Hüttenspitze (auch: Halltaler Zunterkopf; 1858 m)


Publiziert von gero , 25. April 2010 um 20:26.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:24 April 2010
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1170 m
Abstieg: 1170 m
Strecke:Bettelwurfsiedlung - Alpensöhnehütte - Hüttenspitze - Wechselscharte - Bettelwurfreise (11,1km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:In Hall zweigt man von der Inntal-Bundesstraße 171 (?) nach Norden ab und fährt hinauf Richtung Absam. Irgendwo steht mal ein Ww "Halltal". Am oberen Ende der Bettelwurfsiedlung, unmittelbar an der Einfahrt ins Halltal, gebührenfreier und daher stark frequentierter P.
Kartennummer:AV-Karte 5/2 "Karwendelgebirge Mitte"

Hinter dem etwas nichtssagenden Namen dieses Berges verbirgt sich wieder so ein Karwendelschmankerl der besonderen Güte! Vor allem die Überschreitung - Aufstieg über die Alpensöhnehütte, Abstieg zur Wechselscharte mit anschließender vorsichtiger Abfahrt durch das supersteile Geröll zur Bettelwurfreise - ist so recht nach meinem Geschmack!

Start um 5:30 Uhr am oberen Ende der Bettelwurfsiedlung (knapp 800m) unmittelbar vor der Mautstelle am Eingang ins Halltal (hier gebührenfreier P). Es geht das steile Sträßchen knapp 1km aufwärts zur Bergerkapelle, dort (oder 50m zuvor am Hubschrauberlandeplatz) Abzweig nach rechts - ostwärts leicht fallend abwärts zum Maximiliansbrünnlein. Selbiges ist eine unromantisch einbetonierte Wasserfassung neben dem Weg. Kurz danach heißt es aufpassen: der Weg hinauf zur Alpensöhnehütte zweigt ganz unscheinbar in den Wald hinein ab; gleich zu Beginn kommt plötzlich eine kleine Klettereinlage mit henkelartiger Wurzel als willkommenem Griff, dann führt der Pfad - später an der privaten Halltaler Hütte vorbei - steil bergauf durch lichten Wald.

Gelegentlich gibt es Wegweiser, aber sie sind auf dieser Tour eher Mangelware. Die Alpensöhnehütte ist nur ein oder zwei Mal ausgeschildert (die Hüttenspitze überhaupt nicht), ein bißchen Findigkeit ist hier und da zweckmäßig. Zuletzt quert man horizontal zur Alpensöhnehütte hinüber, sie schmiegt sich in aussichtsreicher Lage an den Steilhang, der gleich weiter aufwärts zum heutigen Tagesziel leitet.  Ich brauchte knapp 2 Stunden bis zur Alpensöhnehütte (1365m; auch: Winklerhütte), in dieser Marschzeit sind aber etliche Fotopausen enthalten. Hinter der Hütte an der Bergstation des Materialliftes befindet sich ein exponierter Logenplatz mit außerordentlich gutem Tiefblick ins Halltal und natürlich dessen umrahmende Karwendelberge.

Nach der Hütte folgte ich für wenige Minuten einem gutem Weg, der leicht steigend gen Osten Richtung Hinterhornalm führt. Ich verließ ihn auf der ersten Lichtung und stieg nun an deren oberem Rand an, um kurz darauf hinter einer Bank einen schwach ausgeprägten Steig zu begehen, der gelegentlich mit verwaschenen roten Punkten markiert ist. Der Wald wird nun immer lichter, und wenig später geht er in Latschen über. An dieser Stelle steht ein hölzernes Gedenkkreuz; man befindet sich nun unmittelbar unter der "Bettelwurfwand". Einige Minuten geht es nun durch Latschen, der Pfad wird wieder deutlicher ausgeprägt, und dann erreicht man eine markante Schrofenrinne: ein roter Pfeil auf einem Felsblock läßt keinen Zweifel daran, daß es hier hinauf geht. Ich folgte dieser Rinne kraxelnderweise etwa bis in halbe Höhe; dann leiten wiederum verwaschene rote Punkte links heraus, und man findet sich in typischem Karwendelgelände wieder: es gilt, die steile Südflanke der Hüttenspitze hinaufzukrabbeln. Technische Schwierigkeiten gibt es nicht - aber man muß dieses Gelände einfach lieben, um nicht daran zu verzweifeln! Bei mir ist ja bekanntlich ersteres der Fall - trotzdem rutschte auch mir manch unflätiger Ausdruck über die Lippen angesichts der mühsamen Schinderei.

Wie dem auch sei, alle Not hat mal ein Ende - in diesem Fall dann, wenn man den Grat erreicht, der weiter oben seine verheißungsvolle Kontur in den blauen Himmel zeichnet. Dort warten wieder einige unschwierige Kraxelstellen, man turnt dabei einige hundert Meter über der Schlucht herum, die von der Wechselscharte westseitig steil hinunterführt zur Bettelwurfreise (späterer Abstiegsweg). Gegenüber steigen die Wandfluchten hinauf zu den beiden Wechselspitzen - eindrucksvolles Karwendel, kann ich wieder mal nur sagen!

Schließlich stand ich dann auf dem Vorgipfel der Hüttenspitze; zunächst leicht ab- und dann wieder ansteigend, wanderte ich zum Hauptgipfel der Hüttenspitze (1885m; auch: Halltaler Zunterkopf) mit Kreuz und Gipfelbuch hinüber. Ab Bettelwurfsiedlung hatte ich insgesamt 3 Stunden gebraucht.

Was für ein Aussichtspunkt - ich hatte mich in der Wahl meines heutigen Tourenzieles nicht geirrt! Klein, aber fein, kann ich da nur sagen. Zwar hatte ich einen extrem dunstigen Tag erwischt - so konnte ich praktisch nicht über das Inntal hinüberschauen zu den Zentralalpen. Aber immer wieder der Blick in das Halltal hinein mit all den derzeit noch tief verschneiten, höheren Kawendelbergen sucht schon seinesgleichen. Nordseitig unter der Hüttenspitze liegt zum Greifen nah die tief eingeschnittene Wechselscharte, und der Weiterweg jenseits aufwärts zu den beiden Wechselspitzen ist schon überaus beeindruckend.

Zunächst gab es ein kräftigendes Frühstück - und dann die Überlegung: wie weiter? Ich hatte mir die Überschreitung dieses Berges vorgenommen, und so stieg ich den ostseitigen Grat hinunter zur Wechselscharte. Dieser Grat ist zwar ziemlich dicht latschenbewachsen, gleichzeitig wegen seiner Steilheit aber durchaus mit etwas Konzentration zu begehen. An seinem unteren Ende ist eine rinnenartige Einbuchtung hinunterzuklettern - ein Einser ist dies allemal, zumal der Fels brüchig und momentan noch nicht ganz trocken ist. Kurze Zeit später stand ich in der Wechselscharte (1760m) - ein weltabgeschiedenes, romantisches und gleichzeitig hochalpines Plätzchen!

Eigentlich hatte ich ja stillschweigend auch den Weiterweg zu den beiden Wechselspitzen ins Auge gefaßt, und zu diesem Zweck war nun zunächst die Nagelwand zu erklettern. Sie ist drahtseilversichert, ein Schildchen "nur für Geübte" ist durchaus berechtigt - und etliche Mahntafeln sprechen eine eindeutige Sprache hinsichtlich des alpinen Anspruches, den der Weiterweg aufweist. Noch während ich mir mein Klettersteigset umlegte, trommelte von oben eine kurze Steinschlagsalve herunter und warnte mich, daß ich in dem folgenden Bruchgelände ohne Helm nichts zu suchen hätte. Der lag aber leider daheim! Dergestalt verunsichert, beschloß ich, wenigstens den Anfang der Nagelwand noch zu begehen und dann umzukehren. Dazu kam, daß mich eine gewisse Nervosität hinsichtlich des Abstiegs befallen hatte: würde es möglich sein, die steile Schlucht zur Bettelwurfreise direkt hinunterzusteigen - oder würde mir dort harter Altschnee den Abstieg verwehren?

Die Nagelwand ist gleich zu Beginn mit etlichen Stiften versehen und durchwegs mit gutem Drahtseil versichert. Mal vom kleingriffigen, splittrigen Karwendelgestein abgesehen, sollte sie sich das nächste Mal mit Helm gut begehen lassen. Bis zur Kleinen Wechselspitze sollte ich schon kommen - danach wird das Gelände hinauf zum Bettelwurf wohl schwieriger, ich mit meinen bescheidenen Fertigkeiten müßte in jedem Fall auf gleichem Weg wieder zurück.

So, jetzt ist noch vom Abstieg zu berichten. Ich hatte sicherheitshalber Steigeisen dabei - aber die Steilschlucht erwies sich als relativ gut begehbar. Schnee gibt es dort nicht mehr - abgesehen von wenigen Quadratmetern, die aber nicht tangiert werden. Die Schlucht ist allerdings schon wirklich steil - etwa vergleichbar mit dem Val Setus, das vom Grödner Joch hinaufzieht in den Sellastock, aber weniger gut begehbar, da es keinen Steig gibt. Ich rutschte einfach den steilen Schotter hinunter, wohl bedacht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und jederzeit bremsen zu können. Am unteren Ende befindet sich derzeit ein Lawinenkegel, der vom seitlich einmündenden Kar der Gamsgufel herunterzieht - hier erreichte ich den zur Bettelwurfhütte hinaufführenden Normalweg.

Der Rest ist schnell erzählt: bei der "Zweiten Ladhütte" war ich wieder drunten im Halltal und wanderte gemütlich zurück zum Parkplatz an der Bettelwurfsiedlung.

Tourengänger: gero


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 2290.gpx Bettelwurfsiedlung - Hüttenspitze

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Kommentare (5)


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squirrel hat gesagt:
Gesendet am 25. April 2010 um 21:19
Servus Gero, wunderschön geschrieben! :)
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Grüße squirrel

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. April 2010 um 21:29
Servus squirrel,

Danke für Deinen Kommentar! Ja, eine lohnenswerte Tour, die wegen der geringen Höhe und der Südlage schon sehr früh im Jahr möglich ist.

Grüße zurück, Georg

Felix hat gesagt: ausführlich dokumentiert - doch ...
Gesendet am 2. Mai 2010 um 18:07
du schreibst es ja, lieber Georg: das Karwendelgebirge muss man lieben - um die Schönheiten zu sehen, zu erleben. Dünkt mich eine wilde Sache ...

lg Felix

ADI hat gesagt:
Gesendet am 6. Mai 2010 um 13:53
Servus, Gero!

Hier wollte ich auch schon lange mal hoch, nun bist Du derjenige, der einen Bericht einstellt!

Gratulation! Sehr schöne, nette Tour.

Beste Grüße, Gunter

gero hat gesagt:
Gesendet am 6. Mai 2010 um 17:23
Servus zurück, Gunter!

Erstaunlich: ich war VOR Dir auf einem Karwendelberg? Das ehrt mich ungemein! Ich hätte geschwört, daß Du garantiert schon den Weiterweg über die Wechselspitzen auf den Bettelwurf gemacht hast.

Danke also für Deinen Kommentar - tatsächlich eine erstaunlich eindrucksvolle Tour, dieser Hüttenspitz! Es sind (wieder mal) nicht nur die Höchsten, die in großartige Landschaften führen.

Gruß, Georg


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