Val Lodrino: Poncione Rosso und Überschreitung Cima di Negrös
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Im Val di Lodrino – in der Nähe von Biasca – liegt in der Selbstversorgerhütte Alpe Stüell, 1910.ü.M im oberen Talkessel (!!!) ganz zuhinterst in der Ecke des Matratzenlagers MEINE STIRNLAMPE. Ich habe sie beim letzten Besuch mit Frank vergessen. Andere lassen den Koffer in Berlin, ich mein heissgeliebtes Accessoire im einsamen Tal, welches ich durch
Zaza und Frank Seeger (www.alpi-ticinesi.ch ) kennen lernen durfte. Aus dieser Situation heraus zimmerte ich eine dreitägige Tour!

1. Tag: Pön (Parkplatz) – Alpe d’Alva – Alpe Stüell (T3)
Schon etwas komfortabel habe ich mich eingerichtet und das Auto in Pön „gestellt“ . Es geht recht steil etwa eine Stunde durch den Wald auf breitem, wrw-markiertem Weg hinauf. Einsam. Keine Menschenseele und so ein schöner Weg mit spektakulären Umgehungen von Felswänden. In der zweiten Stunde zieht sich Weg entlang des Hanges mit einer kleinen Höhendifferenz und schon stehe ich auf der Alpe d’Alva. Eine sehr schön eingerichtete Selbstversorgerhütte, oder besser gesagt -haus, steht der Öffentlichkeit zur Verfügung. Ich sehe den ersten Menschen: Ein schlafender Jäger vor seiner Privathütte. Schlafende Jäger soll man nie wecken – gell Frank. Ich schleiche an ihm vorbei und steige recht steil den Hang zum Kreuz hinauf und in den Wald hinein. Nach der Abzweigung nach der Alpe Negrös folgen eindrückliche Passagen. Einfach genial, wie die Vorfahren ein Gespür für das Wegemachen hatten. So ziehe ich von Event zu Event, von Bacheinschnitten zu Treppen. Und mitten im Betrachten der dräuenden, etwa fünfzig Meter hohen Felswänden zur Rechten sehe ich etwas Merkwürdiges: Ein Wanderer mit weissem Käppchen ohne Stecken – ganz frei laufend - kommt mir entgegen. „Buongiorno“ – „Bonschorno“ Redet Sie Schwizerdütsch? Und nach einem Small Talk ein aha: Sie sind doch nicht
seeger, werde ich gefragt? Ich bin paff, so bekannt zu sein. Nein, nein, ich bin nicht der bekannte vom alpi-ticinesi, erwidere ich. Er habe es im Hüttenbuch auf Alp Stüell gelesen, gesteht er mir. Er sei
masterfu und habe die Webseite www-gelbe.zeiten.ch. Ich glaube, wir hätten noch stundenlang da gestanden, müsste nicht mein HIKR-Kollege noch den Weg nach Lodrino abarbeiten. Sein Bericht http://www.hikr.org/tour/post28104.html


So ziehen wir weiter. Jeder in eine andere Richtung. Aus der Schlucht auf den Rücken hinauf. Imaginär sehe ich in der markanten Rechtskurve Frank siegesgewiss auf der Treppe sitzen. Riccordi! Schon bald erreiche ich die Alpe Stüell. Alleiniger Gast. Das Erste ist der Griff in die Ecke des Schlaflagers: MEINE STIRNLAMPE IST NOCH DA ! Dann Wasser beim unteren Stall holen, Holz spalten, Camino in Betrieb nehmen. Kochen auf dem Gasherd. Im mitgebrachten Schlafsack lässt es sich gut pfusen.
2. Tag: Alpe Stüell – Poncione Rosso – Alpe Stüell
Erst um acht Uhr bin ich unterwegs zum lange ausgeheckten Gipfelziel. Von der Fümegna-Hütte im Val Pincascia (Val Verzasca) ist er leichter zu erreichen. Aber eben…meine Stirnlampe! Wieder quasi horizontal durch tiefeingeschnittene Täler zur Alpe Negheisc. Drei Jäger sollen die einzigen getroffenen Lebewesen an diesem Tag sein – 5 Gemsen, etliche Birkhühner, Grillen, Falter, etc. ausgeschlossen. Der durch Fähnchen und weisse Bänder markierte „Skyrace“-Weg beginnt auf der nächsten Kuppe beim Steinaltar, dieser folgend steil, jedoch gut gestuft, empor. Die Felshöcker werden elegant links umgangen. Direttissima ist angesagt, wie es sich für Bergläufer auch gehört. Bei der Ankunft auf dem Sattel erwartet mich keine Fan-Gemeinde. Bin wahrscheinlich auch etwas zu langsam. Kleine Rast. Imposant türmt sich der Poncione Rosso in 300m Entfernung vor mir auf.
Zu diesem zweigt ein gut sichtbarer und wbw-markierte Weg ab. Über und rechts des Verbindungsgrates erreiche ich die kleine Einsattelung unterhalb der imposanten und glatten Wand (T4). Rucksack- und Steckendepot. Die Plattenschüssen scheinen allesamt gegen unten auszulaufen. Doch dem ist nicht so. Schön brav den wbw-Markierungen folgend erreiche ich Vertikalrisse. Untergriff und Adhäsionskletterei bis knapp zur Hälfte (T5). Dann die Traverse. Da baumelt ein kleines Seil, welches auch hält. Hier ist die heikelste Stelle. Die Felsplatten sind griffig und können dank Einschlüssen und etwa 7cm breiten Oberkanten in angepasstem Auf und Ab elegant überwunden werden (T6/ III). Nach der Traverse über und rechts neben einen einfachen Grat zu einem Grasfeld (T5/ II). Geschafft. Gemütliches Aufsteigen zum Gipfel (T4). Aufsteigende Nebelschwaden verdecken die meiste Aussicht. Doch schon die zeitweisen Tiefblicken ins Val Pincascia (Rif. Alpe Fümegna), Val Iragna (Alpe Ninagn) und Val Lodrino lassen einem den Atem stocken. Eine wolkenlose Aussicht könnte wahrscheinlich zum Atemstillstand führen. Mittagspause mit Menü 1 und Toggenburgerli.
Beim Abstieg bereitet mir die Kletterstelle vor dem Seil am meisten Probleme. Beim Aufstieg habe ich mir die Passagen wohl genauestens eingeprägt. Doch genau dort hatte ich die Phase „Orange“. Den gleichen Weg zurück zur Alpe Stüell, wo ich nach 8 Stunden (inklusive langen Pausen) zurückkehre. Plägere. Kochen. Camino…einfach gemütlich. Frühes zu Bett gehen.
3. Tag: Alpe Stüell – Cima di Negrös – Pön (Parkplatz)
Neun Uhr Abmarsch nach einer Stunde Hausarbeiten. Zurück gegen die Alpe d’Alva. Doch 500m vor und 130m über derselben, zweigt der Weg gegen die Alpe Negrös ab. Wegweiser. Der Weg ist manchmal wegen Wildsauen-Schäden schwer zu finden, jedoch logisch. Ich erreiche das Rifugio mit Badewanne, welches mit viel Liebe zum Detail gestaltet ist. Sogar eine kleine Auswahl an Getränken steht bereit. Für die Jäger? Offen und kein Zettel mehr mit „chiuso“. Sehr sauber. Einladend und nur zu empfehlen. Heizbar. Auf der LK findet sich der Weiterweg, welchen ich bis auf die Kuppe bei 2000m nehme. Nicht markiert. Statt links herum, gehe ich den Berg in Direttissima an. Sehr gut gestufter Grashang. Ich treffe auf 2060m Höhe einen Weg, welcher mich nach rechts auf eine Grasrippe, und über diese problemlos auf den Cima di Negrös führt (T3). Wolkenfetzen geben immer wieder neue Tief- und Weitsichten frei. Imposant die 250m hohe Felswand der Cima di Stüell und der Blick ins Val Iragna und zum gleich hohen Grat von der Cima Lunga zum Pizzo Ricuca. In der Mitte der tiefe Einschnitt der Bocc. di Piatto, ein weiterer Wunschtraum. Mittagsrast. Menü 1 mit Toggenburgerli und Krachnuss-Schokolade.
Den Abstieg über den N-Grat, respektive die N-Kuppe habe ich mir wesentlich einfacher vorgestellt. Noch recht knifflig, vom Gipfel rechts herum angehend führt der gut sichtbare Weg zur Cima delle Pecore. Dort suche ich einige Zeit den Abstieg: Man gehe bis ganz zum Sporn hinaus und schaue rückwärts nach rechts entlang der Felsen. Quasi Spitzkurve nach rechts(T4). Danach führt ein aus den Erlen herausgeputzter Weg entlang des Sporns und leicht zum Pt. 1991. Der Rippe folgend nach Alpe Matro Cauri. Den Umweg über Lagrina hätte ich mir ersparen können, wie ich in Alpe Motarina erfahren kann. (Direkter Weg von Matro Cauri nach Motarina: Einstieg soll durch einen gespaltenen Felsklotz sein – unterhalb der Alp beim Eintritt in den Wald). Doch halb so schlimm: Dafür darf ich mich noch im Val Iragna etwas umsehen. Hier ist es ja noch steiler wie im Val di Lodrino. Und das heisst etwas!
Nach einer Plauderstunde mit Kaffee und Grappa (Grazie tanto) in Motarina (Alle neuen Steinmauern selbst verfertigt und wie!!!) steige ich die letzten 600 Höhenmeter hinunter zum Parkplatz.
Mit vielen schönen Eindrücken und meiner Stirnlampe kehre ich heim. Wann vergesse ich sie das nächste Mal?
Hike partners:
Seeger

Communities: Ticino Selvaggio
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