m Südostgrat


Publiziert von alpensucht , 10. Oktober 2011 um 18:04.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum: 3 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:45
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 500 m
Strecke:Hochjochhospiz-Steig 919 über Rofenberg und Schafleger-Vernagthütte-Hintergrasleck-Hintergraslturm-retour bis Vernagthütte 8km
Unterkunftmöglichkeiten:Hochjochhospiz, Vernagthütte
Kartennummer:Maßstab 1:50000 Kümmerly+Frey

Tagwache für mich 6Uhr. Heut soll es das erste mal alpinistisch ernst werden. Eins meiner Hauptziele ist es, besonders unseren leistungsschwächsten Bergfreund zu unterstützen und möglichst hoch hinauf zur optimalen Akklimatisation zu bringen. Zuerst genieße ich in meditativer Stille den Sonnenaufgang und erwarte das Erwachen meiner Berfreunde.

Um 7 Uhr mache ich mit Absicht etwas mehr Lärm beim Betreten des Schlafraums. Unser Freibiwakierer, dem die Hüttenkosten zu teuer sind, ist längst erwacht. Es hat höchstens -1°C zum Sonnenaufgang. Ja an solch einem wundervollen Tag, der nun erwacht, lohnt es sich, weiter hinein in die Hochtäler des Weißkamms zu steigen.


8:15 Uhr sind nach einem Minisnack alle bereit zum Aufbruch. Bei geringer Steilheit steigen wir schwer beladen am Südhang empor bis zur Wegkreuzung, wo der Deloretteweg zum Brandenburger Haus, der Steig zur Vernagthütte über die Mittlere Guslarspitze und der Normalübergang über Rofenberg (nicht der 3000er südwestl. des Hochjochhospizes! Sondern eine Art "Almbuckel" über dem Rofental) führt.
Letzteren wählen wir, weil wir lieber auf den alpinistisch interessanteren Gipfel der Hintergraslspitze als auf den Schutthaufen der Mittleren Guslarspitze wollen. Der Pfad führt nun sehr gut markiert leicht abwärts bzw. eben über die Rofenbergalm und Schafleger hinüber zum Einschnitt des Vernaglbachs. Dort führt etwas weiter oben links eine Brücke über den Bach und in kurzen Serpentinen die letzten 50Hm hinauf zur Hütte.

Für diesen Abschnitt benötigen wir für die 5km 2,5h, etwas länger als im AVF angegeben, angesichts der schweren Rucksäcke. Wanderschwierigkeit max. T3. Eher leichter. Süd- bis Osthang gut ausgebaut über WIesen und wenige Schrofen, schneefrei. Herrliche Blicke auf den Kreuzkamm.

Das Extra Gebäude für den Winterraum ist gut ausgestattet außer, dass man Riesenblöcke von unförmigen Stämmchen zum feuern selber hacken muss. Und das, obwohl man selbst als AV-Mitglied 12€ pro Nacht zahlt! Kein Wunder, dass wenigstens einer von uns draußen schläft. Ausgiebiges Frühstück. Kurz vor unserer Ankunft verlässt eine Familie mit einem 2jährigen Kind (!) und eine Zweierseilschaft die Hütte.

Nachdem wir unsere Rucksäcke bedeutend erleichterten, essen wir ausgiebig Frühstück und machen uns um 12:15Uhr auf zum Hintergrasleck.

Zunächst finden wir den eigentlich ordentlich markierten Steig nicht immer gleich und müssen manchmal im weglosen Gelände  über einige steilere grasdurchsetzte Schrofen und Felsblöcke hinweg (I). Doch auf dem markierten Weg geht es gut voran mit zeitweiligem Einsatz der Hände T4, I durch die Ostseite hinauf. Die letzten 100Hm wird es wesentlich steiler als zuvor und an einigen Stellen wurden Stahlseile angebracht, die man aber kaum verwenden brauch, wenn man sich in dem etwas ausgesetzten Gelände sicher bewegen kann. Um 13:45Uhr auf dem Hintergrasleck packen wir schnell die wichtigsten Dinge wie Trinkflaschen, einige Snacks und Sicherungsmaterial in einen Rucksack, den unser Bergfreund "Titanknie" auf sich nimmt. Wir legen unsere Klettergurte an, und der mit der meisten Erfahrung im Fels nimmt mein 60m Halbseil. Für unseren Leistungsschwächsten ist hier Schluss, er bleibt bei unseren Rucksäcken.

Zu viert gehts nun weiter über den etwas ausgesetzten Südostgrat in gutem, festen Fels.
Nach etwa 150 leicht ansteigenden Metern über den Grat umgeht man die erste Erhebung nordöstlich. Das ist eine 20m lang Traverse mit guten Tritten und kleineren Griffen (Leisten, II). Diese Stelle sichern wir kurzer Hand für alle. Ich als erster in der Traverse bemerke aber, das ich rein psychisch keine Sicherung benötige. Solange die anderen noch an der Stelle sind, gehe ich weiter (T5+, II) bis zur nächsten Stelle. Die Sicherungsstange wurde vom Steinschlag gelockert, kann nicht mehr verwendet werden. Ich befinde mich unter dem gewaltigen (geschätzt von hier aus etwa 30m hohen) Hintergraslturm. In Absprache mit den anderen überlegen wir mehrere Möglichkeiten: Senkrecht abseilen und in der steilen Firnrinne aufsteigen zum nächsten Sicherungspunkt. Für den eigenltichen Routenverlauf oberhalb der Eisrinne im Fels traversieren fehlen uns Pickel und Steigeisen, denn auf den abschüssigen Tritten und Bändern liegt viel festgefrorener Firn. Leider ist auch die nächste Sicherungsstange vom Steinschlag unbrauchbar gemacht worden. Der Gipfel ist in greifbarer Nähe, aber es ist schon 14:30Uhr. Links würde es noch im III.-IV. Grad im Fels über den Turm gehen, doch für alle Möglichkeiten, wo wir sichern müssen, fehlt uns die Zeit, weil der Rückweg so ebenso lang dauert wie hinauf.

So beschließen wir umzukehren. Ich steige nun schnell und sicher voran, alle heiklen Stellen im II. Grad (insgesamt drei) mit großer Sicherheit passierend. Zwei von uns gehen die eine Stelle gesichert. So gelangen wir nach insgesamt einer reichlichen Stunde zurück zum Hintergrasleck, wo einer unser Bergfreunde in der Nachmittagssonne döst. Noch einmal genießen wir die herrliche Aussicht auf den Hauptkamm der Ötztaler und  zu den höchsten des Weißkamms hinüber. 

Hinunter zur Vernagthütte benötigen die schnellsten von uns nicht länger als 45min. 16 Uhr kommen wir also an der Hütte an und erwarten die Ankunft zweier weiterer Bergfreunde. Einer von uns vergaß sein Cap und sein Trinksystem am Hochjochhospiz und steigt deshalb schnell nochmal hinab, um seinen Besitz zu holen. Meinen Plan, noch schnell solo auf die Mittlere Guslarspitze zu steigen verwerfe ich auch bei Ankunft an der Vernagthütte, da ich noch nicht einschätzen kann, wie viel mir die Akklimatisationstouren der nächsten Tage abverlangen würden. Energie sparen. So sehr lohnt sich der Gipfel eigtnlich nicht, wenn man mehr als einfach wandern möchte!

Trotz des Umkehrens war es der Versuch, auf den höchsten Punkt der Hintergraslspitzen zu kommen, wirklich wert, denn wir bekamen einen guten Vorgeschmack auf alle anstehenden Touren. Ohne den morgendlichen Übergang zur Vernagthütte, wäre die Zeit sicher nicht zum Problem geworden. Dennoch müssen wir bein der Planung für solche Touren im Oktober darauf achten, dass die Sonne bis 19 Uhr unter gegangen ist und man unbedingt jegliches heikles Gelände verlassen haben muss. Sobald man Grattürme über 3000m umgehen möchte, muss man trotz einer südlichen Gesamtausrichtung  des Grates beachten, dass so schnell eine NO-, NW- oder gar N-Seite betreten wird und somit auf jedenfall Firn die Verwendung von Steigeisen und Pickel voraussetzt!!


Tourengänger: alpensucht


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Kommentare (1)


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Gesendet am 21. Juli 2018 um 19:35
Bitte den Wegpunkt des Hintergraslturms löschen, wenn Ihr nicht oben wart!


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