Ober Gabelhorn, 4063m via Arbengrat
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Immer noch geflasht von der Tour ist es für mich wieder mal schwierig, meine Eindrücke und Gefühle zu Papier zu bringen …
In Schottland sind es die 3000 Fuss, in den USA die 10‘000 Fuss, in den Alpen die 4000m: der Anziehungskraft einer bestimmten „magischen“ Grenze können sich viele nicht entziehen. Auch ich kann nicht leugnen, dass mich unsere 4000er faszinieren und anziehen, auch wenn es unbestritten ist, dass viele 3000er ebenso schön und v.a. viel einsamer sind.
Jedenfalls wollte ich mit dem BF meines Vertrauens auch dieses Jahr eine grosse Tour unternehmen. Das Ober Gabelhorn soll es diesmal sein. Der Respekt war gross vor der lang anhaltenden Kletterei und auch vor dem sehr steilen Abstieg am Gipfel.
Aufgrund der prognostizierten Neuschneefälle wurde die Tour um einen Tag verschoben, was mich letztlich in Zeitnot bringen wird, wie sich am Ende der Tour herausstellen sollte ... - doch wie immer der Reihe nach:
Zwecks besserer Akklimatisation reiste ich bereits am Vorabend nach Zermatt. Wie ich erst später erfuhr, hatte ich bei der Anreise Glück, denn nur eine Stunde später gab es (erneut!) einen Felssturz bei Randa, welcher zu einem langen Unterbruch bei Bahn und Strasse führte (bis um 11 Uhr am nächsten Morgen) …
Am nächsten Tag trafen wir uns beim Bahnhof Zermatt. Wir waren insgesamt 5 Gäste, was zu 3 Seilschaften führen sollte (mehr dazu später). Mit der Gondelbahn ging’s hoch zum Schwarzsee (2583m). Danach auf dem Wanderweg hinunter zu P.2178 und auf der anderen Seite wieder hinauf, dem Matterhorn-Trail folgend bis zum Arbenbach (P.2345). Hier zweigt der Weg zum Arbenbiwak ab.
Jetzt steil die sehr lange Moräne hinauf. Es folgen diverse Kettenpassagen. Zum Schluss wird's noch knackig: über eine Leiter überwindet man die ersten Meter, danach folgen ein paar sehr ausgesetzte Kletterpassagen. Ein paar weitere Eisen würden es etwas erleichtern ... Hat jedoch Spass gemacht; angeseilt hatten wir hier aus Sicherheitsgründen.
Nach ca. 4 Std. hatten wir das Arbenbiwak (3224m) erreicht. Eher eine kleine, gemütliche Hütte als was ich mir unter einem Biwak vorstellen würde. Wir hatten riesiges Glück, dass am heutigen Tag der ehemalige Hüttenwart mit zwei Kollegen vor Ort war, um die Wasserleitungen zu prüfen / revidieren. So durften wir von fliessendem Wasser profitieren und konnten den ganzen Abend über heisses Wasser für Thé & Kochen produzieren.
So ganz gemütlich wurde es bis am Abend nicht mehr; eher kuschelig eng: mit 23 Personen musste man das Ganze als „full house“ bezeichnen; gekocht wurde in Schichten. Nicht auszudenken, wenn man für das viele Wasser hätte Schnee schmelzen müssen …
Gipfeltag
Das war wohl eine meiner miesesten Nächte in einer Hütte überhaupt – ich hatte keine Minute geschlafen und eigentlich die ganze Nacht nur darauf gewartet, um endlich aufstehen zu können … Gründe dafür gab es einige; z.B. dass man aufgrund der Platznot automatisch geschubst wurde, wenn sich der Nachbar drehte, dass alle 30 Min. jemand aufstand, um auf’s Klo zu gehen oder die Kälte, welche durch die offene Tür hineinkroch …
Jedenfalls lag's nicht an der Nervosität, wie damals bei
WoPo1961 … ;-))
Wie auch immer; 04.15 Uhr endlich aufstehen und Morgenessen. Das von jemandem mitgebrachte Porridge ist zwar gewöhnungsbedürftig, war jedoch zweifelsohne effizienter als trockenes Brot hinunterwürgen und hielt v.a. sehr lange an. Öfter mal was Neues …
Um ca. 04.55 Uhr ging’s los bei (noch) angenehmen Temperaturen. Wie eingangs kurz erwähnt, bildeten wir drei Seilschaften: zwei Gäste mit dem BF, zwei Gäste bildeten eine eigene Seilschaft und schliesslich meine Wenigkeit mit dem BF-Aspiranten. Welche Nachteile die Seilschaft ohne BF mit sich bringen sollte, würde sich noch zeigen …
Bald schon wurde das steile Firnfeld erreicht, wo wir die Steigeisen montierten. Erstmals heftiges Arbeiten des Motors … Nach dem Firnfeld wieder in die Felsen und das grosse Band hinauf, welches vom Biwak aus zu sehen ist.
Kaum hatten wir den Arbengrat erreicht, empfing uns ein eiskalter Wind. Nach wie vor ging die 3er-Seilschaft voraus, wir folgten nach, zuletzt die Seilschaft ohne BF. Die Kletterei wurde nun anspruchsvoller; das Gelände steiler. Und hier fingen die Probleme an: Immer wieder mussten wir auf die 2er-Seilschaft warten. Um Missverständnisse auszuräumen; die beiden haben das Ganze sehr gut gemacht. Sie waren mit dem Seil-Handling jedoch permanent 2-3 mal langsamer als ein BF – was ja auch normal ist.
Nur: so warteten wir immer wieder 10-15 Min., bis die beiden nachgeklettert waren. Mit meinem BF kam ich sehr gut voran, verstanden uns gut. Aber eben … - die andauernde Warterei im eisigen Wind hatte irgendwann Folgen: ich begann am ganzen Körper zu zittern und wurde steif. Die eigentlich sehr schöne Kletterei (oft II, aber auch III) wurde somit zur lästigen Pflicht; wir wollten nur noch rauf und auf die andere Seite des Berges, wo es windstill war.
So erreichten wir mit grosser Verzögerung den Gipfel des Ober Gabelhorn (4063m) um ca. 10.30 Uhr. Da der schmale Gipfel sowieso kein Platz zum Sitzen hat, gab’s nur schnell ein Foto, dann ging‘s gleich weiter um’s Eck zur ersten Abseilstelle. Und hier war’s dann auch wieder windstill; was für eine Wohltat …
Wir entschieden uns, die ersten Passagen abzuseilen, worüber ich nicht unglücklich war. Wie bereits erwähnt, sind die ersten ca. 100Hm sehr steil …
Es folgten also mehrere Abseilaktionen, wobei die 2er-Seilschaft auch hier erheblich mehr Zeit benötigte. Insgesamt (Auf- und Abstieg) haben wir ca. 2-3 Std. mit Warten verloren …
Oder um nochmals
WoPo1961 zu zitieren: wir nutzten den schönen Tag, um ein paar zusätzliche Tourenstunden herauszuholen ...
Nach und nach sind wir viele Passagen abgeklettert, während die 2er-Seilschaft das Abseilen beibehielt und somit noch mehr Zeit verlor … Endlich erreichten wir das steile Firnfeld, wo nochmals höchste Konzentration galt.
Wenn der schmale Grat überwunden ist, wartet zum Dessert noch der Grosse Gendarm, welcher überklettert wird.
Danach helfen Fixseile, wo man problemos (auch mit Steigeisen) abklettern kann. Wir waren längst unten, als die 2er-Seilschaft immer noch beim Abseilen war … Hier entschieden wir uns (natürlich erst nach Rücksprache), weiter zu gehen. Die lediglich ca. 80 Hm zur Wellenkuppe (3899m) hinauf waren für mich erwartungsgemäss nochmals zäh, denn irgendwann spürt man (also ich zumindest) jeden Meter Gegenanstieg …
Auf der anderen Seite stiegen wir die restlichen Meter auf dem Firn ab, bis wir die Felsen erreichten. Dort wartete längst die 3er-Seilschaft bei der gemütlichen Siesta ;-). Wir vereinbarten, dass ein Gast bei uns eingehängt wird, wir zu Dritt weitergehen und der BF auf die 2er-Seilschaft warten würde.
Wir kamen auch zu Dritt flott voran, weiterhin fast alles abkletternd, bis auf 2 Stufen, wo es ratsam war, nochmals abzuseilen. Ohne Probleme gelangten wir so auf den Trift-Gletscher. Zum letzten Mal Steigeisen montieren und noch ca. 1 Stunde auf dem Pflutsch latschen. Um ca. 17.30 Uhr erreichten wir endlich die Rothornhütte (3197m).
Gerne hätte ich mit dem BF-Aspiranten und dem Seilpartner etwas getrunken; allein, mir rannte die Zeit davon. Das ultimative Ziel war eigentlich, die letzte für mich funktionierende ÖV-Verbindung zu erreichen, d.h. den 20.15 Uhr-Zug ab Zermatt.
Die Zermatter haben zwar fast auf jeden umliegenden Hügel eine Bahn gebaut, nicht aber auf diese Seite – heute wäre ich jedenfalls dankend hinuntergefahren … ;-).
So aber stand mir noch der lange Abstieg nach Zermatt bevor. Ich stieg also zügig ab; der Weg nur schon bis zum Berggasthaus Trift (2337m) schien sich aber endlos hinzuziehen. Spätestens dort sah ich ein, dass ich die letzte ÖV-Verbindung nach Hause nicht mehr schaffen werde …
Deutlich langsamer und auch mittlerweile müde kämpfte ich mich also nach Zermatt hinunter. Noch schnell meine deponierten Sachen im Hotel abholen, mich durch das Gedränge des Strassenfestes schlängelnd erreichte ich schliesslich nach insgesamt 16 Std. um ca. 20.45 Uhr den Bahnhof Zermatt – jedenfalls 30 Min. zu spät …
Um 21.13 Uhr den letzten Zug genommen – vermeintlich! Zusammen mit 5-6 weiteren Personen hatte ich mich in den „falschen“ Zug gesetzt. Der war zwar tatsächlich mit „Brig“ angeschrieben (was offensichtlich falsch war), war jedoch ein Regionalzug nach Täsch …
Ist wohl der Müdigkeit und/oder Unkenntnis zuzuschreiben, dass ich (und die anderen) nicht realisierten, dass sich das richtige Gleis 6 (am Perron-Ende nicht ersichtlich) sich versetzt weiter vorne befand …
Der lapidare Kommentar eines Zugbegleiters war dann „ich wollte Euch noch warnen, aber Euer Zug ist jetzt vor 2 Min. abgefahren …“.
Aber Murphys law besagt ja bekanntlich, dass alles, was schief gehen kann, auch schief gehen wird …
Ohne weiter ins Detail zu gehen: zusammen mit einer netten Frau organisierte ich ein Taxi, was schliesslich in einer privaten Autofahrt nach Stalden endete, wo wir „unseren“ Zug wieder eingeholt hatten. Weiter nach Zürich, von wo aus nur noch ein weiteres Taxi nach Hause führte, wo ich schliesslich todmüde um 02.00 Uhr ins Bett fiel …
(klar wäre eine weitere Übernachtung in Zermatt vernünftig gewesen; aufgrund diverser Termine am nächsten Tag war mir dies jedoch nicht möglich. Unnötig zu erwähnen, dass die verlorene Zeit am Berg mehr als ärgerlich war – normalerweise hätte ich es locker mit ÖV nach Hause geschafft und hätte nebenher auch noch viel Geld sparen können …).
So endete also ein sehr langer Tag in Müdigkeit, aber auch sehr grossen Zufriedenheit.
Herzlichen Dank an BF André für die kompetente Führung!
Fazit:
eine grossartige Tour mit Genuss-Klettern in bestem Fels. Wir durften von aperen und trockenen Verhältnissen profitieren, was die Unternehmung natürlich erheblich erleichterte. Die Kulisse rund um das Gabelhorn ist einfach grossartig.
Definitiv eine weitere Tour, welche mir ewig in Erinnerung bleiben wird!
Zudem: ich weiss zwar nicht weshalb, nahm es aber dankend an: ausnahmsweise mal keine Knieschmerzen, trotz der anstrengenden und langen Tour ... :-)
Bemerkungen:
der Aussage „beliebte Tour, da nicht allzu lange“ kann ich nicht ganz folgen: selbst wenn ich die 2-3 Std. Wartezeit abziehe (siehe oben), ist es immer noch eine sehr lange und anspruchsvolle Tour – umso mehr, wenn man ohne Profi unterwegs ist und für das Seil-Handling mehr Zeit einrechnen muss …
Solche Aussagen müssen also relativiert bzw. richtig eingeordnet werden.
GPS
irgendwann unterhalb der Rothornhütte hat der Akku der Uhr den Geist aufgegeben; die Tour war offensichtlich auch für die Uhr zu anstrengend … ;-)
Zeiten (inkl. Pausen):
- Schwarzsee – Arbenbiwak: 4 Std. (Tag 1: 423Hm ab, 1052Hm auf, 11km)
- Arbenbiwak – Gipfel: ca. 5 ½ Std. (Tag 2: 1000Hm auf, 2600Hm runter)
- Gipfel – Rothornhütte: ca. 5 Std.
- Rothornhütte – Zermatt: 3 Std.
In Schottland sind es die 3000 Fuss, in den USA die 10‘000 Fuss, in den Alpen die 4000m: der Anziehungskraft einer bestimmten „magischen“ Grenze können sich viele nicht entziehen. Auch ich kann nicht leugnen, dass mich unsere 4000er faszinieren und anziehen, auch wenn es unbestritten ist, dass viele 3000er ebenso schön und v.a. viel einsamer sind.
Jedenfalls wollte ich mit dem BF meines Vertrauens auch dieses Jahr eine grosse Tour unternehmen. Das Ober Gabelhorn soll es diesmal sein. Der Respekt war gross vor der lang anhaltenden Kletterei und auch vor dem sehr steilen Abstieg am Gipfel.
Aufgrund der prognostizierten Neuschneefälle wurde die Tour um einen Tag verschoben, was mich letztlich in Zeitnot bringen wird, wie sich am Ende der Tour herausstellen sollte ... - doch wie immer der Reihe nach:
Zwecks besserer Akklimatisation reiste ich bereits am Vorabend nach Zermatt. Wie ich erst später erfuhr, hatte ich bei der Anreise Glück, denn nur eine Stunde später gab es (erneut!) einen Felssturz bei Randa, welcher zu einem langen Unterbruch bei Bahn und Strasse führte (bis um 11 Uhr am nächsten Morgen) …
Am nächsten Tag trafen wir uns beim Bahnhof Zermatt. Wir waren insgesamt 5 Gäste, was zu 3 Seilschaften führen sollte (mehr dazu später). Mit der Gondelbahn ging’s hoch zum Schwarzsee (2583m). Danach auf dem Wanderweg hinunter zu P.2178 und auf der anderen Seite wieder hinauf, dem Matterhorn-Trail folgend bis zum Arbenbach (P.2345). Hier zweigt der Weg zum Arbenbiwak ab.
Jetzt steil die sehr lange Moräne hinauf. Es folgen diverse Kettenpassagen. Zum Schluss wird's noch knackig: über eine Leiter überwindet man die ersten Meter, danach folgen ein paar sehr ausgesetzte Kletterpassagen. Ein paar weitere Eisen würden es etwas erleichtern ... Hat jedoch Spass gemacht; angeseilt hatten wir hier aus Sicherheitsgründen.
Nach ca. 4 Std. hatten wir das Arbenbiwak (3224m) erreicht. Eher eine kleine, gemütliche Hütte als was ich mir unter einem Biwak vorstellen würde. Wir hatten riesiges Glück, dass am heutigen Tag der ehemalige Hüttenwart mit zwei Kollegen vor Ort war, um die Wasserleitungen zu prüfen / revidieren. So durften wir von fliessendem Wasser profitieren und konnten den ganzen Abend über heisses Wasser für Thé & Kochen produzieren.
So ganz gemütlich wurde es bis am Abend nicht mehr; eher kuschelig eng: mit 23 Personen musste man das Ganze als „full house“ bezeichnen; gekocht wurde in Schichten. Nicht auszudenken, wenn man für das viele Wasser hätte Schnee schmelzen müssen …
Gipfeltag
Das war wohl eine meiner miesesten Nächte in einer Hütte überhaupt – ich hatte keine Minute geschlafen und eigentlich die ganze Nacht nur darauf gewartet, um endlich aufstehen zu können … Gründe dafür gab es einige; z.B. dass man aufgrund der Platznot automatisch geschubst wurde, wenn sich der Nachbar drehte, dass alle 30 Min. jemand aufstand, um auf’s Klo zu gehen oder die Kälte, welche durch die offene Tür hineinkroch …
Jedenfalls lag's nicht an der Nervosität, wie damals bei

Wie auch immer; 04.15 Uhr endlich aufstehen und Morgenessen. Das von jemandem mitgebrachte Porridge ist zwar gewöhnungsbedürftig, war jedoch zweifelsohne effizienter als trockenes Brot hinunterwürgen und hielt v.a. sehr lange an. Öfter mal was Neues …
Um ca. 04.55 Uhr ging’s los bei (noch) angenehmen Temperaturen. Wie eingangs kurz erwähnt, bildeten wir drei Seilschaften: zwei Gäste mit dem BF, zwei Gäste bildeten eine eigene Seilschaft und schliesslich meine Wenigkeit mit dem BF-Aspiranten. Welche Nachteile die Seilschaft ohne BF mit sich bringen sollte, würde sich noch zeigen …
Bald schon wurde das steile Firnfeld erreicht, wo wir die Steigeisen montierten. Erstmals heftiges Arbeiten des Motors … Nach dem Firnfeld wieder in die Felsen und das grosse Band hinauf, welches vom Biwak aus zu sehen ist.
Kaum hatten wir den Arbengrat erreicht, empfing uns ein eiskalter Wind. Nach wie vor ging die 3er-Seilschaft voraus, wir folgten nach, zuletzt die Seilschaft ohne BF. Die Kletterei wurde nun anspruchsvoller; das Gelände steiler. Und hier fingen die Probleme an: Immer wieder mussten wir auf die 2er-Seilschaft warten. Um Missverständnisse auszuräumen; die beiden haben das Ganze sehr gut gemacht. Sie waren mit dem Seil-Handling jedoch permanent 2-3 mal langsamer als ein BF – was ja auch normal ist.
Nur: so warteten wir immer wieder 10-15 Min., bis die beiden nachgeklettert waren. Mit meinem BF kam ich sehr gut voran, verstanden uns gut. Aber eben … - die andauernde Warterei im eisigen Wind hatte irgendwann Folgen: ich begann am ganzen Körper zu zittern und wurde steif. Die eigentlich sehr schöne Kletterei (oft II, aber auch III) wurde somit zur lästigen Pflicht; wir wollten nur noch rauf und auf die andere Seite des Berges, wo es windstill war.
So erreichten wir mit grosser Verzögerung den Gipfel des Ober Gabelhorn (4063m) um ca. 10.30 Uhr. Da der schmale Gipfel sowieso kein Platz zum Sitzen hat, gab’s nur schnell ein Foto, dann ging‘s gleich weiter um’s Eck zur ersten Abseilstelle. Und hier war’s dann auch wieder windstill; was für eine Wohltat …
Wir entschieden uns, die ersten Passagen abzuseilen, worüber ich nicht unglücklich war. Wie bereits erwähnt, sind die ersten ca. 100Hm sehr steil …
Es folgten also mehrere Abseilaktionen, wobei die 2er-Seilschaft auch hier erheblich mehr Zeit benötigte. Insgesamt (Auf- und Abstieg) haben wir ca. 2-3 Std. mit Warten verloren …
Oder um nochmals

Nach und nach sind wir viele Passagen abgeklettert, während die 2er-Seilschaft das Abseilen beibehielt und somit noch mehr Zeit verlor … Endlich erreichten wir das steile Firnfeld, wo nochmals höchste Konzentration galt.
Wenn der schmale Grat überwunden ist, wartet zum Dessert noch der Grosse Gendarm, welcher überklettert wird.
Danach helfen Fixseile, wo man problemos (auch mit Steigeisen) abklettern kann. Wir waren längst unten, als die 2er-Seilschaft immer noch beim Abseilen war … Hier entschieden wir uns (natürlich erst nach Rücksprache), weiter zu gehen. Die lediglich ca. 80 Hm zur Wellenkuppe (3899m) hinauf waren für mich erwartungsgemäss nochmals zäh, denn irgendwann spürt man (also ich zumindest) jeden Meter Gegenanstieg …
Auf der anderen Seite stiegen wir die restlichen Meter auf dem Firn ab, bis wir die Felsen erreichten. Dort wartete längst die 3er-Seilschaft bei der gemütlichen Siesta ;-). Wir vereinbarten, dass ein Gast bei uns eingehängt wird, wir zu Dritt weitergehen und der BF auf die 2er-Seilschaft warten würde.
Wir kamen auch zu Dritt flott voran, weiterhin fast alles abkletternd, bis auf 2 Stufen, wo es ratsam war, nochmals abzuseilen. Ohne Probleme gelangten wir so auf den Trift-Gletscher. Zum letzten Mal Steigeisen montieren und noch ca. 1 Stunde auf dem Pflutsch latschen. Um ca. 17.30 Uhr erreichten wir endlich die Rothornhütte (3197m).
Gerne hätte ich mit dem BF-Aspiranten und dem Seilpartner etwas getrunken; allein, mir rannte die Zeit davon. Das ultimative Ziel war eigentlich, die letzte für mich funktionierende ÖV-Verbindung zu erreichen, d.h. den 20.15 Uhr-Zug ab Zermatt.
Die Zermatter haben zwar fast auf jeden umliegenden Hügel eine Bahn gebaut, nicht aber auf diese Seite – heute wäre ich jedenfalls dankend hinuntergefahren … ;-).
So aber stand mir noch der lange Abstieg nach Zermatt bevor. Ich stieg also zügig ab; der Weg nur schon bis zum Berggasthaus Trift (2337m) schien sich aber endlos hinzuziehen. Spätestens dort sah ich ein, dass ich die letzte ÖV-Verbindung nach Hause nicht mehr schaffen werde …
Deutlich langsamer und auch mittlerweile müde kämpfte ich mich also nach Zermatt hinunter. Noch schnell meine deponierten Sachen im Hotel abholen, mich durch das Gedränge des Strassenfestes schlängelnd erreichte ich schliesslich nach insgesamt 16 Std. um ca. 20.45 Uhr den Bahnhof Zermatt – jedenfalls 30 Min. zu spät …
Um 21.13 Uhr den letzten Zug genommen – vermeintlich! Zusammen mit 5-6 weiteren Personen hatte ich mich in den „falschen“ Zug gesetzt. Der war zwar tatsächlich mit „Brig“ angeschrieben (was offensichtlich falsch war), war jedoch ein Regionalzug nach Täsch …
Ist wohl der Müdigkeit und/oder Unkenntnis zuzuschreiben, dass ich (und die anderen) nicht realisierten, dass sich das richtige Gleis 6 (am Perron-Ende nicht ersichtlich) sich versetzt weiter vorne befand …
Der lapidare Kommentar eines Zugbegleiters war dann „ich wollte Euch noch warnen, aber Euer Zug ist jetzt vor 2 Min. abgefahren …“.
Aber Murphys law besagt ja bekanntlich, dass alles, was schief gehen kann, auch schief gehen wird …
Ohne weiter ins Detail zu gehen: zusammen mit einer netten Frau organisierte ich ein Taxi, was schliesslich in einer privaten Autofahrt nach Stalden endete, wo wir „unseren“ Zug wieder eingeholt hatten. Weiter nach Zürich, von wo aus nur noch ein weiteres Taxi nach Hause führte, wo ich schliesslich todmüde um 02.00 Uhr ins Bett fiel …
(klar wäre eine weitere Übernachtung in Zermatt vernünftig gewesen; aufgrund diverser Termine am nächsten Tag war mir dies jedoch nicht möglich. Unnötig zu erwähnen, dass die verlorene Zeit am Berg mehr als ärgerlich war – normalerweise hätte ich es locker mit ÖV nach Hause geschafft und hätte nebenher auch noch viel Geld sparen können …).
So endete also ein sehr langer Tag in Müdigkeit, aber auch sehr grossen Zufriedenheit.
Herzlichen Dank an BF André für die kompetente Führung!
Fazit:
eine grossartige Tour mit Genuss-Klettern in bestem Fels. Wir durften von aperen und trockenen Verhältnissen profitieren, was die Unternehmung natürlich erheblich erleichterte. Die Kulisse rund um das Gabelhorn ist einfach grossartig.
Definitiv eine weitere Tour, welche mir ewig in Erinnerung bleiben wird!
Zudem: ich weiss zwar nicht weshalb, nahm es aber dankend an: ausnahmsweise mal keine Knieschmerzen, trotz der anstrengenden und langen Tour ... :-)
Bemerkungen:
der Aussage „beliebte Tour, da nicht allzu lange“ kann ich nicht ganz folgen: selbst wenn ich die 2-3 Std. Wartezeit abziehe (siehe oben), ist es immer noch eine sehr lange und anspruchsvolle Tour – umso mehr, wenn man ohne Profi unterwegs ist und für das Seil-Handling mehr Zeit einrechnen muss …
Solche Aussagen müssen also relativiert bzw. richtig eingeordnet werden.
GPS
irgendwann unterhalb der Rothornhütte hat der Akku der Uhr den Geist aufgegeben; die Tour war offensichtlich auch für die Uhr zu anstrengend … ;-)
Zeiten (inkl. Pausen):
- Schwarzsee – Arbenbiwak: 4 Std. (Tag 1: 423Hm ab, 1052Hm auf, 11km)
- Arbenbiwak – Gipfel: ca. 5 ½ Std. (Tag 2: 1000Hm auf, 2600Hm runter)
- Gipfel – Rothornhütte: ca. 5 Std.
- Rothornhütte – Zermatt: 3 Std.
Tourengänger:
Linard03

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