Kaltwasserkarspitze — Die Königin von hinten bestiegen
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Ursprünglich hatte ich diesen Bericht im de.rec.alpinismus-Forum gepostet. Da ich selbst aber dort nicht mehr aktiv bin und hikr.org sehr schätze, dachte ich es ist durchaus sinnvoll den Bericht hier nochmals zu veröffentlichen.
Außerdem ist die von uns begangene Route hier noch gar nicht beschrieben.
Der Bericht ist etwas länger, aber diese Tour verdient diese ausführliche Beschreibung, es war bis dato eine der schönsten Besteigungen die ich jemals gemacht habe. Viel Spaß beim lesen.
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"Die Königin von hinten bestiegen" – Nein, nein, nicht dass jemand auf
falsche Gedanken kommt, sondern nur ein erzählungswürdiger
(hoffentlich – aber nachdem ich selbst gerne die Berichte anderer lese
will ich nun auch mal was beisteuern) Erfahrungsbericht meinerseits:
Gestern, 24.08.08, ging endlich ein alter Traum in Erfüllung – die
Besteigung der Kaltwasserkarspitze, der Königin des Karwendels. Das
Wetter hat perfekt gepasst, wir waren zu zweit unterwegs, genau
richtig für diese Aktion.
Mit dem Radl sind wir, Markus R. und ich, von Scharnitz zur Kastenalm, Räder im Wald versteckt, noch Kaffee und Frühstückskuchen an der Alm (um halbzehn,
wäre nicht wirklich notwendig gewesen ;-) und dann frisch gestärkt los
Richtung Moserkar bzw. Moserkarbach. Nach ein wenig Höhengewinn dann
die bewusste (aber folgenschwere, siehe Titel) Entscheidung den linken
Abzweig (schön mit kleinem Steinmandl markiert) zum großem Heissenkopf
durch die Latschen liegen zu lassen. Also weiter hinter, immer
Richtung Rauhkarl, erst links des Moserkarbachs, dann rechts davon,
durch dichte Latschen, dann wieder auf erstaunlich deutlichem Pfad,
unglaublich schön und absolut verlassen. In einem Linksbogen nähert
man sich wieder dem Felsmassiv der Sägezähne zur Linken, um dann
wieder rechts haltend zum wirklichen Ende des erkennbaren Pfades zu
gelangen.
Spätestens hier dachten wir zum ersten mal zweifelnd darüber nach, ob
man die Kaltwasserkarspitze denn wirklich auf diesem Wege, quasi von
hinten her, ersteigen kann. Zweifel hin oder her, die Lanschaft dort
hinten in diesem verlassenen und einsamen Winkel des Karwendels (wir
haben den ganzen Tag keinen anderen getroffen, nur zwei weitere
Personen oben am Grat gesehen) war faszinierend genug um einfach mal
weglos weiter zu steigen. Nach einer steileren Stufe waren wir dann
mitten im Rauhkarl, links von uns erhob sich majestetisch die
"Arroganz in Bergform" (das hab ich mal aufgeschnappt, sehr treffend
wie ich finde, glaube es stammt von Harald Breitkreutz).
Optimistisch gestimmt vom Blick in die AV-Karte, dort ist eine
deutliche Einschartung im Gratverlauf zu erkennen, sind wir weiter
links hinter, über anstrengende und immer steiler werdende
Geröllfelder, um endlich erkennen zu können ob wir in der dort von uns
vermuteten Rinne irgendwie zum Grat aufsteigen können.
Als wir dann wirklich auf steilen, plattigen mit viel Geröll
übersähten Felsen standen und in unsere Rinne blickten war klar: das
ist einen Versuch wert!
Ich stieg die ersten Meter in die Rinne ein, eigentlich nicht so wild,
würde mal sagen alles im Zweier-Bereich mit zwei, drei leichteren Dreier-Stellen,
aber doch anstrengend weil wirklich alles mit Schutt berieselt war und
man jeden Tritt und Griff akriebisch prüfen bzw. "reinigen" musste.
Aber es ging dann doch erstaunlich gut, keine unüberwindbaren
Hindernisse, nur stetes Aufpassen dass einem nicht der Griff oder
Tritt wegbröselt. Nach einer Weile waren wir ziemlich sicher dass wir
es bis nach oben schaffen würden.
Und so war es dann auch. Äußerst erleichtert kamen wir auf dem Grat
an, genau vor der Schlüsselstelle des klassischen Anstiegs. Diese war
dann auch kein Problem mehr und kurz darauf standen wir auf dem Gipfel
der Kaltwasserkarspitze – traumhaft.
Kurz noch zum Abstieg: auf keinen Fall wollten wir dieselbe Route
wieder runter steigen, hatten wir auch nicht vor (davor wäre auch
dringend abzuraten), sondern über das östlich Birkkar hinab zum
bezeichneten Weg welcher vom Schlauchkarsattel herunter kommt. Vom
Gipfel weg steigt man nicht direkt nach westen ab (theoretisch
möglich, gestern aber unmöglich wegen, achtung, Schnee (!)), sondern
orientiert sich am Gratverlauf zurück bis zur ersten Scharte, von dort
steigt man dann westlich, immer wieder durch Steinmandl markiert, nie
wirklich schwierig hinab zum Hochjöchl und drüber ins östliche
Birkkar.
Also, die Königin von hinten zu besteigen war zwar in dieser
Ausführung nicht unbedingt geplant, aber auf jeden Fall eine
spitzenmäßige Bergtour. Etwas anspruchsvoll, auch psychisch, sehr
einsam und faszinierend. Für jemanden der sich auch ohne markierten
Pfad wohlfühlt, gerne mal neue (anstrengende) "Wege" beschreitet und
auch vor ein paar Kletterstellen nicht zurückschreckt ist diese
Variante durchaus empfehlenswert (Von Scharnitz mit Rad insgesammt ca.
11 Stunden, knapp 2000 hm).
Kennt vielleicht noch jemand diese Variante?
Ich hoffe einige interessiert dieser etwas länger geratene Bericht,
viele Grüße, Bergheil,
Filip
Außerdem ist die von uns begangene Route hier noch gar nicht beschrieben.
Der Bericht ist etwas länger, aber diese Tour verdient diese ausführliche Beschreibung, es war bis dato eine der schönsten Besteigungen die ich jemals gemacht habe. Viel Spaß beim lesen.
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"Die Königin von hinten bestiegen" – Nein, nein, nicht dass jemand auf
falsche Gedanken kommt, sondern nur ein erzählungswürdiger
(hoffentlich – aber nachdem ich selbst gerne die Berichte anderer lese
will ich nun auch mal was beisteuern) Erfahrungsbericht meinerseits:
Gestern, 24.08.08, ging endlich ein alter Traum in Erfüllung – die
Besteigung der Kaltwasserkarspitze, der Königin des Karwendels. Das
Wetter hat perfekt gepasst, wir waren zu zweit unterwegs, genau
richtig für diese Aktion.
Mit dem Radl sind wir, Markus R. und ich, von Scharnitz zur Kastenalm, Räder im Wald versteckt, noch Kaffee und Frühstückskuchen an der Alm (um halbzehn,
wäre nicht wirklich notwendig gewesen ;-) und dann frisch gestärkt los
Richtung Moserkar bzw. Moserkarbach. Nach ein wenig Höhengewinn dann
die bewusste (aber folgenschwere, siehe Titel) Entscheidung den linken
Abzweig (schön mit kleinem Steinmandl markiert) zum großem Heissenkopf
durch die Latschen liegen zu lassen. Also weiter hinter, immer
Richtung Rauhkarl, erst links des Moserkarbachs, dann rechts davon,
durch dichte Latschen, dann wieder auf erstaunlich deutlichem Pfad,
unglaublich schön und absolut verlassen. In einem Linksbogen nähert
man sich wieder dem Felsmassiv der Sägezähne zur Linken, um dann
wieder rechts haltend zum wirklichen Ende des erkennbaren Pfades zu
gelangen.
Spätestens hier dachten wir zum ersten mal zweifelnd darüber nach, ob
man die Kaltwasserkarspitze denn wirklich auf diesem Wege, quasi von
hinten her, ersteigen kann. Zweifel hin oder her, die Lanschaft dort
hinten in diesem verlassenen und einsamen Winkel des Karwendels (wir
haben den ganzen Tag keinen anderen getroffen, nur zwei weitere
Personen oben am Grat gesehen) war faszinierend genug um einfach mal
weglos weiter zu steigen. Nach einer steileren Stufe waren wir dann
mitten im Rauhkarl, links von uns erhob sich majestetisch die
"Arroganz in Bergform" (das hab ich mal aufgeschnappt, sehr treffend
wie ich finde, glaube es stammt von Harald Breitkreutz).
Optimistisch gestimmt vom Blick in die AV-Karte, dort ist eine
deutliche Einschartung im Gratverlauf zu erkennen, sind wir weiter
links hinter, über anstrengende und immer steiler werdende
Geröllfelder, um endlich erkennen zu können ob wir in der dort von uns
vermuteten Rinne irgendwie zum Grat aufsteigen können.
Als wir dann wirklich auf steilen, plattigen mit viel Geröll
übersähten Felsen standen und in unsere Rinne blickten war klar: das
ist einen Versuch wert!
Ich stieg die ersten Meter in die Rinne ein, eigentlich nicht so wild,
würde mal sagen alles im Zweier-Bereich mit zwei, drei leichteren Dreier-Stellen,
aber doch anstrengend weil wirklich alles mit Schutt berieselt war und
man jeden Tritt und Griff akriebisch prüfen bzw. "reinigen" musste.
Aber es ging dann doch erstaunlich gut, keine unüberwindbaren
Hindernisse, nur stetes Aufpassen dass einem nicht der Griff oder
Tritt wegbröselt. Nach einer Weile waren wir ziemlich sicher dass wir
es bis nach oben schaffen würden.
Und so war es dann auch. Äußerst erleichtert kamen wir auf dem Grat
an, genau vor der Schlüsselstelle des klassischen Anstiegs. Diese war
dann auch kein Problem mehr und kurz darauf standen wir auf dem Gipfel
der Kaltwasserkarspitze – traumhaft.
Kurz noch zum Abstieg: auf keinen Fall wollten wir dieselbe Route
wieder runter steigen, hatten wir auch nicht vor (davor wäre auch
dringend abzuraten), sondern über das östlich Birkkar hinab zum
bezeichneten Weg welcher vom Schlauchkarsattel herunter kommt. Vom
Gipfel weg steigt man nicht direkt nach westen ab (theoretisch
möglich, gestern aber unmöglich wegen, achtung, Schnee (!)), sondern
orientiert sich am Gratverlauf zurück bis zur ersten Scharte, von dort
steigt man dann westlich, immer wieder durch Steinmandl markiert, nie
wirklich schwierig hinab zum Hochjöchl und drüber ins östliche
Birkkar.
Also, die Königin von hinten zu besteigen war zwar in dieser
Ausführung nicht unbedingt geplant, aber auf jeden Fall eine
spitzenmäßige Bergtour. Etwas anspruchsvoll, auch psychisch, sehr
einsam und faszinierend. Für jemanden der sich auch ohne markierten
Pfad wohlfühlt, gerne mal neue (anstrengende) "Wege" beschreitet und
auch vor ein paar Kletterstellen nicht zurückschreckt ist diese
Variante durchaus empfehlenswert (Von Scharnitz mit Rad insgesammt ca.
11 Stunden, knapp 2000 hm).
Kennt vielleicht noch jemand diese Variante?
Ich hoffe einige interessiert dieser etwas länger geratene Bericht,
viele Grüße, Bergheil,
Filip
Tourengänger:
Filip
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