Obergabelhorn über den Arbengrat
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Nach vielen Monaten ist auch in Flachlandhausen die Winterschlafenszeit zu Ende, Zeit WoPo`s Hochtourensaison zumindest schriftlich einzuläuten. Keine 10 Wochen mehr, dann heißt es "Wallis, ich komme" und einige intressante Touren stehen zwecks Einlaufen und Akklimatisieren auf dem Programm, bis es hoffentlich dann Mitte Juli auf meinen letzten noch fehlenden, nicht ganz unbekannten 4000er geht.
Ich krame und wühle mal wieder in alten Zeiten herum und dabei kommt mir das Jahr 1992 in den Sinn, das heißt, wir bewegen uns noch in Handyfreien Zonen, unsere Seile waren noch Wäscheleinen und als Steigeisen hämmerten wir uns nachts Nägel unter unsere Bergschuhe.. ach ja, die guten alten Zeiten. Ok, ihr habt`s gemerkt, der WoPo schwelgt so vor sich hin und gar so schlimm war selbst seine Ausrüstung aus Flachlandhausen nicht.
Warum mir das Jahr 92 so gut in Erinnerung geblieben ist, ist simpel zu erklären. Es war mein Erstes Mal, mein Allererstes Mal sogar... und DAS vergißt doch keiner, oder? Also, ICH meine jetzt, mein erstes Mal ohne Bergführer auf einen 4000er. Das war zwar nicht das Obergabelhorn, sondern das Allalinhorn (über den Hohlaubgrat), aber nur wenige Tage oder auch 3 Viertausender später scharwenzelten wir von Zermatt aus in Richtung Arbenbiwak.
An dieser Stelle muß ich kurz unterbrechen und mal den noch gaaanz jungen WoPo vorstellen. Denn für diesen jungen Mann zählten Berge bzw deren Gipfel zu jener Zeit nur, wenn mindestens eine 4 davor stand; alles andere waren lediglich Einlaufpömpel oder Maulwurfshügel. Dementsprechend sah auch sein Urlaubsprogramm aus, wie z. B 1992: Einlauftour von Saas Fee zur Britanniahütte, näxter Tag auf`s Allalinhorn, näxten Tag auf`s Strahlhorn, näxten Tag auf`s Rimpfischhorn. Dies schreib ich jetzt nicht auf, um damit rum zu strotzen, sondern eher unter dem Aspekt, kann man machen, muss man aber nicht. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Mann, was hatte ich nen Schlag schräg. Genuss war damals wohl noch ein Fremdwort!! Denn ich kann mich auch 20 Jahre später noch genau daran erinnern, WIE schachmatt und fertig ich anschließend zurück ins Tal schlich.
Wir stiefelten also mal wieder mit viel zu viel Gepäck auf dem Buckel aus Zermatt heraus. Herrliches Gefühl an all den Normaltouris vorbei zu laufen, am liebsten 3 Pickel hinten am Rucksack und den Klettergürtel schon angezogen mit all den klimpernden Karabinern. Rechts und links noch jeweils ein Seil in der Hand, da könnten Kameras gezückt werden und ein Hauch von Nordwandfeeling käme auf. Dumm nur, daß wir noch gar nix bezwungen hatten und die Tour erst einmal noch bevor stand. Noch dümmer, daß da nicht ein Einziger mit gezückter Kamera herum stand und wir unbemerkt durch`s Dorf zogen.
Was sich auch zog, war der Weg ins Arbenbiwak.. und der schwere Rucksack, der zog einen genau in die Gegenrichtung, nämlich rückwärts Richtung Tal! Der schwere Rucksack und ich, wir waren noch nie gute Freunde und im Laufe vieler Jahre und noch mehr Erfahrungen kann ich nun mit Fug und Recht behaupten: wir werden es wohl auch nie werden.
Als wir das Arbenbiwak endlich erreichten, war ich zunächst einmal positiv überrascht. Keine zugige Wellblechschachtel mit feuchten, muffigen Lagern erwartete uns, sondern eine richtig feine kleine Hütte.
Wir waren an jenem Tag die Ersten im Biwak... also, nicht, das ihr jetzt denkt, wir wären soo wahnsinnig schnell gewesen. Nein, wir waren quasi die einzigsten Ersten! Erst in den Abendstunden kam noch eine andere Zweierseilschaft ins Lager. Und die waren so schnell, das wir sie am näxten Morgen nur in den ersten Minuten noch sahen.
Der Nachmittag verging mit Ausruhen, Kartenstudium, Trinken, Kartenstudium, Essen, im Führer blättern und nochmals im Führer blättern... Mann, was waren wir aufgeregt!! Dauernd mußten wir uns vergewissern, daß wir auch ja nix vergessen hatten, daß der Weg einigermaßen klar war und das doch alles gar nicht so wild aussieht.
Die Nacht war dann eigentlich der pure Genuss! Keine Schnarcher, frische Luft...... nur das Einschlafen wollte sich einfach nicht einstellen. Die Gedanken kreisten, wie auf dem Rummelplatz und je mehr ich mir sagte, WoPo, Du MUSST jetzt endlich schlafen, um so wacher wurde ich. Leises, gleichmäßiges Atmen um mich herum, nur ich kriegte es nicht hin! Beruhigend ist DAS nicht!! Am liebsten hätte ich den Anfang von Pink Floyd "Time" laut ertönen lassen...zugegeben, ein fieser Gedanke, der sich in solch schlaflosen Momenten gerne mal breit macht. Wenn ICH schon nicht schlafen kann, dann sollt IHR auch nicht schlafen können... so von wegen der Chancengleichheit am näxten Morgen. Dann strotzen Alle vor Kraft und Fitness und ich kriege vor Müdigkeit kaum die Augen auf... ihr merkt mein Dilemma, WIE soll mensch bei SOLCHEN Gedanken in den Schlaf kommen?? Irgendwann fielen auch mir dann die Augen zu, gedanklich irgendwo in der Matterhorn- oder Eigernordwand sitzend, denn natürlich schien die morgige Tour gefühlt mindestens genauso schwierig...!!!
Irgendein Wecker klingelt.. die Chance, das es UNSER Wecker ist, ist nicht gerade gering (bei 2 Seilschaften) und natürlich, es war unser Wecker, denn Reinhard steht auf und schaut nach dem Wetter!! Irgendwo im Unterbewußtsein denke ich noch ans Daumendrücken, daß eine schwere Kaltfront, am besten das gefürchtete Islandtief, jetzt gerade über Zermatt und Umgebung hinwegzieht oder besser noch, nicht hinwegzieht und direkt über uns stecken bleibt und für mindestens 24 Std genau über uns NICHT weiterzieht... Da ich aber nur im Unterbewußtsein die Daumen gedrückt hatte, konnte ich auch nicht damit rechnen, das mein Daumendrücken wirklich helfen würde...und so war es dann auch; Sterne funkelten vom Firmament, daß es eine helle Freude wäre, diesen Anblick zu genießen... wäre man denn einigermaßen ausgeschlafen!
Nachdem unser Pulverkaffeeheißgetränk es irgendwie geschafft hatte, mich wach zu machen, ging es denn auch los. Bitte erwartet jetzt keine exate Tourenbeschreibung, denn seit dieser Tour sind fast 20 Jahre vergangen und meine Erinnerungen beschränken sich eher auf das Tourenerlebnis, als auf den genauen Aufstiegsweg. Schriftlich fixiert habe ich meine Touren zu jener Zeit (leider) noch nicht.
Der Aufstieg bis zum eigentlichen Arbengrat verlief, soweit ich mich erinnern kann, ohne größere Komplikationen. Vielleicht verdränge ich aber auch nur erfolgreich das morgendliche Herumstolpern, wenn Körper und Geist versuchen, sich auf Betriebstemperatur für eine große Tour einzustellen. Laut der einschlägigen Literatur benötigt man ca 1-1,5 Std zwischen Arbenbiwak und Einmündung auf den Arbengrat. Über Firn, Schutt und Platten geht es bis auf ca 3485, leichte Klettereien führen über einen Pfeiler bis zu einem sichtbaren markanten Band, welches die ganze S-Flanke des Obergabelhorns quert. Man folgt diesem Band bis zum Arbengrat.
Die Kletterei auf dem Grat selbst übersteigt nirgends den III. Schwierigkeitsgrad..... bleibt man denn auf dem Anstiegsweg!!
In 2,5-3 Std sollte man den Gipfel erreicht haben... schreibt ein Hochtourenführer (Silbernagel/Wullschleger) und auch im SAC-Büchlein stehen gleiche Zeiten.
.. Was soll ich sagen, wir haben es geschafft, dieses Zeitmanagement mal gehörig in die Höhe zu treiben.. wie passend!
Wie es sich für gewissenhafte Flachlandalpinisten gehört, haben wir uns fein säuberlich Seillänge für Seillänge den Arbengrat hinauf gesichert. Top safe, alles gut, alles tutti!
Naja ganz so tutti war es dann doch nicht, denn die Zeit raste uns auch wie blöd davon. Und so ein "Vorankommen" macht ab und zu hungrig und durstig, so das diverse weitere Pausen hinzukamen.
Irgendwann, wir befanden uns schon im nahen Gipfelbereich, ungefähr am großen Aufschwung kam dann noch der gefürchtete "Verhauer" (garstiges Wort!! Wir fanden später eine etwas angenehmere "Umschreibung":-) dazu. Mag sein, das nach den vielen Stunden in großer Höhe der Blick für das Wesentliche etwas getrübt war. Vielleicht waren wir sogar auf dem richtigen Weg, konnten aber, aus was für Gründen auch immer, eine Kletterstelle nicht bewältigen. Wir kamen jedenfalls nicht weiter. Nachdem ich Nerven, Kräfte und gute Laune an diversen Kletterstellen verloren hatte und ein kurzfristiges, nicht geringes Motivationsloch sich in mir breit machte, durfte auch Reinhard seine Kletterkünste unter Beweis stellen. Nach mehrfachen Fluchen seinerseits, einem breiten Grinsen meinerseits, einem Pickelverlust (und hiermit meine ich keine gemeine "Hauterhebung") leider auch meinerseits und einem noch breiteren Grinsen seinerseits, fanden wir einen Weg auf den Gipfel des Obergabelhorns.
Später, wieder im Tal und beim ca 7. Absackern in unserer Lieblings-Beiz, waren wir einer Meinung, daß wir zwar nicht auf dem Normalweg den Gipfel fanden, sicher aber dafür mindestens eine Erstbesteigung auf den letzten 50 Höhenmetern gemacht hatten... dies liest sich auch heute noch viel besser, als das böse Wort "Verhauer". Und einen Pickelersatz hatte ich auch... in Form eines lästiges Lippenherpes!
Einen Vorteil hatte unser langsames Vorankommen dann doch: am Gipfel war das Gedränge recht überschaubar, waren wir auch hier die einzige Seilschaft. Seilschaften, die vielleicht von der Montet- oder Rothornhütte gestartet waren, befanden sich schon längst wieder im Abstieg.
Es war angenehm warm, windstill, mit phantastischen Aus- und Weitblicken. Es sind genau diese Augenblicke, die alle Mühen in den Hintergrund stellen, Unannehmlichkeiten vergessen und Ärgernisse klein und nichtig machen.
Und was soll ich schreiben, es war ein grandioses Gefühl, selbstständig ohne Bergführer den Weg bis hier hin gemeistert zu haben.
Aber genau: bis hier hin heißt noch lange nicht , am Ende der Tour zu sein. Speziallisten des gepflegten Seilsalates haben allergrößte Freuden, wenn es zum Beispiel am Kluckerturm mal wieder NICHT vorangeht, weil das Seil nicht so will, wie deren Besitzer. Ich möchte euch jetzt die Details ersparen, aber zusammengefasst kann gesagt werden, 1. die Abseilspezialisten Reinhard/WoPo hatten nicht immer Spaß bei ihren Manövern und nicht druckreife Worte sollen angeblich in jenen Stunden hier und dort gefallen sein - und 2.,wir waren auch weiterhin nicht die Schnellsten im Walliser Alpenraum... oder positiv geschrieben, wir nutzten den schönen Tag und das Wetter, um ein paar zusätzliche Tourenstunden heraus zu holen. Was soll man auch am Nachmittag langweilig auf der Hüttenterasse in der Sonne sitzen.. und womöglich nichtalkoholfreie Getränke zu sich nehmen... tz,tz,tz, doch nicht die kernigen Flachlandalpinisten!!!
Steht man am Gipfel des Obergabelhorns ist die Wellenkuppe das erklärte Ziel und DER Punkt, an dem man wohl das gröbste der Tour geschafft hat...ist die Wellenkuppe erreicht, weiß man, das dies ein Irrtum war. Auch der weitere Abstieg muß erst einmal gefunden werden, also der RICHTIGE, weitere Abstieg.
Der eine oder andere dezente Steinmann hätte uns hier gut zu Gesicht gestanden, aber anscheinend waren diese wohl gerade anderweitig beschäftigt gewesen.. vielleicht auf der Jahreskonferenz der Walliser Steinmänner, gerüchteweise soll es aber eine rauschende Party an der Wellenkuppe gegeben haben, wo so mancher Steinemann wohl umgekippt ist und deshalb durften wir ohne diese Gesellen den Weg suchen. Aber wer sucht, der findet ....sogar Flachlandnasen...auch wenn`s dann etwas länger dauert .
Ich möchte diesen Bericht nun wirklich nicht künstlich in die Länge ziehen, aber auch nach dem Wellenkuppenabstieg, waren wir noch nicht im gesicherten Bereich der Rothornhütte. Ein kleiner, mieser, fieser Gletscher stellte sich uns in den Weg und meinte, er müsse uns auf den letzten Metern noch ein paar Schwierigkeiten bereiten. Wo käme man auch da hin, das solche Flachlandnasen problemlos zur Hütte gelangen.
So tauchten immer wieder diese unangenehmen Gletscherspaltengesellen auf. Mit aufgeweichten Firn fein säuberlich zugedeckt, warteten sie auf müde Flachlandnasen, die vielleicht herumdaddelnd und unkonzentriert hineinstolpern täten. Überraschenderweise taten Sie dies ausnahmsweise dann mal nicht, brauchten dafür aber auch wieder etwas mehr Zeit, als eigentlich veranschlagt.
Es dämmerte, als wir endlich die Rothornhütte erreichten, es war dunkel, als wir vom tollen Hüttenteam noch ein warmes Essen bekamen und es war stockdunkel, als ich die Kerze meiner Stirnlampe löschte
... oder gab es damals doch schon Batterie betriebene Stirnlampen? :-)
Ich krame und wühle mal wieder in alten Zeiten herum und dabei kommt mir das Jahr 1992 in den Sinn, das heißt, wir bewegen uns noch in Handyfreien Zonen, unsere Seile waren noch Wäscheleinen und als Steigeisen hämmerten wir uns nachts Nägel unter unsere Bergschuhe.. ach ja, die guten alten Zeiten. Ok, ihr habt`s gemerkt, der WoPo schwelgt so vor sich hin und gar so schlimm war selbst seine Ausrüstung aus Flachlandhausen nicht.
Warum mir das Jahr 92 so gut in Erinnerung geblieben ist, ist simpel zu erklären. Es war mein Erstes Mal, mein Allererstes Mal sogar... und DAS vergißt doch keiner, oder? Also, ICH meine jetzt, mein erstes Mal ohne Bergführer auf einen 4000er. Das war zwar nicht das Obergabelhorn, sondern das Allalinhorn (über den Hohlaubgrat), aber nur wenige Tage oder auch 3 Viertausender später scharwenzelten wir von Zermatt aus in Richtung Arbenbiwak.
An dieser Stelle muß ich kurz unterbrechen und mal den noch gaaanz jungen WoPo vorstellen. Denn für diesen jungen Mann zählten Berge bzw deren Gipfel zu jener Zeit nur, wenn mindestens eine 4 davor stand; alles andere waren lediglich Einlaufpömpel oder Maulwurfshügel. Dementsprechend sah auch sein Urlaubsprogramm aus, wie z. B 1992: Einlauftour von Saas Fee zur Britanniahütte, näxter Tag auf`s Allalinhorn, näxten Tag auf`s Strahlhorn, näxten Tag auf`s Rimpfischhorn. Dies schreib ich jetzt nicht auf, um damit rum zu strotzen, sondern eher unter dem Aspekt, kann man machen, muss man aber nicht. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Mann, was hatte ich nen Schlag schräg. Genuss war damals wohl noch ein Fremdwort!! Denn ich kann mich auch 20 Jahre später noch genau daran erinnern, WIE schachmatt und fertig ich anschließend zurück ins Tal schlich.
Wir stiefelten also mal wieder mit viel zu viel Gepäck auf dem Buckel aus Zermatt heraus. Herrliches Gefühl an all den Normaltouris vorbei zu laufen, am liebsten 3 Pickel hinten am Rucksack und den Klettergürtel schon angezogen mit all den klimpernden Karabinern. Rechts und links noch jeweils ein Seil in der Hand, da könnten Kameras gezückt werden und ein Hauch von Nordwandfeeling käme auf. Dumm nur, daß wir noch gar nix bezwungen hatten und die Tour erst einmal noch bevor stand. Noch dümmer, daß da nicht ein Einziger mit gezückter Kamera herum stand und wir unbemerkt durch`s Dorf zogen.
Was sich auch zog, war der Weg ins Arbenbiwak.. und der schwere Rucksack, der zog einen genau in die Gegenrichtung, nämlich rückwärts Richtung Tal! Der schwere Rucksack und ich, wir waren noch nie gute Freunde und im Laufe vieler Jahre und noch mehr Erfahrungen kann ich nun mit Fug und Recht behaupten: wir werden es wohl auch nie werden.
Als wir das Arbenbiwak endlich erreichten, war ich zunächst einmal positiv überrascht. Keine zugige Wellblechschachtel mit feuchten, muffigen Lagern erwartete uns, sondern eine richtig feine kleine Hütte.
Wir waren an jenem Tag die Ersten im Biwak... also, nicht, das ihr jetzt denkt, wir wären soo wahnsinnig schnell gewesen. Nein, wir waren quasi die einzigsten Ersten! Erst in den Abendstunden kam noch eine andere Zweierseilschaft ins Lager. Und die waren so schnell, das wir sie am näxten Morgen nur in den ersten Minuten noch sahen.
Der Nachmittag verging mit Ausruhen, Kartenstudium, Trinken, Kartenstudium, Essen, im Führer blättern und nochmals im Führer blättern... Mann, was waren wir aufgeregt!! Dauernd mußten wir uns vergewissern, daß wir auch ja nix vergessen hatten, daß der Weg einigermaßen klar war und das doch alles gar nicht so wild aussieht.
Die Nacht war dann eigentlich der pure Genuss! Keine Schnarcher, frische Luft...... nur das Einschlafen wollte sich einfach nicht einstellen. Die Gedanken kreisten, wie auf dem Rummelplatz und je mehr ich mir sagte, WoPo, Du MUSST jetzt endlich schlafen, um so wacher wurde ich. Leises, gleichmäßiges Atmen um mich herum, nur ich kriegte es nicht hin! Beruhigend ist DAS nicht!! Am liebsten hätte ich den Anfang von Pink Floyd "Time" laut ertönen lassen...zugegeben, ein fieser Gedanke, der sich in solch schlaflosen Momenten gerne mal breit macht. Wenn ICH schon nicht schlafen kann, dann sollt IHR auch nicht schlafen können... so von wegen der Chancengleichheit am näxten Morgen. Dann strotzen Alle vor Kraft und Fitness und ich kriege vor Müdigkeit kaum die Augen auf... ihr merkt mein Dilemma, WIE soll mensch bei SOLCHEN Gedanken in den Schlaf kommen?? Irgendwann fielen auch mir dann die Augen zu, gedanklich irgendwo in der Matterhorn- oder Eigernordwand sitzend, denn natürlich schien die morgige Tour gefühlt mindestens genauso schwierig...!!!
Irgendein Wecker klingelt.. die Chance, das es UNSER Wecker ist, ist nicht gerade gering (bei 2 Seilschaften) und natürlich, es war unser Wecker, denn Reinhard steht auf und schaut nach dem Wetter!! Irgendwo im Unterbewußtsein denke ich noch ans Daumendrücken, daß eine schwere Kaltfront, am besten das gefürchtete Islandtief, jetzt gerade über Zermatt und Umgebung hinwegzieht oder besser noch, nicht hinwegzieht und direkt über uns stecken bleibt und für mindestens 24 Std genau über uns NICHT weiterzieht... Da ich aber nur im Unterbewußtsein die Daumen gedrückt hatte, konnte ich auch nicht damit rechnen, das mein Daumendrücken wirklich helfen würde...und so war es dann auch; Sterne funkelten vom Firmament, daß es eine helle Freude wäre, diesen Anblick zu genießen... wäre man denn einigermaßen ausgeschlafen!
Nachdem unser Pulverkaffeeheißgetränk es irgendwie geschafft hatte, mich wach zu machen, ging es denn auch los. Bitte erwartet jetzt keine exate Tourenbeschreibung, denn seit dieser Tour sind fast 20 Jahre vergangen und meine Erinnerungen beschränken sich eher auf das Tourenerlebnis, als auf den genauen Aufstiegsweg. Schriftlich fixiert habe ich meine Touren zu jener Zeit (leider) noch nicht.
Der Aufstieg bis zum eigentlichen Arbengrat verlief, soweit ich mich erinnern kann, ohne größere Komplikationen. Vielleicht verdränge ich aber auch nur erfolgreich das morgendliche Herumstolpern, wenn Körper und Geist versuchen, sich auf Betriebstemperatur für eine große Tour einzustellen. Laut der einschlägigen Literatur benötigt man ca 1-1,5 Std zwischen Arbenbiwak und Einmündung auf den Arbengrat. Über Firn, Schutt und Platten geht es bis auf ca 3485, leichte Klettereien führen über einen Pfeiler bis zu einem sichtbaren markanten Band, welches die ganze S-Flanke des Obergabelhorns quert. Man folgt diesem Band bis zum Arbengrat.
Die Kletterei auf dem Grat selbst übersteigt nirgends den III. Schwierigkeitsgrad..... bleibt man denn auf dem Anstiegsweg!!
In 2,5-3 Std sollte man den Gipfel erreicht haben... schreibt ein Hochtourenführer (Silbernagel/Wullschleger) und auch im SAC-Büchlein stehen gleiche Zeiten.
.. Was soll ich sagen, wir haben es geschafft, dieses Zeitmanagement mal gehörig in die Höhe zu treiben.. wie passend!
Wie es sich für gewissenhafte Flachlandalpinisten gehört, haben wir uns fein säuberlich Seillänge für Seillänge den Arbengrat hinauf gesichert. Top safe, alles gut, alles tutti!
Naja ganz so tutti war es dann doch nicht, denn die Zeit raste uns auch wie blöd davon. Und so ein "Vorankommen" macht ab und zu hungrig und durstig, so das diverse weitere Pausen hinzukamen.
Irgendwann, wir befanden uns schon im nahen Gipfelbereich, ungefähr am großen Aufschwung kam dann noch der gefürchtete "Verhauer" (garstiges Wort!! Wir fanden später eine etwas angenehmere "Umschreibung":-) dazu. Mag sein, das nach den vielen Stunden in großer Höhe der Blick für das Wesentliche etwas getrübt war. Vielleicht waren wir sogar auf dem richtigen Weg, konnten aber, aus was für Gründen auch immer, eine Kletterstelle nicht bewältigen. Wir kamen jedenfalls nicht weiter. Nachdem ich Nerven, Kräfte und gute Laune an diversen Kletterstellen verloren hatte und ein kurzfristiges, nicht geringes Motivationsloch sich in mir breit machte, durfte auch Reinhard seine Kletterkünste unter Beweis stellen. Nach mehrfachen Fluchen seinerseits, einem breiten Grinsen meinerseits, einem Pickelverlust (und hiermit meine ich keine gemeine "Hauterhebung") leider auch meinerseits und einem noch breiteren Grinsen seinerseits, fanden wir einen Weg auf den Gipfel des Obergabelhorns.
Später, wieder im Tal und beim ca 7. Absackern in unserer Lieblings-Beiz, waren wir einer Meinung, daß wir zwar nicht auf dem Normalweg den Gipfel fanden, sicher aber dafür mindestens eine Erstbesteigung auf den letzten 50 Höhenmetern gemacht hatten... dies liest sich auch heute noch viel besser, als das böse Wort "Verhauer". Und einen Pickelersatz hatte ich auch... in Form eines lästiges Lippenherpes!
Einen Vorteil hatte unser langsames Vorankommen dann doch: am Gipfel war das Gedränge recht überschaubar, waren wir auch hier die einzige Seilschaft. Seilschaften, die vielleicht von der Montet- oder Rothornhütte gestartet waren, befanden sich schon längst wieder im Abstieg.
Es war angenehm warm, windstill, mit phantastischen Aus- und Weitblicken. Es sind genau diese Augenblicke, die alle Mühen in den Hintergrund stellen, Unannehmlichkeiten vergessen und Ärgernisse klein und nichtig machen.
Und was soll ich schreiben, es war ein grandioses Gefühl, selbstständig ohne Bergführer den Weg bis hier hin gemeistert zu haben.
Aber genau: bis hier hin heißt noch lange nicht , am Ende der Tour zu sein. Speziallisten des gepflegten Seilsalates haben allergrößte Freuden, wenn es zum Beispiel am Kluckerturm mal wieder NICHT vorangeht, weil das Seil nicht so will, wie deren Besitzer. Ich möchte euch jetzt die Details ersparen, aber zusammengefasst kann gesagt werden, 1. die Abseilspezialisten Reinhard/WoPo hatten nicht immer Spaß bei ihren Manövern und nicht druckreife Worte sollen angeblich in jenen Stunden hier und dort gefallen sein - und 2.,wir waren auch weiterhin nicht die Schnellsten im Walliser Alpenraum... oder positiv geschrieben, wir nutzten den schönen Tag und das Wetter, um ein paar zusätzliche Tourenstunden heraus zu holen. Was soll man auch am Nachmittag langweilig auf der Hüttenterasse in der Sonne sitzen.. und womöglich nichtalkoholfreie Getränke zu sich nehmen... tz,tz,tz, doch nicht die kernigen Flachlandalpinisten!!!
Steht man am Gipfel des Obergabelhorns ist die Wellenkuppe das erklärte Ziel und DER Punkt, an dem man wohl das gröbste der Tour geschafft hat...ist die Wellenkuppe erreicht, weiß man, das dies ein Irrtum war. Auch der weitere Abstieg muß erst einmal gefunden werden, also der RICHTIGE, weitere Abstieg.
Der eine oder andere dezente Steinmann hätte uns hier gut zu Gesicht gestanden, aber anscheinend waren diese wohl gerade anderweitig beschäftigt gewesen.. vielleicht auf der Jahreskonferenz der Walliser Steinmänner, gerüchteweise soll es aber eine rauschende Party an der Wellenkuppe gegeben haben, wo so mancher Steinemann wohl umgekippt ist und deshalb durften wir ohne diese Gesellen den Weg suchen. Aber wer sucht, der findet ....sogar Flachlandnasen...auch wenn`s dann etwas länger dauert .
Ich möchte diesen Bericht nun wirklich nicht künstlich in die Länge ziehen, aber auch nach dem Wellenkuppenabstieg, waren wir noch nicht im gesicherten Bereich der Rothornhütte. Ein kleiner, mieser, fieser Gletscher stellte sich uns in den Weg und meinte, er müsse uns auf den letzten Metern noch ein paar Schwierigkeiten bereiten. Wo käme man auch da hin, das solche Flachlandnasen problemlos zur Hütte gelangen.
So tauchten immer wieder diese unangenehmen Gletscherspaltengesellen auf. Mit aufgeweichten Firn fein säuberlich zugedeckt, warteten sie auf müde Flachlandnasen, die vielleicht herumdaddelnd und unkonzentriert hineinstolpern täten. Überraschenderweise taten Sie dies ausnahmsweise dann mal nicht, brauchten dafür aber auch wieder etwas mehr Zeit, als eigentlich veranschlagt.
Es dämmerte, als wir endlich die Rothornhütte erreichten, es war dunkel, als wir vom tollen Hüttenteam noch ein warmes Essen bekamen und es war stockdunkel, als ich die Kerze meiner Stirnlampe löschte
... oder gab es damals doch schon Batterie betriebene Stirnlampen? :-)
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