Wendenhorn Südostgrat: Plaisir hochalpin!


Publiziert von Alpin_Rise , 31. August 2015 um 14:53.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:29 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: V- (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-UR 
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 1050 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Sustenbrüggli

Seit ich auf dieser Skitour den Wendenhorn Südostgrat über eine Stunde frontal im Blick hatte, ist er eine Wunschtour. Auf unserer Runde an Pfingsten 2013 wandten wir uns am Einstieg nach links, um über die Fünffingerstücke schlussendlich wieder am Gratfuss vorbeizuziehen. Den guten Fels am Grat konnten wir damals erahnen, wie auch die eindrücklichen Spalten im Gletscher. Gerade diese Kombination aus Fels und Eis macht die gut zugängliche, hochalpine Klettertour so attraktiv!

Mittlerweile ist die Tour hikrmässig dreimal dokumentiert, von Scout, Freeman  und kürzlich von danski. Die Kletterei hält absolut, was die Vorgänger versprechen:

Bequem erreichbare Granitkletterei in hochalpinem Ambiente

Nach einer Nacht in der Nähe des Sustenbrüggli – leider unter Schafen – machten wir uns um 6 Uhr auf den mit 650 Höhenmeter dankbar kurzen Zustieg. Dieser ist entlang einer Moräne und durch blockiges Gelände leicht zu finden, Einstieg nach rund einer Stunde um 7.30.
Je nach Schneelage ist die erste Seillänge etwas kürzer oder länger als 50m, die ersten Meter sind aber im III. Grad gut seilfrei zu machen. Hier wartet auch gleich die Schlüssellänge der Tour mit ihrer kurzen Stelle im (unteren) 5. Grad. Dort wäre ich froh um die Kletterschuhe gewesen; dummerweise blieben diese aber zu Hause liegen... Nochmals eine Länge im oberen vierten Grad und der Vorbau ist fast gemeistert. Nach einer kurzen Gehpassage folgt die neu eingebohrte Route stets über die wenig ausgeprägte Türme der Gratkante rechts. Man könnte die schwierigeren Stellen (mehrmals um IV, einmal IV+) auch links (südlich) umgehen, man verpasst dann aber die schönsten Kletterstellen entlang der Bohrhaken an der Kante. Der Grat wird nun zunehmend leichter, meist im II. und III. Grad gehts zur Einmündung der Abstiegsrinne. Von dort nur noch ein kurzes Stück zum geräumigen Gipfelbereich Wendenhorn, der höchste Punkt ist neckisch exponierten, Ankunft nach drei Stunden Kletterzeit um 10.30.

Im Mittelteil holte uns eine  Seilschaft junger, topfiter Alpinisten ein, nach gemeinsamer Gipfelrast  beschliessen wir, zusammen abzusteigen, was wegen dem vielen losen Geröll sinnvoll ist, Aufbruch 11.10. Die Abseilstelle 15 m unter dem Gipfel bringt einen in die Gipfelrinne in T5-Gelände mit Stellen II. Bei der Einmündung Couloir umrundet man erst den Felsbuckel und findet die Abseilstelle etwa 10m im Couloir auf der rechten (östlichen) Seite.
Hier kann nun 3 mal 20 Meter abgeseilt (bequemer) oder abgeklettert (schneller) werden. Danach folgt eine Querung links (westlich) auf dem schuttigen Band der Felswand entlang – nicht nach rechts ins brüchige Gelände verleiten lassen! An einem Felssporn versteckt hats noch einen fakultativen Abseilstand, dann wieder nach links, bis ganz vorne eine obligatorische Abseilstelle  erlaubt, auf den Gletscher abzuseilen. Im Spätsommer ist diese Stelle die alpinistische Schlüsselpassage: die Kluft zwischen Fels und Eis  kann ziemlich gross sein, dazu lauern genau hier doch recht grosse Spalten. Als wir dann alle zu viert an einem sicheren Ort auf dem Gletscher standen, schlossen wir uns zu einer Viererseilschaft zusammen und navigierten in einem grossen Bogen zwischen den riesigen Querspalten zum Gletscherende: so klein das "Firnfeld" mit seinen knapp 200 Höhenmetern ist, so grosse Spalten hats dort, erstaunlich! Von der Gletscherzunge sind die meisten Löcher zudem kaum sichtbar.
Etwa auf Höhe des Einstiegs ist das Eis zu Ende, etwas unangehnehmes Moränenmaterial führt uns ins grasige Gelände zu den Schafen und zurück zum Sustenbrüggli, Ankunft 13.15 (Zwei Stunden Abstieg; Gesamtzeit 7:15, davon rund 6 Gehzeit).


Fazit: Die Tour ist landschaftlich eine Perle, denn  die Gletscher links und rechts vermittelt hochalpines Ambiente. Entsprechende alpine Erfahrung ist Voraussetzung, um den Grat in einem Mix aus Standsicherung, laufendem und kurzem Seil zu bewältigen. Im Abstieg verlangt ein zwar kurzer, aber doch stark verspalteter Gletscher Aufmerksamkeit und entsprechende Sicherungstechnik.

Jahreszeit: ideal ist wohl Juni oder Juli. Ist der Gletscher noch vollständig eingeschneit und der Firn zur Mittagszeit weich, kann evtl.  auf Steigeisen verzichtet werden. Ab August öffnen sich normalerweise die grossen Querspalten, die unter Umständen zu grossem Blankeis-Slalom zwingen – Steigeisen und Pickel sind dann obligatorisch! Die Abseilstelle auf den Gletscher führt dann auch direkt in die Randkluft. Unter Umständen ist hier dann ein grosser Pendler oder etwas Kletterei im Eis nötig!

Die Begehungszeit hängt stark vom Sicherungsmodus ab – steigt man alle 15 Seillängen von Stand zu Stand, sind die 6-7 h Hütte – Gipfel des Sustlihütte-Topo durchaus realistisch. Nach alpiner Manier die schwierigen Seillängen von Stand zu Stand sichernd, den Rest am laufenden oder kurzen Seil, ist eine Kletterzeit von 2:30 – 4h wie im SAC Führer veranschlagt gut zu machen. Abstieg 2-3h, je nach Abkletter-/seilroutine und Firnverhältnissen.
Die Tour ist in diesem Sinn ein guter Gradmesser, um mal unverbindlich Form und Seilhandling zu testen. Kommt man hier flüssig durch, dürften auch hochalpine Felstouren wie am Bietschhorn oder Weisshorn klappen.

Material: Kletterschuhe, sofern man dem oberen vierten Grad nicht in Bergschuhen klettert/klettern möchte, Helm, Pickel, (Leicht-)steigeisen, Gletschermaterial, 6-8 Express, ein paar kleine Friends und Schlingen. 50 m Seil reicht, 60 m komfortabel. 

Tourengänger: Alpin_Rise


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