Sichelchamm (2259 m) via Schifflochlücke und NE-Grat


Publiziert von marmotta , 10. Juli 2011 um 09:44.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 9 Juli 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alvier Gruppe   CH-SG 
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:Voralpsee - Undersess - Naus - Schiffloch - Westliche Schifflochlücke - Sichelchamm - Westgrat - Böden - Naus - Undersess - Voralpsee
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Voralp, Kurhaus
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Voralp, Kurhaus

In der Alvierkette hatte ich von den bedeutenden Gipfeln zwischen Gauschla und Nideri bislang einzig den Sichelchamm (2259 m) noch nie bestiegen. Der von Walenstadt und vom Alpstein aus so markant neben dem Gamsberg in Erscheinung tretende Berg ist natürlich auf Hikr.org kein Unbekannter - gar nicht so einfach, da noch eine Route zu finden, die noch nicht dokumentiert ist. Und doch hab ich das "missing link" gefunden: Der direkte Aufstieg vom Schiffloch in die Westliche Schifflochlücke fristete bis dato ein Mauerblümchendasein - und bietet doch einen spannenden, wenn auch mühsamen und etwas heiklen Zustieg zur Besteigung des Sichelchamms von Nordosten.
 
Obwohl WoPo1961 sich unter der Woche in den Churfirsten und dem Alpstein ausgetobt hatte, war sein Hunger auf knackige Alpinwandertouren in der Umgebung seines Feriendomizils im Toggenburg noch immer gross. Gemeinsam mit seiner "weltbesten Begleiterin" wollten er mich auf einer Tour in der Alvierkette begleiten. Zur Auswahl standen der Gamsberg und der Sichelchamm, die Entscheidung sollte erst auf dem Parkplatz am Voralpsee zugunsten des Sichelchamms fallen. Die einfachste Route (T4) führt über die Alp Obersäss in einem Bogen durch die Nordflanke zum obersten Teil des Westgrats und über diesen zum Gipfel. Bei P. 1482 entdeckten wir jedoch beim Blick hinauf zu den Wänden des Sichelchamms eine spannendere Aufstiegsroute, die durch die grosse Runse führt, welche vom Schiffloch herunterzieht und über die der wilde Verbindungsgrat zwischen Schiffberg und Sichelchamm erreicht werden kann. Ein Blick in den SAC-Führer bestätigt uns die Vermutung: Die Runse verengt sich im mittleren Abschnitt zwar zu einer Felsschlucht, biete aber "keine besonderen Schwierigkeiten" (WS), wenngleich an anderer Stelle die Rede davon ist, dass die Westliche Schifflochlücke wegen ihrer mühsamen Erreichbarkeit kaum für einen Zugang zum Sichelchamm von Osten in Betracht käme…
 
Zu beachten ist, dass die Runse oft bis weit in den Sommer hinein mit Altschnee gefüllt sein kann und das herabschiessende Wasser die Felsen sehr rutschig macht. Wir holten uns zwar keine allzu nassen Füsse, jedoch waren die kurzen Kletterpassagen (I-II) über die Felsstufen mit Vorsicht anzugehen. Oberhalb der Schlucht durchsteigt man eine schuttbeladene Hochmulde, eingebettet in die Wände von Sichelchamm, Wyssi Frauen und Schifflochlücke. In zunehmender Steilheit ging´s zu den Wandabschlüssen, die durch schaurig feuchte, moosig-brüchige Rinnen unterbrochen sind, über die ein steiler Aufstieg zur Östlichen bzw.- westlichen Schifflochlücke möglich ist. Immer wieder waberten dicke Quellwolken um die Gipfel und hüllten uns zeitweise in dichten Nebel. Alles sah ziemlich gespenstisch aus und wir waren uns angesichts der Steilheit und des Untergrunds gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich eine so gute Idee war, in das wilde Gelände oberhalb des Schifflochs einzusteigen. Nach wenigen Metern in der zur Westlichen Schifflochlücke führenden Rinne war mir klar, dass es hier ab einem bestimmten Punkt keine Rückzugsmöglichkeit mehr gibt, ausser die Flucht nach oben! Ich wechselte bald auf die grasige Flanke rechts der Rinne, wo der Aufstieg dann auch in bester Steilgrasklettermanier funktionierte (T6). Oben heikle Querung in den schmalen Sattel der Westl. Schifflochlücke (ca. 2090, auf der LK ohne Namen und Höhenkote). Wenig später hatten auch meine beiden Tourenpartner den Aufstieg zum Sattel geschafft - wir waren beeindruckt vom unglaublich wilden Ambiente zwischen Schiffberg und Sichelchamm!
 
Nach kurzer Verschnaufpause stiegen wir vom Sattel der Westlichen Schifflochlücke über die sehr steilen Grashalden und Schrofen der Sichelchamm-Ostflanke auf, bis oberhalb eines kleinen Absatzes ein deutlich sichtbares Grasband dem Nordost-Abbruch entlang zu einem markanten Felskopf im Nordostgrat hinaufführt (T5). Ab hier genussreiche Kraxelei über den NE-Grat, einzelne Felsstüfchen können leicht überklettert werden (I). Eines der Highlights dieser Tour!
 
Auf dem Gipfel empfing uns ein prächtiger Aus- und Tiefblick hinunter ins Seeztal und auf den Walensee. Und natürlich hinüber zum Gamsberg mit seiner imposanten West- bzw. Südwestwand. Leider zogen auch hier immer wieder Nebelschleier umher, so dass die Sicht etwas getrübt war. Nach einem Gipfel-Picknick und dem obligatorischen Gipfelbucheintrag (seit Delta´s Monstertour, die er auf dem Sichelchamm abgeschlossen hatte, war hier oben nicht mehr viel los), machten wir uns auf den Abstieg über den Westgrat und die Nordflanke. Auf dem recht steilen Westgrat (Vorsicht bei Nässe!) findet sich eine passable Wegspur, in der Nordflanke geht´s über hohes Gras ohne Schwierigkeiten hinunter bis zum Felsriegel, der an mehreren Stellen durch Runsen bzw. gestuftes Gras leicht überwunden werden kann (T4+). Im oberen Abschnitt hat es einzelne blaue Markierungen, die Überwindung des Felsriegels erfordert etwas Spürsinn für die leichteste Route (die zuvor noch ausgeprägte Wegspur endet hier urplötzlich). Weiter rechtshaltend (nordöstlich) über Gras und schiefrige Bänder zu den grossen Runsen unterhalb des Schifflochs und zurück auf den Wanderweg bei P. 1482.
 
Im Kurhaus Voralp stiessen wir mit einem Glas Most auf die gelungene Tour an.
 
 

Tourengänger: marmotta, WoPo1961
Communities: T6


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