Das Chaos regiert: Großglockner (3798m) - Top of Austria mit Kameraabsturz
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Nun war es also an der Zeit, meine persönliche Höhenmarke nach 6 langen Jahren weiter nach oben zu schrauben - um dann gewappnet zu sein für neue Herausforderungen im nächsten Jahr. Das Dach Österreichs sollte es werden, mit dem Kopf voll von Gedanken an unsere Absicherung, die Schlüsselstelle nach der Scharte, den zu erwartenden Menschenmassen.
Um 5 Uhr stehen wir auf, ab halb sechs bietet die Hütte Frühstück. Dieses besteht aus 3 Scheiben Brot, einer Tasse Kaffee/Früchtetee und einer Schale Aufstrich. Die morgendliche Hektik der Hütte ermöglicht natürlich kein entspanntes Mahl. Wir packen anschließend unsere Taschen so um, dass wir zwei unserer Rucksäcke an der Hütte lassen, dort wird alles Verzichtbare verstaut. Die restlichen 3 Rucksäcke werden mit auf den Gipfel genommen. Durch diese Aktion gehören wir dann allerdings auch nicht mehr zu den Frühstartern. Erst 6.15Uhr kommen wir von der Hütte los.
Erzherzog-Johann-Hütte - Glocknerleitl (L)
An der Ostseite der Hütte gehts los - erst über Blockwerk, warten erste Schneefelder. Wir ziehen unsere Steigeisen gleich hier an, seilen an. Von einem weiteren Geröllfeld durchbrochen, steigt das Gelände anschließend merklich auf. Die natürlich bombenfest ausgetretene Spur ermöglicht allerdings mühelosen Zustieg auf das an diesem Morgen von Schneefahnen überzogenene Plateau unter dem Glocknerleitl. Ab hier waren die Verhältnisse merklich vereist. Das eigentliche Leitl wurde an diesem Tage (zumindest haben wir es nicht gesehen) auch nicht begangen, alle Bergsteiger sind nördlich davon in die Felsen ausgewichen. Am Glocknerleitl angekommen heißt es naturgemäß erst einmal eins: Warten. Eine wahre Armada an ins Eis gehauene Pickel erwartet uns bereits in den frühen Morgenstunden. Wir hauen unsere daneben und ich steige als Seilschaftserster, als wir an der Reihe sind, mit den Steigeisen am Fuß in den Felspart ein. An diesem Tage war dies auch definitiv so zu empfehlen - der Übergang vom Eis in den Fels ist abschüssig und nahtlos. Nach den ersten Klettermetern gibt es die Möglichkeit, die Steigeisen relativ bequem auszuziehen. Diese ersten Meter sind gut gestuft, griffig - eine glatte I auf der Richterskala. Wer hier bereits Probleme hat: umdrehen. Ich sichere hier nur rudimentär über kleinere Felszacken ab.
Glocknerleitl - Kleinglockner (WS, I-II)
Nun beginnt das im Titel dieses Berichts beschriebene Chaos, angefangen mit einem ärgerlichen Erlebnis. An diesem Morgen hatte ich bereits einige, schöne Fotos geschossen. An besagter Stelle, an der wir uns unserer Steigeisen entledigen, öffne ich gerade meine Kameratasche, die per Karabiner an meinem Hosengürtel befestigt ist. Just in diesem Moment spricht mein Nachkletterer mich an, ich sichere ihn zusätzlich ab. Abgelenkt davon, vergesse ich leider völlig die offene Kameratasche. Es kommt, wie es kommen muss - beim ersten größeren Kletterschritt drücke ich mit meinem Oberschenkel die Kamera aus der Tasche und diese stürzt unmittelbar das Gelände nördlich des Glocknerleitls ab. Erstmals kann ich mir vorstellen, mit welcher ungeheuren Wucht man wohl selbst den Felsen ausgeliefert wäre, würde man den falschen Schritte tun. Unkontrolliert schleudert sie hin und her und kommt irgendwo etwa 100-150 Höhenmeter unter uns in einem vereisten Schuttfeld zum Erliegen - den genauen Standpunkt kann ich dabei allerdings in diesem Moment genauso wenig ausmachen, wie das später sein sollte, als wir kurz nach der Kamera (Speicherkarte) suchen, als das Feld bereits aufgetaut ist. Schöner Mist - keine Fotos mehr für mich an diesem Tag, alle bisher geschossenen für immer weg und auch noch der dezente Schock des Absturzes dazu. Ich sammle mich, ununterbrochen fluchend - aber davon kann ich mir diese Tour nicht verderben lassen .. mein Nachkletterer Max übernimmt die Führung und steigt nun vor. Zuerst steil und erdig unterwegs, gelangt man alsbald an größere Felsstufen, welche kleineren Zeitgenossen (wie mir) nicht gerade gut gefallen können (II). Wir denken schon, doch wieder in das vereiste Glocknerleitl ausweichen zu müssen - dafür müssten natürlich auch die Steigeisen wieder an den Mann. Es geht dann allerdings dennoch - wir sind aber bemerkenswert langsam unterwegs - man spürt, dass wir weder ein eingespieltes Team, noch erfahrene Absicherer sind. So kommt es, dass wir bis zum Wegweiser unterhalb der Schulter des Kleinglockners schon etwa zwei Stunden unterwegs sind(!). Da wir natürlich wissen, dass wir nicht gerade mit Highspeed unterwegs sind, werden wir dadurch gerade eben erst noch langsamer: denn wir lassen zu jeder Möglichkeit Kletterer von oben und unten an uns vorbei.
Ab der Schulter erleichtern Stangen die Orientierung und Absicherung. Um die Pleiten, Pech & Pannen zu komplettieren, verpassen wir die erste Stange, die über einer Felsstufe thront. Stattdessen steigen wir weiter ostseitig auf (das Gelände ist hier überwiegend sogar einfacher als am "Stangenweg". Wir kommen zwar voran, merken aber auch, dass ein weiterer Grund unseres Tempos unsere Seilschaftsstärke ist - fünf Mann mit Absicherung per Bandschlinge an Zacken ist einfach zu viel. Ab dem Punkt, an dem wir die Stangen wieder erreichen, steigen wir auf die scheinbar gebräuchlichste Methode um: das Seil zwei-dreimal um die Stangen herumzulegen. Vorher wartet noch eine knackige II+-Stelle, die leicht abdrängend ist. Um diese zu meistern, bedarf einem beherzten Griff mit der Faust in ein vereistes Loch - die einzig gangbare Griffmöglichkeit. Alsbald, nachdem wir die Stangen wieder erreichen, stehen wir auch am Grat zum Kleinglockner. Einer unserer Mitstreiter wettert zu diesem Zeitpunkt bereits länger, dass ihm die ganze Sache nicht gerade erfreulich erscheint. Seine Entscheidung ist gefallen - er möchte nicht mehr weiter. Hintergrund: Dies ist seine erste echte Bergfahrt, und er hat sich wohl selbst eingestanden, dass die Sache mit dem Bergsteigen einfach nicht sein Ding ist. Er will kurz vorm Kleinglockner zurückbleiben - wir sprechen uns kurz ab und sichern ihn dann per Bandschlinge und Exe an einer der Stange ab - er platziert sich folgend natürlich so, dass er möglichst wenig die anderen Bergsteiger behindert.
Hier oben angekommen wird es dann erst richtig luftig - waren vorher vor allem die Tiefblicke auf das Ködnitzkees unter den Füßen beeindruckend, ist das hier eine andere Liga. Nach beiden Seiten bricht das Gelände teils 1000 Höhenmeter ab - der Kleinglocknergrat ist alles in allem nie breiter als zwei Meter. Deswegen gibt es hier oben auch deutlich mehr Stangen, als noch auf der Schulter. Die vielen Bergführergruppen turnen dagegen munter südlich der Schneide herum, um ungestört weiterzukommen, während wir weitbleibend direkt auf dem Grat unterwegs sind. Eine Stelle ist eine etwa zwei Meter lange Querung mit dem Abgrund unter dem Arsch, einer kleinen Kante als Griff - hier gibt es definitiv leichtere Alternativen.
Kleinglockner - Großglockner (WS+, II, ZS)
Der Andrang dort oben ist teils demotivierend, teils gefährlich, teils "nur" aufhaltend. Unsere Glocknerbesteigung bestand mindestens zu 40% aus Warten - dennoch war unsere Gruppe an diesem Tage schon fast ein "Exot". Im Nachhinein schätze ich den Anteil der Gruppen mit Bergführer auf etwa 60%, der Wahnsinn. Was damit einhergeht ist aber auch die oftmals total überforderten Berggäste. Selbst im Ier Gelände haben wir nicht nur einmal Probleme gesehen (zum schlimmsten komme ich später noch). Die restlichen Gruppen verteilen sich gleichermaßen auf unerfahrene Gruppen (zu denen wir uns auch einmal einordnen) und "Alten Hasen" die teils Solo, teils in einer - für uns - Geschwindigkeit aus einer anderen Welt alles umklettern, was sich gerade anbietet.
Gerade auf dem Weg hinunter vom Kleinglockner (3770m) zur Glocknerscharte (3755m) staut es sich eigentlich zu "jeder Tageszeit". Das hat natürlich auch seinen Grund: die Glocknerscharte ist extrem schmal, danach wartet mit dem glatten Wändl die Schlüsselstelle der Tour. Doch zuerst kommt meine persönliche Schlüsselstelle, die ich als viel schwieriger und heikler in Erinnerung habe. Direkt nach dem höchsten Punkt des Kleinglockners geht es etwa 2,50 Meter hinab - der zu erreichende Tritt ist allerdings etwas versetzt, gerade nach unten bietet sich nur weitere Leere an. Ich erreiche keinen Tritt als ich mich langsam rückwärts hinunterrutschen lasse und verteufele wieder diese Zwergentod-Stellen. Als ich quasi nur noch an den Armen hänge (von oben per Stange gesichert) stoße ich mich ab und erreiche noch (gerade so) den rettenden Tritt - eine widerliche Stelle, bei der ich mich zugleich frage, wie ich dort wieder hinaufkomme - es sollte - wie so oft - einfacher sein, als man denkt.
Ab diesem Punkt beginnt das bekannte Drahtseil, welches klettersteigähnlich in die Scharte führt. (ZS) Leider war die Verankerung an der Scharte gerissen, sodass man die letzten anderthalb Meter frei abklettern musste (etwas heikel). Nun steht man also an der berüchtigten Glocknerscharte - Blick frei in die Pallavicini-Rinne. Es ist hier maximal 1 Meter breit, eher weniger. Ruhigen Schrittes gehe ich hinüber an das glatte Wändchen, welches im zweiten Grad zum Großglockner leitet. Wer denkt, dass der Überhol-Wahn hier ein Ende hat, der irrt. Die Rücksicht wird zur Rücksichtslosigkeit, wie im Kampf jeder gegen jeden, um Leben oder Tod. Einer meiner Seilschaftskameraden macht diese (nicht ganz angenehme) Erfahrung - Glückwunsch an die Drängler.
Die eigentliche Schlüsselstelle ist dann halb so wild, denn sie ist - was uns nicht bewusst war, mit einem Eisentritt entschärft. Steht man erst einmal sicher auf diesem, kann man die schräge Verschneidung "hinaufspazieren" (II) - auch hier gibt es immer wieder kleinere Stangen zum Sichern. Es wird etwas einfacher, meist im ersten Grad, kurze Stellen im zweiten. Eine weitere Dimension des "Chaos" offenbart sich mir, als ich an einer Ecke stehend auf eine Gruppe warte. Die Frau will gerade um die Ecke klettern, als ihr Standbein wegrutscht. Sie greift nach mir, ich bekomme sie nicht zu fassen - sie setzt sich allerdings nur etwas fester auf den Hosenboden - ihr Glück: Ihr Bergführer mit der schnellen Reaktion am kurzen Seil. Daraufhin traut sich der nachkommende gar nicht mehr um die Ecke, ich muss ihm die Hand reichen und ihn hinüberziehen.
Dementsprechend froh waren wir auch, als wir ENDLICH oben ankamen. Das Glücksgefühl ist noch nicht wirklich fassbar, die Wolken verdecken weite Teile der Sicht. Unsere Gedanken kreisen um das heil Wiederherunterkommen, die Absicherung im Abstieg, wer steigt vor? Während wir den Marschtee aus der Hütte verteilen, sind wir wohl aber erstmal einfach nur stolz. Als erste wirklich selbstständig durchgeführte Hochtour, war das schon ein "mächtiger Brocken", der, und das möchte ich nochmal gesagt haben, nicht unterschätzt werden darf. Gerade das viele Gedränge macht das Bergerlebnis nicht gerade einfacher.. Nach den obligatorischen Gipfelfotos und kurzem Anstehen für das Foto am Gipfelkreuz machen wir uns aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wieder auf den Rückweg. Wir winken noch ein paar mal zu unserem am Kleinglockner verbliebenen Bergkameraden, ihm geht es wohl gut dort drüben.
Großglockner - Erzherzog-Johann-Hütte (WS+, II)
Konzentriert und vorsichtig (immer noch den Ausrutscher der Dame im Aufstieg im Kopf geht es langsam, aber beständig abwärts. Immer wieder strömen uns gruppenweise Aufsteiger entgegen, schnellere Absteiger werden vorbeigelassen. An jeden erdenklichen Positionen werden wir überklettert, es wird sich sogar über unseren Köpfen abgeseilt, teilweise anschließend auch neben die Scharte. Das glatte Wändlein mit der Verschneidung ist (wieder dank des Eisentritts) kein großes Problem. Nun passieren aber die unglaublichsten Dinge der Tour. Während wir uns den "Klettersteig" wieder nach oben arbeiten, geht der Andrang natürlich weiter. Als ich dann meine persönliche Schlüsselstelle überwunden habe (einfach nur gegen die Wand nach vorne beugen und dann mit einem kräftigen Zug hochziehen) .. stehen wir am Gipfel des Kleinglockners. Ein Bergführer lehnt sich gegen die Stange und ermöglicht so nicht, dass ich das Seil 2-3 mal darum legen kann - auch auch Hinweis nicht. Währenddessen klettert eine tschechische Gruppe an uns vorbei, offenbar sehr durchmischt, was die Erfahrung angeht. Einer der total Überforderten greift plötzlich, als er nicht weiter weiß, in unser Seil und zieht sich daran hoch. Mein Kletterspezi, der direkt hinter mir ist, wird durch diesen Ruck fast aus der Wand gerissen - gesichert ist er durch den uneinsichtigen Bergführer, der die Stange blockiert, nicht. Er bewahrt - ein Glück! - das Gleichgewicht und bleibt erstaunlich ruhig. Ich weiß nicht, wie ich an seiner Stelle reagiert hätte..
Aber es muss ja weiter gehen - nachdem wir die schmalen Stellen am Kleinglockner passiert haben (diesmal auf der Südseite umgangen, statt auf der Schneide gemeistert) geht es etwas fixer - diesmal nehmen wir den normalen Stangenweg die Schulter herunter, nachdem wir unseren Kumpel wieder in die Seilschaft eingebunden haben. Die meisten Stellen sind hier gutgriffig und leicht (I) .. eine Stelle ist allerdings ein erneuter Zwergentod. Nachdem ich die Stelle rückwärts nicht vernünftig heruntergekommen bin, lasse ich mich von oben extra sichern und halte mich am Seil fest. (II)
Nach einigen weiteren steilen Stellen gelangt man wieder an den Wegweiser oberhalb des Glocknerleitls. Auch hier lassen wir wieder einige Seilschaften vorbei - mittlerweile ist, was das anbelangt, unsere Seilschaft gespalten. Ich plädiere dafür, dass wir nicht in jeder Situation maximale Rücksicht nehmen können, auch an unsere Seilschaft denken müssen - gerade unter dem Stern der Erlebnisse am Kleinglockner. Meinen persönlichen Schockmoment erlebe ich dann an einer leicht vereisten Querung am Leitl. Hier bricht mir der Griff heraus, ich taumle leicht und kann mich gerade wieder stabilsieren, bevor ich rückwärts in das Leitl gestürzt wäre - zwar rudimentär gesichert, aber nicht gerade angenehm.
Wir nehmen offensichtlich einen anderen Weg als hinauf, denn wir müssen eine erdig-vereiste Stelle queren (ohne Steigeisen heikel) - eine weitere Stelle ist wieder absolut griff- und trittlos. Ich muss mich abermals von oben gesondert sichern lassen, da ich schlichtweg zu klein bin. (II)
Danach sind wir relativ schnell wieder am Einstieg des Leitls angekommen - hier gibt es rechts einen kleinen Platz, an dem man die Steigeisen wieder anziehen kann. Die Wartezeit ist auch hier erdrückend - das ganz normale Tagesgeschäft am Glockner. Danach wieder auf der gut ausgetretenen Spur Richtung EHJ-Hütte - wir machen einen kurzen Abstecher ins "Kamera-Geröllfeld" - erwartungsgemäß ohne Erfolg. Folgend holen wir uns noch eine Rüge von einem Bergführer, als wir die rechte Abstiegsspur wählen, die unter dem Glocknerleitl entlangführt - fahrlässig (wegen des Steinschlages).
Erzherzog-Johann-Hütte - Stüdlhütte - Lucknerhaus (L, WS+/T2)
An der Hütte angekommen, genehmige ich mir erst einmal standesgemäß ein großes Skiwasser, wir packen unsere Sachen erst gar nicht um und gehen alsbald in Richtung Stüdlhütte los. Immerhin haben wir unfassbare 8(!) Stunden von der Hütte zum Glockner und Retour gebraucht - aber hauptsache wir sind heil wieder unten. Der Obere Mürztalersteig ist dementsprechend auch ein Kinderspiel und macht deftig Spaß - das Schneefeld abzurutschen zum Unteren genauso. Hier warten wir auf die Nachzügler und beraten schon einmal über das Anseilen am Ködnitzkees. Ich bin dafür, die Mehrheit dagegen. Ich erinnere an die fortgeschrittene Tageszeit und die größere Gefahr einzubrechen. Zur Vernunft kommen wir aber erst, als wir das bereits in einem Vorbericht erwähnte auto-große Loch zu Gesicht bekommen. Mitten auf unserer Aufstiegsspur. Wir wählen selbstverständlich die neue Spur, seilen uns dann für den Rest des Kees an. Immer wieder überholen wir bzw. werden wir von einem älteren Mann überholt, der an diesem Tage Solo auf dem Glockner war, allerdings mit dem Startpunkt Lucknerhaus - riesen Respekt (gerade im Angesicht unseres Tempos..) ..
Nach dem Kees gehts ganz fix hinüber zur Stüdlhütte, an welcher wir unsere Schließfächer ausräumen und dann mit dem Hüttenpersonal ausmachen, dass wir die Materialseilbahn benutzen wollen (Angebot: 4€ / Rucksack).. eine Erleichterung für uns, und mehr ein Gag als Ernst - unsere Kraftreserven reichen locker. Dementsprechend ärgern wir uns, das wir dem Personal nicht das Angebot gemacht haben. dass wir unser Geld zurückbekommen, sollten wir schneller an der Seilbahn sein, als das Gepäck ankommt. Wir schaffen diese Leistung denn dann nämlich tatsächlich mit einem guten Endspurt (Stüdlhütte-Lucknerhütte ca. 25min). Das war allerdings für meinen geprellten Zeh keine gute Idee, dieser pocht danach wie wild und jeder Schritt schmerzt gewaltig. Von daher lasse ich meine Mitstreiter von dannen ziehen während ich mich die letzten Kilometer von der Lucknerhütte bis zum Lucknerhaus quäle.. Etwa gegen 19 Uhr komme dann auch ich dort an, reine Tourzeit war also fast 13h. Dementsprechend haben wir nur halb so lange gebraucht von der EHJ-Hütte wieder zum Lucknerhaus zu kommen, wie von dieser auf den Glockner und Retour. Verdrehte Welt.
Während die anderen die Sauna und das Dampfbad nutzen, welches für uns extra verlängert offen gelassen wird, liege ich einfach nur im Zimmer, lasse den Tag Revue passieren und merke dann deutlich die (vor allem auch) geistigen Strapazen der Tour. Immer noch ein flaues und unzufriedenes Gefühl habe ich wegen der Kamera - welches aber nach und nach verfliegen wird, während wir uns im Gastraum den wohlverdienten Gipfelschnaps genehmigen bzw. das Abendbrot vertilgen.
Eine Wahnsinns-Tour auf einen wunderschön geformten, abwechslungsreichen Berg, der allerdings mehr fordert, als es viele bei dieser "Modetour" (immerhin mit ca 5000 Besteigungen/Jahr unter den Top3 der Alpen) vermuten würden. Geistige Strapzierfähigkeit und Geduld ist hier Grundvoraussetzung - der Andrang schafft eine seltsame, aber besondere Atmossphäre, artet aber teilweise in einen wenig rücksichtsvollen Kampf "Jeder gegen Jeden" aus. Man sollte sich genau überlegen, ob man den Glockner, wie so viele, unbedingt im Gipfelbuch braucht. Viele werden sich nicht dagegen entscheiden, da der Berg einfach eine große Faszination ausstrahlt.
KONDITION 4/5
ORIENTIERUNG 4/5
TECHNIK 4/5
EXPONIERTHEIT 5/5
Um 5 Uhr stehen wir auf, ab halb sechs bietet die Hütte Frühstück. Dieses besteht aus 3 Scheiben Brot, einer Tasse Kaffee/Früchtetee und einer Schale Aufstrich. Die morgendliche Hektik der Hütte ermöglicht natürlich kein entspanntes Mahl. Wir packen anschließend unsere Taschen so um, dass wir zwei unserer Rucksäcke an der Hütte lassen, dort wird alles Verzichtbare verstaut. Die restlichen 3 Rucksäcke werden mit auf den Gipfel genommen. Durch diese Aktion gehören wir dann allerdings auch nicht mehr zu den Frühstartern. Erst 6.15Uhr kommen wir von der Hütte los.
Erzherzog-Johann-Hütte - Glocknerleitl (L)
An der Ostseite der Hütte gehts los - erst über Blockwerk, warten erste Schneefelder. Wir ziehen unsere Steigeisen gleich hier an, seilen an. Von einem weiteren Geröllfeld durchbrochen, steigt das Gelände anschließend merklich auf. Die natürlich bombenfest ausgetretene Spur ermöglicht allerdings mühelosen Zustieg auf das an diesem Morgen von Schneefahnen überzogenene Plateau unter dem Glocknerleitl. Ab hier waren die Verhältnisse merklich vereist. Das eigentliche Leitl wurde an diesem Tage (zumindest haben wir es nicht gesehen) auch nicht begangen, alle Bergsteiger sind nördlich davon in die Felsen ausgewichen. Am Glocknerleitl angekommen heißt es naturgemäß erst einmal eins: Warten. Eine wahre Armada an ins Eis gehauene Pickel erwartet uns bereits in den frühen Morgenstunden. Wir hauen unsere daneben und ich steige als Seilschaftserster, als wir an der Reihe sind, mit den Steigeisen am Fuß in den Felspart ein. An diesem Tage war dies auch definitiv so zu empfehlen - der Übergang vom Eis in den Fels ist abschüssig und nahtlos. Nach den ersten Klettermetern gibt es die Möglichkeit, die Steigeisen relativ bequem auszuziehen. Diese ersten Meter sind gut gestuft, griffig - eine glatte I auf der Richterskala. Wer hier bereits Probleme hat: umdrehen. Ich sichere hier nur rudimentär über kleinere Felszacken ab.
Glocknerleitl - Kleinglockner (WS, I-II)
Nun beginnt das im Titel dieses Berichts beschriebene Chaos, angefangen mit einem ärgerlichen Erlebnis. An diesem Morgen hatte ich bereits einige, schöne Fotos geschossen. An besagter Stelle, an der wir uns unserer Steigeisen entledigen, öffne ich gerade meine Kameratasche, die per Karabiner an meinem Hosengürtel befestigt ist. Just in diesem Moment spricht mein Nachkletterer mich an, ich sichere ihn zusätzlich ab. Abgelenkt davon, vergesse ich leider völlig die offene Kameratasche. Es kommt, wie es kommen muss - beim ersten größeren Kletterschritt drücke ich mit meinem Oberschenkel die Kamera aus der Tasche und diese stürzt unmittelbar das Gelände nördlich des Glocknerleitls ab. Erstmals kann ich mir vorstellen, mit welcher ungeheuren Wucht man wohl selbst den Felsen ausgeliefert wäre, würde man den falschen Schritte tun. Unkontrolliert schleudert sie hin und her und kommt irgendwo etwa 100-150 Höhenmeter unter uns in einem vereisten Schuttfeld zum Erliegen - den genauen Standpunkt kann ich dabei allerdings in diesem Moment genauso wenig ausmachen, wie das später sein sollte, als wir kurz nach der Kamera (Speicherkarte) suchen, als das Feld bereits aufgetaut ist. Schöner Mist - keine Fotos mehr für mich an diesem Tag, alle bisher geschossenen für immer weg und auch noch der dezente Schock des Absturzes dazu. Ich sammle mich, ununterbrochen fluchend - aber davon kann ich mir diese Tour nicht verderben lassen .. mein Nachkletterer Max übernimmt die Führung und steigt nun vor. Zuerst steil und erdig unterwegs, gelangt man alsbald an größere Felsstufen, welche kleineren Zeitgenossen (wie mir) nicht gerade gut gefallen können (II). Wir denken schon, doch wieder in das vereiste Glocknerleitl ausweichen zu müssen - dafür müssten natürlich auch die Steigeisen wieder an den Mann. Es geht dann allerdings dennoch - wir sind aber bemerkenswert langsam unterwegs - man spürt, dass wir weder ein eingespieltes Team, noch erfahrene Absicherer sind. So kommt es, dass wir bis zum Wegweiser unterhalb der Schulter des Kleinglockners schon etwa zwei Stunden unterwegs sind(!). Da wir natürlich wissen, dass wir nicht gerade mit Highspeed unterwegs sind, werden wir dadurch gerade eben erst noch langsamer: denn wir lassen zu jeder Möglichkeit Kletterer von oben und unten an uns vorbei.
Ab der Schulter erleichtern Stangen die Orientierung und Absicherung. Um die Pleiten, Pech & Pannen zu komplettieren, verpassen wir die erste Stange, die über einer Felsstufe thront. Stattdessen steigen wir weiter ostseitig auf (das Gelände ist hier überwiegend sogar einfacher als am "Stangenweg". Wir kommen zwar voran, merken aber auch, dass ein weiterer Grund unseres Tempos unsere Seilschaftsstärke ist - fünf Mann mit Absicherung per Bandschlinge an Zacken ist einfach zu viel. Ab dem Punkt, an dem wir die Stangen wieder erreichen, steigen wir auf die scheinbar gebräuchlichste Methode um: das Seil zwei-dreimal um die Stangen herumzulegen. Vorher wartet noch eine knackige II+-Stelle, die leicht abdrängend ist. Um diese zu meistern, bedarf einem beherzten Griff mit der Faust in ein vereistes Loch - die einzig gangbare Griffmöglichkeit. Alsbald, nachdem wir die Stangen wieder erreichen, stehen wir auch am Grat zum Kleinglockner. Einer unserer Mitstreiter wettert zu diesem Zeitpunkt bereits länger, dass ihm die ganze Sache nicht gerade erfreulich erscheint. Seine Entscheidung ist gefallen - er möchte nicht mehr weiter. Hintergrund: Dies ist seine erste echte Bergfahrt, und er hat sich wohl selbst eingestanden, dass die Sache mit dem Bergsteigen einfach nicht sein Ding ist. Er will kurz vorm Kleinglockner zurückbleiben - wir sprechen uns kurz ab und sichern ihn dann per Bandschlinge und Exe an einer der Stange ab - er platziert sich folgend natürlich so, dass er möglichst wenig die anderen Bergsteiger behindert.
Hier oben angekommen wird es dann erst richtig luftig - waren vorher vor allem die Tiefblicke auf das Ködnitzkees unter den Füßen beeindruckend, ist das hier eine andere Liga. Nach beiden Seiten bricht das Gelände teils 1000 Höhenmeter ab - der Kleinglocknergrat ist alles in allem nie breiter als zwei Meter. Deswegen gibt es hier oben auch deutlich mehr Stangen, als noch auf der Schulter. Die vielen Bergführergruppen turnen dagegen munter südlich der Schneide herum, um ungestört weiterzukommen, während wir weitbleibend direkt auf dem Grat unterwegs sind. Eine Stelle ist eine etwa zwei Meter lange Querung mit dem Abgrund unter dem Arsch, einer kleinen Kante als Griff - hier gibt es definitiv leichtere Alternativen.
Kleinglockner - Großglockner (WS+, II, ZS)
Der Andrang dort oben ist teils demotivierend, teils gefährlich, teils "nur" aufhaltend. Unsere Glocknerbesteigung bestand mindestens zu 40% aus Warten - dennoch war unsere Gruppe an diesem Tage schon fast ein "Exot". Im Nachhinein schätze ich den Anteil der Gruppen mit Bergführer auf etwa 60%, der Wahnsinn. Was damit einhergeht ist aber auch die oftmals total überforderten Berggäste. Selbst im Ier Gelände haben wir nicht nur einmal Probleme gesehen (zum schlimmsten komme ich später noch). Die restlichen Gruppen verteilen sich gleichermaßen auf unerfahrene Gruppen (zu denen wir uns auch einmal einordnen) und "Alten Hasen" die teils Solo, teils in einer - für uns - Geschwindigkeit aus einer anderen Welt alles umklettern, was sich gerade anbietet.
Gerade auf dem Weg hinunter vom Kleinglockner (3770m) zur Glocknerscharte (3755m) staut es sich eigentlich zu "jeder Tageszeit". Das hat natürlich auch seinen Grund: die Glocknerscharte ist extrem schmal, danach wartet mit dem glatten Wändl die Schlüsselstelle der Tour. Doch zuerst kommt meine persönliche Schlüsselstelle, die ich als viel schwieriger und heikler in Erinnerung habe. Direkt nach dem höchsten Punkt des Kleinglockners geht es etwa 2,50 Meter hinab - der zu erreichende Tritt ist allerdings etwas versetzt, gerade nach unten bietet sich nur weitere Leere an. Ich erreiche keinen Tritt als ich mich langsam rückwärts hinunterrutschen lasse und verteufele wieder diese Zwergentod-Stellen. Als ich quasi nur noch an den Armen hänge (von oben per Stange gesichert) stoße ich mich ab und erreiche noch (gerade so) den rettenden Tritt - eine widerliche Stelle, bei der ich mich zugleich frage, wie ich dort wieder hinaufkomme - es sollte - wie so oft - einfacher sein, als man denkt.
Ab diesem Punkt beginnt das bekannte Drahtseil, welches klettersteigähnlich in die Scharte führt. (ZS) Leider war die Verankerung an der Scharte gerissen, sodass man die letzten anderthalb Meter frei abklettern musste (etwas heikel). Nun steht man also an der berüchtigten Glocknerscharte - Blick frei in die Pallavicini-Rinne. Es ist hier maximal 1 Meter breit, eher weniger. Ruhigen Schrittes gehe ich hinüber an das glatte Wändchen, welches im zweiten Grad zum Großglockner leitet. Wer denkt, dass der Überhol-Wahn hier ein Ende hat, der irrt. Die Rücksicht wird zur Rücksichtslosigkeit, wie im Kampf jeder gegen jeden, um Leben oder Tod. Einer meiner Seilschaftskameraden macht diese (nicht ganz angenehme) Erfahrung - Glückwunsch an die Drängler.
Die eigentliche Schlüsselstelle ist dann halb so wild, denn sie ist - was uns nicht bewusst war, mit einem Eisentritt entschärft. Steht man erst einmal sicher auf diesem, kann man die schräge Verschneidung "hinaufspazieren" (II) - auch hier gibt es immer wieder kleinere Stangen zum Sichern. Es wird etwas einfacher, meist im ersten Grad, kurze Stellen im zweiten. Eine weitere Dimension des "Chaos" offenbart sich mir, als ich an einer Ecke stehend auf eine Gruppe warte. Die Frau will gerade um die Ecke klettern, als ihr Standbein wegrutscht. Sie greift nach mir, ich bekomme sie nicht zu fassen - sie setzt sich allerdings nur etwas fester auf den Hosenboden - ihr Glück: Ihr Bergführer mit der schnellen Reaktion am kurzen Seil. Daraufhin traut sich der nachkommende gar nicht mehr um die Ecke, ich muss ihm die Hand reichen und ihn hinüberziehen.
Dementsprechend froh waren wir auch, als wir ENDLICH oben ankamen. Das Glücksgefühl ist noch nicht wirklich fassbar, die Wolken verdecken weite Teile der Sicht. Unsere Gedanken kreisen um das heil Wiederherunterkommen, die Absicherung im Abstieg, wer steigt vor? Während wir den Marschtee aus der Hütte verteilen, sind wir wohl aber erstmal einfach nur stolz. Als erste wirklich selbstständig durchgeführte Hochtour, war das schon ein "mächtiger Brocken", der, und das möchte ich nochmal gesagt haben, nicht unterschätzt werden darf. Gerade das viele Gedränge macht das Bergerlebnis nicht gerade einfacher.. Nach den obligatorischen Gipfelfotos und kurzem Anstehen für das Foto am Gipfelkreuz machen wir uns aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wieder auf den Rückweg. Wir winken noch ein paar mal zu unserem am Kleinglockner verbliebenen Bergkameraden, ihm geht es wohl gut dort drüben.
Großglockner - Erzherzog-Johann-Hütte (WS+, II)
Konzentriert und vorsichtig (immer noch den Ausrutscher der Dame im Aufstieg im Kopf geht es langsam, aber beständig abwärts. Immer wieder strömen uns gruppenweise Aufsteiger entgegen, schnellere Absteiger werden vorbeigelassen. An jeden erdenklichen Positionen werden wir überklettert, es wird sich sogar über unseren Köpfen abgeseilt, teilweise anschließend auch neben die Scharte. Das glatte Wändlein mit der Verschneidung ist (wieder dank des Eisentritts) kein großes Problem. Nun passieren aber die unglaublichsten Dinge der Tour. Während wir uns den "Klettersteig" wieder nach oben arbeiten, geht der Andrang natürlich weiter. Als ich dann meine persönliche Schlüsselstelle überwunden habe (einfach nur gegen die Wand nach vorne beugen und dann mit einem kräftigen Zug hochziehen) .. stehen wir am Gipfel des Kleinglockners. Ein Bergführer lehnt sich gegen die Stange und ermöglicht so nicht, dass ich das Seil 2-3 mal darum legen kann - auch auch Hinweis nicht. Währenddessen klettert eine tschechische Gruppe an uns vorbei, offenbar sehr durchmischt, was die Erfahrung angeht. Einer der total Überforderten greift plötzlich, als er nicht weiter weiß, in unser Seil und zieht sich daran hoch. Mein Kletterspezi, der direkt hinter mir ist, wird durch diesen Ruck fast aus der Wand gerissen - gesichert ist er durch den uneinsichtigen Bergführer, der die Stange blockiert, nicht. Er bewahrt - ein Glück! - das Gleichgewicht und bleibt erstaunlich ruhig. Ich weiß nicht, wie ich an seiner Stelle reagiert hätte..
Aber es muss ja weiter gehen - nachdem wir die schmalen Stellen am Kleinglockner passiert haben (diesmal auf der Südseite umgangen, statt auf der Schneide gemeistert) geht es etwas fixer - diesmal nehmen wir den normalen Stangenweg die Schulter herunter, nachdem wir unseren Kumpel wieder in die Seilschaft eingebunden haben. Die meisten Stellen sind hier gutgriffig und leicht (I) .. eine Stelle ist allerdings ein erneuter Zwergentod. Nachdem ich die Stelle rückwärts nicht vernünftig heruntergekommen bin, lasse ich mich von oben extra sichern und halte mich am Seil fest. (II)
Nach einigen weiteren steilen Stellen gelangt man wieder an den Wegweiser oberhalb des Glocknerleitls. Auch hier lassen wir wieder einige Seilschaften vorbei - mittlerweile ist, was das anbelangt, unsere Seilschaft gespalten. Ich plädiere dafür, dass wir nicht in jeder Situation maximale Rücksicht nehmen können, auch an unsere Seilschaft denken müssen - gerade unter dem Stern der Erlebnisse am Kleinglockner. Meinen persönlichen Schockmoment erlebe ich dann an einer leicht vereisten Querung am Leitl. Hier bricht mir der Griff heraus, ich taumle leicht und kann mich gerade wieder stabilsieren, bevor ich rückwärts in das Leitl gestürzt wäre - zwar rudimentär gesichert, aber nicht gerade angenehm.
Wir nehmen offensichtlich einen anderen Weg als hinauf, denn wir müssen eine erdig-vereiste Stelle queren (ohne Steigeisen heikel) - eine weitere Stelle ist wieder absolut griff- und trittlos. Ich muss mich abermals von oben gesondert sichern lassen, da ich schlichtweg zu klein bin. (II)
Danach sind wir relativ schnell wieder am Einstieg des Leitls angekommen - hier gibt es rechts einen kleinen Platz, an dem man die Steigeisen wieder anziehen kann. Die Wartezeit ist auch hier erdrückend - das ganz normale Tagesgeschäft am Glockner. Danach wieder auf der gut ausgetretenen Spur Richtung EHJ-Hütte - wir machen einen kurzen Abstecher ins "Kamera-Geröllfeld" - erwartungsgemäß ohne Erfolg. Folgend holen wir uns noch eine Rüge von einem Bergführer, als wir die rechte Abstiegsspur wählen, die unter dem Glocknerleitl entlangführt - fahrlässig (wegen des Steinschlages).
Erzherzog-Johann-Hütte - Stüdlhütte - Lucknerhaus (L, WS+/T2)
An der Hütte angekommen, genehmige ich mir erst einmal standesgemäß ein großes Skiwasser, wir packen unsere Sachen erst gar nicht um und gehen alsbald in Richtung Stüdlhütte los. Immerhin haben wir unfassbare 8(!) Stunden von der Hütte zum Glockner und Retour gebraucht - aber hauptsache wir sind heil wieder unten. Der Obere Mürztalersteig ist dementsprechend auch ein Kinderspiel und macht deftig Spaß - das Schneefeld abzurutschen zum Unteren genauso. Hier warten wir auf die Nachzügler und beraten schon einmal über das Anseilen am Ködnitzkees. Ich bin dafür, die Mehrheit dagegen. Ich erinnere an die fortgeschrittene Tageszeit und die größere Gefahr einzubrechen. Zur Vernunft kommen wir aber erst, als wir das bereits in einem Vorbericht erwähnte auto-große Loch zu Gesicht bekommen. Mitten auf unserer Aufstiegsspur. Wir wählen selbstverständlich die neue Spur, seilen uns dann für den Rest des Kees an. Immer wieder überholen wir bzw. werden wir von einem älteren Mann überholt, der an diesem Tage Solo auf dem Glockner war, allerdings mit dem Startpunkt Lucknerhaus - riesen Respekt (gerade im Angesicht unseres Tempos..) ..
Nach dem Kees gehts ganz fix hinüber zur Stüdlhütte, an welcher wir unsere Schließfächer ausräumen und dann mit dem Hüttenpersonal ausmachen, dass wir die Materialseilbahn benutzen wollen (Angebot: 4€ / Rucksack).. eine Erleichterung für uns, und mehr ein Gag als Ernst - unsere Kraftreserven reichen locker. Dementsprechend ärgern wir uns, das wir dem Personal nicht das Angebot gemacht haben. dass wir unser Geld zurückbekommen, sollten wir schneller an der Seilbahn sein, als das Gepäck ankommt. Wir schaffen diese Leistung denn dann nämlich tatsächlich mit einem guten Endspurt (Stüdlhütte-Lucknerhütte ca. 25min). Das war allerdings für meinen geprellten Zeh keine gute Idee, dieser pocht danach wie wild und jeder Schritt schmerzt gewaltig. Von daher lasse ich meine Mitstreiter von dannen ziehen während ich mich die letzten Kilometer von der Lucknerhütte bis zum Lucknerhaus quäle.. Etwa gegen 19 Uhr komme dann auch ich dort an, reine Tourzeit war also fast 13h. Dementsprechend haben wir nur halb so lange gebraucht von der EHJ-Hütte wieder zum Lucknerhaus zu kommen, wie von dieser auf den Glockner und Retour. Verdrehte Welt.
Während die anderen die Sauna und das Dampfbad nutzen, welches für uns extra verlängert offen gelassen wird, liege ich einfach nur im Zimmer, lasse den Tag Revue passieren und merke dann deutlich die (vor allem auch) geistigen Strapazen der Tour. Immer noch ein flaues und unzufriedenes Gefühl habe ich wegen der Kamera - welches aber nach und nach verfliegen wird, während wir uns im Gastraum den wohlverdienten Gipfelschnaps genehmigen bzw. das Abendbrot vertilgen.
Eine Wahnsinns-Tour auf einen wunderschön geformten, abwechslungsreichen Berg, der allerdings mehr fordert, als es viele bei dieser "Modetour" (immerhin mit ca 5000 Besteigungen/Jahr unter den Top3 der Alpen) vermuten würden. Geistige Strapzierfähigkeit und Geduld ist hier Grundvoraussetzung - der Andrang schafft eine seltsame, aber besondere Atmossphäre, artet aber teilweise in einen wenig rücksichtsvollen Kampf "Jeder gegen Jeden" aus. Man sollte sich genau überlegen, ob man den Glockner, wie so viele, unbedingt im Gipfelbuch braucht. Viele werden sich nicht dagegen entscheiden, da der Berg einfach eine große Faszination ausstrahlt.
KONDITION 4/5
ORIENTIERUNG 4/5
TECHNIK 4/5
EXPONIERTHEIT 5/5
Hike partners:
Kris
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