Winterwandern im Alpstein: Schneesturm am Wildhuser Schafberg - Scheitern in der Ostwandrinne


Publiziert von marmotta , 14. Dezember 2013 um 20:28.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:14 Dezember 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:Wildhaus - Flürentobel - Wildhuser Schafboden - Einstieg Ostwandrinne - P. 2197 - Wildhuser Schafberg - SSW-Grat - Schäferhütte - Gamplüt - Wildhaus
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Wildhaus, Post
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Wildhaus, Post
Kartennummer:LK 1115 Säntis (1:25.000)

Tja, so schnell kann´s gehen: Eben erst euphorisch den Start in die Ski- und Schneeschuhtourensaison bejubelt, herrschen 2 Wochen später schon wieder gute Wanderbedingungen - südseitig dominieren Grün- und Brauntöne und der wenige Schnee, der liegt, ist durch die anhaltend trockene und tagsüber milde Witterung so fest, dass man auch ohne Schneesportgeräte mühelos drüber laufen kann. Der Wildhuser Schafberg (2373 m) im Oberen Toggenburg ist ja bekannt dafür, dass seine steilen Grasflanken schnell ausapern und in so manchem Winter eine Besteigung "zu Fuss" ermöglichen - doch dass man im Dezember bei entsprechender Routenwahl von der Schäferhütte (1552 m) bis zum Gipfel ohne eine einzige Schneeberührung bleibt, ist aussergewöhnlich.
 
Ganz verwegene Typen wählen jedoch nicht einen der Normalwege auf den Gipfel, sondern steigen durch die von der gegenüberliegenden Seite furchteinflössend steil aussehende Ostwandrinne und gelangen so direkt in den Sattel zwischen den beiden Gipfeln des Wildhuser Schafbergs. Nachdem mir in den letzten Jahren einige steilere Voralpentouren gelungen waren, wollte ich endlich auch zu diesen "verwegenen Typen" gehören… :-) Ich kann es vorwegnehmen: Die Rinne war und ist mir dann doch eine Nummer zu gross bzw. steil, so dass es für mich heute leider nicht gereicht hat…
 
Als wir am Morgen um kurz nach halb neun Uhr das Postauto in cff logo Wildhaus, Post verliessen, empfing uns ein wolkenloser Himmel - das sollte sich lt. Prognosen mit einer rasch heranziehenden Kaltfront bald ändern, weshalb Eile geboten war.
 
Über die gut begehbaren Wanderwege erreichten wir schnell die Alphütte auf dem Schafboden (1678 m). Im Flürentobel liegt teils harter Schnee, teils ist der Weg aber auch aper, auf dem Bergweg ab P. 1389 ist bis zum Schafboden lediglich ein steilerer Schneekegel zu queren (bei hartgefrorenen Verhältnissen am frühen Morgen ist hier ein Pickel hilfreich), ansonsten liegt das Wegtrassee komplett frei. Zwischen Schafboden und der Steilstufe unter P. 2069 sieht es dann ebenfalls eher wie im Sommer oder Herbst aus - man könnte nicht meinen, dass Weihnachten vor der Tür steht. Dank der Südausrichtung trägt die Schneedecke mehrheitlich sehr gut und auch die Steilstufe, die wir linkshaltend (Richtung Nordwest) überwanden, ist derzeit problemlos ohne Steigeisen zu meistern (Pickel war jedoch auch hier hilfreich).
 
Über (gepressten) Pulverschnee stiegen wir anschliessend zügig zum Einstieg der Ostwandrinne, da bereits die ersten Wolken über dem Wildhuser Schafberg auszumachen waren, begann nun ein Wettlauf gegen die herannahende Front.
 
Da die Rinne von weitem ziemlich felsig aussah, waren wir nicht sicher, ob es bei den vorherrschenden Verhältnissen überhaupt Sinn machen würde, da einzusteigen. Wir erwogen, auf dem "Sommerweg" direkt zum Wegweiser bei P. 2197 zu traversieren, wollten dann aber doch "mal schauen" gehen, wie es in dieser berühmten Rinne denn so aussieht.
 
Zunächst gestaltete sich der Aufstieg entlang der Felswand dank perfektem Trittschnee völlig unproblematisch, auch in Sachen Steilheit war ich eher enttäuscht. Nach ca. 80 Hm steilt sich die Rinne jedoch deutlich auf, ich schätze die Neigung hier auf ca. 45-50°. Ungünstigerweise war die Schneedecke in diesem Abschnitt zu dünn bzw. gar nicht existent, so dass wir über die steilen, teils vereisten Platten hätten klettern müssen. Trotz Steigeisen an den Füssen war mir (als Vorsteigendem) hier nicht mehr wohl und ich blies -etwa in der Mitte der Rinne- zum Rückzug. Ulla und Luciano waren wohl etwas erstaunt ob meiner Entscheidung, trugen diese aber schlussendlich mit. Offenbar sind meine Tourenpartner aus einem anderen Holz geschnitzt - hatten sie doch noch nicht einmal ihre Steigeisen montiert!
 
Ich probierte es dann noch in der Schneerinne ganz aussen, doch auch hier bot sich mir das gleiche Bild: Anfangs perfekter Trittschnee, doch dort, wo es wirklich sehr steil wird, eine (zu) dünne Schneeauflage, unter der sich entweder Felsplatten befanden oder eine vereiste bzw. hartgefrorene Schicht.
 
Etwas enttäuscht stiegen wir wieder zum Einstieg ab und querten hinüber zum völlig aperen Rücken des Wildhuser Schafbergs. Über diesen bei zunehmender Wetterverschlechterung auf den Vorgipfel mit der Blechfahne und von dort sofort weiter über die drahtseilgesicherte Rinne (so gut und problemlos hab ich die im Winter auch noch nie angetroffen!) in den Sattel nördlich des Schichtkopfs. Als wir die letzten Meter zum Hauptgipfel in Angriff nahmen, traf uns die hereinbrechende Front mit voller Wucht. Innert Minuten war um uns herum alles in Wolken gehüllt und starker Schneefall setzte ein. Der böige Wind peitschte uns die Schneekristalle ins Gesicht, an eine gemütliche Gipfelrast war nicht zu denken!
 
Der Abstieg erfolgte entlang des schneefreien SSW-Grats zur Schäferhütte und von dort auf dem Wanderweg via Gamplüt hinunter nach Wildhaus, wo wir ca. 1,5 h nach Aufbruch am Vorgipfel durchgefroren und hungrig eintrafen.
 
Trotz oder gerade wegen der Wetterunbillen eine eindrückliche Tour auf einen im Sommer ziemlich langweiligen Alpsteingipfel. Der plötzliche Übergang von wolkenlosem, strahlend schönem Wetter zu Wolkengrau, Wintersturm und Schneefall war unglaublich  - aufgrund der Wetterprognosen hatte ich zwar ab der Mittagszeit mit "einigen Wolkenfeldern" gerechnet, aber diese Wetterentwicklung war dann doch etwas überraschend. Hinzu kam, dass wir die Wetterentwicklung im Westen während des gesamten Aufstiegs nicht verfolgen konnten, da uns der Schafberg, über dem der Himmel azurblau strahlte, die Sicht verdeckte.          


Tourengänger: marmotta, bolufe


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Kommentare (2)


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Dolmar hat gesagt:
Gesendet am 15. Dezember 2013 um 11:09
Hoi Marmotta,
verwegene Aktion bei der Schnee- bzw nicht Schneelage.
Bei guten Verhältnissen ist die Rinne im Winter gut machbar, vgl. Bericht HADI http://www.hikr.org/tour/post32291.html.
Weiterhin viel Spaß in diesem noch dürftigen Winter.
Gruß
Dolmar

marmotta hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Dezember 2013 um 20:39
Ja, momentan ist die Schneelage im Alpstein (und auch andernorts) für die Jahreszeit unterdurchschnittlich - zum Glück lässt sich die schöne Landschaft auch auf Winterwanderungen erleben... :-)

G.
marmotta


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