Vagues et Ondes – oft ist die deutsche Sprache eingeschränkt!


Publiziert von Henrik , 16. August 2010 um 17:59.

Region: Welt » Schweiz » Waadt » Waadtländer Alpen
Tour Datum:13 August 2010
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VD 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Unterkunftmöglichkeiten:Arc Lac Léman
Kartennummer:map wanderland

...die Coop-Tasche kam an diesem Freitag, einem 13.... erneut zum Einsatz, wenn auch nur kurz – der Stapel der zu bearbeitenden Zeitungen hatte sich zum Vortag (siehe dort) erheblich geschmälert und ab Zürich wollte ich als Reiseleiter „vollamtlich" wirken. Ich hatte noch ein Mitnahme-GA zu verbrauchen – Edith kam in den Genuss und ihr möchte ich mal eine etwas andere Gegend der CH zeigen. Inklusive Dinieren – diesmal an den Gestaden des Lac Léman.
 

...wie beinahe immer ....liess ich mich vor den Eingang des COOP am Bahnhof bringen, kaufte Wegzehrung und löste das M-GA ein. Obwohl Freitag, der Bahnhof präsentierte sich nicht so voll wie ich es eigentlich erwartete, vergass ich nicht noch das obligate Brioche mit Truffes bei Sprüngli fürs Edith zu kaufen – dieses war ihr täglicher Begleiter, als sie noch in Bern lebte und für ein Jahr nach Zürich zum Arbeiten pendelte. Ich wusste, dass mit dem Brioche der Tag eine zusätzliche Note verhiess, ist das nicht schön?
 

Der Zug nach Zürich HB war leer – in der 1. Klasse. Um neun traf ich dort ein, nutzte die verbliebene Zeit bis zum Date an Gleis 17 damit, bei Fielmann meine Brille noch „tauchen" zu lassen (was ich oft tue, wenn an der Bahnhofsstrasse vorbei komme) und hatte den ultimativen Blick danach: eine saubere Brille. Auch das werde meinen Tag mit Edith um Quanten verbessern, denn ihr Auftritt war ein Genuss. Mit dem Brioche in der Hand stand ich also da, und bemerkte sie zuerst gar nicht, sie stand hinter mir und überraschte mich.... Wir bestiegen den IC nach Lausanne, Doppelstock - erste Etage, wir waren zwar nicht alleine, aber es gab genügend Platz.
 

Nachdem in Zürich das Wetter noch variabel sich präsentierte, änderte sich das nach Bern – die Landschaft ab Freiburg bis Lausanne lag zwischen Sonne und Wolken, die Hügellandschaft mit ihren mittelalterlichen Perlen wie Romont oder Rue liessen fast vergessen, dass wir in der Moderne unterwegs waren. Die Ruhe, die diese Orte und ihre Umgebung verströmten, glaubte ich im Wageninnern zu spüren oder Fragmente ihrer Geschichte. Kaum traf der Zug im Lavaux ein, setzte die Sonne orchestral voll ein: was für ein Empfang – ich konnte Edith einen Teil der CH zeigen, im besten Licht und erst noch ein UNESCO-Welterbe!
 

Wir hatten eine halbe Stunde Zeit in Lausanne – es drängte sich eigentlich auf, hier zu bleiben, zu schlendern, ggf. was einzukaufen oder es lediglich in den Händen zu halten, es stofflich zu spüren und aber auch einfach es zu Geniessen. Ich gelobte Wiederholung...mal sehen wann ich das dann wirklich einlöse?
 

Mit der S 1 setzten wir die Fahrt fort – hier sind die modernsten FLIRTs unterwegs, es fiel auch Edith auf, die nicht täglich im Zug unterwegs ist. Auf dem Lac Léman war ein Dampfschiff unterwegs, das gegenüberliegende Evian war zwar nicht deutlich zu sehen, der Name verbürgt immerhin Weltbekanntes. Als die Station Epesses sowohl digital wie „par haute-parleur" angekündigt wurde, bemerkte meine Begleiterin anerkennend, sie wisse wohin die Reise ginge: ins Herz der bekannten Weissweine.
 

Als wir dem Zug entstiegen, gewahrten wir als erstes die Zwetschgen, die am Bahnbord des gegenüberliegenden Gartens im Gesträuch hingen – Edith meinte dann lakonisch, die sähen so prall aus, die müsste man gleich in einen Kuchen einpacken. Ich, meinerseits erinnerte mich allerdings ganz anderer Ansichten: das gelbe Wartehäuschen und der See, das Geplätscher der Wellen und die Weite hinab zum Rhonetal mit seiner grossen Mündung nach Südosten hin.
 

Wir schlenderten zum Ausgang des Bahnhofs (was für eine Umschreibung), hält man sich in Erinnerung, dass hier nur die S-Bahn hält, kamen am Kinderspielplatz vorbei, stiegen die Treppen hoch zur Kantonsstrasse und überquerten diese – ohne getrieben zu werden. Auch auf der Strasse tickt die Romandie anders?
 

Der engen Gasse erinnerte ich mich sofort, auch die Auslagen in einer Vitrine eines Wein"machers" kamen fast auf der Zunge zum Perlen – ja, da hinauf müssen wir noch gehen, ein paar Ecken und dann standen wir vor der l'Auberge de l'Onde. Wir waren angemeldet – setzten uns ans Fenster und notierten doch ein wenig erstaunt, dass wir im Speisesaal die einzigsten waren. Einige Gäste sassen an der gegenüberliegenden Kirche in der Sonne an Tischen, die zur Auberge gehörten, der Brunnen plätscherte so „laut", dass wir es drinnen noch gewahrten.
 

Wir haben diniert – es schmeckte hervorragend, es gab Zeit und Raum: Rôtisserie et salles à manger - [www.aubergedelonde.ch/fileadmin/aubergedelonde/user_files/Ro...]. Edith entschied sich für einen Fisch, den Turbot de petite pèche und ich fürs Carré d’agneau, zum Dessert das Mousse au chocolat, das wir dann teilten. Wir wählten einen Weisswein, einen St. Saphorin, sozusagen über die Gasse gekeltert, einen 2008 – perlig, frisch und inspirierend.


Bis zuletzt waren wir die Einzigsten – irgendwie erstaunlich für ein Gault-Millau-Lokal mit 15 Punkten und sonstigen Auszeichnungen; ich war übrigens eingeladen von Edith, fürs Editieren von Briefen im Winter!

 


Ein wenig Zeit verblieb, ich führte Edith die paar Stufen zur Kirche hinauf, wir betraten das Schiff und Edith meinte dann sitzend auf einer Bank, was ich denn hinter dem Altar zu suchen hätte: wir stiegen hinunter in die „Gruft" – nein, hier sind die ersten Mauern der Kirche einzusehen, ein Museum, das eindrücklich beweist, dass schon im vierten Jhd. hier die ersten Messen abgehalten wurden.
 

Um die Kirche herum stiegen wir hinunter zum Bahnhof, setzten uns auf eine Bank auf dem Kinderspielplatz, mit Blick über die Geleise zum See. Die Sonne versteckte sich nun hinter bauchigen Wolken, es war spürbar frischer. Wir wählten keinen Umweg, fuhren den gleichen Weg zurück nach Zürich. Setzten uns wieder ins Hochparterre des IC’ und freuten uns über die „zügliche" Ruhe. Beide erwischten wir noch unsere Anschlusszüge, Edith nach Niederglatt und ich nach Basel, diesmal im Ruheabteil eines Doppelstöckers.
 

Noch ein kleiner Exkurs: das Herbergs-Schild der l'Auberge de l'Onde zeigt ein Schiff auf einer blauen Welle – das Wort ONDE kennen wir aus dem Begriff „undulieren". „Les Vagues" sind auch Wellen. Mich begeistern diese unterschiedlichen Begriffe, insbesondere zeigen die noch bestehenden Sprachen (man spricht von einem Verlust immensen Umfangs, jährlich verschwinden Sprachen genauso wie Tier-Arten), wie Gleiches benennt werden kann und doch anders wahrgenommen wird. Ein immer wieder herbeigeholter Vergleich: die Inuits kennen für Schnee an die 200 Bedeutungswörter. (Für die in diesem Abschnitt ggf. unsachgemässen Angaben, würde ich gerne einen Fachmann eine Antwort schreiben sehen, bitte?).

Wenn also eine Mär, dann eine weniger - immerhin zeigt es, dass wir alle oft irgendeiner Mär aufsitzen, und sei es schon nur auf einer Krete....


Wellen begleiteten mich an diesem Abend sozusagen in den Schlaf....

 


Tourengänger: Henrik
Communities: Touren und Tafeln


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Kommentare (4)


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Alpin_Rise hat gesagt: Von sprachlichen Wellen und Perlen
Gesendet am 16. August 2010 um 19:57
Habe dir keine sprachlichen Feinheiten zur Ergänzung des letzten Abschnitts; geniesse deinen Bericht, wie so manchen anderen, als willkommene Sprachabwechslung unter den vielen hochalpinen Radebrechereien!
G, Rise

Zaza hat gesagt: Vom Käs und vom Schnee
Gesendet am 16. August 2010 um 20:17
Die Geschichte mit den unzähligen Wörtern, welche die Inuit angeblich für Schnee haben sollen, ist eine verbreitete Mär.

Zum Trost sei darauf hingewiesen, dass ihr haarscharf an einem der besten Käseläden der westlichen Hemisphäre vorbei geschrammt seid...in Montreux, an der Rue de l'Eglise Catholique! Sehr empfehlenswert!

Gruess, zaza

Baldy und Conny hat gesagt: Lausanne
Gesendet am 16. August 2010 um 20:23
Hallo Henrik

Lausanne ist sehr zu empfehlen. Der schöne Markt am Samstagmorgen ist eine Augenweide für jeden Gourmand.

Deine Berichte haben wir sehr vermisst. Satte 2 Monate mussten wir darauf warten :-)

Lg Angie und Conny


Felix hat gesagt: wieder viel dazugelernt ...
Gesendet am 19. August 2010 um 09:36
in deiner sprachlich wie gewohnt kunstvollen "Berichterstattung"!
Danke dir, lieber Henrik, und auch zaza und Angie und Conny für die Tipps und Hinweise!

Lieber Gruss: Felix


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