Widdergalm - Kaisergg - Chörblispitz
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Gratwanderung zwischen Bern und Fribourg – ein weisser Fleck auf meiner T6-Voralpenkarte weniger
Tags zuvor bin ich über die schier unendliche Bergkette vom Stockhorn her gewandert und habe 20 Gipfel überstiegen. Nach einem kühlen, doch gemütlichen Biwak beim Chüearnisch war ich wieder fit für neue Taten. Und die hatten es in sich. Die Tour kombiniert verschiedene Grat-Klassiker an der Grenze zwischen Bern und Fribourg und ist der Abschluss, sowie die logische Fortsetzung der Stockhorn-Kaiseregg-Überschreitung. Für mich eine sehr eindrückliche Voralpen-Tour, vor allem wegen der Morgenstimmung, der Einsamkeit, der nicht immer idealen Bedingungen und vielleicht, ein bisschen, auch wegen der spürbaren Müdigkeit der strengen Tour am Vortag.
Alle drei T6-Passagen dieser Tour – Widdergalm E-Grat, Stierengrat und Fochsenflue-Chörblispitz – empfand ich als relativ anspruchsvoll. Auch im Vergleich zu klassischen T6-Touren der Ostschweizer-Voralpen (z.B. Brenna-Route am Schiberg). Dies kann verschiedene Gründe haben: Meine Unkenntnis der Region, die feuchten Verhältnisse, und die Herausforderung sich auf einer langen 2-Tages Tour anhaltend zu konzentrieren.
Wie ein Monument steht der Widdergalm Ostgrat in der Landschaft, betrachtet man ihn vom Chüearnisch. Eigentlich hatte ich am Abend entschieden, diese T6-Route auszulassen und über den Wanderweg aufzusteigen, da das Gras am frühen Morgen sicher feucht sein würde. Als ich nun aber um Punkt 6 Uhr meinen Rucksack schulterte, das Morgenrot über den Grat streichen sah und die trockene Brise spürte, änderte ich meinen Entschluss. Leicht absteigend in den Kessel und am Schluss querend zu Pt 1908. Von dort schwingt die Kante steil auf – und das Gras ist triefend… Auf Erdtritten geht es effizient aufwärts. Trotzdem hätte ich mir hier einen Pickel in die Hand gewünscht! Rechts an einem Tännchen vorbei, dann etwas links haltend, quere ich schliesslich rechts auf den felsigen Grat. Nach einem letzten, sehr exponierten Abschnitt (T6, vielleicht auf links umgehbar) flacht die Kante ab. Dafür ist nach der kalten Nacht, das nasse Gras jetzt von einer glitzernden Reifschicht überzogen – beste Bedingungen für T6-Touren! Gegen Schluss wird der Grat wieder steiler und ausgesetzter, bietet aber keine grösseren Schwierigkeiten mehr bis zum Gipfelkreuz. Absolute Ruhe und Einsamkeit mit Blick auf die Alpenkette und das Stockhorn, wo ich tags zuvor gestartet war, als kleiner, weit entfernter Zahn.
Der Stierengrat nimmt einiges an Zeit in Anspruch, da er lang ist und an verschiedenen Stellen Kraxelei erfordert. Kurz nach der Widdergalm werden zwei Grathöcker überschritten (T5, gute Wegspuren). Dann wird das Gelände freundlicher. Über eine zuletzt ausgesetzte Schneide (kann südlich umgangen werden) geht es zum höchsten Punkt. Die Schlüsselstelle folgt nach einem kurzen Abstieg. Zuerst werden zwei fragile Türme in zweifelhaftem Fels ziemlich exponiert überklettert, dann folgt die bekannte Piaz-Platte, die zwar luftig, aber dank der guten Gesteinqualität gut machbar ist (insgesamt, T6, II). Im Weiteren bleibt der Grat abschüssig, ist aber einfach.
Steiler Aufstieg auf guten Trittspuren zur Kaiseregg (T4, alte Markierungen). Für die Überschreitung der gesamten Kette Stockhorn bis Kaiseregg habe ich also 12.5 Stunden gebraucht – möglich als Tagestour, doch ziemlich hart. Auf dem Wanderweg geht es nun zum Gölmy und von dort auf einem äusserst schmierigen und erstaunlich steilen Pfad (T4) zum Euschelspass – der Tourismusverein Schwarzsee sollte besser andere Wege als diesen anpreisen… Dieser Wechsel zur nächsten Bergkette hat einiges an Zeit und Kraft beansprucht. Immerhin kann ich meine Wasservorräte wieder auffüllen und steige wieder voll im Saft auf dem schönen Wanderweg auf die Fochsenflue, auf deren Gipfel sich total 8 Wanderer ansammeln.
Bei so viel Volk ist mir nicht wohl, und ich mache mich bald davon in Richtung Chörblispitz. Irgendwie war mir bei der Tourenplanung die Exponiertheit des folgenden Grates entgangen. Das Gelände ist schon arg abschüssig. Ironischerweise finden sich immer wieder verblichene rot-weiss-rote Markierungen, die höhnisch zu vermitteln scheinen, dass man hier mit den Händen im Hosensack durchspazieren kann. Ich empfand das auf jeden Fall nicht so und spürte auch eine gewisse Müdigkeit aufkommen – nach 4500 Höhenmetern mit Biwakrucksack während der letzten 24 Stunden verständlich. So konnte ich diesen eigentlich wunderschönen Grat – sehr ausgesetzt, aber immer mit guten Griffen und Trittspuren – nicht mehr richtig geniessen. Steil, aber deutlich einfacher geht es dann zum Gipfel des Chörblispitz. Nur ganz am Schluss kurze Kraxelei. An einem Schneefeld kann man sich bergseitig vorbeischieben. Trotzdem schien es mir, als ob die Route dieses Jahr noch kaum gemacht wurde (nur Gemsspuren).
Nach einer ausgiebigen Pause entscheide ich mich, dass die Brecca-Runde nach der geleisteten Gratstrecke nicht mehr das Gescheiteste wäre und erspähe Jaun unter mir. Bus in 40 Minuten, oder eine Stunde später? Hm, direkter könnte ein Abstieg kaum sein, der Winkel könnte selbst für Wingsuits ausreichen… So sause ich kurz entschlossen die Rinne in der Südflanke des Chörblispitz hinunter und folge der Wegspur (T4), die ohne eine einzige Serpentine talwärts führt. Auch vorbei an der Alp Chörbli stimmt die „Sinkgeschwindigkeit“ und nach 37 Minuten erreiche ich nach 1100 Höhenmetern Abstieg – sogar noch etwas zu früh – die Bushaltestelle. Ungläubiger Blick zurück zum Gipfelkreuz.
Durchgangszeiten:
Chürarnisch (Biwak): 6.00
Kaisergg: 8.20 (Total Stockhorn-Kaisergg 12.5 Stunden)
Chörblispitz: 11.35
Jaun: 12.30
Tags zuvor bin ich über die schier unendliche Bergkette vom Stockhorn her gewandert und habe 20 Gipfel überstiegen. Nach einem kühlen, doch gemütlichen Biwak beim Chüearnisch war ich wieder fit für neue Taten. Und die hatten es in sich. Die Tour kombiniert verschiedene Grat-Klassiker an der Grenze zwischen Bern und Fribourg und ist der Abschluss, sowie die logische Fortsetzung der Stockhorn-Kaiseregg-Überschreitung. Für mich eine sehr eindrückliche Voralpen-Tour, vor allem wegen der Morgenstimmung, der Einsamkeit, der nicht immer idealen Bedingungen und vielleicht, ein bisschen, auch wegen der spürbaren Müdigkeit der strengen Tour am Vortag.
Alle drei T6-Passagen dieser Tour – Widdergalm E-Grat, Stierengrat und Fochsenflue-Chörblispitz – empfand ich als relativ anspruchsvoll. Auch im Vergleich zu klassischen T6-Touren der Ostschweizer-Voralpen (z.B. Brenna-Route am Schiberg). Dies kann verschiedene Gründe haben: Meine Unkenntnis der Region, die feuchten Verhältnisse, und die Herausforderung sich auf einer langen 2-Tages Tour anhaltend zu konzentrieren.
Wie ein Monument steht der Widdergalm Ostgrat in der Landschaft, betrachtet man ihn vom Chüearnisch. Eigentlich hatte ich am Abend entschieden, diese T6-Route auszulassen und über den Wanderweg aufzusteigen, da das Gras am frühen Morgen sicher feucht sein würde. Als ich nun aber um Punkt 6 Uhr meinen Rucksack schulterte, das Morgenrot über den Grat streichen sah und die trockene Brise spürte, änderte ich meinen Entschluss. Leicht absteigend in den Kessel und am Schluss querend zu Pt 1908. Von dort schwingt die Kante steil auf – und das Gras ist triefend… Auf Erdtritten geht es effizient aufwärts. Trotzdem hätte ich mir hier einen Pickel in die Hand gewünscht! Rechts an einem Tännchen vorbei, dann etwas links haltend, quere ich schliesslich rechts auf den felsigen Grat. Nach einem letzten, sehr exponierten Abschnitt (T6, vielleicht auf links umgehbar) flacht die Kante ab. Dafür ist nach der kalten Nacht, das nasse Gras jetzt von einer glitzernden Reifschicht überzogen – beste Bedingungen für T6-Touren! Gegen Schluss wird der Grat wieder steiler und ausgesetzter, bietet aber keine grösseren Schwierigkeiten mehr bis zum Gipfelkreuz. Absolute Ruhe und Einsamkeit mit Blick auf die Alpenkette und das Stockhorn, wo ich tags zuvor gestartet war, als kleiner, weit entfernter Zahn.
Der Stierengrat nimmt einiges an Zeit in Anspruch, da er lang ist und an verschiedenen Stellen Kraxelei erfordert. Kurz nach der Widdergalm werden zwei Grathöcker überschritten (T5, gute Wegspuren). Dann wird das Gelände freundlicher. Über eine zuletzt ausgesetzte Schneide (kann südlich umgangen werden) geht es zum höchsten Punkt. Die Schlüsselstelle folgt nach einem kurzen Abstieg. Zuerst werden zwei fragile Türme in zweifelhaftem Fels ziemlich exponiert überklettert, dann folgt die bekannte Piaz-Platte, die zwar luftig, aber dank der guten Gesteinqualität gut machbar ist (insgesamt, T6, II). Im Weiteren bleibt der Grat abschüssig, ist aber einfach.
Steiler Aufstieg auf guten Trittspuren zur Kaiseregg (T4, alte Markierungen). Für die Überschreitung der gesamten Kette Stockhorn bis Kaiseregg habe ich also 12.5 Stunden gebraucht – möglich als Tagestour, doch ziemlich hart. Auf dem Wanderweg geht es nun zum Gölmy und von dort auf einem äusserst schmierigen und erstaunlich steilen Pfad (T4) zum Euschelspass – der Tourismusverein Schwarzsee sollte besser andere Wege als diesen anpreisen… Dieser Wechsel zur nächsten Bergkette hat einiges an Zeit und Kraft beansprucht. Immerhin kann ich meine Wasservorräte wieder auffüllen und steige wieder voll im Saft auf dem schönen Wanderweg auf die Fochsenflue, auf deren Gipfel sich total 8 Wanderer ansammeln.
Bei so viel Volk ist mir nicht wohl, und ich mache mich bald davon in Richtung Chörblispitz. Irgendwie war mir bei der Tourenplanung die Exponiertheit des folgenden Grates entgangen. Das Gelände ist schon arg abschüssig. Ironischerweise finden sich immer wieder verblichene rot-weiss-rote Markierungen, die höhnisch zu vermitteln scheinen, dass man hier mit den Händen im Hosensack durchspazieren kann. Ich empfand das auf jeden Fall nicht so und spürte auch eine gewisse Müdigkeit aufkommen – nach 4500 Höhenmetern mit Biwakrucksack während der letzten 24 Stunden verständlich. So konnte ich diesen eigentlich wunderschönen Grat – sehr ausgesetzt, aber immer mit guten Griffen und Trittspuren – nicht mehr richtig geniessen. Steil, aber deutlich einfacher geht es dann zum Gipfel des Chörblispitz. Nur ganz am Schluss kurze Kraxelei. An einem Schneefeld kann man sich bergseitig vorbeischieben. Trotzdem schien es mir, als ob die Route dieses Jahr noch kaum gemacht wurde (nur Gemsspuren).
Nach einer ausgiebigen Pause entscheide ich mich, dass die Brecca-Runde nach der geleisteten Gratstrecke nicht mehr das Gescheiteste wäre und erspähe Jaun unter mir. Bus in 40 Minuten, oder eine Stunde später? Hm, direkter könnte ein Abstieg kaum sein, der Winkel könnte selbst für Wingsuits ausreichen… So sause ich kurz entschlossen die Rinne in der Südflanke des Chörblispitz hinunter und folge der Wegspur (T4), die ohne eine einzige Serpentine talwärts führt. Auch vorbei an der Alp Chörbli stimmt die „Sinkgeschwindigkeit“ und nach 37 Minuten erreiche ich nach 1100 Höhenmetern Abstieg – sogar noch etwas zu früh – die Bushaltestelle. Ungläubiger Blick zurück zum Gipfelkreuz.
Durchgangszeiten:
Chürarnisch (Biwak): 6.00
Kaisergg: 8.20 (Total Stockhorn-Kaisergg 12.5 Stunden)
Chörblispitz: 11.35
Jaun: 12.30
Hike partners:
Delta
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