Hockenhorn (3293m) mit (viel) Schnee - wenn Steine und Kreuze weisse Bärte tragen


Publiziert von Mistermai , 12. Oktober 2012 um 13:40.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:11 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Lauchernalp - Hockuchriz - Lötschepasshütte - Hockenhorn - Lötschepasshütte - Kummenalp - Lauchernalp (18km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV nach Wilder, dann mit Gondel auf die Kummenalp (Retourbillet 11.20CHF)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Identisch

Die Frage, die sich vor dieser Tour stellte, war nicht ob, sonder wieviel Schnee es haben wird?
Wie so oft in solchen Situationen erwartete ich deutlich weniger Schnee, als es dann wirklich hatte, aber insgeheim hatte ich ja erwartet, dass ich die Menge falsch erwartet hatte (oder wie das auch immer geht...)


Prolog


Das Hockenhorn ist mir unter Normalbedingungen ein etwas zu stark frequentierter Gipfel. Also habe ich mich entschieden, in der Nachsaison einen Besteigungsversuch zu wagen. Der Schnee der Vortage kam dann etwas ungelegen, gewährleistete aber auch, dass ich ab der Lötschenpasshütte garantiert alleine unterwegs sein würde. Die Tour führte ich in einem Tag durch (inklusive An- und Abreise ins Rüebliland per ÖV).

Hauptteil


1500hm, das stand heute auf dem Tagesprogramm. Da ich momentan gut in Form bin, waren zumindest von der konditionellen Seite keine Probleme zu erwarten. Die grosse Frage die sich mir stellte, als ich um 9:30 (reichlich spät) bei der Station Lauchenalp auf knapp 2000m startete war, ab wo und wieviel Schnee es haben würde. Für den Aufstieg wählte ich die Route über das Hockuchriz (ich hoffe mal die Namesgebung hat nichts mit gewissen historischen ereignissen in der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts zu tun).
Als ich bereits auf knapp 2500m auf erste Schneereste und gefrorene Seelein stiess, ahnte ich erstmals, dass es heute kein Spaziergang werden würde. In sportlichem Tempo schritt ich der Lötschenpasshütte entgegen, die ich um 11:00 erreichte. Die Schneedecke war hier bereits geschlossen, die Hütte zu meiner Verwunderung aber offen (ich hatte es eher umgekehrt erwartet ;-)).
Die Hüttenwartin meinte, dass es wohl zu viel Schnee habe, um zum Hockenhorn rauf zu kommen "Aber chasches ja versueche" war die wenig Mut machende Ermunterung.
So schritt ich drauf los. Ab 2800m wurde es dann garstig. Teilweise knietiefer Schnee, keine Spuren und keine Alternativrouten. Trotzdem ging ich weiter. Hinter dem kleinen Hockenhorn lagen dann schon beinahe Unmengen Schnee, hier sei er seit Anfang Oktober nicht mehr geschmolzen habe ich mir sagen lassen.
Ich für meinen Teil komme mächtig(st) ins Schwitzen. Jeder Schritt braucht ungeheure Energie. Plötzlich war das konditionelle eben doch ein Problem. Für die ersten 450hm ab der Hütte benötigte ich 2:00h, obwohl ich ununterbrochen am "fighten" war. Als es dann langsam Felsig wurde (auf ca. 3150m) montierte ich die Steigeisen und nehme den Pickel zur Hand. Ohne dieses Equipment wäre ich hier wohl umgekehrt. Denn die Felsblöcke waren nicht nur eingeschneit, nein, sie waren auch vereist. Technisch anspruchsvoller, dafür konditionell angenehmer (weniger einsinken) stieg ich die Nordwestflanke hoch. Immerhin Absturzgefahr ist dort praktisch keine vorhanden. Da der Weg nicht erkennbar war, stieg ich praktisch in Direktlinie zum Gipfel auf. Die letzten Meter bis zum Kreuz waren dann über ein einigermassen ausgesetztes (aber vor allem schön verschneites Grätchen) traumhaft! Um 13:30 stand ich auf dem Gipfel.
Der Wind und der Schnee haben hier geniale Skulpturen geschaffen (Siehe Bilder).
Da aber gerade Wolken aufzogen war der Gipfelbesuch von kurzer Dauer (absitzen wäre sowieso unangenehm gewesen), so verfasste ich meinen bis anhin wohl kürzesten Gipfelbucheintrag und machte ich mich schnell einmal an den Abstieg und exakt 60min später stand ich wieder vor der Lötschenpasshütte.
Die Hüttenwartin war dann sichtlich überrascht, dass ich es bis zum Gipfel geschafft hatte...
Sie hatte übrigens tatsächlich 6 Übernachtungsgäste angemeldet für die nächste Nacht, anwesend waren jedoch erst 2 und so sassen wir zu dritt bei einem Süssmost (zumindest für meinen Teil, das andere sah so ähnlich aus...) zusammen, ich hatte ja noch etwas Abstieg vor mir.
Um 15:00 startete ich dann zum Hüttenabstieg, das Ziel war die 16:25 Gondel. Diesmal wählte ich den Weg zur Kummenalp und danach weiter fast flach auf die Lauchernalp. Dieser Weg ist zwar abwechslungsreicher als der über Hockuchriz aber auch wesentlich länger. So musste ich am Ende tüchtig stressen, um die Gondel noch zu erreichen.

Epilog


Naja, die Heimreise war nach dem Speedabstieg etwas ungemütlich, etwas Kopfschmerzen und Übelkeit erlaubten mir erst nach Bern wieder erste Nahrungzufuhr. Aber solche Laster nimmt man, im Tausch gegen einen tollen Tag in den Bergen, gerne auf sich ;-)

Zur Schwierigkeitsbewertung:
Unter normalen Bedingungen ist das Hockenhorn ca. T4-, das allenfalls noch mit einem L ergänzt werden kann. Ich bin mir bewusst, dass die Bewertung verhältnisunabhängig vorgenommen werden sollte. Trotzdem habe ich ein WS gesetzt, um klar zu machen, dass diese Tour mit solchen Mengen an Schnee (und Eis) nicht mehr viel mit einer einfachen T4-Wanderung zu tun hat. So waren die Steigeisen an diesem Tag ein MUSS.

Neuer Rekord:
Einen neuen Rekord habe ich an diesem Tag noch feiern können (wenn ich auch nur passiv daran beteiligt war): Mein Höhenmesser ist in einer knappen Stunde um 100m gestiegen (zusätzlich zu den Metern, die er eigentlich hätte steigen müssen). Ein so rasant anbrausendes Tiefdruckgebiet habe ich bis jetzt noch nie erlebt.

Tourengänger: Mistermai


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Kommentare (4)


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CarpeDiem hat gesagt: Besten Dank...
Gesendet am 12. Oktober 2012 um 15:51
...für Bilder die man auf keiner Webcam sieht und sehr hilfreich sind punkto Schneegrenze...

LG, Anne-Catherine

Mistermai hat gesagt: RE:Besten Dank...
Gesendet am 12. Oktober 2012 um 16:26
Ja, das mit den webcams ist so eine sache, ich hatte mich in der vorbereitung zu dieser tour an der webcam vom sparrhorn (belalp) orientiert, dort hat es aber erstaunlich viel weniger schnee...

amphibol hat gesagt: Gratuliere zum Hockenhorn!
Gesendet am 12. Oktober 2012 um 16:03
Ein schöner Bericht und ein interessantes Fazit:

> Aber solche Laster nimmt man, im Tausch gegen einen tollen Tag in den Bergen, gerne auf sich ;-)

:-)

Lg, amphibol


Schneeluchs hat gesagt: Schnee in Sicht :)
Gesendet am 13. Oktober 2012 um 18:07
Schöne Tour, hübsche Bilder, interessanter Bericht!
Hoffentlich hält das Fundament bis in den Winter... Und kommt dann rechtzeitig noch eine gute Schicht drauf... *freu*


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