...Schneesprüngli...


Publiziert von Henrik , 19. Dezember 2011 um 13:51. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:13 Dezember 2011
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 120 m
Abstieg: 555 m
Strecke:Dalpe - Prato (L) - Dazio Grande - Faido
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Kartennummer:map wanderland

 .... nachdem Tobi vergangene Woche eine nicht gerade mundende Lasagne in Lugano auf den Teller geliefert bekommen hatte, schlug ich vor, ihm mein Tessin näher zu bringen... dieses besuche ich allerdings zur Zeit eher spärlich, aber ich habe ja noch ein gedankliches Register, aus dem ich doch immer wieder Überraschungen hervorziehen kann... auch was schon bejahrt ist, kann überzeugen...(politisch nur bedingt .... doch dass lasse ich hier aus dem Spiel). Mit dem IR, im Panoramawaggon Platz genommen, begebe ich mich nach Lozärn; dort steigt Tobi zu, mit mundenden Kaffeebechern in der Hand. Nach dem Fahrplanwechsel haben sich auf dieser Strecke lediglich die Abfahrten geändert, um verschobene Minuten unterhalb des 5-Minuten-Bereichs! Ab Basel z. B. statt 00.03 eine Minute später. Noch ist es dunkel, sodass die vorbei gleitende Landschaft nur mit Lichtern und Schatten zu sehen ist, aber die Lichterketten wartender Fahrzeuge vor Ampeln macht deutlich, dass soeben der Arbeitstag auch um Luzern herum begonnen hat. Vor Arth-Goldau notieren wir den feurig-roten Morgenhimmel und die beinahe brennenden Berge - ein immer wieder imponierendes Schauspiel. Am 4-Waldstättersee  üben wir uns im Erkennen und Namengeben der umliegenden Berge, da hat Tobi Heimvorteil... gerade erhalte ich eine Unterweisung am Beispiel Fronalpstock wie auch über die Pfade am Gitschen und den pazifischen Atollen, die dem Reussdelta vorgelagert sind. Später erhalte ich einen weitern Hinweis, auf einen Umstand, den ich bisher, und das ist beinahe schon peinlich, nicht geachtet habe, auf die Schmalspurgeleise, die sich von Erstfeld bis zum Nordportal des NEAT-Tunnels entlang der Autobahn hinziehen ... zusammen mit dieser die Reuss queren, aber auf einer doch eher betagt erscheinenden Eisenkonstruktion – übrigens, diese Geleise sind auch auf der Karte deutlich eingezeichnet. Ich werfe ein, dass diese Teil der Stolleneisenbahn sein dürften – die Eisenbahnbrücke allerdings scheint vorher schon da gewesen zu sein. Ich bin mir sicher, dass auf hikr. die Lösung irgendwo harrt?  In Göschenen wirkt der Bahnhof nordisch kühl und der Wind bläst offenkundig, Bahnpassagiere, die hinüber eilen zur MGB krempeln Kragen hoch und ziehen die Mützen tiefer ins Gesicht. Als wir in Airolo den Zug verlassen, bläst uns eisiger Wind ins Gesicht. Ich habe von hier aus auch schon „kalte“ Wanderungen unternommen, gefroren hatte es mich .... so schlage ich vor, noch kurz go käffele (he, bidi35)! Da wir beide noch nicht der Generation „Touchscreen und Apps“ angehören, sind Fahrpläne unabdingbar, diesen holen wir für unsere Rucksäcke bei LeventinaTourismus. Beinahe „litzt“ es uns auf den Hintern, achteten wir nicht auf den gefrorenen Boden um den Bahnhof herum und eilen zum Hotel des Alps, das ein anderer Hikr. mit mir auch schon besucht hat. Schnell es Milchkaffee und einen Espresso geschlürft, Toilettengang und Rucksack umpacken, schon steht das Poschti parat für nach Dalpe. Gerade mal vier Passagiere, ein Dienstag und nicht etwa Ferienzeit. Es liegt Schnee entlang der Strasse, schmutzig-grau dieser auf dem grossen PP am Autobahnrastplatz GotthardoSud. Auch sonst wirkt die Leventina eher trist, insbesondere fallen Tobi die vielen geschlossen Holzläden auf, die Häuser unbelebt, ja, hin und wieder auch ältere Menschen, die behutsam auf den Trottoirs unterwegs sind oder vorsichtig die Strassen queren. In Quinto werden wir aufgehalten, es verträgt sich nicht, wenn auf schmalen Dorfstrassen Lastwagenladungen entladen werden – da tickt es eben anders als zuhause. Später schraubt sich der Postbus hinauf nach Dalpe, eine Schulklasse steht mit Schneeschuhen am Ortsrand zum Aufbruch bereit, doch die Schneedecke ist spärlich. Ob es hier noch eine Osteria gibt, meine Frage an den Chauffeur, die der einzige Einheimische, der mit uns im Bus mitgefahren ist, mit Ja beantwortet... 

... ein paar Schritte im Dorf getan, einen Wandthermometer entdeckt und erhellend registriert, es sind ein paar Minusgrade vorhanden, finden wir die Osteria del Telo, die ich insofern empfehle, weil noch ziemlich belassen und originell, überraschenderweise doch Gäste an den Tischen sitzen. Nochmals Toilettengang, dann Händschli und Käppli hervorgeholt, die Kamera auch und bis an’s Kinn eingepackt, zotteln wir los. Bedächtig und völlig ohne Anstrengung verlassen wir das Dorf nach Norden hin auf die Anhöhe, von der es ab jetzt nur noch eins gibt: nach unten zu spazieren. Etwas Vorsicht ist geboten, die Strasse wurde mit schwerem Gerät befahren und tiefe Radspuren, die vereisten, werden zur „Schlyffschi“!  Schliesslich sind wir aber dann auf verschneiten Wegen unterwegs, überblicken vor uns nach Norden hin diesen Teil der Leventina, in dem Autobahn, Eisenbahn, Kantonsstrasse, Pfade und der Ticino Platz finden, manchmal nur wenige Zentimeter Abstand von einander: dies kommt deutlich dann in der Dazio Grande zum Ausdruck. Auf halbem Abstieg sage ich etwas zaudernd, dass mich friert und dass ich Hunger habe  und bin erstaunt, dass es dem Tobi gleichermassen ergeht – es  „tschuderet“ uns. Wie viel mehr Wärme vielleicht hätte uns das aktivere Gehen gebracht, hätten wir es der Schulklasse (die wir bei der Anfahrt mit dem Postbus schon gesehen haben) gleich getan, die uns auf halbem Weg kreuzten, lustig und angeregt. Dass man auch Skifahren kann, davon zeugen die beiden Schneekanonen, die ihre „Saat“ in die kalte Luft einbringen – sie stehen ein paar Steinwürfe vom PP in Prato entfernt. Dort treffen wir gerade ein, und beschliessen, der Strasse zu folgen, auch um dem angestrebte Ziel, „diffiger“ näher zu kommen. Nach dem letzten Schlenker nach rechts ist auch noch ein „Gump“ nötig: er wird den Titel des Berichtes erklären – es gab zwei Sprünge, um dem Eis auf der Strasse auszuweichen, ein Doppelsprüngli, das wir leider nicht dokumentieren können, da uns keiner zuschaute...Gestandene Hikr.s wissen aber schnell ...was sie da ggf. verpasst haben dürften? Die nächste Kurve erreicht, stehen wir in der Gaststube der Locanda Dazio Grande an der Kantonsstrasse in der Leventina, dort wo der Kanton Uri eine lange Zeit die Maut eintrieb und Herrscher über den Verkehr war – bis 1803, mit dem Eintritt des Tessins in die Eidgenossenschaft! Die Küche empfahl Kaninchen mit Polente oder Reis und es musste ja schliesslich ein Merlot auf den Tisch: den Tre Terre in der kleinen Flasche (mit Kork). Im Speisesaal im Eingangsbereich waren vier Tische, an denen drei Parteien zu Mittag sassen. Die wohlige Wärme, das mundende Gericht und der Wein beseelten uns, es gab noch keinen Grund eher aufzubrechen. Als nächstes stand der Besuch der Schlucht, die Piottino, an, die, so besagt die Geschichte, nicht von Anfang, als Durchgang existierte. Zu dieser Jahreszeit ist auch kaum einer auf dem Fussweg unterwegs – die Schneeplätzchen (keine Schneecken!) liessen diesen Schluss zu. Aber die gewaltigen Felswände zu beiden Seiten des Ticino beeindrucken allemal, ihre teilweise Vereisung noch deutlicher. Später folgten wir der Kantonsstrasse, fanden uns in Fachgesprächen über die SBB-Anlagen, denn in diesem Streckenabschnitt der Gotthardbahn ist technisches Wunderwerk versteckt, der erste Kehrtunnel. Kurz vor Faido der Zwischenangriff zur NEAT, aktuell werden die Geleise und die Elektronik eingebracht. Der Bahnhof wirkt verlassen, wir sind zu zeitig dran und lümmeln noch ein wenig herum. Schliesslich entscheiden wir uns für die Rückfahrt ab hier mit dem IR. Dem Vielfahrer auf der Strecke um den Gotthard ist also aufgefallen, dass das Trasse bei Altdorf das der NEAT ist ... jetzt schon. Offen ist, ob ich mir das je antun werde? Die Bergstrecke verfaulen zu lassen ...Pläne zu deren Erhalt...fehlen noch!


Man darf diese Wanderung auch nachwandern - wir erheben kein Copyright!

Tourengänger: Henrik , Tobi


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Kommentare (1)


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bidi35 hat gesagt: schön und interessant...
Gesendet am 19. Dezember 2011 um 16:10
...geschildert Henrik...gratuliere.

Ihr hättet halt laponia41 mitnehmen sollen, der hätte dann eure "Sprüngli" geistesgegenwärtig fotografisch festgehalten (das Niwärch lässt grüssen)!!

LG Heinz


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