Hammerspitzen-Überschreitung


Publiziert von Manu81 , 23. Oktober 2020 um 23:18.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:19 September 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:14,1

Sicherlich braucht es keinen zigsten Bericht von der Hammerspitzen-Überschreitung im Kleinwalsertal. Ich habe auch länger mit mir gerungen, ob nicht doch auch ein Kurzbericht reichen würde. Dann bin ich aber doch zum Ergebnis gekommen, dass vielleicht eine weitere "persönliche" Sicht auf diese Modetour nicht schaden wird... Auf eine detaillierte Wegbeschreibung werde ich jedoch aufgrund der zahlreichen, sehr guten Berichte verzichten. Daher in aller Kürze meine Eindrücke:

Wir entscheiden uns von Mittelberg aus zu starten, und nicht die "Rentner-Variante" mit Kanzelwandbahn zu gehen ;-). Daher parken wir am Bergheim Moser (1.201 m) und starten via Wiesalpe (1.289 m) und Innerkuhgehrenalpe (1.673 m) in Richtung Walser Hammerspitze. Über die Nordwestflanke geht es aus dem Kuhgehrensattel einfach hoch zum obersten Nordostgrat. Über diesen - wahlweise mit leichten Kraxelstellen, oder auf einem Pfad - hoch zum Gipfel der Walser Hammerspitze (2.170 m). So weit so gut - das sollte nun wirklich (fast) jeder schaffen. Für alle, die noch keine Erfahrung in alpinem Gelände haben, noch nie in brüchigen Schrofen oder in ausgesetzten Flanken unterwegs waren sollte die Tour an dieser Stelle enden. Es lässt sich schließlich entspannt via Südgrat Richtung Innerkuhgehrenalpe absteigen. Und immerhin hat man dann einen durchaus charakteristischen Gipfel auf einer interessanten Route überschritten...

Wer jedoch weiß, auf was er sich einlassen wird, kann nun in den sanften Wiesensattel vor der Hochgehrenspitze absteigen, um dann auf der anderen Seite steil zur Hochgehrenspitze (2.253 m) zu kraxeln. Auch das lässt sich wohl fast ohne Einsatz der Hände bewerkstelligen, in dem man den kleinen, aber deutlichen Pfad nimmt. Auf diesem Normalweg gibt es nur eine etwas steilere I-Stelle in einem kurzen Kamin. Viel schöner geht es aber links des Normalanstiegs, direkt am Grat (I-II, selten ausgesetzt). Spätestens jedoch hier sollten alle, die sich bislang leicht unwohl gefühlt haben, umdrehen und in Richtung Kanzelwand zurücksteigen. Die folgende Gratkraxelei ist zum Teil luftig, zum Teil brüchig und auch in aller Regel steil.

Die Hochgehrenspitze verlassen wir dann in Richtung Südosten. Zunächst geht es schrofig abwärts. Die erste Steilstufe vor einem kleinen Gratstück wird abgeklettert (I-II), danach geht es rechts über eine sehr steile, etwas brüchige aber verhältnismäßig gut zu kletternde Rinne nach unten (wahlweise Rinne oder Rippe). Vom unteren Ende der Rinne geht es in eine kleine Lücke zwischen HGS und dem großen Gratturm. Hier steigt man zunächst kurz rechts ein Stück am Turm vorbei, um ihn dann direkt nach links oben an geeigneter Stelle zu besteigen (I). Aber auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten!

Vom Südostende des Turms führt dann das bereits häufig erwähnte Fixseil abwärts in das nächste Schärtchen. Die Stelle habe ich als verhältnismäßig einfach empfunden - im Vergleich zu manchen Stellen davor und danach. Die Mitnahme eines Klettersteigsets für diese Stelle halte ich daher eher für unnötig, da das Set an zahlreichen schwierigeren Stellen unnütz ist. Aus der Scharte folgen wir wieder vereinzelten roten Markierungen. Teils auf Pfadspuren, teils auch direkt am Grat geht es in Genusskraxelei (I-II) zum Gipfel der Oberstdorfer Hammerspitze (2.260 m).

Hier genehmigen wir uns zunächst mal die erste längere Pause des Tages und genießen die Aussicht. Auch  der weitere Abstiegsweg kann schon mal gut in Augenschein genommen werden. Direkt vom Kreuz geht es dann das kleine Wändchen abwärts. Die 3 Eisenklammern entschärfen die Wand sicherlich, dennoch sollte man schon wissen was man tut: die Wand ist steil (II+) und ausgesetzt. Nach dem Abstieg versteigen wir uns dann leider etwas. Anstatt gradeaus wieder auf einen kleinen Vorgipfel hochzusteigen und in einem weiten Rechtsbogen die Geröllrinne deutlich weiter unten zu queren, steigen wir direkt durch die Geröllrinne ab. Geht auch, ist aber schon sehr steil und brüchig (T5+). Ich könnte mir vorstellen, dass es obenrum besser geht.

Alles in allem muss man beim Abstieg von der OHS zur Fiderepasshütte schon vorsichtig steigen. Die Steilschrofen sind immer wieder mit Kletterstellen (bis II) gewürzt, und auch die Trittspuren im unteren Teil sind immernoch teils ordentlich ausgesetzt (T5). Irgendwann wird der Weg dann jedoch moderater und es geht einfach zur Fiderepasshütte. Nach einer kleinen Stärkung gehts dann weiter abwärts über die Wiesalpe zum Bergheim Moser.

Nun, was ist mein Fazit: Zunächst einmal habe ich mir die Hammerspitzenüberschreitung ganz anders ausgemahlt, als sie schlussendlich ist.

Die Tour ist natürlich sehr lohnenswert. Dennoch geht man deutlich mehr, als dass man wirklich klettert. Meist ist sogar eine vernünftige Spur, teils sogar ein Pfad vorhanden. Die spannenden Passagen (zwischen der Hochgehrenspitze und der Oberstdorfer Hammerspitze, sowie im Abstieg von der OHS sind eigentlich recht kurz. Dennoch: die Tour hat definitiv Wiederholungspotential, auch deswegen, weil es in vielen Passagen mehrere Varianten gibt.

Aber: vor allem der Abstieg von der Oberstdorfer Hammerspitze bis zur Fiderepasshütte sollte nicht unterschätzt werden! Auf dem einfachsten Weg kommt man sicherlich mit T5, II durch. Rechts und links geht´s aber eher in Richtung T6...








Tourengänger: Manu81


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Kommentare (8)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 24. Oktober 2020 um 09:52
Tolle Tour. Aber wie du sagst, teilweise gibt es sogar einen Pfad und die Kletterstellen sind kurz. Bin die Tour vor einigen Jahren (glaube 8) mal gegangen. Damals war die Wegfindung noch anspruchsvoll und es gab auch noch keine Krampen an der Schlüsselstelle. Auch ist uns damals nur eine einzige andere Partie begegnet (trotz Hüttennähe). Damals war die Tour noch ein kleines Abenteuer. Für mich hat die Tour aufgrund der extrem häufigen Begehungen und einigen neuen Versicherungen ihren Reiz verloren. Was deine Tour natürlich keinesfalls abwerten soll. Es gibt zig Beispiele wo es genauso ist (für mich). Es gibt nur noch wenige Touren im relativ moderaten Bereich, die noch reizvoll sind. Alles andere ist überlaufen oder häufig begangen. Mir wurde mal Egoismus unterstellt, als ich geäußert habe, dass ich gewisse Touren/Ziele für mich behalten möchte. Es hat seine Gründe...

LG Nico

georgb hat gesagt:
Gesendet am 24. Oktober 2020 um 10:07
Es gibt wohl keinen unbestiegenen Berg mehr, zumindest in den Alpen. Also bist du immer und überall ein Nachgeher. Da hättest du vor 200 Jahren geboren sein müssen. Nicht auszuma(h)len ;-))

Nic hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. Oktober 2020 um 10:19
Darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, dass eine ehemals ruhige Tour mittlerweile zu Modetour geworden ist. Klar, könnte mir egal sein. Miir persönlich verdirbt es allerdings langfristig die Lust an diesem tollen Hobby. Ich gehe mittlerweile deutlich weniger in die Berge. Auch aus Zeitgründen. Aber ich weiß oft gar nicht mehr wohin ich gehen soll, um abschalten zu können. Du gehst von Südtirol aus, wo es noch zahlreiche unbeschriebene Ziele gibt. Geh mal in die Bayerischen Voralpen, ins Chiemgau, Wetterstein oder die Ammergauer Alpen. Da kannst auch gleich an den Münchner Stachus gehen, wennst gerne unter vielen Menschen bist.

yeti11 hat gesagt: Neue Touren
Gesendet am 24. Oktober 2020 um 10:54
Lieber Nic, für neue Touren musst Du im deutschen Alpenraum entweder sicher 9er klettern oder eine Vorliebe für sehr merkwürdiges Gelände haben. Für einsame Touren musst Du nur kreativ sein. Mir fällt da jede Woche was ein und ich bin fast immer allein unterwegs! Nur posten werde ich sie hier auch nicht mehr. Zuviel Darstellung ala abenteurer/bergrebell/ötzi2

Nic hat gesagt: RE:Neue Touren
Gesendet am 24. Oktober 2020 um 11:31
Genau darum geht es. Auch mir fallen natürlich spezielle Touren ein, aber diese werde ich auch nicht mehr veröffentlichen. Hat mir mal Spaß gemacht Berichte zu schreiben, aber es nimmt mittlerweile überhand mit dem Ansturm. Und über so viele Ziele gibt es einfach schon genug Beschreibungen, sodass ein weiterer Bericht für mich persönlich unnötig ist.

Manu81 hat gesagt: RE:Neue Touren
Gesendet am 24. Oktober 2020 um 14:55
Hi Nico, habe es ähnlich wie du empfunden. Bus zu dem Zeitpunkt als wir dir Tour gemacht haben, war das für mich quasi „die“, bzw. „eine der“ Königstouren im Walsertal. Als wir dann an der Fiderepasshütte angekommen sind, war ich dann fast etwas enttäuscht. Das soll’s gewesen sein? Markiert, mehr als deutliche begehungsspuren und mindesten 6 oder 7 Partien unterwegs. Ein Vater hatte sogar seine maximal 8-Jährige an einer Hundeleine dabei... Aber ich fürchte, dass es bei so einer Tour in Seilbahnnähe auch kein hikr braucht, dass der „Geheimtipp“ zum „Allgemeintipp“ wird....

yeti11 hat gesagt: Top Tour?
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 10:46
Naja, also die Toptouren dort sind auch andere, z.B. die Überschreitungen Zwölfer, Elfer, Liechelkopf, Gaishorn oder Bärenkopf, kleiner Widderstein, Widderstein fielen mir da ein.
Ansonsten ist es da ja eh mau!

Manu81 hat gesagt: RE:Top Tour?
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 12:18
Naja, das dürfte auch eine Frage persönlicher Ansprüche sein, oder?


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