Val Bavona: Das verpasste Bedu
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Auf nach Bedu. Allzu schön wäre es gewesen! Das Wetter hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber schön der Reihe nach. Frank Seeger – mein Namensvetter – hat in www.alpi-ticinesi.ch diese Touren summarisch beschrieben. Für mich ist es ein Wiedersehen, habe ich doch die gleiche Tour im Hikr beschrieben und dokumentiert. Gleich zwei Mal! (http://www.hikr.org/tour/post13143.html, http://www.hikr.org/tour/post16366.html, ). Nun der dritte Anlauf.
Mittlerweilen kenne ich das Gebiet so gut, dass die Karte im Deckel des Rucksackes ruhen darf, während dem ich mich mit dem innigsten Wunsch, Bedu zu besuchen, auf den Weg mache. Von Fontana dem Wanderweg nach Osten folgend quere ich die mächtig tosende Ri di Larecchia über die Hängebrücke (immer wieder das Kind im Manne: Die Brücke zum Schwingen zu bringen ist einfach unumgänglich). Nach der Brücke links hoch zum Weiler, welchen ich horizontal durchschreite, um im anschliessenden Wald bei Fudiezz die Trockensteinmauer wieder zu finden (unterhalb einer Deponie). Dieser leicht steigend entlang bis ich rechts unten ein im Walde verlorenes Steinhaus ersperbere. Dies ist das Start- Zeichen für den Anstieg im bewaldeten Hang. Und – oh Wunder – da ist der Pfad. Im Zick-zack und pfadfinderischem Einfühlungsvermögen erreiche ich das steile Tälchen, welches auch auf der LK gut sichtbar ist. Nach einer knappen Stunde bin ich beim Splüi, einem Unterstand von 200 Quadratmeter unter riesigem Steinklotz von fünf Meter Dicke.
Jetzt das obligate Umgehen auf der linken Seite, dann ins Geröllfeld hinauf. Jetzt halte ich mich, um meine Neugierde zu stillen, an die linke Seite, um im obersten Teil desselben nach rechts zu traversieren. Ist wirklich angenehmer als rechts herum. Nun, an der Kante gegen das Tal oberhalb Mondada, treffe ich auf den Steinmann.
Der Blick an den Horizont links oben lässt erahnen, wo sich die Schlüsselstelle zum Cavürg befindet. (Tal ob Fontana: Vom Baloi lässt es sich so schön hinaufblicken). In wildem und steilen Hin- und Her der Rippe entlang bis der Weg nun definitiv nach links dreht. So zum kleinen Pass (etwa auf 950m) unterhalb eines Felsaufschwunges. Die Erinnerung holt mich ein. Ein Trauma, den Cavürg nun horizontal erreichen zu wollen. Nein. Nicht noch einmal…
Stattdessen um den Felssporn herum und ENTSCHLOSSEN RECHTS STEIL HOCHKLETTERN (Treppenanlagen). Ein verrostetes Eisengatter ist an der Felswand angelehnt. Nach 20 hm wandere ich in den Cavürg-Graben hinein, als wäre nichts geschehen. Cattaneo hat eine Mauer beschrieben, welche ich dieses Mal finden will. So steige ich 300 m den Cavürg hinauf, einmal im Graben und dann wieder auf der rechten Seite (Süden). Konsequent der Beschreibung folgend finde ich die langsam zerfallende Trockensteinmauer und frage mich, wozu diese überhaupt gebaut wurde. Aber eben: Auch die entlegensten Weiden waren kostbares Gut, welche es abzugrenzen galt.
Ich bin so verbissen dem Weg gefolgt, dass ich die fantastischen Tief- und Hochblicke ins geliebte Val Bavona gar nicht realisiert habe. Doch da ist auch was Ungeheuerliches: Der Himmel hat sich mit bedrohlichen Wolken überzogen! Vor mir steht die Wand des Bedu und es beginnt zu regnen. Ist dies ein Wink Gottes? Das Erlebnis vom letzten Oktober sitzt noch tief in meinen Knochen. Kein Risiko! Wirklich keines mehr. Wie hätte ich mich schämen müssen, innerhalb eines halben Jahres wieder Herrn Ambrosini meine erneute Situation schildern zu müssen. Welche Ausrede müsste ich wohl erfinden? Der Entscheid ist klar, auch wenn er schmerzt: Rückzug über Cogliata.
Den obligaten Aufstieg aus dem Cavürgh habe ich schon einige Male besucht. Auf 1150m Höhe ist der Felsgrat rechter Hand (Süden) mittels einer Steintreppe leicht überwindbar. (Steinmann im Cavürg und rotes Zeichen an der rechten Wand). Noch einige Meter Steigung und ich stehe beim Fluss, welcher hier durch eine talseitige Steinmauer umgeleitet wird. Darunter liegt die Quellfassung für Cogliata. Jenseits der Mauer ist es etwas ungemütlich. Doch der horizontale Ausgang aus diesem Zwischengraben ist gut sicht- und machbar.
Ein steiles Weglein (blau markiert) führt über die auf der LK gut sichtbaren Kuppe nach Cogliata hinunter. Auf dem Granitstein-Bänkchen vor der Hütte verzehre ich mein Menü 1 , mit Ballisto Riegel, Sorte Honig. Tiefblick nach Bignasco und Cavergno. Vis-à-vis die beiden Täler Cranzünell und Cranzünasc mit mächtigen Flüssen, die in weissen Bändern zu Tale preschen.
Regen: Die schwarzüberzogenen Steintritte sind extrem glitschig und heikel. Darunter gähnende Leere. Dank den neu montierten Drahtseilen geht’s noch einigermassen. Zeitaufwendig. Und plötzlich erblicke ich riesengrosse Blumendolden an den nackten Steinwänden: Steinbrech! Zu Dutzenden. Unglaublich, woher die ihre Energie her haben. Dazu dezent das Hingleiten des Baches über die geschliffenen Steinabschüsse im Hintergrund…… Lebensschulung? Ich komme ins Meditieren über das Leben. Regen hat auch sein Gutes. Doch Salamander haben hier nichts zu suchen. Leider. Freue mich immer an diesen regenliebenden Tierchen.
Zweihundert Höhenmeter in die Tiefe. Unglaublich. Traverse mit Stahlstiften: Oben Felswand – unten Felswand. Ich dazwischen. Konzentration. Am Schluss der Wand abrupt durch ein Couloir zum Schuttkegel hinunter. Kunstvoll mit Eisenbrücken (wie Viehwagen sie haben) und heraus gemeisselten Steintritten (Tacche). Unterhalb dieser heiklen Passage folge ich dem Weglein nach rechts entlang der hinter mich gebrachten Felswand. Nach etwa 100m Richtungswechsel. Durch den Laubwald hinunter nach Mulini.
Immer noch Regen. Wie gerne suche ich den Schutz der Kapelle in Mondada auf und denke an die einstigen Talbewohner, welche hier Schutz nicht nur vom Regen gesucht haben. Religion war ein wichtiger Bestandteil ihres Existieren-Könnens in diesem „elenden“ Tal. Ob es den Leuten heutzutage zu gut geht, dass sie nur noch den Schutz vor dem Materiellen (sprich Regen) suchen?
Das Hadern mit dem verpassten Bedu weicht der Dankbarkeit.
Tourengänger:
Seeger

Communities: Ticino Selvaggio
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