Aller guten Dinge sind drei - auch im Reich der wilden Falken


Published by TobiasG , 22 October 2024, 21h17.

Region: World » Austria » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Date of the hike:20 October 2024
Hiking grading: T5 - Challenging High-level Alpine hike
Climbing grading: II (UIAA Grading System)
Waypoints:
Geo-Tags: A 
Time: 9:00
Height gain: 1700 m 5576 ft.
Height loss: 1700 m 5576 ft.
Route:19 km
Access to start point:Parkplatz P4 in der Eng
Maps:AV-Karte 5/2

Nachdem ich im Zentralkarwendel mittlerweile doch schon einiges gesehen habe, ist die Eng dieses Jahr mehr in meinen Blick gerückt. Erstaunlich, wie viele Leute hierher pilgern und wie einsam die meisten Berge hier sind. Ich hatte mir die Falken für den Herbst vorgenommen und nach dem Wintereinbruch Ende September eigentlich schon abgeschrieben. Aufgrund der überaus erfreulichen Schneelage wagte ich dann doch noch einen Versuch, nachdem ich die derzeit scheinbar obligatorische Grippe überstanden hatte.
 
Den von ADI gewählten Titel „Im Reich der wilden Falken“ empfinde ich als überaus passend. In das Falkenkar führt kein markierter oder auch nur kartierter Weg. Wenn man das Falkenkar betritt, erscheint es wirklich, als würde man in eine fremde Welt eintauchen. Schroffe Felswände wie hohe Festungsmauern zu allen Seiten – sanfte grüne Hügel auf dem Karboden. Als sich mir dieser Blick nun zum ersten Mal eröffnete, war mir sofort klar, dass ich hier noch öfter vorbeikommen werde. Die fehlende Erschließung hat allerdings auch ihren Grund, die Falken sind in der Tat eher wild, leichte Wege gibt es hier keine und Orientierungssinn ist gefragt – ganz nach meinem Geschmack.
 
Der Weg ins Falkenkar und durch die Westflanke wurde bereits ausführlich beschrieben und ich werde mich daher kurzfassen. Als Anmerkung sei vorweggesagt, dass man den AV-Führer jedenfalls für den Westanstieg besser gar nicht erst anschaut – völlig unbrauchbar. Besonderer Dank gilt an dieser Stelle Stefan, der mit seinen Berichten und seinem Rat eine perfekte Vorbereitung ermöglicht hat. Dieser Bericht fasst außerdem zwei Touren zusammen, auf dem Turmfalk war ich am 16. und auf Toten- sowie Laliderer Falk am 20.10. Die Tourdaten beziehen sich auf letztere Unternehmung.
 
Aber nun genug der Vorrede: Man startet am P4 in der Eng und folgt zunächst dem Fahrweg ins Falkenkar, weiter geht’s auf dem Fahrweg links des Bachs. Bis hier kann man auch ein Bike nehmen, sonderlich weit ist es aber nicht. Der Pfad beginnt dann links des Baches und führt bis hinauf ins Falkenkar. Stellenweise ist etwas Orientierungssinn erforderlich, Probleme gibt es hier aber nicht wirklich. Bei Nässe ist der Weg leider etwas unangenehm zu gehen, gerade im Abstieg. Die Quelle auf 1500 hm hat heute Wasser geführt, selbst weiter oben gab es noch einen Wasserlauf, der mutmaßlich aus den Schneefeldern im Kar gespeist wird. Wie lange diese noch bleiben, ist schwer abzuschätzen.
 
Oben öffnet sich dann das Falkenkar und ein ganzes Empfangskomitee von Gämsen erwartet mich schrill pfeifend. Man hält sich links, quert eine etwas plattige Stelle unschwierig und steigt durch die Westflanke in Richtung Totenfalk. Es handelt sich hier um eine „alles geht, aber manches besser“ Flanke, den optimalen Weg hat Stefan in diesem Bericht skizziert. Die Wegfindung verlangt gleichwohl einiges an Orientierungssinn, da das Gelände recht unübersichtlich ist.
 
1. Turmfalk 16.10
Vor der finalen Rampe zum Totenfalk zweigt dann der Weg zum Turmfalk rechts ab, wobei zwei markante Schuttrinnen zu queren sind. Der Weg ist mit ausreichen Steinmännern markiert und führt zur Scharte zwischen Laliderer- und Turmfalk.
 
Eigentlich sind es eher zwei Scharten, die durch einen Gratturm getrennt werden. Man kann hier direkt die linke Scharte anpeilen, das Gelände ist etwas mühsam aber nicht weiter schlimm. Durch die Scharte gelangt man in die Südostflanke des Gipfelaufbaus, die es zu erklimmen gilt. Das Gelände ist hier eher weniger erfreulich, wenn auch nicht wirklich schwer. Eine Mischung aus Klettern und Bröselflanke mit Stellen, die über T5, II- nicht hinausgehen. Wahnsinnig ausgesetzt fühlt es sich nicht an, wobei ein Blick vom Laliderer Falk anderes nahelegt. Oben angekommen geht es unschwer über den kurzen Südgrat zum Gipfel mit Steinmann und Gipfelbuch.
 
Es bietet sich ein schönes Panorama mit dem Falkenkar im Südwesten und der Gamsjochgruppe im Osten. Der Lalidererfalk dominiert die Aussicht südlich. Im Norden erstreckt sich das grüne Vorkarwendel in all seiner herbstlichen Pracht. Das Wetter ist leider weniger sonnig, als gedacht und ein frischer Wind und Wolken ziehen auf. Der Abstieg erfolgt über den Aufstiegsweg. Alternativ kann man auch über den Grat zum Totenfalk abklettern, diese Runde dürfte in umgekehrter Richtung aber deutlich lohnender sein. Der Abstieg aus dem Falkenkar ist aufgrund der nass/matschigen Verhältnisse nochmal etwas nervig, trügt den Gesamteindruck aber nur unwesentlich.
 
2. Toten- und Laliderer Falk, 20.10
Nachdem ich die Chance erkannt hatte, die Falken doch noch weiter zu erkunden, bot sich eine für Sonntag verabredete Tour an, um dieses Projekt weiter voranzutreiben. Trotz Latschenkampf und Schuttgewühlte bei unserer letztjähren (von mir angeregten) Tour auf die Hochkarspitze bleibt mein Tourenvorschlag unwidersprochen - unverwüstlich die Zwei. Das konkrete Ziel war zunächst offen, es wurden dann letztlich der Toten- und der Laliderer Falk.
 
Der Aufstieg ins Falkenkar und durch die Westflanke erfolgt wie dargestellt. Oben biegt man aber nicht rechts ab, sondern folgt der Rinne bzw. Rampe weiter nach oben, bis man über eine Schuttflanke in die Scharte südlich des Totenfalk und anschließend über den sanften Südgrat unschwer auf den Gipfel gelangt. Das alte Gipfelbuch war leider völlig durchnässt, es liegt aber ein neues in einer scheinbar wasserdichten Box oben. Auch der leichteste der Falkengruppe gewährt schöne Ausblicke in die Eng und das Falkenkar.
 
Da uns der Grat zum Turmfalk heute etwas zu viel erschien, ging es zunächst wieder zurück auf dem Aufstiegsweg und dann über den Abzweig in die Scharte zwischen Turm- und Laliderer Falk. Diesmal aber dann rechts über die breite Nordostflanke, eher links am Ostgrat haltend, zunächst zum Nordgipfel des Laliderer Falk. Das Gelände ist hier nicht sonderlich schwer, das lose Gestein im oberen Bereich verlangt aber Trittsicherheit und Konzentration (etwa T4 bei guter Wegführung). Der Nordgipfel wird ostseitig umgangen, anschließend wird über eine markante und bröslige Rampe zu einem Durchschlupf in die Westflanke abgestiegen (Ab hier eher T5). Dort geht es dann über Bänder weiter, bis man an deren Ende links durch eine breite Rinne mit zwei Felsstufen knapp unter den Gipfel gelangt (II+). Es müsste allerdings noch eine andere Option geben, die über leichtere Platten führt. Insgesamt gibt es auf dem Weg einige Steinmänner, Orientierungssinn ist aber in jedem Fall erforderlich und es gibt mehrere Optionen.
 
Da es sich bei dem Laliderer Falk um den höchsten Gipfel der Falkengruppe handelt, bietet er auch die beste Aussicht. Mächtig erstreckt sich der Hauptkamm wie eine Mauer von Ost nach West, unten sieht man den kleinen Ahornboden im Norden das Vorkarwendel. Wirklich ein grandioser Aussichtsberg. Auch hier ist nicht sonderlich viel los, obwohl es einige spannende Anstiege gibt.
 
Der Abstieg erfolgt auf dem Aufstiegsweg und verlangt nochmal Konzentration in den anspruchsvolleren Passagen. Gerade im Abstieg wirkt die Westflanke des Totenfalk noch viel unübersichtlicher aber wir schaffen es trotzdem fast ohne Verhauer. Recht zügig geht es nach unten und um kurz nach 6 endet ein gelungener Karwendeltag am Auto.
 
3. Fazit
Die Falkengruppe stellt insgesamt ein lohnendes Ziel für all diejenigen dar, die einsame Ziele bevorzugen und ein Mindestmaß an Orientierungsvermögen sowie alpiner Erfahrung mitbringen. Das Falkenkar hat wirklich etwas magisches und wirkt zumindest auf den ersten Blick, als wäre hier die Zeit stehen geblieben, seit sich noch der hochverehrte H. v. Barth hier herumtrieb.
Der östliche Arm der Falkengruppe kann über die jeweiligen Normalwege relativ leicht erstiegen werden, wobei die Orientierung in der Westflanke nicht ganz trivial ist. Der Totenfalk ist dabei der technisch wie konditionell einfachste Gipfel, während der Turmfalk mit seiner Südostflanke schon etwas mehr Nerven und Versiertheit im alpinen Gelände verlangt. Der Nordgipfel des Laliderer Falken ist ebenfalls relativ leicht zu erreichen, der Übergang zum Hauptgipfel erfordert dann aber doch einiges an Orientierungssinn, Trittsicherheit und etwas Kletterei – zumindest auf der von uns gewählten Route.
 
Die Verhältnisse sind aktuell sehr gut. Die beschriebenen Wege sind quasi schneefrei zu bewältigen. Einzig in der oberen Ecke des Falkenkars liegt noch etwas mehr Schnee, ob der Risser Falk über die grüne Rinne noch geht, vermag ich daher nicht zu beurteilen. Der einzige Wehrmutstropfen ist, dass das Falkenkar zu dieser Jahreszeit keine Sonne mehr abbekommt und der Zustieg daher wohl fast immer unangenehm fecht sein wird.
 
Mit auf Tour: Isy und Lena, die sich immer wieder unerschrocken auf meine Tourenvorschläge einlassen

Hike partners: TobiasG


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Comments (2)


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Toni83 says:
Sent 23 October 2024, 06h47
Starke Runde!
Zufällig war ich am Sonntag auch in Hinterriß und war am meisten verwundert über die durchgehende Kolonne an Autos und Motorrädern im Tal. Wo haben denn die alle Platz, war mein Gedanke, oder suchen die alle den Weg nach Italien?
PS: Am Weg zum Torkopf keinen Handschuh gefunden :( leider. Gruß Toni

TobiasG says: RE:
Sent 23 October 2024, 15h30
Hallo Toni,
vermutlich sind die wirklich alle hinten am Ahornboden, bisher habe ich mich an Wochenenden aber auch tunlichst von dort ferngehalten. Nach der Tour am 16. war ich mal hinten aber da hat´s geregnet, sodass eh nicht viel los war. Die ganzen Ahorne hatte auch bereits ihr Laub verloren - da würd ich mich schön ärgern, wenn ich nur deswegen hergefahren wäre^^

Ja, ich fürchte, der Handschuh ist ein Opfer an die Karwendelgötter, auf dass sie ein gutes Tourenjahr 2025 schenken mögen :D
Der Torschartengrat hat mich immer noch nicht losgelassen, ich glaub, den muss ich mir nächstes Jahr mal anschauen.
Weiterhin schöne Herbsttouren!
Gruß Tobi


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