Gaishorn und Rauhhorn über den Gerenkopf


Publiziert von quacamozza , 13. Juli 2015 um 19:40.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:30 Juni 2015
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1680 m
Strecke:Hinterstein P Auf der Höh-Willersalpe-Bienenköpfle-Gerenkopf-Rauhhorn-Vordere Schafwanne-Gaishorn-Zererköpfle-Willersalpe-Wildfräuleinstein-Aussicht Köpfle-Hinterstein Grüner Hut-Hinterstein P Auf der Höh (17,5 km)
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 3 1:25 000 Allgäuer Voralpen Ost Grünten, Wertacher Hörnle

Das Gaishorn und das Rauhhorn sind zu Recht häufig bestiegene Gipfelziele im Hintersteiner Tal. Auf den üblichen Anstiegen wird man an einem schönen Sommertag mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht alleine sein.

Es gibt allerdings auch einsame Wege auf die beliebten Aussichtsgipfel. Einen dieser Anstiege nehme ich heute unter die Füße. Etwas nördlich des Rauhhorngipfel zweigt ein markanter Seitenkamm nach Nordwesten ab, der immerhin zwei unauffällige, aber doch selbständige Erhebungen trägt. Dieser Kamm ist zwischen Bienenköpfle und Gerenkopf mit einem dichten Wald- und Latschenpelz bewachsen. Dazwischen versperren äußerst steile und brüchige Felsen den direkten Weg. Ein Fall also für Bergsteiger, die auch in heiklem und unübersichtlichem Gelände mit allen Wassern gewaschen sind.



Zur Schwierigkeit:

Bienenköpfle: T 4
Übergang zum Gerenkopf: bis T 6- und Stellen II, steil (es sind mehrere Varianten auf der östlichen Gratseite möglich); alternativ LKK 5-6 (aus meiner Sicht so gut wie undurchdringlich, auf jeden Fall zeitintensiver)
Rauhhorn: eine Stelle II ohne Benutzung der Fixseile, Stellen I ohne Seilversicherung
Abstieg vom Gaiseck nach Norden:  Stellen I und T 4
ansonsten leichte Wanderung


Zum Zeitbedarf:

Hinterstein P Auf der Höh-Willersalpe: 50-55 min
Willersalpe-Bienenköpfle: 30 min
Bienenköpfle-Gerenkopf: 35-40 min
Gerenkopf-Rauhhorn: 40-45 min
Rauhhorn-Gaishorn: 40 min
Gaishorn-Zererköpfle: 30 min
Zererköpfle-Willersalpe: 30 min
Willersalpe-Wildfräuleinstein: 30 min
Wildfräuleinstein-Aussicht Köpfle: 10 min
Aussicht Köpfle-Hinterstein: 15 min



Vom P Auf der Höh (891m) auf vielbegangenem Weg zur Willersalpe (1459m), der "urigsten Alpe im Allgäu".

Nur wenige Meter noch Richtung Rauhhorn, dann auf kaum mehr erkennbaren Spuren am Rande eines Weidezauns entlang nach Süden direkt auf das Älpele zuhalten. Die Felsstufe wird rechts umgangen. Hier enden die ohnehin dürftigen Spuren. Weiter geht es weglos über den steilen Grashang auf das Plateau westlich des Älpele. Durch eine Mulde und dann nach rechts steil aufwärts ziemlich mühsam über einen Zaun auf die Grathöhe südlich des Bienenköpfles.

Nach Norden der schönen Gratlinie zum begrünten Gipfel des Bienenköpfles (1703m) mit kleinem Gedenkkreuz folgen. Man könnte von hier (einfach) noch zu einem weiteren, knapp 50 Höhenmeter tiefer liegenden, vorgelagerten Hügel absteigen.
Ein direkter Aufstieg vom P. 1444 zum Bienenköpfle ist äußerst steil und dürfte wegen der vielen Sträucher ohne Ende mühsam und zeitraubend sein.

Zurück auf dem Grat kommt sofort der schönste Teil des Übergangs zum Gerenkopf. Sehr schade, dass das genussvolle Wandern auf der Schneide schon nach 5 Minuten vorbei ist. Die ersten Latschen und steiler Wald warten. Diese können zunächst noch mehr oder weniger elegant umgangen werden. Man wird aber mit der Zeit immer mehr in die linke Flanke abgedrängt.

Ein Blick nach oben: Oh je, wie soll man da bloß durch kommen? Sehr steiles Schrofengelände mit viel Wald und noch mehr Latschen...von einem ehemaligen Pfad zwischen den mittlerweile verfallenen Alpen Geren und Älpele ist auch nichts zu sehen. Genuss sieht anders aus. Spätestens auf ca. 1820m geht's recht ausgesetzt und anspruchsvoll in die Flanke. Man muss immer damit rechnen, dass es oben aufgrund des dichten Latschenbewuchses nicht mehr weitergeht. Try-and-error-Bergsteigen. Glücklicherweise erwischt es mich nur ein einziges Mal. In dem Fall geht es ausnahmsweise mal rechts um die Latschen zur nächsten steilen Schrofenschneise. Einmal wandere ich auf einer Latsche, und der Boden liegt plötzlich über 2 Meter tiefer unter mir. Bloß nicht zu viel grübeln...

Im Internet gibt es einen Bericht über eine Winterbefahrung des Grates mit Ski. Angeblich soll das der sicherste Zugang zum Rauhhorn in der kalten Jahreszeit sein. Die Abbrüche können dann vielleicht in der Südseite umfahren werden, wenn auf den Latschen viel Schnee liegt. Von einer einfachen Tour wird man wohl dennoch nicht ausgehen können.

Mit einiger Bröselkletterei geht es über die anspruchsvollste, finale Stufe (auf ca. 30 Höhenmetern T 6- und II). Schließlich kommen noch ein paar Latschen der harmloseren Sorte, bevor der Wow-Effekt einsetzt. Man findet sich nämlich plötzlich auf einer blühenden Sommerwiese mit fantastischer Aussicht wieder, und alle Mühsal ist verflogen. Noch wenige Schritte bis zum Gerenkopf (1898m), auf dem man wohl fast immer seine Ruhe hat. Zeit für eine längere Pause.

Glücklicherweise muss man den heiklen Aufstiegsschinder nicht mehr hinunter. Vielmehr geht es gemächlich über blühende Wiesen in die gut 10 Höhenmeter tiefere Scharte vor dem Rauhhorn und dann in herrlicher und einsamer Wanderung neben dem Wanderweg aufwärts. Zu diesem kann man sogar an einer Stelle gefahrlos hinüberqueren. Später wird das Gelände wieder etwas felsiger und schuttiger, bietet aber keinerlei Probleme. Auf knapp 2100m etwas oberhalb der Vorderen Schafwanne nimmt mich dann der Wanderweg zum Rauhhorn auf. Danach auf bekanntem Weg, der sich nach dem bisher Gebotenen wie ein Spazierweg an der Ostrach anfühlt, zum Gipfel des Rauhhorn (2240m). 


Der Rest der Tour spielt sich auf markierten Wegen ab. Deswegen braucht man nicht mehr viele Worte zu verlieren. Der Abstieg vom Gaiseck nach Norden erfordert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und ist in der Gesamtheit nicht einfacher als das Rauhhorn. Ein Blick in die schuttige Flanke: Da ist man zwei Monate vorher noch mit den Ski runtergefahren. Wahnsinn...jetzt rumpelt es permanent.

Das Zererköpfle (1945m) ist ein Mitnahmegipfel. Hauptschwierigkeit des kurzen Abstechers ist das Überklettern des Grenzzaunes, denn der höchste Punkt liegt in Österreich. Man kann danach auf der grasigen Schneide bleiben, muss aber später in jedem Fall den Zaun noch ein weiteres Mal überwinden.

An der Weggabelung auf 1175m halte ich mich geradeaus und erreiche bald den Wildfräuleinstein (1129m), eine Felsenhöhle, zu der es einige interessanten Geschichten über die "wilden Fräulein von Hinterstein" gibt, die hier angeblich hausten. Zwei der Höhlen sind mittels Holzleiter und ausgeschlagenen Tritten zugänglich. Schwindelfreiheit ist zwingende Voraussetzung für die Erkundung.

Am Aussichtspunkt Köpfle (1089m) bietet sich ein schöner Tiefblick auf das langgestreckte Hinterstein.

Ein schöner Tourenabschluss ist die Einkehr im endlich wieder eröffneten Bergsteiger-Hotel "Grüner Hut".
Der ganze Platz davor ist neu gestaltet worden. Der 2015er-Brunnen steht nun am Rande des Dorfplatzes.
 


Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (1)


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JonnyDodd hat gesagt:
Gesendet am 1. Juli 2023 um 20:57
Bin auch vom Gerenkopf zum Bienenkopf, nur im Abstieg und durch die latschige Westflanke, man kommt schon durch, aber deine Variante wäre für den Abstieg denk zu Heikel.

Ein Übergang, den ich nicht nochmal machen werde :D


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