Jubiläumsgrat - Anforderungen


Publiziert von phyzard , 1. September 2015 um 19:47.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:31 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K4- (S-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:00
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Aufstieg von Ehrwald über Stopselzieher am Vortag
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Alpspitzbahn, Garmisch-Partenkirchen
Unterkunftmöglichkeiten:Übernachtung im Münchner Haus, zur Not Biwakschachtel am Höllentalgrat (Höllentalgrathütte)

Über den Jubiläumsgrat ist schon viel geschrieben worden, darum hier keine weitere Beschreibung der Route. Ich möchte mich auf die Beschreibung der Anforderungen konzentrieren, da diese auch von relativ erfahrenen Bergsteigern offensichtlich immer noch falsch eingeschätzt werden. Meiner Meinung nach lassen sich grob vier grundlegende Anforderungen unterscheiden:

- Klettern
- Trittsicherheit
- Schwindelfreiheit
- Ausdauer (Arme/Hände, Beine)

Die oft überschätzte Anforderung ist das Klettern. So habe ich letztens an der Zugspitze zwei fit aussehende Gratbegeher mittleren Alters getroffen, die nach eigenen Aussagen schon viel in den Bergen gemacht haben, bis 7c klettern können und trotzdem voll an ihre Grenzen gekommen sind und 10.5 Stunden von der Alpspitzbahn bis zur Zugspitze gebraucht haben. Der Jubiläumsgrat weist freie Kletterstellen bis II+, vielleicht III- auf. Eine 7c klettern zu können bringt einem unter Umständen wenig. Sportkletterer, insbesondere die Generation Kletterhalle, sollten hier sehr vorsichtig sein!

Viel wichtiger aus meiner Sicht sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Nur lassen sich diese leider im Gegensatz zum Klettern sehr schlecht quantifizieren und werden ja bekanntermaßen für jede Bergwanderung jenseits von Forstwegen als Voraussetzung genannt. Als Referenz können nur die gefühlte Sicherheit sowie Gehzeiten herangezogen werden. Um vom Jubiläumsgrat nicht negativ überrascht zu werden, sollte man meiner Meinung nach vorher einige Touren im Wetterstein- und Karwendelfels gemacht haben. Dies ist die Voraussetzung, dass man mit der Felsbeschaffenheit (häufig feines Geröll auf plattigem Untergrund) vertraut ist und einschätzen kann was auf einen zukommt. Um die hoffentlich gefühlte Sicherheit in solchem Gelände auch quantitativ zu verifizieren, sollte man zudem andere Touren in höchstens 2/3 der angegebenen Zeit schaffen können. Erst dann ist klar, dass man Bewegungsabfolgen hinreichend zügig und dennoch sicher absolvieren kann. Dazu zählt konkret, dass man die Sicherung in Klettersteigen für die eigene Psyche nicht benötigt. Sicherungen einzuhängen kostet unglaublich viel Kraft und Zeit und ist beim Jubiläumsgrat nicht besonders ratsam (es sein denn es besteht akute Steinschlaggefahr durch andere Kletterer). Weiterhin sollte man Grate, so lange sie nicht messerscharf sind, frei balancierend gehen können. Besagtes Paar an der Zugspitze beispielsweise berichtete von langen anstrengenden Passagen am Grat auf allen Vieren. Das sollte nicht sein! Gute Testtouren, die gleichzeitig noch die nötige Ausdauer überprüfen, sind z.B.
- Auf- und Abstieg von Ehrwald zur Zugspitze über den Stopselzieher in < 7 Stunden
- Watzmannüberschreitung von der Wimbachbrücke in < 10 Stunden

Bzgl. Ausdauer sollte man sich nicht von den nur 1000 Hm des Grates täuschen lassen. Eher sollte man sich klar machen, dass es um 6 - 8 Stunden hoch konzentrierten Gehens und Kletterns geht (diese Zeitangabe gilt für den Fall, dass man obige Hinweise beherzigt hat und jubiläumsgrattauglich ist; in Zeiteinheiten normaler DAV-Beschilderung ist wohl eher mit 10 - 12 Stunden zu rechnen!!) Das schlaucht also so ähnlich wie eine Zugspitzüberschreitung. Für die steilen Klettersteigaufschwünge ist zudem ein gewisses Maß an Ausdauer von Hand- und Armkraft nötig.

Nun noch ein Wort zur Gehrichtung: Ich empfehle sehr beim ersten Mal die Richtung Zugspitze --> Alpspitze zu wählen. Diese ist abgesehen von weniger Höhenmetern im Aufstieg auch psychologisch angenehmer, da es gleich mit dem Jubiläumsgrat los geht und nicht erst nach Aufstieg auf die Alpspitze (600 Hm), Abstieg in die Grießkarscharte (150 Hm) und erneutem Aufstieg zum Grat (100 Hm). Danach noch den zähen Grat mit der gefühlt nicht näher rückenden Zugspitze vor Augen ist hart! Zudem sind die Sicherungen am Jubiläumsgrat tendenziell so, dass man in der normalen Richtung weniger Sicherungen im Aufstieg, dafür mehr im Abstieg hat. Dies kehrt sich bei umgedrehter Laufrichtung um, was zu einer höheren Schwierigkeit führt.

Ein letzter Kommentar zum Notabstieg. Dieser ist ähnlich anspruchsvoll wie der Jubiläumsgrat und braucht 2 h zur Knorrhütte. Der Einstieg ist sowohl in der DAV-Karte (zumindest digital) als auch bei Kompass falsch wiedergegeben. Er beginnt offiziell an der tiefsten Stelle des Jubiläumsgrates oberhalb des Gamskars und führt dann entlang des Brunntalgrates. Es gibt einen Wegweiser. Bloß nicht in irgendwelche unmarkierten Scharten absteigen!

Tourengänger: phyzard


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Kommentare (4)


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©bergundradlpeter hat gesagt:
Gesendet am 1. September 2015 um 21:24
Seine Grenzen sollte man am Jubi nicht ausloten.
Vielen Dank für die Info.
VG
Peter

tricky hat gesagt: Supi
Gesendet am 2. September 2015 um 01:09
Danke für die Infos

Gesendet am 22. Juli 2017 um 21:39
Der Notabstieg ist gar keiner! Genausogut kann man auch über das Vollkar oder Kirchkar ins Reintal oder in Mattheisenkar absteigen (Aufstieg im Führer von 1991 beschrieben, Abstieg wohl nicht so leicht zu finden)

rainer52 hat gesagt: "notabstieg": s. letzten kommentar!ar
Gesendet am 5. August 2017 um 13:33
1) ich würde es einen zustieg, bzw. einen möglichen abstieg nennen, denn:
für mich und für viele andere sicher auch ist es viel sinnvoller, jeweils nur eine hälfte des weges zu machen!:
der volle weg ist sehr anstrengend! außerdem muß trittsicherheit vorhanden sein! da sie bei mir nicht so optimal ausgeprägt ist, brauche ich vermutlich die doppelte zeit! und durch diese verlängerung wird die tour vielleicht auch doppelt so anstrengend wie für jemanden, der da wie ein steinboch drüber läuft!
2) der abstieg durch das voll-, bzw. krchkar ist sicher eine ganze portion schwieriger als der gesicherte abstieg über den brunntalgrat!: da gibt es keine drahtseile und vor allen dingen keine markierungen: es sind nur die hinweise der kletterführer existent! und denen ist nicht sehr einfach zu folgen!
aber obiges "abenteuer" scheint mir ein erfahrener bergsteiger zu sein, der gern untertreibt wie viele seines genres!
3) genauso darf man auch die beiden gelben schilder ca. 50 höhenmeter oberhalb der knorrhütte sehen:
dort steht jeweils geschrieben:
7h zur alpspitze, bzw. 7h zur zugspitze!
diese zeiten gelten natürlich nur für solche leute wie das "abenteuer"! für mich gelten ein paar stunden mehr!
4) eine kleine anekdote:
vor jahren stieg ich einmal morgens um 7:00 vom ostgipfel der zugspitze durchs höllental ab. ich war schon 6x aufgestiegen, jetzt wollte ich auch einmal umgekehrt laufen!
nach 6h oder 7h komme ich nach einem gemütlichen abstieg auf der höllentalangerhütte an, da spricht mich doch ein mann aus einer 3ergruppe an:
"hey, wir haben uns doch heute früh schon gesehen!"
da waren die 3 doch glatt in der selben zeit den jubiläumsgrat bis zur grieskarscharte abgelaufen und dann selbiges kar abgestiegen! respekt!
ergo:
die schnellsten brauchen so um die 3h!
und andere werden für mehr als 4000€ vom hubschrauber abgeholt!
gruß,
rainer.,


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