Über steile Grasgrate auf den Winterelfer


Publiziert von quacamozza , 1. August 2018 um 18:49.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:27 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1400 m
Strecke:Bergheim Moser-Wiesalpen-Hintere Wildenalpe-Winterelfer-Hintere Wildenalpe-Vordere Wildenalpe-Wannenalpe-Innerkuhgehrenalpe-Wiesalpen-Bergheim Moser (15 km)
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 2 1:25 000 Kleinwalsertal Hoher Ifen, Widderstein

Der Winterelfer ist, wie der Name schon vermuten lässt, ein Skitourenziel, und zwar laut AV-Karte das höchste mit Zugang vom Kleinwalsertal. Im Sommer wird der Vorgipfel des Elfers äußerst selten besucht, und wenn, dann meist im Juni, wenn man, statt Protagonist eines mühsamen Krautkampfes zu werden, noch auf den Restschneefeldern der Winterroute abfahren kann.

Im Jahr 2018 kamen auf 18 Winterbesteigungen bis jetzt gerade einmal 3 Sommerbesuche, in 2017 war es noch extremer: 31 Einträge im Winter, 3 im Sommer. Auffällig dabei ist, dass es ganz bestimmte Tage sind, an denen sich die Einträge häufen, was dafür spricht, dass die Winterrouten ausgesprochen verhältnisabhängig sind, vor allem die Abfahrt durch die ohnehin sehr anspruchsvolle Elferrinne

Leider war es mir im vergangenen Winter trotz mehrerer Anläufe nicht vergönnt, meinen Fuß auf den Winterelfer zu setzen. Und so tröste ich mich heuer mit einer Sommerbegehung über den Ostgrat und den Südgrat.

Der Ostgrat, der direkt von der Hinteren Wildenalpe zum Winterelfer führt, ist dabei eine lohnende Steilgrastour mit schönen Ausblicken. 
Der Südgrat bietet hingegen auf der einen Seite kurze, interessante Passagen, andererseits aber auch viel Leerlauf. Einige erdige Erosionsstellen unterbrechen den Graspelz und damit das Steilgrasvergnügen. Im unteren Bereich, in dem der Grat nur noch wenig ausgeprägt ist, muss man sich durch hüfthohes Gemüse kämpfen und auf viele, durch den Wildwuchs verdeckte Munggenlöcher aufpassen. Es scheint sich ewig zu ziehen, bis man endlich den Wanderweg zur Mindelheimer Hütte beim großen Steinmann am Bachbett erreicht. Das geht im Winter sicher flotter und bequemer vonstatten.
Überraschenderweise finden sich trotz der sehr seltenen Begehungen auf beiden Routen abschnittsweise deutliche Spuren.

Neben dem Ostgrat und dem Südgrat besitzt der Winterelfer noch zwei weitere, deutlich schwierigere Grate, nämlich den Nordostgrat (Übergang vom Mittagspitzl P.2075) und den Südwestgrat (Übergang zum Elfer). Eine Begehung des gesamten Elfer-Nordostgrates wird zwar im alten AVF als "eine der schönsten Grasklettereien des Allgäus" angepriesen, ist aber tatsächlich eine überaus heikle und schwierige Schrofenkletterei mit sehr abenteuerlichen Passagen. Aufgrund dieser Umstände habe ich den Grat, den ich 2016 begangen habe, hier auch nicht beschrieben. Ich kann nur sagen: Finger weg, wenn man noch an seinem Leben hängt. Zum Absichern gibt es rein gar nichts. 

Aber zurück zum heutigen, moderaten Programm:



Zur Schwierigkeit:

bis zur Hinteren Wildenalpe maximal T 3
Winterelfer Ostgrat: T 5 (mehrere kurze Stellen) und I, meist T 4 
Winterelfer Südgrat: Stellen T 5+ und I, sonst zwischen T 4 und T 5, technisch zwar einen Tick schwieriger als der Ostgrat, aber deutlich kürzer 


Zum Zeitbedarf:

Bergheim Moser bis kurz vor die Fluchtalpe: 25-30 min
weiter zur Hinteren Wildenalpe: 35-40 min
Winterelfer Ostgrat: 1 Std 10 min
Winterelfer Südgrat und bis zur Hinteren Wildenalpe: 1 Std 10 min
Hintere Wildenalpe-Vordere Wildenalpe-Wannenalpe-Innerkuhgehrenalpe: 1 Std
Innerkuhgehrenalpe-Bergheim Moser: 35 min



Der gesamte Routenverlauf ist bereits von meinen ehemaligen Tourenpartnern Nik Brückner und yuki *hier gut beschrieben, so dass ich mich auf Ergänzungen beschränke.

"Zwei der großartigsten Grasgrate der Allgäuer Alpen" ist meiner Meinung nach als Werbung für den Berg okay, objektiv aber ein wenig übertrieben. Die Winterelfer-Grate sind schön, keine Frage, aber zum Beispiel zu einem *Höfats-Südwestgrat fehlt da doch noch eine ganze Menge. 

Als Ausrüstung empfehle ich, zusätzlich zu den Stöcken den Pickel mitzunehmen. Im Juli ist das Gras ohnehin noch am Wachsen, daher feucht und zuweilen rutschig. Aber auch so gibt der Pickel einfach mehr Sicherheit im Absturzgelände.

Der Parkplatz am Bergheim Moser ist privat und gebührenpflichtig (4 € Tagesgebühr).  

Am Gipfel sehe ich eine Person gegenüber auf dem Elfer, die mir zuwinkt. Ich denke, hier gibt's keine Elfen. Da winke ich natürlich freundlich zurück. 

Auf dem "schmalen Mäuerchen" am Südgrat ist eine kurze, plattige Gehpassage mit nicht gerade festem Fels zu bewältigen. Der anschließende Abstieg vom Zacken ist die anspruchsvollste Passage der gesamten Tour (T 5+ und I auf ca. 20m).

Zurück an der Hinteren Wildenalpe habe ich noch ein bissel was an Zeit übrig, da ich zwischendurch immer mal wieder einen Gang hochgeschaltet habe. Oft hatte es nämlich in den letzten Tagen bereits zur Mittagszeit starke Quellbewölkung mit zeitweise wolkenumhüllten Gipfeln gegeben, so dass ich so frühzeitig wie möglich den Gipfel erreichen will.
Am Ende dieser drei schönen Tourentage möchte ich es aber gemütlich ausklingen lassen. Außerdem ist es mittlerweile bullenheiß. Daher sind am Nachmittag längere Gespräche mit anderen Wanderern und zahlreiche Pausen Bestandteil meines Weiterweges. Aber zunächst gibt's eine Abkühlung am Brunnen vor der Alpe. 
Gipfelziele habe ich für heute keine mehr, aber ein bisschen auslaufen muss schon noch sein. So entschließe ich mich wie meine Vorberichterstatter, den Höhenweg zur Innerkuhgehrenalpe unter die Füße zu nehmen und dort einzukehren. 

Bald nach der Hinteren Wildenalpe ist eine felsige Passage (I) abzuklettern, die mit dicken, roten Tauen gesichert ist.  

An der Vorderen Wildenalpe ist der Wanderweg in der AV-Karte falsch eingezeichnet. Der obere Weg ist schon länger gesperrt, so dass es nun bis zur Alpe hinuntergeht, um dann auf dem Wanderweg zur Fiderepasshütte wieder 50 Höhenmeter gut zu machen. Erst an der Abzweigung auf ca. 1730m ist die Innerkuhgehrenalpe ausgeschildert. 

Die Innerkuhgehrenalpe ist im Sommer bewirtschaftet. Hier brummt der Bär. Für Speisen und Getränke muss man heute ein paar Minuten anstehen. Von der Terrasse aus genießt man einen wunderschönen Blick auf Mittelberg und seine Ortsteile.

Der Abstieg von der Innerkuhgehrenalpe ins Wildental verläuft durch ein jagdliches Sperrgebiet, das in der Zeit vom 01.11. bis zum 15.05. nicht betreten oder befahren werden darf. Die Tore durch das Wintergatter sind dann geschlossen. 

Selbstverständlich gibt's nach der Tour die fast schon obligatorische Einkehr in der Cantina Vertical, wo ich gleich mal eine der Sonnenliegen okkupiere. So relaxt kann der Bergsommer ruhig weitergehen.

Insgesamt eine Tour, die sich durchaus lohnt, auch wenn es in der näheren Umgebung attraktivere Ziele wie die Elfer-Liechel-Runde oder die Hammerspitzen gibt.











Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (3)


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Kommunist hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2018 um 09:46
Schöner Bericht, allerdings ist der Winterelfer nicht "das höchste Skitourenziel im Kleinwalsertal".

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. August 2018 um 10:02
Doch, es ist das höchste Skitourenziel im Kleinwalsertal, jedenfalls für durchschnittlich gute Skifahrer.

Das Geißhorn wird im Winter in der Regel nicht aus dem KWT angegangen, Elfer und Liechel sind nur für wirklich wilde Hunde zugänglich, keine eigentlichen Skiberge, am Widderstein ist diesen Winter ein schlimmes Skiunglück passiert, also: welches andere Ziel sollte es sein? Ich lasse mich gern belehren...

Kommunist hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. August 2018 um 18:10
Hallo Ulf,

das ist leider eine sachlich falsche Aussage (keine Meinung!), der Winterelfer sei das höchste Skitourenziel im KWT.

Leider hat eine große Mehrheit der Skitourengeher viel zu wenig Ahnung von der Materie, man betreibt Risikomanagement basierend auf einer schwachsinnigen Zahl im Lawinenlagebericht mit einer Snowcard in den Schnee haltend. Dabei kann es durchaus Verhältnisse geben, an denen man am Winterelfer zu Tode kommen kann und man den Widderstein verhältnismäßig sicher besteigen bzw befahren kann. Das richtig von zu Hause aus einzuschätzen vermögen die allerwenigsten Winterbergsteiger. Daher aus persönlichem Nichtwissen bzw Nichtkönnen nur auf den Winterelfer anstatt den anderen genannten Zielen zu gehen halte ich für gefährlich - nach der Definition wäre wohl das Wertacher Hörnle der höchste Skitourenberg im Allgäu. Wer in potenziell lawinengefährliches Gelände geht muss ein solides Grundwissen und Grundkönnen besitzen - genauso am Winterelfer wie am Liechelkopf oder Widderstein. Für die meisten Skibergsteiger ist es meist eine Überraschung wie der Schnee beeinander ist - ich finde man sollte es immer vor der Tour bereits genau wissen. Wenn man es nicht einschätzen kann, darf man auch nicht auf den Winterelfer gehen, Schneebretter, Gleitschnee, Absturzgefahr, Nassschneelawinen, White Out durch schlechtes Wetter - alles gibt es dort, genauso wie woanders. Wer geduldig auf perfekte Verhältnisse für den Widderstein wartet, kann ihn trotz seiner Steilheit mit kaum Absturzgefähr erwischen - man wird's kaum glauben, aber an seltenen Tagen, nicht mal jeden Winter, gibt es das. Wahrscheinlich hängt genau an so einem Tag am Winterelfer wieder ein fettes Gleitschneemaul drin und die Massen, die in Tourenberichten lesen, der Winterelfer sei ein fröhliches Skitourenziel für jederman, während der Widderstein nur für Profis geeignet ist, gehen fröhlich drunter spazieren...

Die letzten Unfälle am Widderstein waren auf Fehlverhalten, Fehlplanung und menschliches Versagen zurückzuführen. Hinterher ist man immer schlauer und muss mit solchen Aussagen sehr vorsichtig sein, aber Fakt ist:
1. Im abstürzgefährdeten Gelände geht man bei einem Eispanzer mit Steigeisen und Pickel und nicht so mit Ski. Bei solchen Verhältnissen wie an diesem Tag kann man sogar am Winterelfer abstürzen. Ich war an diesem Tag in den Allgäuer Alpen unterwegs und weiß genau wie es war. Ein heimtückischer Eispanzer mit einigen cm Pulverschnee drauf - gefährlich wie selten, man konnte sogar in nur 15° steilem Gelände völlig die Kontrolle verlieren. Aber es wurde auch viel davor gewarnt.
2. Der Lawinentote 2006 war zur falschen Zeit am falschen Ort. Tageszeitliche Erwärung, das war absehbar und ein kapitaler Fehler. Ich war an diesem Tag übrigens auf dem Liechelkopf (natürlich zu einer früheren Uhrzeit) und weiß genau wie es war. Bei solchen Verhältnissen wie an diesem Tag kann man auch am Winterelfer verunglücken.

Auch weitere Unfälle werden mich nicht davon abhalten, dass der Widderstein oder der Liechelkopf schöne Skitourenziele bleiben. Auch die Inkompentenz des breiten Skitourenvolkes nicht.

Über das Walser Geishorn könnten wir uns auch noch streiten. Nicht viel schwerer als der Winterelfer, jedoch ist der Marsch vom Tannberg über's Koblat mit Ski nicht besonders lohnend. Natürlich kann man das Walser Gaishorn vom KWT aus angehen, warum nicht? Das wäre sogar der skifahrerisch lohnendere Weg. Aber der "moderne" Skitourengeher, der gerne mal stundenlag 200 - 500 km mit dem Auto anreist, scheut dann ein halbe Stunde talhatschen.

Es gibt übrigens sogar Berge, die bei idealen Verhältnissen im Winter leichter und mit weniger Absturzgefahr zu ersteigen sind als im Sommer. Den Bergwerkskopf im Lechtal und auch den Linkerskopf habe ich im Winter schon einfacher und angenehmer gekriegt, als im Sommer. Dazu braucht es ausreichend Schnee, keine Lawinengefahr (nicht gleichzusetzen mit der schwachsinnigen Zahl 1 im Lagebericht) und einen griffigen, guten Stapfschnee und das Wichtigste: Geduld auf solche Verhältnisse zu warten und sorgsam Wetterstationen checken und Informationen zusammentragen und auswerten. Nur weil das die meisten Skitourengeher nicht können und glauben "Warnstufe 1 bedeutet Narrenfreiheit", sind diese Berge trotzdem super Skitourenziele - zu sorgsam ausgewählten Zeiten.


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