Die wilde Ofentalschneid


Publiziert von Hade , 2. August 2015 um 12:59.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum: 1 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Start in der Ramsau, besser Hintersee
Kartennummer:AV Karte BY21

Die Ofentalschneid. Oft habe ich sie schon von beiden Seiten bewundert und mir war klar, dass ich dort einmal hoch muss, über diesen eindrücklichen Grat. Zu perfekt sieht sie aus, mit ihren markanten Platten! Und sie sollte mir tatsächlich ein äußerst intensives Bergerlebnis bescheren, das mir im Gedächtnis bleibt...

 

Von der Ramsau fahre ich mit dem Radl zum Parkplatz beim Klausbachhaus (eigentlicher Startpunkt) und fahre in das Klausbachtal hinein, bis nach links der Weg ins Ofental abzweigt. Dort deponiere ich das Radl und gehe auf der Forststraße weiter, die bald in einen Steig übergeht. Auf ca. 1350m zweige ich dann auf dem Forstbegangsteig nach rechts ab, der sich schon bald gabelt. Ich wähle die obere Variante, die mich ins Steintal hineinführt. Dabei ist durchaus etwas Wegfindungsgespür angebracht, da der Steig über weite Strecken schlecht erkennbar ist. Im Steintal angekommen steige ich sobald es geht über eine steile Schrofen-Rampe nach Norden zur Ofentalschneid auf. Bereits hier ist absolute Trittsicherheit nötig, da es sehr steil zugeht.

 

Die Schneid scheint auf den ersten Blick noch realtiv zahm, doch schon bald zeigt sich ihr Charakter. Die für den Grat so charakteristischen schrägen Platten werden im Aufstieg relativ leicht überwunden, brechen dann aber sehr steil – mehrmals sogar überhängend – ab. Vor einem solchen Abbruch stehe ich prompt. Erst versuche ich, direkt am Grat weiter zu kommen. Oben noch gut griffig mache ich einen vorsichtigen Versuch, doch als ich in dem Überhang hänge, sind keine guten Tritte und Griffe mehr zu finden. Und was man findet ist ziemlich brüchig... Also klettere ich noch einmal hoch und suche nach Alternativen. Tja, Richtung Ofental geht es senkrecht und strukturlos hinunter, auf der anderen Seite pfeift es auch ordentlich hinunter und der Fels sieht alles andere als zuverlässig aus. Ich entscheide mich, nochmal einen Versuch am Grat zu starten, doch bald muss ich einsehen, dass ich hier nicht hinunter komme. Also nach rechts hinunter Richtung Steintal... Mit größter Vorsicht schaffe ich es dann doch, den Abbruch zu umgehen, wobei auch hier eine Stelle II-III zu überwinden ist, da sich die steilen Plattenabbrüche auch in der Flanke fortsetzen. Außerdem muss man jeden Tritt und Griff erst von losem Gestein befreien und zweimal überprüfen. Würde man die Stelle direkt am Grat abklettern, wäre es wohl eine obere III (!) Danach steige ich die rund 100hm wieder zum Grat auf, nur um erneut vor einem kleinen Überhang (III) zu stehen, den ich aber abklettern kann. Nach diesem Schema geht es auch weiter: Leichter Aufstieg über schräge Platten (I-II), dann schwieriger Abstieg (mehrmals bis zu III). Mehrmals weiche ich – nicht gerade unschwierig – weit in die Flanke aus. Wie zur Hölle kommen die Autoren des AV-Führers nur dazu, den Grat mit II zu bewerten? Das ist schlichtweg falsch, so viel kann ich sicher sagen, auch wenn die Schwierigkeitsbewertung sehr subjektiv ist! Mehrmals bekomme ich es mit der Angst zu tun und ich bin kurz davor umzudrehen und gehe nur weiter, weil die schwierigsten Stellen im Abstieg zu überwältigen sind, so dass ich mir notfalls einen Rückzug zutraue. Lust habe ich darauf aber überhaupt keine und klettere deswegen weiter, in der Hoffnung, dass es bald leichter wird und ich über die Steintalscharte absteigen kann. Und so kommt es dann auch. Nachdem der erste Teil der Schneid überwunden ist, wird die Kletterei wesentlich einfacher, wenn sie auch stark ausgesetzt bleibt. So macht es aber wieder Spaß! So kommt es, dass ich recht erschöpft, aber nur noch glücklich am Südwest-Gipfel des Ofentalhörnls ankomme. Viel Platz gibt es am Gipfel nicht, aber ich mache trotzdem eine ausgiebige Rast, genieße die Aussicht und verarbeite noch die Eindrücke vom Grat...

 

Dann steige ich über die einfache Schrofenflanke ab zur Steintalscharte, von wo es über mit Geröllfeldern durchsetzte Platten ins untere Steintal geht, wo man sich noch durch Unmengen von grobem Geröll kämpfen muss, bevor man wieder in der Vegetation ankommt. Dann geht auf dem Aufstiegsweg zurück.

 

Fazit:

Die Tour war um einiges wilder als erwartet. Hätte ich gewusst, was dort auf mich zukommt, wäre ich vermutlich nicht los gegangen. Und schon gar nicht allein... Es war mir eine Lektion! Vertraue dem AV-Führer nie zu sehr... Es hätte ja schon Berichte im Internet gegeben, die wesentlich zutreffender beschreiben, welchen Charakter die Tour hat. Trotzdem gab es auch schöne Erlebnisse auf der Tour. So war der gesamte zweite Abschnitt des Grats der reinste Genuss, im Vergleich zum Beginn. Evtl. ist es auch möglich, erst dort zur Schneid aufzusteigen.

Insgesamt handelt es sich um eine äußerst gache, Tour, die den kompletten Bergsteiger verlangt, aber das sollte nach meiner Beschreibung klar sein...

Wenn man aber den Herausforderungen gewachsen ist, hat man aber ein ziemlich zünftiges Bergerlebnis, wie man es nicht so oft findet...


Tourengänger: Hade


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Kommentare (2)


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Daniel87 hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2015 um 14:53
Starke Tour und Respekt! Die krassen IIIer-Stellen habe ich mir damals aber nicht wirklich zugetraut, als ich die Ofentalschneid begangen habe (habe die Schwierigkeiten vom Steintalhörndl zuvor schon ansatzweise erahnen können). Bin nur den oberen (zweiten) Abschnitt gegangen, da man vom Steintal aus auch noch später zur Schneid stoßen kann.

Der NO-Gipfel ist tatsächlich "nur" II, aber höchst ausgesetzt und brüchig.

VG, Daniel

Hade hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. August 2015 um 19:18
Merci!
Ich war so froh, am Gipfel angekommen zu sein, dass ich gar keinen Gedanken mehr daran verschwendet habe, den Übergang zu versuchen...

VG Daniel


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