Heilbronner Weg


Publiziert von schimi , 15. August 2011 um 14:41.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 3 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:15

Wir ändern unseren Plan für den Heilbronner Weg; denn die Wetteraussichten sind schlecht. Ab Mittag sollen Gewitter und Regen aufkommen. Eigentlich wollten wir in aller Ruhe das Hohe Licht besteigen, eine gemütliche Rast machen; die Aussicht genießen und dann den Heilbronner Weg bis zum Waltenberger Haus begehen. Der zweite Tag sollte mit dem Reststück des Heilbronner Weges und der Mädelegabel für Kurzweil sorgen. Alles in Ruhe und möglichst den Menschenmengen ausweichend. Regen und Gewitter standen nicht auf unserer Wunschliste. Und auf solch einem alpinen Hochgebirgsweg sollte man damit auch nicht zu arg konfrontiert sein.
Wir entschließen uns also wegen der schlechten Wetteraussichten die beiden Berge wegzulassen und den Heilbronner Weg möglichst zügig an einem Tag bis zur Kemptener Hütte zu gehen.

An der Rappenseehütte stehen sechs Stunden auf dem Wegweiser, die Literatur spricht meist von sechs bis sieben Stunden; das ist ja durchaus ein beherrschbares Tagespensum. Wir gehen also nach dem Frühstück los, und erfreuen uns an der ruhigen Atmosphäre an diesem noch kühlen Morgen.

Der Aufstieg führt uns zunächst über Wiesengelände nach Südwesten in Richtung der Geländelücke zwischen Hochgundspitze und Rotgundspitze. Als wir diese betreten wird der Weg flacher und die Szenerie wechselt komplett und unvermittelt von grün in grau. Nach wenigen Minuten schon ist keinerlei Pflanzenbewuchs mehr zu sehen. So geht es einige Minuten eben zwischen den beiden Bergen entlang, bis der Weg dann auch interessanter wird, weil er in steten Windungen und auf und ab ein felsiges Gebiet durchmisst. Wir sind in der Steinscharte, und die macht ihrem Namen alle Ehre. Außer Steinen gibt es hier wirklich gar nichts!

Es geht jetzt in kleinen Serpentinen nur noch bergauf; wir steigen über eine Seitenmoräne dem Felsmassiv des Hohen Licht entgegen. Kurz vor Beginn des steilen Felsbereichs setzen wir noch unsere Steinschlaghelme auf und befestigen unsere Wanderstöcke am Rucksack, damit wir unsere Hände frei haben. Gleich zu Beginn geht es ordentlich nach oben. Das Gelände ist steil, aber gut versichert und nicht schwer zu begehen. Wer einigermaßen sicher auf den Beinen ist, benötigt keinen Sicherungsgurt, aber die Hände. Nach kurzer Zeit schon erreichen wir die Stelle, wo der Weg nach Rechts zum Hohen Licht abzweigt. Leider müssen wir diesen Abstecher aus bekannten Gründen sein lassen.

Das erste, und wohl auch eines der bekannten Highlights, ist das Heilbronner Thörle. Der Weg führt dort durch einen engen Spalt auf die andere Seite eines großen Felsens. Der Spalt ist gerade so breit, dass man mit seinem Rucksack hindurch kommt. Natürlich möchte das auch fast jeder fotografieren. Und so ist es klar, dass es vor dem Thörle etwas Zeit zum pausieren und umherschauen gibt. Am besten man genießt die geschenkte Zeit und nutzt diese.

Unser erster Gipfel kommt gleich danach. Es ist der Steinschartenkopf; er ist sogleich auch der höchste Punkt des Heilbronner Weges. Dort sind die von vielen Bildern bekannten zwei Leitern. Die eine liegt waagerecht am höchsten Punkt zwischen zwei Felsen auf dem Grat, die andere kurz davor, steht fast senkrecht. Beide sind kurz, stabil, leicht zu begehen und weitaus weniger spektakulär, als man sie sich vorgestellt hat. Die waagerechte Leiter hat ein schönes stabiles Geländer und keine Sprossen sondern sehr stabile Tritte. Also mehr Brücke als liegende Leiter.

Wenn man später steil links unten durch das hintere Bockkar das Waltenberger Haus erblickt, hat man schon einen großen Teil der grandiosen Felsstrecke absolviert. Unser Blick richtet sich immer wieder nach Westen, um das Wetter zu beobachten. Noch herrscht Ruhe am Himmel, aber die Anzeichen sind schon jetzt eindeutig; das schlechte Wetter kommt zügig auf uns zu.

Wir machen uns als nächstes am Bockkarkopf zu schaffen. Ein mächtiger Felsklotz. Schon beim Abstieg des letzten Felsklotzes sah man die mühsame Wegführung. Die fleißigen Wegebauer mussten hier ihre ganze (Spreng)kraft einsetzen. Deutlich sieht man die in den Fels gearbeitete Furche, die als Weg dient. Auf der anderen Seite geht es in stark verwittertem Gestein bergab, bevor man links unten dann auch wieder das Waltenberger Haus durch das vordere Bockkar zu sehen bekommt.

An dieser Stelle hat man den eigentlichen Heilbronner Weg (nämlich den spektakulären Teil) schon bewältigt. Wir müssen nun nicht mehr nach Westen schauen, denn die ersten Nebel ziehen rasant um die Gipfel und treiben mit hoher Geschwindigkeit aus den Scharten nach oben zu uns. Der Himmel ist mit einer sehr hohen Eisbewölkung überzogen. Der Wind wird kräftiger. Die Kaltfront macht sich gerade breit; in einer Stunde wird es regnen!

Wir verlieren nun keine Zeit mehr und machen uns daran, den kleinen Schwarzmilzferner zu überwinden. Ein spärlicher dreckiger und voll von Geröll liegender Restgletscher. Seltsamerweise kommen uns bei diesem Wetter immer noch Leute entgegen. Ich habe keine konkrete Vorstellung, was diese auf dem Heilbronner Weg erleben möchten an diesem Tag. Nach dem Ferner machen wir eine kleine Pause um etwas zu essen, und gehen dann zügig weiter. Kurz danach laufen wir auf zwei Steinböcke zu, die seelenruhig nur 15 Meter neben dem Weg sitzen. Außer ihren Mäulern bewegt sich nichts an ihnen – aber sie sind echt. Sie glotzen uns an ohne eine Regung, wir glotzen zurück voll entzücken, und verwundert, dass die Tiere so wenig Scheu zeigen. Offensichtlich wissen sie, dass die ameisengleiche Karawane im Sommer täglich hier vorbeizieht, und davon keine Gefahr ausgeht.

Wir sputen uns, noch trocken zur Kemptener Hütte zu gelangen, aber schon kurz vor dem Mädelejoch hat uns das Wetter eingeholt. Es beginnt zu regnen. Auf dem Mädelejoch kommen kräftige Sturmböen hinzu und die ersten Blitze sind zu sehen, und deren Ergebnisse zu hören. Schnellstmöglich spurten wir in Richtung Hütte und freuen uns, diese endlich zu sehen. Der Wegweiser zeigt noch 20 Minuten. Es prasselt auf uns nieder und es stürmt – uns reichen 10 Minuten, dessen waren wir uns in dem Moment sicher!

Ein letztes felsiges Steilstück ist zu überwinden, Der Pfad ist zu einem kleinen Bach geworden. Wir sind nicht sicher ob das tatsächlich noch der richtige Weg ist, zu viele mögliche Pfade sind hier; aber die Hütte ist in Sichtweite. Der Rest ist schnelle Routine. Wir bringen uns in Sicherheit und hoffen, dass es den anderen die hinter uns kommen wohl ergehen möge.

Der Trockenraum ist in wenigen Minuten voll bis auf den letzten (fest installierten) Kleiderbügel. Praktisch! Wir legen die nassen Sachen ab, und checken erst einmal ein. Die Stimmung auf der Hütte ist gut, das Essen auch; das Personal ist freundlich. Alles klappt wie am Schnürchen. Nur der Trockenraum könnte etwas mehr Warmluft aus dem Gebläse vertragen.

Am Morgen sind alle Klamotten noch zwischen Feucht und Nass. Da wir mit unserer Hüttenkleidung nicht in den Regen wollen, entscheiden wir uns für die "Ganzkörpertrockenanlage". Wir schlüpfen in die klammen Klamotten und aktivieren unsere innere Wärmflasche. Nach drei Minuten sind die nassen Sachen auf Körpertemperatur und dann ist es nur noch halb so schlimm. Da es draußen regnet ist ein warmer Körper das wichtigste.

Wir ziehen uns dicht und warm an und beginnen den Abstieg ins Tal. Wir haben Glück, denn der Regen hört nach 10 Minuten bereits auf, und so können wir unsere obere Kleiderschicht zumindest mal zum Lüften etwas öffnen. Der Sperrbachtobel ist nicht so schwer zu begehen, wie die Karte uns vorgegaukelt hat. Es sind neue Sicherungen am Wegesrand, die man aber eigentlich nicht braucht. Durch den vielen Regen der vergangenen Nacht, kommen aber viele Bäche vom Berg; auch mal an Stellen, wo es nicht so aussieht. Ein kleiner Wasserfall stürzt direkt auf den Weg, da kann man die Sicherung schon brauchen, um das Hindernis schnell und sicher zu überwinden.

Mit jedem Schritt nach unten wird das Wetter besser. Als wir im Tal ankommen scheint schon wieder die Sonne. Kurz vor der Spielmannsau in Oberau  gibt es noch Prima Trinkjoghurt mit frischen Heidelbeeren. Superlecker! Wir entscheiden uns nicht ist Taxi zu steigen sondern nach Oberstdorf zu gehen. So haben wir etwas Zeit, uns von den Bergen zu verabschieden und uns in die Zivilisation einzufinden. Der Weg nach Oberstdorf zieht sich ganz schön in die Länge. Die Sonne brennt uns auf die Köpfe und wir haben "thermische Probleme" nach den Tagen in der Höhe. In Gruben gibt es nochmals eine kleine Einkehr im Schatten. Wir erreichen Oberstdorf, der Rummel dort ist gewöhnungsbedürftig.

Tourengänger: schimi


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