Von Mauvoisin auf die La Ruinette (3875 m): Viel laufen, viel kraxeln und ganz viel schauen!


Publiziert von morphine , 30. September 2014 um 19:43.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum:17 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 14:30
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m
Strecke:Hotel Mauvoisin-Staudamm Mauvoisin-Col de Tsofeiret-Col de Lire Rose-P 3470-Glacier de la Ruinette-La Ruinette
Kartennummer:283 Arolla 1:50000

Ansporn

zu dieser Tour waren die Berichte vom Juli diesen Jahres  von Sputnik und xaendi Ich passte ein Zwischenhoch ab und fuhr kurzfristig ins Wallis. Da eigentlich nur für den Sonntag komplett gutes Bergwetter gemeldet war, plante ich die Tour von Mauvoisin zum Gipfel und zurück an einem Tag. Abends, bei meiner Ankunft, lösten sich bereits die Regenwolken des letzten Tiefs im Val de Bagnes auf und stimmten mich für die morgige Unternehmung zuversichtlich.


Später Start: Viel laufen

Ein wenig spät, so um 6.30 Uhr, lief ich die Werkstraße zur Staumauer hinauf. Nach Überschreitung der Staumauer -vorbei an großen Fototafeln- gings auf der anderen Seite durch diverse kurze Tunnelstücke ostseitig am See entlang. Dann erreichte ich einen Wegweiser, der nach links hinauf wies. Der Weg war nun schmal, mündete aber schon bald wieder in den breiten Weg ein. In der Folge konnte ich zwischen den Wegschleifen auf schmalen Pfaden immer wieder abkürzen. Rechterhand tauchte nun allmählich der Grand Combin mit seiner frisch verschneiten Ostseite auf. Über eine große Weide mit ganz vielen schwarzen Rindern gings weiter. Am Ende der Weide wich der Weg einer Blockhalde aus und führte dabei wieder leicht bergab. So gelangte ich auf das weite grüne Plateau von Tsofeiret. Der Weg schlängelte sich nun praktisch ohne Höhengewinn dahin. Erst später, nachdem ich den kleinen Lac de Tsofeiret passiert hatte, gings wieder ein paar Höhenmeter steiler bergan zum ersten Ziel des Tages, dem Col de Tsofreiret. Der Weg bis hierher hatte sich viel länger hingezogen als gedacht. Jetzt war es schon 9.30 Uhr und der Gipfel von La Ruinette war noch ganz weit weg. Mir kamen erste Zweifel an der Machbarkeit der Tour, aber nach einer Stärkung trottete ich unverdrossen weiter zum nächsten Etappenziel, dem Col de Lire Rose. Der Zustieg war nirgends zu verfehlen, da immer eine deutliche Wegspur vorhanden war. Auf diesem Abschnitt ergab sich auch ein interessanter Einblick auf den Glacier du Brenay, der weiter oben doch noch eindrucksvolle Eisbrüche aufwies. Der Weg querte später eine Schuttflanke und führte dann gerade hinauf in den Col. Hier verschlankte ich erst mal meinen Rucksack, aß etwas und bereitete mich dann auf die anschließende Kletterei vor, die nach Osten hinauf zum P 3386 m führte.


Viel kraxeln

Wie Sputnik und xeandi bereits schrieben, ist der Fels wirklich sehr fest und die Kraxelei machte wirklich spaß. Der große Felsturm ließ sich daher tatsächlich gut nach links ausweichend umgehen. Anschließend konnte ich durch das Coloir -zwar luftig ausgesetzt-, aber mit guten und festen Griffen und Tritten wieder zum Grat hinaufklettern, wo ich auch die von Sputnik erwähnten Schlingen vorfand. Der weitere Gratverlauf nach P 3386 m und P 3470 m (großer Steinmann) verläuft ebenfalls in bestem Fels. Mal ist er ganz einfach zu begehen, mal muss wieder beherzter zugepackt werden. Auf dieser Passage hatte ich nun schöne Ausblicke in alle Richtungen. Dem Gipfel war ich hier ebenfalls schon erfreulich nahe gekommen. Etwas oberhalb von P 3470 m legte ich die Steigeisen und Gamaschen an und stiefelte den nur mäßig steilen Gletscher in seinem Randbereich hinauf zum Einstieg des La Ruinette-Südwestgrates, der sich kurz hinter P 3710 m befindet. Während ich den Firn hinaufstieg, beobachtete ich größere Gruppen von Bergsteigern, die sich aber allesamt im Abstieg befanden. Als ich dann den Einstieg erreichte, waren gerade alle unten angekommen und machten Pause. Perfektes Timing also, da auf dem jetzt bevorstehenden schmalen und ausgesetzten Felsgrat Gegenverkehr eher unangenehm gewesen wäre.  Aber auch hier ist der Fels von allerbester Qualität. Ich tankte noch etwas Energie und ließ die Tourenstöcke und Steigeisen zurück. Trotz der langen Strecke fühlte ich mich kein bisschen müde und stieg top motiviert den Grat hinauf. Alle Zacken und Steilaufschwünge konnte ich rechts in der Sonne umgehen. Nur bei einer Stelle sah ich auf dieser Seite keine Möglichkeit und wich in die nördliche Flanke aus, die hier sehr steil -fast senkrecht- abfällt. Dennoch boten sich auch jetzt genügend Tritte und Griffe an, die aber ein wenig heikel mit Schnee bedeckt waren. Vorsichtig stieg ich ein paar Meter in die Flanke um dann direkt wieder steil hinauf auf den Grat zu klettern. Zusammen mit dem Coloir weiter unten vor P 3386 m war dies für mich die Schlüsselstelle. Wegen der großen Ausgesetztheit ein wenig psychomäßig. Das letzte Stück des Grates legt sich dann wieder deutlich zurück und war schneebedeckt. Hierauf zu balancieren wäre lebensgefährlich gewesen. Daher stieg ich entlang der Felsen knapp rechts unterhalb der Gratkante weiter, was sehr gut machbar war. Dann stand ich endlich auf dem schneebedeckten Gipfel mit seinem kleinen schiefen Kreuz und konnte mein Glück -es geschafft zu haben- kaum fassen. 


Viel schauen

Vom Gipfel breitete sich vor meinen Augen ein völlig unbekanntes bzw. ungewohntes Panorama aus. Die Grajischen Alpen mit Paradiso-, Rutor- und Vanoise-Gruppe. Direkt gegenüber der riesige Grand Combin an dem sich der Mont-Blanc mit seinen Trabanten anschließt. Im Norden die kürzlich besuchte Haute Cime (Dents du Midi), dann die Berner Alpen von ganz im Westen bis zum Finsteraarhorn und vielleicht am eindrucksvollsten das nahe weiße Gipfelmeer der Walliser Alpen mit fast all seinen Viertausendern und den unzähligen Dreitausendern. Die unmittelbare Umgebung der Berge um die großen Gletscher Glacier du Brenay und Glacier d' Otemma waren auch ungemein beeindruckend für mich, da ich sie noch nie aus der Nähe und dabei von oben betrachtet hatte. Nach knapp 1 1/2 Std. Gipfelrast machte ich mich wieder daran hintunterzuklettern.


Der Abstieg, erstaunlich genussreich!

An den von der Sonne nun so richtig aufgewärmten Felsen turnte ich nun wieder hinunter. Natürlich mit der enstprechenden Vorsicht. Ich war also nicht wirklich schneller als beim Aufstieg. Die zuvor beschriebene Schlüsselstelle war beim Abklettern deutlich einfacher als insgeheim befürchtet. Weiter unten sammelte ich Stöcke und Steigeisen wieder auf und marschierte nun in leicht sulzigem, aber nicht unangenehmen Schnee die Gletscheretappe hinab zu P 3470 m. Auch die folgende Gratsrecke hinunter zum Col de Lire Rose konnte ich erstaunlich genussreiche hinabklettern. Ich wurde gar nicht richtig müde. Vielleicht war das dem Adrenalinüberschuss auf Grund des erreichten Gipfels geschuldet. Als ich -bereits am Abend- den Lac de Tsofeiret erreichte, ergaben sich in dem schönen Licht noch ein paar Motive für die Kamera. Junges Steinwild und die Flora am Seeufer rundeten den Tourentag somit perfekt ab. Danach musste ich allerdings noch den sich lang hinziehenden Abstieg zur Staumauer durchstehen, bei der ich erst im Dunkeln ankam. Meinen Wagen erreichte ich um 22.00 Uhr 15 1/2 Std. nach meinem Aufbruch am Morgen. Jetzt war ich dann doch ziemlich hinüber, aber auch ganz schön happy. 


Fazit:

Toller Berg, tolle Gegend. Eine absolut lohnende Hochtour!



Tourengänger: morphine


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T5 WS II
WS II
T2 WS
WS III WS
23 Aug 16
La Ruinette · Bru57
T3+ WS
T5+ II
11 Aug 19
La Ruinette - Bike & Hike · panodirk
T2
5 Aug 18
Le tour du Lac de Mauvoisin · genepi

Kommentare (5)


Kommentar hinzufügen

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 30. September 2014 um 23:27
Eine tolle Tour! Super gemacht, gratuliere :-)

morphine hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Oktober 2014 um 00:22
Du und Sputnik, ihr habt mich spontan zu dieser Tour inspiriert. La Ruinette hatte ich dieses Jahr gar nicht in Planung!

Gruß
morphine

garaventa hat gesagt:
Gesendet am 6. Oktober 2014 um 10:41
Hallo morphine,

vielen lieben Dank für die sensationellen Gipfelfotos.

Ich bin immer wieder begeistert, wenn ich die durch Deine Berichte die Chance bekomme, die bekannten Walliser Berge aus neuer und ungewohnter Perspektiver erkunden zu können.

Gruss garaventa

morphine hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. Oktober 2014 um 12:38
ja danke, die Gipfelpanoramen machen dann Lust auf immer noch mehr Bergtouren :-)

Gruß
morphine

davvman hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Juni 2017 um 08:23
Grandioses Selfie in der Schlüsselstelle und inspirierender Bericht. Weiter so!

Dich grüßt
Dave


Kommentar hinzufügen»