Doppelüberschreitung: Auf schmalen Grasgraten über den Kleinen Rettenstein und den Roßgruberkogel


Publiziert von Nik Brückner , 4. September 2017 um 19:32. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Kitzbüheler Alpen
Tour Datum:27 August 2017
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1380 m
Abstieg: 1380 m
Strecke:16,5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Kirchberg nach Aschau, der Parkplatz liegt noch ein ganzes Stück hinter der Oberlandhütte
Unterkunftmöglichkeiten:Oberlandhütte (Alpenvereinshütte)

Die Kitzbüheler Alpen! So schöne Grasberge - und ich war noch nie dort! Bei einer Fahrt über den Pass Thurn entdeckte ich linker Hand einen schönen Grasgrat, der mich sofort anmachte. Bei meiner Tour über die Hackenköpfe am nächsten Tag frug ich dann drei einheimische Damen, worum es sich dabei handeln könnte, und bekam die Auskunft: Kleiner Rettenstein. Abends, mit der Karte in der Hand, dann die Erkenntnis: Tatsächlich! Das war er! Und laut Kardirk war sogar eine Überschreitung möglich.

Aber viel wichtiger: Man kommt an einer Alm vorbei, die Kloalm heißt! Damit bestand kein Zweifel mehr: Das musste ich machen. Kloalm! Ham! Mer!



Und so gondelte ich eines schönen Tages zum Parkplatz Oberer Grund (1040m) hinter Aschau, Deluge Granders "Oceanarium" im Player, und lief den Fahrweg in, nun ja, den Oberen Grund hinter. Und weil die dort echt Phantasie haben, haben sie den Bach Oberer-Grund-Ache und die Alm Grundalm genannt.

Aber dann!

Die Kloalm (1172m). Sehr geil.

Parkplatz Oberer Grund - Kloalm: Fahrweg, T1, 30 Minuten


Von hier aus stieg ich auf dürftigem und dürftig bezeichnetem Steiglein hinauf zur Stadlbergalm (1628m), wo ein Fahrweg, den meine Karte nicht kannte, die Gegend durcheinandergebracht hat. Und ich schrägte hinauf in den Sattel Pt. 1828, nördlich vom Kleinen Rettenstein. Hier hat's ein paar schöne Seelein, eine ganz wundervolle Stelle. Und je höher ich kam, und je mehr ich sah, umso Fäner wurde ich von den schönen Bergen der Kitzbüheler Alpen.

Ein schöner kleiner Weg wegt hinauf zum Gipfelgrat des Kleinen Rettensteins. Dort versucht es dann, den Schwierigkeiten am Grat auszuweichen, alte Markierungen auf den Gratzacken zeigen aber an, dass die Wege früher härter drauf waren. Und so ließ ich die neue Wegführung liegen und kraxelte direkt über den Grat, dabei immer wieder alte Markierungen entdeckend. Es geht über eine ganze Reihe von Köpfen, auf deren einem ein Gipfelkreuz steht. Dort hinauf hilft ein Seil (kurz II-, denke ich).

Kloalm - Kleiner Rettenstein (Kreuzgipfel): Markierter Wanderweg, am Gipfelgrat T4 (sonst leichter), eine Stelle II, mehrere Stellen I, 2 Stunden


Der Kleine Rettenstein ist mit 2216 Metern angegeben, aber offensichtlich ist das gar nicht der Kreuzgipfel. Ich hab's, wie ich zugeben muss, gar nicht gemerkt. Bin einfach über alles drübergelaufen, so weit wie möglich auf der Kante. Trotzdem habe ich am Kreuz ein paar schöne Fotos geschossen, vom Großglockner, den ich 2015 mit Judith7 im Rahmen unserer Alpendurchquerung besteigen konnte (so schöne Erinnerungen), vom Venediger, dann sieht man im Südwesten den Olperer und den Hohen Riffler, im Westen die Karwendelgipfel, den Guffert und den Wendelstein, im Norden den Kaiser, vom Scheffauer bis zur Maukspitze, im Nordosten Hochkalter und Watzmann - und dann habe ich noch ein Foto von einem faszinierenden Grat bei Mittersill geschossen (Infos willkommen).

Dann verließ ich den Kreuzgipfel, und stieg zur Verwunderung der hier vorhandenen Lokalschönheiten auf dem Grat nach Süden ab. Hier ist's nicht mehr markiert, aber das macht nichts, ist halt ein Grat. Trittspuren gibt es auch. Ich überschritt ein paar weitere Köpfe, dann neigt sich die Kante hinunter Richtung Stängerjoch. Im Abstieg werden schwierigere Felspassagen offenbar gern umgangen, davon zeugten jedenfalls die Trittspuren im Gras, man kann das Ganze aber auch konsequent auf der Kante gehen, ist nie schwieriger als T4+/I. Macht viel Spaß!

Auf einer breiten Schulter telefonierte ich kurz mit der Waldelfe, dann ging es einen gemütlichen Grashang hinunter ins breite Stängerjoch (1972m). Nun stand der nächste Gipfel an: Der Roßgruberkogel. Den ersteigt man in steilem, aber unschwierigem Gelände immer in der Nähe der Kante. Wer mag, quert im obersten Teil über Gras direkt hinüber in ein Schartl unterm Gipfel, wer mag, hält sich an die (und an der) Felskante und nimmt einen Rechtsbogen zum Schartl mit. Dabei geht's kurz über plattiges Gelände (flach, trotzdem kurz II).

Die schwierigste Stelle der Tour ist dann die schmale, ausgesetzte Kante, die aus dem Schartl zum Gipfel hinaufführt (II). Hier hängt ein Seil, dem man trauen kann, oder auch nicht. Dann steht man auf dem Roßgruberkogel (2156m).

Kleiner Rettenstein - Roßgruberkogel: Weglose Gratüberschreitung, T4+, Stellen I, 1 Stunde


Aber nur kurz, denn hier fliegen Fliegen Fliegen nach. Und wenn sie nicht fliegen, setzen sie sich gern auf Bergsteiger. Also: AntiBrumm mitnehmen. Am besten in einem Gerät, das man auf dem Rücken tragen kann. Viele Fliegen fliegen hier.

Auf dünnem Steiglein westet man kurz ab, dann rechtst man ein Richtung Stangenjoch. Dabei überschreitet man ein südwestlich vorgelagertes Köpfl, dann geht es, spärlich markiert, über weite Weiden und durch Weidenzaunstangen hinunter ins Stangenjoch (1714m). Dort stößt man auf wieder breitere Wege, auf denen man nun hinunter zur Rettensteinalm (1420m) wegt. Hier freute ich mich schon wieder auf die Kloalm, allerdings fing es hinter mir bedrohlich zu donnern an. Ich fügte meiner Gangart ein wenig Schleun hinzu, allerdings nicht genug, um ohne eingenässt zu werden zum Parkplatz zurückzugelangen. Zum Glück lud mich ein fremdenfreundlicher Eingeborener auf die Ladefläche seines Pickups ein und auf, und fuhr mit mir den Oberen Grund hinunter - mit ordentlich Schleun, denn ich hatte kein Dach über dem Kopf, und er wollte mich unter den Regentropfen hindurchbugsieren. Er raste durch die Schüttung, ich fand in meiner Not ein paar Griffe, an denen ich mich festhalten konnte, fühlte mich ansonsten wie die alte Dame in "Highlander", mit der Kurgan einst durch New York dübelte ("Mom!"), und wurde dann am Parkplatz Oberer Grund (1040m) mit einem "Bist eh kaum nass worn" heruntergelassen. Vielen Dank an den unbekannten Wohltäter! Das war mit Abstand die geilste Autofahrt meines Lebens!

Roßgruberkogel - Parkplatz Oberer Grund: dürftig markierter Wanderweg (T2), dann Fahrweg (T1), geschätzt 2 Stunden


...und eine wirklich schöne Tour! Mal ein Grasgrat im erholsamen T4-, T5-Bereich. Auch mal schön. Muss ja nicht immer Auspsychgelände sein. Und ich werde wiederkommen, garantiert. Die Gegend hat mir sehr gefallen.

P. S.: Hat jemand einen Tipp für mich? Schneidige T5-/T6-Grasgrate in den Kitzbühelern?

P. P. S.: Gibt's eigentlich ein Klo auf der Kloalm?!?

Tourengänger: Nik Brückner


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