PARSEIERSPITZE - EIN MÄCHTIGER KRAXEL-DREITAUSENDER DER SCHWINDELFREIHEIT VERLANGT.
Gegen Ende Oktober kam ein Wintereinbruch und es sah so aus, dass es nun mit den Sommertouren auf 3000er definitiv zu Ende ist. Also plante ich die unglaublich kecke Parseierspitze fürs kommende Jahr 2009. Doch dann wurde das Wetter im November wieder wärmer, der Oktoberschnee schmolz und im nördlichen Tirol fiel nur noch wenig Neuschnee in höheren Lagen - so entschied ich spontan doch noch auf die Parseierspitze zu gehen. Ich fragte Dominik und Roger die auch sofort dabei waren. Und es wurde auch eine lustige "bomboastische Schlumpfentour" die nach einer Wiederholung schreit. Auf der Hütte machten wir uns bei Bier und einem grossen Topf Suppe gemütlich. Dabei musste ich den Gaskocher mitnehmen, da der Ofen in der Küche kaputt ist - Dominik versuchte trotzdem den Holzofen in Gang zu bringen, leider mit wenig Erfolg und wir wurden wie Würste geräuchert. Nach einer kalten Nacht in der wir einige Lagen Wolldecken benötigten starten wir um fünf Uhr in der Früh, doch dazu weiter unten. Übrigens kann man eine heisse Teeflasche bestens zum Füsse wärmen umfunktionieren...
Die Parseierspitze in der höchste Gipfel und einzige 3000er der Lechtaler Alpen. Die Schartenhöhe beträgt 1243m was ihn als sehr selbständigen Gipfel auszeichnet. Der Gipfel (wie auch der Gatschkopf) besteht aus bräunlichen Mergeln die gegen Erosion sehr empfindlich sind. Jedoch besitzt die Parseierspitze unterhalb vom Gipfel ein rotschwarzes Gesteinsband aus verwitterungsbeständigem Aptychenkalk der den Berg vor grösserer Erosion schützt. Aus diesem Grund ist der Berg deutlich höher als seine Trabanten die keine Aptychenkalkkappe haben. Die Besteigung der Parseierspitze ist technisch nicht anspruchsvoll, doch die Normalroute durch die schnell ausapernde, 200m hohe Südwand ist durchwegs Absturtz gefärdendes Gelände. Die Durchschnittneigung ist 55° und stets Kraxelgelände I+ mit zwei Stellen II (Einstieg und Platte in halber Höhe) - T6 Liebhaber werden hier ein Juwel entdecken können! Leider ist die Wand und die Gasillschlucht steinschlaggefährdet, besonders wenn viele Berggänger unterwegs sind. Für den Aufstieg nimmt man deshalb besser den Umweg über den Aussichtsgipfel Gatschkopf (2945m; T4) zum Grinnerferner unter der Südwand. Der Abstieg durch die Gasillschlucht unterhalb des Grinnerferner ist dann ein letztes Highlight der Tour. Zu den Felsabbrüchen wird er von oben kommend immer Steiler und man überwindet die steilen Stellen klettersteigartig mit Tritten und Drahtseilen (T5).
Gatschkopf (2945m): Über einen sehr abwechslungs- und aussichtsreichen Steig erreicht man die auf einem Felsbalkon gelegenen Augsburgerhütte (2289m). Der untere Teil des Weges führt durch ausgedehnter Latschenkieferwald. Wir hatten das Pech, dass Nassschnee auf den Nadelbäumen lag; dadurch bogen sich die Äste so dass sie oft den Weg versperrten und wir Schnee in den Nacken abbekamen. Doch nach 3½ Stunden war die schöne Hütte erreicht und wir wurden mit einer schönen Abendstimmung belohnt. Müde ging es am anderen Morgen weiter auf den Gatschkopf. Der bestens markierte Weg führt im Zickzack stets nach Oben. Eine steilere Felspassage wird auf Kalkbändern umgangen wobei man auch kurz die Hände benötigt. Kurz vor Erreichen des Gipfels erlebten wir wieder einmal einen prächtigen Sonnenaufgang. Und so wanderten wir über die oberste Schutthalde in wärmendem Sonnenlicht auf den geräumigen Gipfel mit Kreuz und Steinmann auf dem höchsten Punkt. Die Aussicht ist schon auf dem Gatschkopf ausserordentlich weit - doch wie wird sie wohl von der im Westen stehenden, wuchtigen Parseierspitze sein?
Parseierspitze (3036m): Auf Firnfelder rutschten wir vom Gatschkopf schnell in die Patrolscharte (2848m) ab. Etwas mühsam über Platten und Geröll gelangten wir anschliessend auf den Grinnerferner unter der Parseierspitze Südwand. Wir querten unter der Wand bis zu dessen Mitte wo man eine rotes Kreuz erkennt. Die Route durch die Wand ist mit so vielen mit roten Punkten markiert, so dass man sich kaum verirren kann! Wie schon beschrieben ist die Wand nicht besonders schwierig aber man muss absolut schwindelfrei sein. Ein Seil nützt hier wenig, denn es gibt nahezu keine Sicherungsmöglichkeiten. Der Fels ist bis auf den Einstieg überraschend fest und Freunde von solchen Routen werden hier ihre Freude haben. In der Wand hatte es noch einige Restschneefelder und Dominik fühlte sich deshalb nicht so sicher. Er stieg schon im unteren Wandteil wieder ab - schade, ich hätte ihm gerne auf dem Gipfel gratuliert. Aber manchmal ist's besser rechtzeitig Umzukehren wenn die Tagesform nicht passt, um später mit neuen Erfahrungen wieder zu kommen und auf dem Gipfel zu stehen... So kletterten Roger und ich genüsslich weiter bis wir unerwartet das Gipfelkreuz wenige Meter oberhalb erblickten. Oben konnten wir uns bei stahlblauem Himmel kaum satt sehen, doch wir mussten wieder ins Tal. Dank dem Abstieg über die spannende Gasillschlucht waren wir bald auf der Augsburgerhütte wo wir unser zurück gelassenes Material einpackten und ins Tal wanderten wo inzwischen die Latschenkiefern schneefrei waren.
Genaue Route: TAG 1: Grins - Freibad - Homerskreuz - Gasillboden - Muesmannruhe - Augsburgerhütte. TAG 2: Augsburgerhütte - Gatschkopf - Patrolscharte - Grinnerferner - Parseierspitze - Grinnerferner- Gasillschlucht - Augsburgerhütte - Muesmannruhe - Gasillboden - Homerskreuz - Freibad - Grins.
Tourenbericht von Dominik: http://www.hikr.org/tour/post9693.html
Tourenbericht von Roger: http://www.hikr.org/tour/post9696.html
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