Ein "Sprung aus den Wolken" auf die Schwingen des "Albatros" an der Mittagwand (Stoss, 2111m)


Publiziert von Alpin_Rise , 20. November 2009 um 23:25. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:19 November 2009
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: 6c+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG 
Aufstieg: 900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Unterwasser P beim Laui leider nicht mit ÖV erschlossen

An den Stoss (nicht zu verwechseln mit dem Stoos in der Zentraschweiz) locken diverse Klettereien: die als Klettergarten wild verbohrte Schrattenkalkplatte, beliebte Plaisirklettereien im 4. bis 6. Grad an der Südostabdachung wie z.B. die Familienroute oder Rock Watch und die steile Mittagwand weiter oben.
Letztere war unser heutiges Ziel. Ein gutes Dutzend Routen im 6. bis 8. Grad durchziehen die stark gegliederte, 250m hohe Felsflucht . Partien mit kompaktem, rauem Schrattenkalk locken in die Südwand; dazwischen unterstreicht die eine oder andere etwas brüchige oder grasige Partie das alpine Ambiente.


Novemberklettern in Steilfels & T-Shirt - genau wie's immer sein sollte!

Der Ziele Auswahl war heute gross, eine Südwand sollts sein. Unglaublich aber wahr: Alpin_Rise war 2009 noch kein einziges mal im Alpstein klettern, und sogar noch gar nie an der Mittagwand. Auch für mde liegt der letzte Besuch an der Mittagwand schon >10 Jahre zurück, und beschränkt sich auf 2 Seillängen mit klammen Händen an einem tristen Novembernachmittag.

Als Route wählten wir eine Kombination aus "Sprung aus den Wolken" am kleinen Turm und "Albatros" am markanten Däumling.

Sprung aus den Wolken, 4 Sl, 6c/6c+
Die Route ist als Variante zur "No brain, no headaches" aufgeführt und eigentlich nur auf zwei Seillängen eigenständig. 

SL 1, 50m, 6b(+): Einstieg über Schrofen (T5+) und etwas losen Fels zu einem schmalen Band, wo man nach rechts quert und auf einen Riss mit 3 alten, zweifelhaften Normalhaken trifft. Etwa 1m über dem letzten Normalhaken ist die Crux zu bewältigen: eine "offene Tür"-Situation an abschüssigen Strukturen zum ersten Bolt.  Nach dem BH folgen nochmals einige knifflige Moves, dann geht's schliesslich einfacher voran, zuletzt über einen Wulst hinweg und nach links zu Stand an einer Sanduhr mit Drahtschlinge.

SL 2, 40m, 6a: Auf dem Band nach links und schräg hochsteigen zu einer gebohrten Sanduhr, nicht gerade hoch in das aufgegebene (?) Projekt mit den 2 offensichtlichen BH. Dem schönen Riss entlang, zuerst noch gemütlich, im abschliessenden Rechtsquergang dann knifflig und kräftig. Weiter einer Schuppe entlang, zuletzt in einem feinen Quergang nach links zum Stand an Sanduhren.

SL 3, 50m, 6c+: Auf der ersten Hälfte schöne Kletterei im Bereich 6b+/6c, mal links, mal rechts an etwas dünnen Schüpplein, inklusive einer zwar gut gesicherten, aber obligatorischen Stelle (Vorstiegscrux der Route). Der 4. BH ist ewas links der Linnie und wird mit Vorteil verlängert. In der folgenden Querung nach links wird dann der Fels etwas "knusprig", an der Grenze zur Splittrigkeit: viele Mikrostrukturen, bei denen nicht so ganz klar ist, ob sie das Gewicht des Kletterers auch zu tragen vermögen. Technisch sehr anspruchsvoll, jedoch mit kurzen Hakenabständen. Zuletzt dann noch spektakulär und grossgriffig zum Stand an Sanduhr.

SL 4, 40m, 5b: (Identisch mit letzter Länge "Entzugserschiinig") Zuerst der etwas grasigen Lochreihe entlang, diese nach rechts verlassen an eine kleine Verschneidung zu einem Wulst (BH), der spektakulär und grossgriffig überwunden wird. Die folgende, schöne Platte überwinden, die letzten Meter dann in etwas unsicherem Gestein zum Gipfel des kleinen Turms.

Absicherung
Generell kann die Route als gut abgesichert bezeichnet werden. An den Schlüsselstellen stecken Bohrhaken, zudem sind etliche gebohrte Sanduhren vorhanden. An vielen Stellen muss aber selbst abgesichert werden, was meist gut möglich ist. Ebenfalls müssen bis auf den letzten alle Stände mit eigenen Sicherungsmitteln verstärkt werden.

Jedoch ist das Material auf den ersten 25m der 1.SL sehr desolat. Den alten Normalhaken ist nicht zu trauen und auch die ersten beiden Bolts sind rostige Selbstbohrdübel, die wohl seit >25 Jahren stecken. Eine Sanierung der aktuell 5 ersten Sicherungspunkte täte dringend Not, würden diese mit nur 2 (oder  besser 3) perfekt plazierten, zuverlässigen Bolts ersetzt, wäre hier viel gewonnen. Alle weiteren BH in der Route sind dann zuverlässige Inoxanker M10. Ein Ersatz der vielen gebohrten, verrotteten Sanduhrschlingen würde hingegen auch nicht schaden.

Weiterweg
Vom kleinen Turm an mässig eingerichtetem Stand 40m Richtung Osten auf ein Grasband abgeseilen. Wie der Kletterführer Alpstein warnt, verklemmt das Seil beim Abziehen - ein Seilende schlingt sich 25m weiter oben feinsäuberlich um einen Felsblock. Danke fürs Entwirren, mde.

Albatros, 4 Sl, 6a+

SL 1, 50m, 5c+: Nach rechts und entweder 25m die grasige Rinne hinauf (T6) oder gleich nach rechts auf die Felsrippe. Die letzten 25m werden dann steil direkt an der Kante erklettert, die Absicherung mit Bohrhaken ist gut.

SL 2, 45m, 6a+: Vom Stand eine Rechtsschleife (nach 2. BH gerade hoch durch brüchig aussehende, aber leichte Passage, nicht zum neuen Abseilstand rechts hoch) in schönem Fels und an der einzigen Schwachstelle über die Plattenzone hinweg. Die ziemlich glatte Crux wird mit einem originellen Move überwunden, um schliesslich einem etwas grasigen Riss zu folgen, der bzgl. Absicherung Eigeninitiative erfordert.

SL 3, 30m, 6a: Athletisch über eine steile Wandstufe hinweg (2 BH) und in ein Verschneidungs- bzw. Kaminsystem hinein. Diesem erst in einfacherer Kletterei folgen, bis zu einem fantastischen, überhängenden Handriss, welcher überdies auch noch selbst abgesichert werden muss.

SL 4, 20m, 3a: Alpsteintypischer Ausstieg über Blockgelände zum Gipfel des Däumlings. Kann direkt an die vorhergehende Seillänge angehängt werden. Ein 50m-Seil reicht gerade aus, und auch der Seilzug hält sich in Grenzen.

Absicherung
Im Albatros kann die Absicherung als gut, aber nicht übermässig, bezeichnet werden. An den Schlüsselstellen stecken solide Inox-BH, dazwischen können reichlich Klemmkeile und Friends kleiner/mittlerer Grössen versenkt werden.

Abseilen
Die Abseilpiste beginnt 3m unter dem Gipfel des Däumlings in der Südwand und verläuft durchgehend an soliden Kettenständen. Zuerst 25m gerade hinunter, dann 50m etwas westwärts haltend, anschliessend weitere 4x50m jeweils gerade hinunter.


Tourengänger: Alpin_Rise, mde


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