Hohe Geige 3396m Überschreitung Normalweg - Westgrat bei Nebel und Feuchtigkeit


Publiziert von alpensucht , 3. November 2013 um 10:14. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum: 9 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:15
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Strecke:Rüsselsheimer Hütte - Normalweg - Gipfel - Westgrat - Gahwinden - Weißmaurachsee - Hütte - 8km

In dichten Nebel eingehüllt liegt unser Winterraum der Rüsselsheimer Hütte. Heute geht nur eine Schlechtwettertour, denke ich. Also nehmen wir uns einfach den Hohe Geige Normalweg vor. Joe muss leider bei der Hütte bleiben. Ihn plagen Hüftprobleme von der harten Tour gestern. Also packen wir zwei leichte Rucksäcke für drei Personen und verlassen 8:30 Uhr die Hütte.

 

Normalweg hinauf T4+, I

Sehr gespannt bin ich über den Normalweg bei diesen Verhältnissen. Schon in der ersten Stunde der Tour nieselt es leicht ab und an. 20min führt der uns bekannte Steig bis zum Abzweig Gahwinden/Normalweg. Kurz drauf folgt zunächst noch steileres Grasgelände, welches langsam karger wird. Eine erdige Rippe führt danach zur nicht endenden Gerölllandschaft (T3), eingehüllt in dicke Nebelschwaden. Bald tauchen die ersten Felsstufen auf, welche unschwierig zu überwinden sind (T4, I). Einige Schneeflocken fallen ab etwa 2700m vermischt mit Regen.

 

A_Thorne ist zu Beginn der Tour kaum motiviert, also fange ich mit ihm ein längeres Gespräch an. So bemerkt man kaum die Mühsal des Anstiegs, sofern man genügend Atem übrig hat. Wir geraten sogar in ein sehr tiefgründiges Gespräch. Dadurch fällt mir erst an einer sehr steilen Stufe auf, dass nun die Stöcke in den Rucksack gehören. Leider lässt sich der eine meines Bruders nicht mehr verkürzen, so dass wir ihn lieber liegen lassen. Nach ca. weiteren 15min fällt mir auf, dass wir vorzüglich in der Zeit liegen und evtl. über den Westgrat absteigen könnten. Diese Möglichkeit gefällt mir so sehr, dass ich sofort meine Sachen ablege und die ca. 100Hm wieder absteige, um den Stock zu holen (er ist nur vom Vater geliehen). 8Min hinab und 18min hinauf. Dann beeile ich mich die folgenden Felsen zu erklimmen. Teilweise zieht sich der Pfad auch in steilen Serpentinen empor (Gehgelände). Nach 10min rufe ich nach meinen Tourenpartnern, damit sie nicht zu weit voraus steigen.

 

Als ich sie wieder erreiche, schneit es wieder leicht. Es folgt nun eine Traverse nach rechts, die teils über steile Neuschneefelder führt. Erst verdichtet der Nebel sich auch wieder zusehends, später dringt von oben immer heller Licht durch die Decke. Um 11:20 Uhr erreichen wir den Rand der bekannten Gletschermulde, in der kein richtiger Gletscher mehr liegt. Am rechten Rand steigen wir auf, bis eine Rampe fast horizontal hinüber in den Sattel zwischen Hohe Geige und Silberschneide führt. Beinahe hätte ich sie im Nebel übersehen. Im Sattel freue ich mich, den von mir errichteten Steinmann wieder zu finden, der die Stelle markiert, von der ich 2012 auf den Pirchlkarferner abgestiegen bin.

 

Der Schlussanstieg erweist sich wieder als einfach aber interessant, da einige Wechten den direkten Grat versperren. Da ziehen sogar kurz einige Wolkenlücken auf. Diese kurzen Momente lassen uns nur innehalten und staunen über die wunderbare Bergwelt um uns herum. Manchmal eröffnet sich auch einfach eine große horizontale Lücke, dass man sich in himmlischen Sphären wähnt, weil keinerlei Berge zu sehen sind, nur Wolkentürme mit unterschiedlichsten Lichtspielen.

 

12:10 Uhr erreichen wir den Gipfel, nachdem wir eine riesige Wechte am Gipfelgrat umgehen mussten. Eine lange Pause bis zum spätesten festgelegten Umkehrzeitpunkt (13:30 Uhr) lässt uns den Gipfel in vollen Zügen genießen. Wir essen recht viel und machen allerlei Faxen. Auch ein Grußfoto mit extra dafür mitgeführten Arche-T-Shirt (selfmade by kids) wird geschossen. Der Blick ins Gipfelbuch zeigt die Beliebtheit dieser Tour.

 

Abstieg über den Westgrat (T6 bei den Verhältnissen, II)

13:35 Uhr. Der ernsteste und schwierigste Teil folgt erst nun im Abstieg über den Westgrat. Wir folgen zunächst den Westgrat vom Gipfel hinab, queren kurz etwas in die Flanke und treten kurz darauf in den Nebel ein.

 

Der Fels ist dennoch trocken. Wir überklettern die ersten Gratzacken. Zur Übung überklettere ich auch noch einen weiteren in sehr ausgesetzter Kletterei (II-III), an dem unterhalb die Sicherungen verlaufen. Benutzt man danach kein Drahtseil wird es eine lohnende Kraxelei (anhaltend I-II) im festen Fels. Ich bedauere sehr, die Reepschnur nicht mitgenommen zu haben, denn hier gäbe es hunderte Köpfelschlingenmöglichkeiten am direkten Grat. Weiter unten wird der Fels allmählich feuchter, so dass wir sehr achtsam absteigen müssen im Blockgelände. Mehrmals rutschen wir aus, doch nie verletzt sich jemand. Einmal rutsche ich auf so einer grünen Flechte so aus, dass ich mit meinem Stock in einem Loch hängen bleibe und meine Hand gerade noch aus der Schlaufe ziehen kann. Der Stock landet zwei Meter weiter unten. Er wäre sicher zerbrochen, wenn ich meine Hand nicht heraus bekommen hätte!

 

Der restliche Abstieg zieht sich ziemlich in die Länge. Sehr froh erreichen wir die flacheren erdigen Passagen. Zwischendurch hatte es sogar kurz geschneit. Den Rest des Wegs von Gahwinden hinab wird im Laufschritt zurück gelegt. Am Abzweig zum Weißmaurachsee wende ich mich dort hin, steige die 150Hm nochmal auf, um mir eine kurze Erfrischung zu genehmigen. Zunächst finde ich den See gar nicht, weil der Nebel so dicht ist. Zum Glück lichtet dieser sich kurz. Beinahe wäre ich daran vorbei gelaufen. Ein kurzes Fenster im Nebel zeigt die schöne Umgebung des Sees. Das Bad erfrischt, es beginnt wieder leicht zu schneien. Die Hütte ist schnell erreicht. 17:15 Uhr.

 

An einem recht durchwachsenen Tag konnten wir dennoch eine ordentliche Tour unternehmen. Gerade mit etwas instabilerer Wetterlage wird so eine Tour erst so richtig spannend. Wobei die Ausrutscher auf dem nassen Fels nicht passieren müssen, wenn wir uns mehr Zeit gelassen hätten. Die kurze Sonnenfenster, die uns im Gipfelbereich aufgewärmt haben, waren ein besonders schönes Erlebnis. Die Schwierigkeiten am Normalweg liegen bei T4+, wegen der steilen Schneefelder und des Nebels. Am Westgrat würde eine T5er-Bewertung zu treffen. Durch meine direkte Gratkraxelei bis III muss man das mit T6 bewerten. Der Fels in diesem Bereich war sehr fest und griffig. Insgesamt muss man diese Runde als Highlight unserer Geigenkammdurchquerung bezeichnen. Für meine beiden Begleiter war die Hohe Geige gerade erst der zweite 3000er – und den gleich mit einem kernigen Abstieg!

Noch in dieser Nacht müssen wir aufbrechen, um dem nahen Wintereinbruch mit Schnee bis 1000m hinab zu entkommen. Wir werden über das Weißmaurachjoch ins Pollestal absteigen - und es wird spannend!!


Tourengänger: alpensucht, A_Thorne, LuNo


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