Val Bavona: Pass d'la Zandela - Cogliata
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Schon mehrere Male erforschte ich die Gegend Bedù/Cogliata, aufmerksam gemacht durch folgende ausgezeichnete Beschreibungen: 1.) SAC Clubführer Tessineralpen 2 (Giuseppe Brenna), 2.) „Storie e sentieri di Val Bavona" (Nora und Aldo Cattaneo, vergriffen), sowie 3.) „Alpi di Val Bavona“ (Plinio Martini, Museum Cevio)
Unter anderem schreibt Plinio Martini: „Zwischen der Alpe Paràula und dem Valle Larècchia (Alpe Fiorasca), zwischen den Schluchten und Abgründen, die Gott über den Wiesen von Mondada vergessen hat, (…)liegt Bedù. Man kann es heute kaum mehr glauben, dass die Not einst die Menschen zwang, den ganzen Sommer, wie Bergwerkssträflinge, in einer so feindlichen, so kargen und wasserarmen Umgebung zu verbringen….“
Wieder einmal stehe ich in Fontana 650m, durchstreife das schmucke Tessinerdorf auf der steinbelegten Strasse mit Granit-Mittelstreifen. An Kirche und Brunnen vorbei dem bezeichneten Wanderweg entlang talauswärts. Am Ende des Dörfchens – bei dem Gra (kleines Dörrhaus für Kastanien) – zweigt ein Weg Richtung N ab ins Val Larecchia. Ich gehe geradeaus, überschreite die Eisenbrücke und zweige sofort nach links ab. Nach wenigen Höhenmetern erscheint ein Weiler namens Bosco, welchen ich mittendurch über eine gepflegte Wiese quere. Dann ungepflegt in einen Kastanien/Laubwald hinein. Dort ist ein verfallener Weg links entlang einer Trockensteinmauer. (Carraia=Karrenweg). Leider sehr überwachsen. Der hat sicher schon bessere Zeiten gesehen. Aber eben.
Am Ende der Mauer guckt rechts eine Hütte mit Pultdach durch die Bäume hervor. Hier beginnt der obligate, steile Anstieg in rechtem Winkel links hoch. Auf dem eher „gnädigen“ Geländerücken erscheinen Wegfragmente, welche in Kehren grosso modo direkt ansteigen. Durch das Laub sieht man ein Couloir von etwa 50 m breite. Der Weg schraubt sich darin hoch bis zu einem Felsdach 750m, welches als Unterstand für Geissen genutzt wird (Splüasc). Ich mache einen Besuch und auch Fotos.
Weiter geht der Weg gut sichtbar linksherum bis zu einer Geröllhalde, welche ich weglos diagonal rechts hoch quere und etwa 100 m weiter oben die Kante des Bacheinschnittes (ob Mondada) erreiche. Uups! Da geht’s aber zünftig nach rechts runter. Ein Steinmann bestätigt die Routenwahl.
Jetzt muss ich zuerst entlang dieser Kante, dann nach links haltend bis auf 950m aufsteigen und stehe auf der Kante des Cavürgh – das Tal gegen Fontana – in einem Einschnitt. Uups! Da geht’s auch runter; dieses Mal nach links 50 m tief!
Letztes Jahr probierte ich hier eine Traverse in den Cavürgh-Graben hinein. Ganz fies: Nach 60m kritischem (Wildwechsel-)Weg mit Schwierigkeit T5 folgt eine 5-Meterwand. Ohne Abseilen keine Chance. Also das ganze Halt – zurück. Das war’s!
Heute finde ich den Weg auf 950m Höhe - welcher sich Pass d'la Zandela nennt - wie folgt: Vom Einschnitt fünf Meter um den Felskopf herum gegen den Cavürgh, dann rechts empor einer sichtbaren Weganlage entlang – oben mit einem verrosteten Eisengatter. Erst dann kann man in den Graben des Cavürgh hinein traversieren und findet dort – oh Wunder – ein Fragment einer kunstvoll erstellten Trockensteinmauer.
Im Cavürgh erklimme ich die Höhe von 1100m (wie Brenna beschreibt) und finde dank abgeholzten Stauden rechts auf dem gleichen Grat, welchen ich weiter unten nach links verlassen habe, eine zweite, enge Steintreppe auf Anhieb. In der Tiefe sehe ich auf dem gleichen Grat den Einschnitt des Pass d'la Zandela auf 950m. Gegen die Wand unterhalb Bedù erkenne ich den besten Aufstieg. Ob ich dies wohl das nächste Mal schaffe?
Es ist warm geworden. Rast. Lunch mit genügend Tee.
Dieser Durchschlupf führt – wie Brenna in Tour 1028 beschreibt – zum Verbindungsweg Cogliata – Monte di Dentro. Und zwar wie folgt: Man sieht auf dem Pass gegen SE einen Zwischengraben und an der Gegenwand die Wasserzuleitung nach Cogliata. Es ist ein leichtes, die Wasserfassung auszumachen. Etwas ansteigend erreicht man diese Stelle, überschreitet den (gestauten) Bach, findet auf der andern Seite den Weg und steigt diesem entlang problemlos nach Cogliata 1051m ab oder Monte di Dentro 1311m auf. So eine Art Weggkreuzung in der Wildnis!
In der Cogliata stand ursprünglich ein ganz bescheidener Stall. Mit viel Engagement hat ein Tessiner (Maurer und Steinmetz) sich den Ausbau (inklusive Weges) zum Lebensziel gemacht. Ein etwa zwei Kubikmeter grosser Steinklotz wurde in Platten und Mauersteine „zerkleinert“, welche einen ebenen Vorplatz ergab. Baumhütte für die Kinder, Motortransportbahn, bequemes WC – alles ist da.
Der Abstieg nach Mondada ist gut ausgebaut, jedoch nicht ungefährlich zu begehen (T4). Drahtseile, Eisenbrücken und Passagen mit Eisenstiften wurden in der letzten Zeit erstellt. Man holt links gegen den Bach aus, über ihn hinaus und kurvt in einer grossen Rechtskurve in ein unteres Querband. Nach einer gesicherten Passage über einen Felsbuckel geht es quasi senkrecht zum Schuttkegel hinunter. Kurz vor meiner Tour hat ein Steinschlag im untersten Teil Schaden angerichtet und den Durchgang erschwert. Ich befreie den Weg nach bestem Können.
Zurück geht’s nach Mondada 566m. Auf dem markierten Wanderweg leicht ansteigend zurück nach Bosco, über die Eisenbrücke nach Fontana 650m. Wehmütig schweift mein letzter Blick zum Cavürgh. Als Bergwerkssträfling habe ich mich nicht gefühlt – im Gegenteil. So ändern die Zeiten…
Tourengänger:
Seeger
Communities: Ticino Selvaggio
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