Von Ums auf den Schlern - und auf dem Prügelweg durch die Schlernklamm zurück


Publiziert von Nik Brückner , 13. März 2024 um 12:09. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:30 Oktober 1990
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:16 Kilometer
Unterkunftmöglichkeiten:Ums, Rifugio Bolzano

Ich hab mal wieder in alten Fotoalben geblättert und ein paar schöne Vintage-Touren ausgegraben. Darunter dieser - ziemlich ordentliche - Marsch von Ums auf den Schlern. 1700 Höhenmeter waren das! So richtig klar war uns das damals offenbar nicht...

Jedenfalls weiß ich noch, wie anstrengend die Tour war. Na, vermutlich stammte die Idee von mir.



Aber von vorn. Start war also im hübschen Ums/Umes (930 m) wohinauf mein Vater H. Brückner und ich von Bozen aus kurvten, Fishs "Vigil In A Wilderness Of Mirrors" im Player. Von hier aus ging's auf dem Wanderweg Nr. 3 hinaus und hinauf, vorbei bei den Heideggers, und weiter in den Wald. 400 Meter über dem Ort erreichten wir das Hofer Alpl (1340 m), das wir in unserer (damals noch analogen) Karte als "Hotel Alpl" verlesen hatten.

Der 3er-Weg führt danach noch etwa 100 Höhenmeter weiter hinauf, zu einem breiten Querweg, auf dem wir nun nach rechts wanderten, Richtung Schlernklamm. Etwa 300 Meter weiter zweigt ein kleiner, hübscher Pfad rechts hinauf, auf dem es nun zum Wegkreuz Peter Frag (1546 m) weiterging.

Hier wird niemand gefragt, auch Peter nicht. Der Name stammt vom lateinischen "petra fracta", 'gespaltener Fels, Felskluft', passend gewählt für diese Stelle am Beginn der Schlernklamm. Etwas ähnliches dürfte auch dem Pederfick passiert sein, einem Gipfel über Sulden am Ortler.


Wir nahmen nun den Schäufelesteig, der links steil hinauf auf den Altipiano dello Sciliar, das Schlernplateau führt. Und ich erinnere mich noch, wie sich das gezogen hat.... 800 Höhenmeter, zwei Stunden vielleicht, aber dort oben löst ein Scheingipfel den nächsten ab, und immer wenn man denkt, man hat's geschafft, taucht auch schon der nächste auf... Anstrengend war's zudem, Schicht für Schicht haben wir ausgezogen, bis wir im T-Shirt unterwegs waren - und auf knapp 2300 Metern prompt an einer zugefrorenen Tränke vorbeikamen...

Na, irgendwann war's dann geschafft, das Hochplateau war erreicht, und der Weg wandte sich nach rechts, zu den Schlernhäusern, dem Rifugio Bolzano (2450 m). Das um diese Jahreszeit natürlich längst geschlossen war.

Die Hütte hat eine lange Geschichte. Schon in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts wurde in der Sektion Bozen des Alpenvereins über den Bau eines Schutzhauses am Schlern nachgedacht. Nach einigem Hin und Her konnte 1883 mit dem Bau begonnen werden. Am 23. August 1885 wurde dann feierlich eine erste Hütte eröffnet. Dieses erste Schlernhaus hatte eine Größe von 16,5 mal acht Metern und eine Höhe von füneinhalb Metern, eine Küche und zwei Schlafsäle für insgesamt 50 Personen, sowie ein Nebengebäude für Reittiere, Träger und Führer.

Reittiere! Träger! Die hätten wir gut brauchen können... Wir haben erst einmal ausgiebig abgepaust.


...und dann ging es in knapp 20 Minuten zum höchsten Punkt unserer Tour - und des Schlerns, dem Monte Pez (2563 m).

Der Schlern ist übrigens im 16. Jahrhundert als "Schlernkhofl" bzw. "Schalern" bezeugt. Sein Name ist sicherlich vordeutschen und sogar vorrömischen Ursprungs.

Es gibt verschiedene Deutungsversuche. Einer führt den Namen auf das indoeuropäische Etymon *"sala" zurück, das so etwas wie 'Bach, Graben, Kanal' bedeutet hat. Damit hätte der Name ursprünglich den Schlerngraben bzw. den Schlernbach bezeichnet und wäre erst später als "Schlernkofel" auf den Gipfel darüber übertragen worden. Diese Grundform muss dann im Mittelalter mit dem Suffix "-en" verbunden worden sein, woraus dann die Form "Salérn" entstand. Bei Oswald von Wolkenstein heißt der Berg dem entsprechend "Saleren". Dann fiel das unbetonte "a" aus und aus "Sl-" wurde "Schl-".


Anere vermuten einen Zusammenhang mit der indoeuropäischen Wurzel *"skel" mit der Bedeutung 'schneiden'. In diesem Fall würde der Name auf die charakteristischen, senkrecht abgeschnitten erscheinenden Felswände des Bergmassivs Bezug nehmen.


Egal. Aussicht genießen. In diesem Fall eine echte Rundsicht. Das geht im Norden los, mit dem Olperer und dem Hohen Riffler, dann folgt der Hochfeiler, der Große Möseler, Schwarzenstein und Großer Löffler. Im Nordosten ist der Hochgall auszumachen.

Deutlich näher stehen hier aber Peitlerkofel, Sass Rigais und die Fanesgruppe mit dem Zehner und dem Heiligkreuzkofel. Den Osten dominieren Langkofel und Plattkofel, den Südosten der Rosengarten mit dem Kesselkogel und der Rosengartenspitze. Im Süden schließt sich der Latemar an.

Jenseits davon zeigen sich Schwarzhorn und Weißhorn, dann folgt der tiefe Einschnitt des Etschtals. Jenseits davon erheben sich Paganella, Roen und Penegal, dahinter dominieren die Brentagruppe und die Presanella. Ist das der Passo Tonale?

Im Westen folgen die höchsten Südtiroler: Palon de la Mare, Cevedale, Königspitze, Ortler, Hoher Angelus. Weiter Richtung Nordwesten schließen sich die Texelgruppe an, der Similaun, Ifinger und Hirzer. Es folgen Sonklarspitze, Freiger, Habicht und die Tribulaune. Und dann schließt sich der Reigen wieder im Norden.



Wieder zurück am Rifugio Bolzano (2450 m) machten wir uns dann an den Abstieg. Nach einer letzten Pause direkt an der Kante des Gipfelplateaus stiegen wir, vorbei an der Moarbodenalm (2225 m), hinunter zur Sesselschwaige/Malga Seggiola (1840 m), die ebenfalls zu war.

Dafür stand uns nun aber noch ein weiteres Highlight bevor: der Prügelweg durch die Schlernklamm. Fast eineinhalb Kilometer geht es nun über buchstäblich tausende von Holzprügeln durch die großartige Klamm hinunter zum Wegkreuz Peter Frag (1546 m). Ein großartiger Weg, so großartig, dass ich ihn Jahre später in eine viel längere Tour einplante. Ich musste einfach nochmal hierher zurück.

Der Rest ist schnell erzählt. Auf unserem Aufstiegsweg ging es zurück zum Hofer Alpl (1340 m) und von dort aus wieder hinunter nach Ums/Umes (930 m).


Fazit:

Großartige Tour, an die ich mich immer noch gern zurückerinnere. Der Schäufelesteig war ein bissl anstrengend, weil man endlich oben ankommen möchte, die Belohnung in form der unverstellten 360°-Rundsicht ist dafür umso größer. Und der Abstieg durch die Schlernklamm ist grandios. Insgesamt eine der schönsten Touren, die ich in Südtirol gemacht habe. Was für ein Gefühl, 2015 wieder durch diese Landschaft zu wandern.

Tourengänger: Nik Brückner, H. Brückner


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