Vier Tage im Herbst 4: Die Höfats


Publiziert von Nik Brückner , 1. November 2014 um 16:56.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:29 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:Vom Raddepot zum Gipfel und zurück 9km, dazu kommt dann noch die Radstrecke
Unterkunftmöglichkeiten:In Oberstdorf. Leider keine im Oytal, was echt ein Manko ist.
Kartennummer:AV-Karte 2/1, Allgäuer-Lechtaler Alpen Westblatt

Höfats!

Die Legende!

Langweilig! - sagen andere.

Selber nachschaun. Für mich war die Höfats die Abschlusstour an vier Tagen im Herbst. Nach der krassesten Tour meines Lebens brauchte es was Kurzes am Abreisetag. Also schnell auf die Höfats.



Im Herbst kann man nicht so früh los, damit die Sonne Zeit hat, den Tau abzulecken. Ich hab also gegen halb zehn NichelOdeon/InSonars "Ukiyoe (Mondi Fluttuanti)" abgestellt, dazu gemütlich mein Auto auf meinem geheimen Umsonstparkplatz in Obrrschdorf, mich aufs Radl geschwungen, und bin ins Oytal gebiket. Durch die herbstlich schöne Allee ging's, am Oytalhaus (1006m) vorbei, und hinten hinauf am Stuibenfall, bis ich keinen Bock mehr hatte. Dann hab ich das Rad deponiert und bin weiter zur Käseralpe (1410m) gewandert.

Oberstdorf - Käsrrralpe: Bike, Hike, T1, 45 Min.


Von der Käseralpe aus scheint es in den Älpelesattel nicht weit zu sein, aber der Eindruck täuscht. Es zieht sich, sowohl was die Entfernung angeht (der Weg man einen riesigen Zacken), als auch in Bezug auf die Höhe (immerhin sind etwa 400Hm zu überwinden). Matschig war es außerdem, ein Erbe des verregneten Sommers 2014.

Käseralpe - Älpelesattel: T3, 50 Min.


Am Älpelesattel (1780m) war dann kein Mensch. Ich hab gemütlich gepaust, was gegessen, was getrunken, eine SMS geschrieben, und dann bin ich noch auf den Berg gestiegen, der gerade da war.

Vom Älpelesattel aus führt ein Weg auf die Höfats. Das kann man nicht anders sagen, alles andere wäre gelogen. Der Weg ist nicht markiert, er ist schmal, steil, passagenweise kraxelig, ausgesetzt und endet ein paar Meter unter dem Gipfel an der berühmten Felsschneide - aber bis dahin ist es ein Weg. Und er hat einen Vorteil: Er wird nach oben hin schmaler, steiler, kraxeliger und ausgesetzter. Wen also sein Ego nicht in Gelände treibt, das er nicht mehr handlen kann, wer die Fähigkeit hat, rechtzeitig umzudrehen, der kann sich durchaus mal an der Höfats versuchen. Man muss sich halt im Klaren darüber sein, dass man das auf eigene Verantwortung tut, man darf sich nicht überfordern und muss die nötige Trittsicherheit und Schwindelfreiheit mitbringen. Wem es zu schwierig wird, der sollte besser auf der Stelle umkehren, im Notfall auch ein paar Meter unter dem Gipfel an der berühmten Felsschneide, die ist nämlich die Schlüsselstelle - dummerweise ganz kurz vor dem Ziel. Aber so ist sie eben, die Natur, und deshalb machen wir sowas ja - anstatt zum Beispiel Treppen zu steigen.

Vom Älpelesattel aus führt also ein Weg auf die Höfats. Zunächst geht es über gemütliche Wiesenrücken hinauf auf den Falkenberg (1953m), dann weiter zu einem Vorgipfel (2004m). Hier wechselt das Gelände recht plötzlich seinen Charakter: Aus dem gemütlichen Rücken wird eine scharfe Felsschneide, der der Weg in die linke Flanke ausweicht. Hier müssen zunächst ein paar Meter abgestiegen werden, dann folgt eine Querung auf schmalen Pfad in schon deutlich steilem Gelände. Für Leute, die das Gefühl der Ausgesetztheit hier nicht mögen, ist das eine gute Stelle zum Umdrehen, es wird noch deutlich ausgesetzter.

Danach wendet sich der Steig wieder hinauf zum Grat, hier kommen die ersten Kletterstellen. Für Leute, die das Klettern hier nicht mögen, ist das eine gute Stelle zum Umdrehen, es wird noch deutlich kletteriger.

Auf dem Grat dann endgültig an den Gipfelkörper der Höfats heran und nun gnadenlos steil hinauf. Für Leute, die das Steilgelände hier nicht mögen, ist das eine gute Stelle zum Umdrehen, es wird noch deutlich steiler.

Das Gelände hier wechselt zwischen Fels und (ehemals) grasigen bzw. (heute) erdigen Stufen. Bei Nässe sollte man die Route deshalb unbedingt meiden. Da sie nach Südosten ausgerichtet ist, ist diese Aufstiegsvariante allerdings, was das angeht, die beste.

Der Südostgrat hat eine kleine Schulter, auf der man etwas durchatmen kann, dann geht es ebenso steil und nochmal ausgesetzter im gleichen Gelände weiter. Die Schlüsselstelle erreicht man dann buchstäblich ein paar Meter vor dem Gipfelkreuz: Hier wird der Grat so schmal, dass er sich zu einer dünnen Felsscheibe zusammenzieht, die die auf der Westseite lotrecht, auf der Ostseite fast lotrecht in die gähnenden Tiefen abfällt. Für Leute, die das Klettern in extrem ausgesetztem Gelände nicht mögen, ist das eine gute Stelle zum Umdrehen, auch wenn's schmerzt. Denn wer hier einen Fehler macht, macht nie wieder einen.

Am besten greift man beherzt mit beiden Händen um die Kante und setzt die Stiefel auf die kleinen, abgetretenen, aber festen Tritte in der Ostseite der Scheibe. Sind nur zwei Meter, aber die haben's in sich. An der messerscharfen Felsschneide kannste deine Semmel aufschneiden.

Danach geht es nur noch wenige Meter hinauf zu Kreuz (2258m).

Älpelesattel - Höfats: Unten T3, oben T5, Schlüsselstelle T6/II, 1:30


Die Gipfellandschaft der Höfats ist atemberaubend. "Äußerst steiles Gras" schreibt der Alpenvereinsführer schon zu 45°-Flanken, demnach dürfte das hier "lächerlich/krank steiles Gras" sein. Dazu die verwinkelte Schneide, die die vier Gipfel verbindet, zu denen es, wie zum Hohn, immer nur ein paar Meter Luftlinie sind. Es soll ja Leute geben, die die Überschreitung als Nachmittagsspaziergang machen, 20, 30, 40 mal. An dieser Stelle herzliche Grüße an Bernd Urlaub!

Auch der Rundblick ist fantastisch. Im Westen sticht der Ifen heraus, man sieht den Schattenberggrat, dahinter das Rubihorn, das Nebelhorn und den Großen Daumen, das Laufbacher Eck, die Rotköpfe und den Schneck, davor das Himmelhorn, den Hochvogel, die Wilden, Jochspitze mit  Grünem Kopf und Muttekopf, Fürschießer und davor die Kegelköpfe, den Himmelschrofenzug und und und.

Wer wie ich an einem Wochentag jenseits der Saison auf die Höfats geht, bekommt den Eindruck, das sei ein Berg für alte Männer. Nicht weil die Höfats so leicht ist, oh nein! Sondern weil man hier den Respekt von den Alten lernen kann. Die Jungs, die nach mir an diesem Tag hier heraufkamen, hatten schon deutlich ihre Jahre auf dem Buckel - aber ihrer Fitness tat das keinen Abbruch. Krass, Jungs! Nicht die Kids, die hier in Rekordzeit heraufrennen, Ihr seid die wahren Vorbilder! So will ich auch mal werden!


Runter ging es über die gleiche Route. Ich hab nur versucht, die Felsscheibe links zu umgehen. Ist auch nicht besser. Beim nächsten mal würde ich auch im Abstieg oben drüber steigen.

Höfats - Älpelesattel: Schlüsselstelle T6/II, drunter T5, unten T3, 50 Min.


Unten am Älpelesattel angekommen, habe ich mich mit gebührendem Respekt von der Legende verabschiedet und bin zügig, aber ohne zu hetzen, zur Käseralpe abgestiegen und in 20 Minuten nach Oberstdorf abgeradelt.

Älpelesattel - Käseralpe: T3, 25 Min.


Höfats, schön war's auf Dir! Deshalb bin ich 2018 auch wiedergekommen.



Fazit:

Spektakulär ist sie, das kann man nicht abstreiten. Aber ehrlich gesagt hab ich's mir wilder vorgestellt, nicht unbedingt steiler oder kraxeliger, aber schwieriger und ausgesetzter. Dennoch: Die Route ist steil, passagenweise kraxelig, ausgesetzt und führt ein paar Meter unter dem Gipfel über eine superschmale Felsschneide. Wer nicht die nötige Trittsicherheit und Schwindelfreiheit mitbringt, der hat in so einem Gelände nichts verloren. Sollte jemand die Route versuchen und irgendwann lieber umdrehen müssen, der hat die vernünftige Entscheidung getroffen, braucht sich keinesfalls zu schämen und kann sich auf eine tolle Tour aufs Rauheck freuen!


Ausrüstung:

Auch wenn ich mit meinem Pickel im Rucksack echt cool ausgesehen haben muss: Bei trockenen Bedingungen (und bei keinen anderen sollte man die Höfats versuchen) reichen Stöcke. Allerdings sind die alten Hasen im Gegensatz zu mir ohne ausgekommen...

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (2)


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Tuppie hat gesagt: Gratuliere
Gesendet am 3. November 2014 um 22:37
Vier Tage im nassen Allgäusommer 2014 optimal genutzt - gratuliere und Respekt für soviel Steilgras!!!

Gruß
Thomas

Nik Brückner hat gesagt: RE:Gratuliere
Gesendet am 4. November 2014 um 10:35
Grüß Dich Thomas!

Vielen Dank, das waren vier absolut geile Tage! Diese Touren mussten einfach raus, nachdem ich den ganzen Sommer über nicht alles machen konnte, was ich vorgehabt hatte. Schade nur, dass es bei mir im Herbst zeitlich nicht nochmal geklappt hat, sonst hätte ich im Alpstein noch ein paar schöne Sächelchen gemacht.

Grüßle,

Nik


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