Südostgrat der Inneren Höllentalspitze 2737m, Jubigrat und der Brunntalkopf 2264m von Norden


Publiziert von alpensucht , 3. August 2012 um 01:28.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:27 Juni 2012
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3 (ZS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 10:15
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:Knorrhütte-Brunntalkopfgrat-Jubigrat-Innere Höllentalspitze-Jubigrat-BtkGrat-Brunntalkopf-Knorrhütte
Unterkunftmöglichkeiten:Knorrhütte, Biwakschachtel auf dem Jubiläumsgrat

Nach leicht verregneter Nacht wachen wir erst gegen 7:30 Uhr auf und schon kurze Zeit später ziehen die Horden von Zugspitzaspiranten in Sichtweite vorbei. Nein, heute noch nicht. Es braucht noch eine schwere Prüfung für meinen Bruder, bevor wir die Zugspitze überschreiten: ein Stückchen auf dem Jubigrat!
Wir essen flott Frühstück, holen Wasser an der Hütte, packen das Nötigste (nur einen Rucksack für uns beide) und auf geht’s um 9:45 Uhr.
 
Der Brunntalgrat
Der Einstieg auf den „Brunntalgrat“ (=SO-Grat der Inneren Höllentalsp.) , der mit dem Brunntalkopf direkt über der Knorrhütte beginnt, ist wieder einmal eine Rinne, zu der wir vom Biwakplatz aus nur einige 100m nordöstlich durch das Geröll hinüber queren müssen. Sie ist von unten etwas versteckt, aber wenn man davor steht nicht zu übersehen. Ein Schildchen warnt wie üblich Übermütige vor der Route, ist sie eigentlich nur als Notabstieg vom Jubiläumsgrat gedacht. Und diesen begehen ja gewöhnlich nur „Geübte“.
Die nach Osten verlaufende Rinne ist teils brüchig und steinschlägig, einige Klemmblöcke stecken darin und erleichtern das Klettern. An zweidrei Stellen packen wir gut zu (I), die vorsichtige Fußarbeit ist aber deutlich wichtiger, wegen des brüchigen Gesteins.
Den oberen sehr brüchigen Teil kann man links umgehen und am Ausstieg zum markierten Steig unschwierig queren.
 
Der Steig führt nun wunderbar in Serpentinen über einen begrünten Rücken bis man kurz vor der Scharte, die den Südostgrat vom Brunntalkopftrennt erreicht, sich nach Norden wendet. Hier wird das Gelände wieder steiler. Man befindet sich vorerst noch in der schrofigen Flanke links unterhalb des Grats (T4), wobei es nur spärliche Markierungen gibt und es nicht immer einfach ist dem Weg zu folgen.
 
Nach etwa 150Hm erreichen wir die ersten Sicherungen, die über steile Platten hinauf leiten. Wir legen unser Sicherungszeug an. Ich baue einen Brustgurt aus einer langen Bandschlinge, weil ich den Rucksack trage. Mein Bruder hat nur zwei Schlingen mit HMS-Karabinern am Sitzgurt. Dummerweise denke ich, es sei besser beide Karabiner IMMER zu zuschrauben. Das kostet eine Menge Zeit und ich sichere mich längst nicht an jedem Seilabschnitt und muss daher manchmal viel warten. Doch er „fuchst“ sich gut herein und meldet auch länger keine Schwierigkeiten wegen der Ausgesetztheit. Am ersten großen Gratkopf sind wir nach insgesamt 2h vom Einstieg. Mir wird klar, dass man sich hier krass verschätzen kann, erst recht, wenn man wieder denselben Weg hinab muss.
 
Die Sicherungen sind solide, aber das Seil manchmal tückisch wegen offener, spitzer Seilenden. Zwischen den zahlreichen 5-30m langen gesicherten Passagen gibt es häufig weniger ausgesetzte ungesicherte Stellen im I. Grad (T5).
 
Auf ca. 2400m gelangen wir über das bis dahin am stärksten ausgesetzte Stück: ein 5m gesicherter Abstieg auf einen schmalen Gratabbruch, der auch noch unterhöhlt ist (nur zu sehen, wenn man darüber hinweg gekommen ist), auf beiden Seiten geht es „gut“ herunter. Schon kurz zuvor meint mein Bruder, es dürfe nicht viel schlimmer werden… doch er bewegte sich weiter hin sicher, so dass ich nicht an umkehren denken muss…
Direkt nach dieser Scharte führen Sicherungen wieder kurz aufwärts und anschließend weit links hinab in die westliche Flanke, wobei man fast (wohl gefühlte) 100Hm verliert. Zuerst noch mit Metalltritten und Drahtseilen entschärft, heißt es bei der zweiten Hälfte der Flanke Vorsicht bei jedem Schritt. Diese Passage habe ich als Unangenehmste in Erinnerung. Das Gelände ist sehr steil und brüchig und mein Bruder wollte fast umkehren, doch mit etwas Motivationsarbeit ging es weiter. Ein steiles Schneefeld (nichts im Vergleich zu denen von gestern, LINK) und dann endlich wieder festerer Fels. Man erreicht durch diese fiese Traverse eine Rippe, die um einen riesigen Gratturm am Hauptgrat oberhalb wieder zu jenem zurück führt. Oben in der Scharte angelangt, sehen wir ein, dass ein Versuch über den Gratturm ohne Seil spätestens im Abstieg in die Scharte gescheitert wäre (wohl Fels IV).
Etwas demotivierend ist in diesem Moment, dass man ganz oben auf dem Jubigrat die Sicherungen an einer Ecke kurz vor dem Gipfel der Inneren Höllentalspitze erkennen kann, diese aber noch sehr weit weg erscheinen.
 
Ein Stück vom „Jubigratkuchen“
Nun muss man auch noch den Südostgrat verlassen und in die östliche Flanke absteigen (Sicherungen, teils Schnee am Fels, sehr ausgesetzt). Dann führen einige Metallstifte über nasse Platten (schmelzender Schnee liegt oberhalb). Hier sichere ich mich am Ende dieser Passage an einem Bohrhaken selbst, gehe etwas zurück und reiche zur mentalen Stärkung meinem Bruder den Trekkingstock. Doch ihn schockt nun fast nichts mehr. Die Platten fand ich von der Ausgesetztheit her am heftigsten, weil keine Sicherung oberhalb verläuft, man greift nur an die glatten, nassen Platten und vertraut darauf, dass die Stifte das Gewicht halten. Danach durchströhmt mich ein Schwung von Adrenalin – in unmittelbarer Nähe ist der begehrte Jubiläumsgrat. Zu diesem gelangen wir durch unschwieriges Gehgelände.
 
Oben auf dem Grat wenden wir uns nach links in Richtung Zugspitze, nachdem wir über den Ausblick ins Höllental gestaunt haben. Beinahe 90min benötigen wir noch bis hinauf zum Gipfel der Inneren Höllentalspitze. Dabei überwindet man ausgesetzten Fels im I. Grat und Klettersteiggelände (C, oder ZS). Die etwas überhängende Leiter ist wohl für den Teil die Schlüsselstelle.
 
Obwohl der um ca. 15:15 Uhr erreichte Gipfel alpinistisch und auch sonst von den Schwierigkeiten her nichts Besonderes ist, überkommt mich dennoch ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Schon auf dem Jubigrat sein zu können, einen Anfänger quasi hinauf geführt zu haben, darauf meine ich schon, mir etwas einbilden zu können J Das Wetter bleibt wolkig aber stabil und wir können sogar unseren Biwakplatz auf der einen Seite und den Abstieg durch das Höllental am nächsten Tag auf der anderen begutachten. Ein kurzer Snack und einige Ruhe, dann erinnert mich der Blick auf die Uhr, dass wir uns beeilen sollten.
 
Für einige nette Fotos am Grat nehmen wir uns natürlich Zeit. Die Gesamtansicht darauf von hier oben verdeutlicht mir ganz neu, warum der Grat so berühmt und beliebt ist; und auch warum ihn so viele unterschätzen. Es ist einfach kein reiner Klettersteig!!
 
Beim Abstieg über den Aufstiegsweg werden wir noch mit dem Besuch des waschechten Brockengespenstes beehrt. Etwa auf 2400m. Wir sehr wünschte ich, das auch einmal sehen zu können! Sonne auf der einen und Wolken auf der anderen Gratseite, dann noch der richtige Winkel und da ist es…
Der Rest verläuft sehr gut, wir werden nicht nachlässig und bleiben hochkonzentriert, wobei sich nun auch bei meinem Bruder langsam die echte Kletterfreude einstellt.
Der Brunntalkopf
Um 19 Uhr unten an der Scharte zum Brunntalkopf locken mich der Ehrgeiz und meine noch überaus großen Reserven wieder einmal zu einer kleinen Extratour auf den Brunntalkopf 2264m von Norden. Ich lege meinen Rucksack ab und eile den sehr steilen Wiesenbuckel hinab in die Scharte. Hier wird es beinahe nochmals so ausgesetzt wie oben! Ein schmales Stück Grat im Fels überwunden, mache ich mich an den Gipfelaufschwung. Der hat es in sich. Eine kaminartige Verschneidung mit Klemmblöcken leitet im III. Grad (ausgesetzt nach Osten hin) ca. 20m hinauf. Nach einigen weiteren Metern im II. und I. Grad gelangt man zur einsamen Krüppelkiefer kurz vor dem Gipfel.
 
Die Sicht auf die Hütte ist atemberaubend. Man glaubt, es sei nur ein Katzensprung bis hinab und dennoch bräche sich jede Katze Gelenke und Genick dabei.
 
Der Abstieg ist haaresträubend, ein wenig Zittern in den Beinen kann ich nicht vermeiden, der Blick auf das ausgesetzte Gratstück unten ist von hier aus recht unangenehm. Vielleicht zermürben mich mental auch etwas die dicken Wolken, die den Blick auf den Hauptweg in diesen Augenblicken versperren. Gesicht zum Fels, konzentriert Abklettern und die Sache ist geritzt.
 
Im Laufschritt geht’s den Grasbuckel wieder hinauf zum Rucksack und ab nach Hause geht’s! Oder zum Biwakplatz, wo es diese Nacht wenigstens trocken bleiben wird. Die Rinne klettern wir spielend ab. Auch meinen Bruder nenne ich ab heute ohne mit der Wimper zu zucken einen „echten Bergsteiger“ :) Das Kämpfen mit den Widrigkeiten am Fels, wenn auch in einfachster Form, wirkt sicherlich charakterverändernd und viele Prinzipien solch einer Bergtour mag man in den Alltag übertragen können. Unser Glaube gibt uns außerdem jeden Tag neue Kraft.        

Tourengänger: alpensucht, A_Thorne


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Kommentare (1)


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jowiesel hat gesagt: Brockengespenstes?
Gesendet am 4. August 2012 um 13:31
Hey
erzähl mir mal bitte noch mal was ein Brockengespenstes?

LG


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