Verteidigungsstrategien - Näfels - Oberurnen und zurück
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Was macht man(n), wenn die Wetterprognose zweifelhaft ist und die Schneelage noch schlechter: Er bewegt sich auf historischen Pfaden.
Schon das Gebäude neben meinem Haus ist ein als Gartenlaube getarnter Bunker. Und kaum hundert Meter weiter zieht sich ein Relikt aus der Reduit-Zeit quer durchs Tal: der Tankgraben.
Ich quere die Wiese dort und folge dem Graben bis zum Hang. Heute sind die Gräben, wie viele Panzer-"Toblerones" schweizweit, als Biotope geschützt. Übrigens wird kein Wasser zu- oder abgeführt, die Gräben weisen das ganze Jahr den Grundwasser-Freispiegel auf. Der selten mehr als 50 cm unter dem gewachsenen Boden liegt.
Der Näfelser Tankgraben scheint mittlerweile der letzte erhaltene zu sein und hat sogar eine eigene Wikipedia-Seite.
Der Näfelser Tankgraben scheint mittlerweile der letzte erhaltene zu sein und hat sogar eine eigene Wikipedia-Seite.
Für uns Kinder war "Tankgraben" nur eine Ortsbezeichnung, erst später wurde klar, dass diese Seen im Zweiten Weltkrieg eine Funktion hatten. Sie sollten einen Panzerangriff auf diese letzte Reduit-Verteidigungslinie zwar nicht abhalten - so blauäugig waren die Planer damals dann doch nicht - sondern diesen soweit verlangsamen, dass die Angreifer von seitlichen Geschütz-Stellungen unter schweren Beschuss genommen werden konnten.
Darum wimmelt es in meiner Gegend geradezu von Bunkern jeder Form und Grösse, von den Löchern in den Bergen beidseits des Tales ganz zu schweigen.
Nun sind Panzer Waffen für schnelles Vordringen in weiten Ebenen. Warum die Deutschen in eine Sackgasse wie das Glarnerland einen Panzerangriff hätten führen wollen, ist nicht einsichtig. Doch "feiern" wir gerade hundert Jahre Falkenhayn/Verdun: Der deutschen Generalität war jeder Wahnsinn zuzutrauen. Und nicht nur dieser ..
Das "Reduit" als Verteidigungsstrategie war in den siebziger Jahren unter Beschuss gekommen. Eine auf die Alpenfestung reduzierte Schweiz hätte innert Kürze ausgehungert werden können. Doch diese Kritik vernachlässigte seine wahre Funktion. Es war ein Signal gegen aussen und vor allem gegen innen: dass ein Guisan kein Pétain ist.
Am Waldrand quere ich den Weg, der im Dorf noch heute Herrenweg heisst. Korrekt wäre Heerweg: Es ist der ehemalige Landesweg, die Hauptstrasse, über welche der Kanton zu erreichen war. In der Linthebene waren vor der Linthkorrektur keine Strassen anzulegen, die jährlichen Überschwemmungen hätten sie immer wieder zerstört.
Dann steige ich direkt den Wald hoch. Früher lag da kein Ästchen, das nicht sofort eingesammelt wurde. Heute kommt man kaum noch durch.
Dann folge ich dem Weg wie hier, nur dass ich jetzt nach dem Bach geradeaus weitergehe.
Etwa hundert Meter über dem Dorf quere ich zum Rücken, der zur Ruine Vorburg führt.
Die Vorburg, vermutlich die frühere Burg Ober Windegg, wurde erst im 13. Jahrhundert erbaut und 1386 von den Glarnern weitgehend zerstört. Beides ist untypisch spät. Der Grossteil der Burgen - und das waren zehntausende im Gebiet des Reiches - wurden im 11. oder 12. Jhd. gebaut und nach weniger als 200 Jahren entweder aufgegeben oder zu moderneren Wohn- und Verteidigungsformen umgebaut.
Burgen wurden in der Regel nicht als Symbol einer Zwangsherrschaft betrachtet. Während sich die Romanen als Citoyens oder Ciudadanos, also als Städter betrachteten, fühlte man sich hier als Bürger, als einer Burg zugehörig.
Die Vorburg lag für eine Burg günstig. Doch alle Verteidigungsanlagen taugen nur für (bezw. gegen) die Art Angriffe, für die sie geplant und gebaut werden. Ob Limes, Letze, Tankgraben oder Vauban-Schanzen: Wer das System kennt, findet auch heraus, wie es zu knacken ist.
Das werden auch die heutigen Mauerbauer, egal ob Trump oder Orban, noch herausfinden.
Auf dem Rückweg komme ich an der Nothelfer-Kapelle von 1596 vorbei. Auch diese war eine Art Verteidigungsstrategie: gegen die immer wieder grassierende Pest. Hier waren die 14 Nothelfer gefragt, in der etwa zeitgleichen Kapelle in Schänis der Hl. Sebastian. Beide wurden in einer ländlichen Gotik erbaut - als dieser Stil schon längst aus der Mode gekommen war.
Die Schneeschuhe habe ich nicht gebraucht, es hat praktisch keinen Neuschnee gegeben.
Ich hoffe, die Fotos unten zeigen, dass selbst die unmittelbare Umgebung etwas hergibt, wenn man nur die Augen offen hält.
Ich hoffe, die Fotos unten zeigen, dass selbst die unmittelbare Umgebung etwas hergibt, wenn man nur die Augen offen hält.
Tourengänger:
PStraub

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