Cima della Vezzana (3192 m)


Publiziert von gero , 17. Oktober 2010 um 01:11.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:15 Oktober 2010
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 11:30
Aufstieg: 2010 m
Abstieg: 2010 m
Strecke:Kehre unter Rollepaß (1760 m) - Malga Pala - Colverde - Rif. Rosetta - Passo Bettega - Val dei Cantoni - Passo del Travignolo - Cima Vezzana (20,3 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Norden (Predazzo) kommend über den Rollepaß, südlich hinunter bis zu einer Kehre (ca. 1760 m) mit kleinem Parkplatz (auf der Tabacoo-Karte ist an dieser Stelle "Cava" eingetragen).
Kartennummer:Tabacco 022 (Pale di San Martino)

Der höchste Berg der Palagruppe garantiert nicht nur großartige Aussichten, sondern auch einen Marsch durch Felskulissen von atemberaubender Schönheit. Und wenn man dann noch einen spätsommerlichen Schönwettertag unter azurblauem südtiroler Himmel erwischt - tja, dann paßt alles zusammen, wie man so sagt.

Walter und ich starten an einer Kehre der südseitigen Rollepaßstraße bei kleinem Parkplatz (ca. 1760 m) um 6:20 Uhr. Dem Wegweiser folgend, geht es Richtung Malga Pala auf Steig Nr. 701 mehrfach auf und ab, bis nach 20 Minuten ein von San Martino di Castrozza heraufkommender Steig einmündet (Kote 1717 m gemäß LK). Erst jetzt geht es deutlich bergauf bis zu den Hütten der Malga Pala (1897 m), wir haben bis hierher ziemlich genau 1 Std. gebraucht.

Nach weiteren 15 Minuten stehen wir an der Mittelstation Colverde (1965 m) der Seilbahn, mit der man über 2 Sektionen von San Martino di Castrozza bis hinauf zum Ristorante Rosetta fahren kann - wenn sie denn in Betrieb ist. Momentan hat sie jedoch Herbstferien - Garantie dafür, die Palagruppe eingermaßen menschenleer erleben zu dürfen!

Gleich hinter den Gebäuden würde an einem Wegweiser der Aufstieg zum Klettersteig Bolver Lugli beginne, der direkt zur Biwakschachtel Fiamme Gialle am Cimon della Pala hinaufführt. Wir heben ihn uns jedoch für ein andermal auf - unser Weglein (Nr. 701) folgt der Beschilderung zum Rifugio Rosetta, immer mit vielen rot-weißen Markierungen versehen. Es windet sich in etlichen Kehren aufwärts, unter der 2. Sektion der Seilbahn wird ein Felsriegel erklommen, hier ist der Steig teilweise in den Fels gesprengt und im Hinblick auf eine gewisse Ausgesetztheit mit Seilgeländer versehen. Nach dieser Passage geht es kurz über Wiesengelände aufwärts, danach kommen wieder etliche Kehren mit Seilgeländer. Und die Aussicht .... mei, sie wird immer gewaltiger: die umgebenden Felsmauern der Pala mit ihren Türme und Graten, allen voran die des Cimon della Pala, aber auch im Westen auf viele Berge, die ich noch nicht kenne, da ich das erste Mal in dieser Gegend unterwegs bin.

Kurze Zeit später kommen wir am einzigen Mast der Seilbahn vorbei, und danach betreten wir den westlichsten Rand des Altopiano (zentrale Hochebene der Palagruppe) im Bereich des Rifugio Rosetta (2581 m). Knapp 3 Std. haben wir bisher gebraucht, trotz vieler Fotopausen - eine angemessene Zeit für 800 Hm bei nicht unerheblicher horizontaler Entfernung. Die Hütte ist bereits winterfest verpackt - auf dem Rückweg wäre wir hier gern eingekehrt.

Und dann bekomme ich beim Blick auf die Landkarte einen Riesenschreck: wir sind auf dem falschen Weg - zur Cima della Vezzana hätten wir kurz nach Colverde auf dem Steig Nr. 716 direkt hinaufsteigen müssen zum Passo Bettega! Wirklich? Etwas ratlos stehen wir für einen Moment herum, aber dann bemerke ich mitten im Schilderwald eines großen Wegweisers direkt vor der Hütte die Angabe "Passo Bettega 0,30 Std - Cima Vezzana 4,00 Std.", jeweils auf Steig Nr. 716. Na also, noch ist nichts verloren! Und als es dann auf einem weiteren derartigen Wegweiser unmittelbar hinter der Hütte schon nur noch 3 Std. bis zu unserem Ziel sind (merke: für das Umrunden der Hütte ist somit 1 Std. veranschlagt!), bin ich wieder beruhigt.

Vom Rif. Rosetta führt Steig Nr. 716 zunächst leicht auf-, sodann absteigend westseitig um die Abbrüche der Cima Corona herum, um sich nach 25 Minuten mit dem oben erwähnten Steig zu vereinigen, der direkt vom Gebiet des Colverde heraufkommt. Kurz danach betreten wir einen eindrucksvollen Felskessel, durch den unser Steig hinaufführt zum Passo Bettega (2667 m). Durch einen tiefen Einschnitt am Dente del Cimone hindurch schimmern die weit entfernten Gletscher der Ortlergruppe ... und wieder komme ich ins Schwärmen im Angesicht dieser grandiosen Szenerie bei "absolutem Oberkaiserwetter" ...

Jenseits des Passo Bettega geht es zügig hinunter. Um eine ostseitige Felsschulter der Cima Corona herum (obendrauf ein wilder Felszacken) blicken wir unvermittelt auf die ausgedehnte Hochebene des Altopiano. Weiter unten erreichen wir, über einige Felsabsätze abkletternd (kaum I), den Talgrund des Val dei Cantoni (ca. 2550 m; "Tal der Ecken") und stehen staunend unter den mächtigen Wänden der Col Cantoni (2872 m). Wieder ein Platz der landschaftlichen Superlative - von hier aus können wir das Val dei Cantoni hinaufgucken zum Passo del Travignolo, unserem nächsten Ziel. Er sieht näher aus, als es bis dorthin ist - die nächsten 400 Hm werden uns gehörig ins Schwitzen bringen wegen des steilen Gerölls, das zu begehen ist.

Das erste Viertel des Trogtales, der untere Teil besagten Gerölls, ist noch mit mäßigem Kraftaufwand zu meistern. Eine Felsstufe, das zweite Viertel des Tales der Ecken, erschließt dessen obere Hälfte: sie sieht zunächst recht unnahbar aus, erweist sich aber beim Handanlegen als äußerst zugänglich: linksseits (im Sinne des Aufstiegs) erschließt ein System von Bändern und Absätzen den Weiterweg - hier wird unerwartet absolute Genußkletterei angeboten. Der Fels ist knallig fest, mit Henkeln zum Festhalten und Stufen zum Hineinsteigen versehen, so daß das Höhersteigen eine Freude ist. Der erste Grad wird kaum erreicht, die Örtlichkeit ist auch nicht heikel, so daß wir hier sowohl im Auf- als auch im Abstieg nicht sichern mußten. Freilich, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind ein Muß - aber das ist bei einer derartigen Tour sowieso obligatorisch.

Oberhalb des Felsabsatzes folgen mäßig steile Schutthalden - dies ist die obere Hälfte des Val dei Cantoni, hier schnaufen wir ganz ordentlich hinauf und stehen schließlich um 11:30 Uhr nach 5 Std. Marschzeit, zuletzt über ein ziemlich hartgefrorenes Schneefeld, auf dem Passo del Travignolo (2925 m) - dem scharfen Einschnitt zwischen Cima della Vezzana und Cimon della Pala, von dem nordseitig eine steile, vereiste Rinne zum Travignologletscher abbricht.

Der letzte Abschnitt der Besteigung führt nun über einen weiteren Geröllhang aufwärts zu einem namenlosen Sattel (3030 m) zwischen der Cima della Vezzana im Norden und ihrem südlich vorgelagerten "Vorgipfel", dem Nuvolo. Von hier zieht ein felsdurchsetzter Hang hinauf in die Gipfelregion der Vezzana - es gibt immer wieder harmlose kurze Kraxelstellen, die völlig unkritisch sind; im übrigen sind auch die letzten 150 Hm durchwegs Gehgelände. Allerdings folgt eine Kuppe nach der andern, und es dauert länger, als man meint, bis man endlich den wirklich höchsten Punkt erreicht hat. Um 12:50 Uhr stehe ich auf dem Gipfel der Cima della Vezzana (3192 m). Er bildet einen langgestreckten Kamm in nord-südlicher Richtung und fällt westseitig jäh ins Bodenlose zum Travignolo-Gletscherchen ab. Kurz unterhalb des Gipfels beginnt übrigens der Abstieg (Wegweiser) über den Klettersteig Gabita Ignoti hinunter zum Bivacco Brunner ins Val Strut.

Welch großartiger Aussichtspunkt! In unmittelbarer Nachbarschaft ragen die Berge der Palagruppe in den Himmel, allen voran unmittelbar gegenüber der Cimon della Pala, der in Wirklichkeit ebenfalls in einem Gipfelkamm kulminiert und keineswegs die schroffe Spitze wie etwa vom Rollepaß aus zeigt. In nördlicher Umgebung eine langgestreckte Mauer: die Marmolata-Südwand, daneben die Langkofelgruppe und der Latemar. Im Osten sind der Pelmo, Antelao, Civetta und andere namhafte Berge aufgereiht.

Unser Rückweg ist mit dem Aufstiegsweg identisch - eine genaue Beschreibung erübrigt sich. Die zu bewältigenden Gegenanstiege (z.B. hinauf zum Passo Bettega) führen dazu, daß der tatsächliche Höhenunterschied mit über 2000 m wesentlich höher ausfällt als die reine Differenz der Kotierungen zwischen Ausgangspunkt und Gipfel - und dazu, daß wir nach fast 12 Std. "Outdoor-Erlebnis" froh sind, gegen 18 Uhr wieder am Ausgangspunkt zurück zu sein.

Fazit:
- Unschwierige, jedoch lange und anstrengende Bergtour mit atemberaubenden landschaftlichen Eindrücken. Eisausrüstung ist bei den derzeitigen Verhältnissen nicht erforderlich.
- Wir haben auf der gesamten Tour kein einziges fließendes Wasser angetroffen - genügend Trinkvorräte mitnehmen!
- Eine außergewöhnlich schöne Berggegend - hier waren wir (hoffentlich) nicht das letzte Mal !

Tourengänger: gero


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Geodaten
 3825.gpx Rollepaß - Rifugio Rosetta - Cima della Vezzana

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Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

ADI hat gesagt:
Gesendet am 17. Oktober 2010 um 09:01
Ein Klasse Bericht von einer Klassetour.
War überfällig die Cima della Vezzana zu bringen. Über das Matterhorn sind schon 24376543 Berichte eingestellt worden und über diesen schönen Berg noch kein einziger.

Eine echte alpinistische Lücke ist das.
Danke für Deinen schönen Bericht, Gero!

Genauso über den Antelao ist noch nix veröffentlicht worden.
Weiter so, Gero. Wenn ich schon nicht nach Alto Adige komme, dann mußt Du wenigstens die Fahne hochhalten!

Beste Grüße!

ADI

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 17. Oktober 2010 um 10:33
Anerkennung für diese Leistung und den tollen Bericht und Fotos aus einer einzigartigen Bergwelt.

Beste Grüße
Hanspeter

Felix hat gesagt: Einzigartig - schreibt Hanspeter ...
Gesendet am 22. Oktober 2010 um 00:36
dünkt mich auch - wenns nur nicht so weit weg, und weit wäre ...
Hast wieder was Grandioses erlebt - und entsprechend dokumentiert: habe Dank, lieber Georg!

hg Felix

lampbarone hat gesagt:
Gesendet am 23. April 2016 um 14:20
Das Umrunden einer Hütte dauert immer 1 Stunde (hab ich auch schon woanders auf dem Wegweiser gesehen), darin einkalkuliert ist das Zuführen eines vergorenen Gerstensaftes.

Tolle Tour + Bericht, das erhöht manche "to do" Liste. Doch wenn der Gero schon 12 Stunden braucht, gehts bei mir nicht ohne Lampe und/oder Biwaksack ;)


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