In 4 Tagen von Villeneuve nach La Tine


Publiziert von kopfsalat , 18. Oktober 2011 um 09:53. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Waadt » Waadtländer Alpen
Tour Datum:13 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VD   CH-FR 
Zeitbedarf: 4 Tage
Strecke:Villeneuve - Rochers de Naye - Col de Jaman - Allières - Corjon - La Tine
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Villeneuve
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo La Tine
Unterkunftmöglichkeiten:Hotels in Villeneuve; Cabane Col de Jaman CAS; Hôtel-Restaurant La Croix de Fer, Les Allières
Kartennummer:Zusammensetzung 2517 Rochers de Naye - Moléson LK 1:25'000

Diesmal stimmen Planung und Ausführung fast präzise überein: Ein gemütliches verlängertes Wochenende, verbunden mit ornithologischer Exkursion auf der wir unser neustes Spielzeug, ein Zeiss Diascope 65 T* FL, ausprobieren wollen.

Anhand des Spezialwanderführers "Vögel beobachten in der Schweiz" aus dem Ott Verlag finden wir schnell ein passendes Ziel: Das Rhônedelta Les Grangettes bei Villeneuve gut kombinierbar mit der Vogelberingungsstation auf dem Col de Jaman.


Do, 13.10.2011

Fahrt mit der SBB via Lausanne nach Villeneuve (VD). Das Hotel L'Aigle liegt sehr zentral nur ein paar Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Das ist leider der einzige Pluspunkt. Das an- und für-sich sehr malerische historische Städtchen ist vor lauter parkierter und durchfahrender Autos nicht mehr erkennbar. Das Hotel hat seinen nie erreichten Höhepunkt schon vor mehreren Jahrhunderten überschritten. Die Einzelheiten erspare ich euch. Ein Zeltplatz ist weit moderner und komfortabler und erst noch billiger. Einzig das Essen war reichhaltig und gut.

So haben wir genug Zeit, uns um die ornithologischen Vorzüge dieser Gegend zu kümmern. Und die waren durchaus beachtenswert. Neben zahllosen Wasservögeln aller Art u.a. Haubentauchern, Kormoranen, Reiher-, Tafel- und Stockenten, einigen Bekassinen und eines Flussuferläufers, dürfen wir Zeugen eines besonderen Schauspiels werden. Als wieder einmal ein Trupp Stare über uns hinwegfliegt, stösst mit rasender Geschwindigkeit ein, mit den angezogenen Flügeln zur perfekten Pfeilform gewordener, Wanderfalke aus dem Himmel, schnappt sich nach einem rasanten Haken einen der Stare mit seinen Krallen und ist wieder davongeflogen, ehe ich auch nur ein vernünftiges Fotos schiessen kann.

Fr, 14.10.2011

Nach dem Frühstück machen wir nochmals eine Runde bei den Wasservögeln und können dabei auch noch eine Eisvogel beobachten.

Um 10 Uhr nehmen wir den Zug nach Montreux, wo wir auf das Zahnradbähnchen umsteigen, das uns in abwechslungsreicher Fahrt durch den Nebel auf die Rochers de Naye hinauffährt. Oben haben wir keine Lust, uns lange mit den Touristenfallen zu beschäftigen und machen uns auf den Weg zum Col de Jaman.

Der nicht markierte aber gut ausgetretene Weg führt dem Grat entlang über den Grand Chaux de Naye bis zu einer Stelle mit blauem Wegweiser und eiserner Tafel, welche auf die grossen Gefahren des Weiterwegs hinweist. Wir steigen in die stellenweise noch schneebedeckte Nordflanke hinunter. Der Pfad ist mit zahlreichen Stahlseilen, Ketten und Treppen versehen.

Nach 5 Minuten befinden wir uns beim oberen Eingang zu den Grottes de Naye. Da u.a. Leitern und ein 20m langer Schacht bewältigt werden müssen, was aufgrund des Schnees und unserer eher voluminösen und dank der ornithologischen Spezialausrüstung, schweren Rucksäcke schwierg werden dürfte, wählen wir den Weg aussen um die Grotten herum. Dieser entpuppt sich jedoch als fast so grosse Herausforderung, denn nach einer ca. 10m lange Treppe über einen gut 100m tiefen Abgrund folgt eine steile schneegefüllte Rinne, in der das Geländerseil unter dem gefrorenen Schnee begraben ist. Zum Glück ist der Schnee gut griffig und die Passage schnell gemeistert. Nun folgt das Filetstück, eine 50m lange Treppe führt, ziemlich exponiert aussen an der Felswand entlang nach unten! Aber auch das schaffen wir. Als Dessert wartet noch die Traverse einer schneebedeckten Blockschutthalde zum Col de Bonaudon.

Der Weiterweg führt, meist vom Nebel verhüllt, auf guten Pfaden und Wegen in weiten Kehren zum Col de Jaman hinunter. Die SAC Hütte liegt auf der Nordwestseite des Passes und ist, wie per E-Mail mitgeteilt, offen. Wetter und Temperaturen lassen arg zu wünschen übrig. Das Thermometer in der Hütte zeigt knapp 12° an und draussen verdecken, von einem eisigen Wind begleitete, Nebelschwaden immer wieder die Sicht. So packe ich den Schlafsack aus und gönne mir ein Nachmittagsschläfchen, während lemon sich dem Kanonenofen widmet. Schon nach kurzer Zeit riecht es angenehm nach Holzfeuer. Und nach ca. einer Stunde ist das Thermometer auf stolze 18° geklettert, in Ofennähe dürfte es einiges darüber sein. Da es eh nichts mehr zu sehen gibt und es zudem langsam am Eindunkeln ist, machen wir uns ans Nachtessen. Orientalischer Nudeleintopf mit Klöpfer-Cordon-Bleu und Gutzi zum Dessert. Ein ausgewogenes Znacht, bevor wir uns früh zu Bett begeben. Es war doch noch ein recht anstrengender Tag.

Sa, 15.10.2011

In der Nacht klart es auf und als wir erwachen, trübt kein Wölklein die Sicht über dem wogenden Nebelmeer über dem Lac Léman. Schnell stellen wir Spektiv und Stativ auf und begeben uns, noch dick eingemummelt nach draussen. Immer wieder fliegen kleine Trupps Buch- und Distelfinken über den Pass, auch ein paar Ringeltauben, Wiesenpieper, Sing-, Wacholder-, Mistel- und Rotdrosseln gehören zum Programm. Bald schon erhebt sich die wärmende Sonne über dem markanten Dent de Jaman. Gerade als wir auf der Sonnenterrasse am frühstücken sind, hören wir im staudenbewachsenen Hang über uns, das, an eine glucksende Wasserleitung erinnernde, an- und abschwellende Gurren eine Birkhahns. Leider sehen wir ihn erst auf- und davonfliegen, als ein paar Wanderer dort vorbeikommen. Wie zum "Dank" vernehmen wir das Lachen eines Grünspechts.

Gegen 10 Uhr machen auch wir uns wieder auf die Socken, nachdem wir die Hütte aufgeräumt und geputzt haben. Der Weg führt uns an der Westflanke nach Norden zum Pass bei Pierra Perchia. Hier geniessen wir die herrliche Rundumsicht, werweissen wann der wackelige Senior, der ums Verrecken auf die Cape au Moine aufsteigen will, ausrutscht und zu Tode stürzt. Aber er erkennt seine Grenzen noch rechtzeitig und kehrt in den Pass zurück. Beim betrachten der jähen Felswände huscht plötzlich ein kleiner schwarz-rot-weisser Fleck fledermausartig an uns vorbei, ein Mauerläufer.

Beim Abstieg durch das Karrengelände bei L'Urqui mahne ich Fränzi spasseshalber zur Vorsicht, es könnte hier durchaus Gemsen oder Steinböcke haben und prompt steigt keine 100m vor uns ein Dutzend Steingeissen mit Jungtieren seelenruhig durch die Blockschutthalde empor. Der Weiterweg gestaltet sich anspruchsvoller als er auf der Karte aussieht. In der schattigen Flanke ist der Boden unter dem Herbstlaub teilweise noch gefroren und jeder Schritt erfordert Konzentration, will man nicht ausgleiten. Bald sind wir bei der Station Les Allières der Montreux-Oberland-Bahn.

Von hier ist es nur noch einen halben Kilometer bis zum Hôtel La Croix de Fer. Nachdem wir unsere Rucksäcke aufs romantische Zimmer gebracht haben, genehmigen wir uns im sonnigen Gärtchen eine Erfrischung. Duschen, ein wenig Ausruhen und schon gibt es Nachtessen. Gamsschnitzel mit allem was dazugehört, sehr fein. Als wir die Zimmertüre aufmachen, streicht uns die Hauskatze an den Beinen entlang und huscht schnell hinein. Eigentlich hätten wir nichts gegen ein kleines Wäremkissen, leider ist lemon algerisch auf Katzenhaare, so muss der Mäusetiger wieder vor die Türe. Was ihm sicht- und hörbar gar nicht passt. Auch mitten in der Nacht versucht er's noch zwei, drei Mal; kratzt an der Türe und miaut auf's erbärmlichste.

So, 16.10.2011

Strahlend blauer Himmel aber noch eisig kalt. So schenken wir zuerst dem reichhaltigen Frühstücksbuffett unsere Aufmerksamkeit. Gegen 10 Uhr brechen wir dann doch auf. Zuerst ins Tal hinunter, wo wir den ruhig dahinplätschernden Hongrin bei Villa auf einer Brücke überqueren, dann durch viel bordeaux-roten, zähen, klebrig-rutschigen Lehm zum Stall bei Pierra Devant. Nun auf gutem Alpweg nach Pierra Derrey. Hier steil hinauf nach Châtelards, wo wir eine längere Pause einlegen und meinen über der Dent de Corjon zwei Adler zu sehen. Bis wir das Spektiv bereit haben, sind sie leider davongeflogen.

Nun auf breiter Alpstrasse nach Corjon, wo wir noch einmal die phantastische Aussichtung Richtung Pays d'Enhaut und auf die aus ungewohnter Perspektive aufgereihten Berner Alpen geniessen. Weiter geht's auf der aufwendig aus dem Fels gehauenen Alpstrasse hinunter nach Crau Dessous. Von hier dann wieder auf einem, selten begangenen, Wanderweg im steilen Zickzack zur Fahrstrasse bei Traylasille. Nach ca. 500m sind wir beim Statiönchen von La Tine. Da der eigentlich anvisierte Zug Richtung Montbovon - Bulle erst in einer halben Stunde kommt, nehmen wir den 15:36 Golden-Pass-Express nach Gstaad - Zweisimmen. So erleben wir als Abschluss dieses gelungenen Wochenendes, eine kleine Schweizer Reise, durch für uns ziemlich unbekannte Gebiete.

Tourengänger: kopfsalat, lemon


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