Überschreitung Schlern (max 2564 m) - Gamssteig und Schäufelesteig


Publiziert von gero , 3. Juli 2016 um 09:36.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 1 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Aufstieg: 1760 m
Abstieg: 1760 m
Strecke:Bad Ratzes - Schlernbodenhütte - Gamssteig - Schlernhäuser - Petz - Burgstall - Schäufelesteig - Peter Frag - Tuffalm - Völser Weiher - Vigilerhof - Seis - Bad Ratzes (22,3 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Seis auf schmaler Straße nach Bad Ratzes; dort gebührenfreier Wanderparkplatz
Kartennummer:Tabacco Nr. 029 (Schlern-Rosengarten-Latemar 1:25.000); Freytag & Berndt WKS 1 (Bozen-Meran 1:50.000)

Es wird ein sehr langer, aber auch ein sehr lohnender Tag: ich habe mir zum Ziel gesetzt, den Schlern von Ost nach West zu überschreiten und zu umrunden. Über den Gamssteig soll es hinauf, über den Schäufelesteig wieder hinunter gehen. Und schon geht es los!

Teil 1: auf dem Gamssteig hinauf zum Schlernhaus

Wie immer, starte ich mit der ersten Morgendämmerung um 4:45 Uhr, und zwar am "Parkplatz für Wanderer" in Bad Ratzes (1200 m). Das erste Ziel des Tages ist die Schlernbödelehütte (1726 m); gut beschildert und markiert führt der Steig steil durch Wald empor, nach 90 Minuten habe ich die in aussichtsreicher Lage auf einer Wiese gelegene Hütte erreicht. Jetzt, um 6:15 Uhr, herrscht hier noch absolute Stille - nur aus dem Brunnen neben der Gästeterrasse plätschert friedlich Wasser in den Trog. Welch schöne Stimmung!

Gleich hier oberhalb des Brunnens ein Wegweiser: dort zweigt vom Weg Richtung Prosslinger Schwaige der Steig Nr. 1B zum Gamssteig und zum Schlernhaus ab. Ich bin erstaunt: der Steig ist hervorragend mit roten Markierungen versehen, er ist nicht zu verfehlen. Steil geht es durch den Bergwald hinauf, auf die darüber unnahbar dräuende Felswand des Schlern zu. Nach weiteren 30 Minuten stehe ich dann am "Einstieg" des Gamssteiges: rote Pfeile leiten zu einem Wandstück, das mit einem Drahtseil zugänglich gemacht wurde. Gleichzeitig ist dies die "Schlüsselstelle" des Gamssteiges; hier heißt es kurz zupacken und etwas kraxeln (kaum I, Selbstsicherung nicht nötig). Immer den roten Zeichen folgend, geht es anstrengend an den Fuß der Felswand. Man beachte die großartige Szenerie, die einen umgibt: Tiefblick ins Tal, Fernsicht bis zum Alpenhauptkamm, in unmittelbarer Umgebung wilde Felstürme und Wandfluchten!

Der Gamssteig führt im folgenden auf breitem Band steil, aber absolut unschwierig empor; ca 40 Minuten nach Beginn habe ich etwa in seiner Mitte eine breite, vorspringende Wiesenkanzel erreicht: hier lohnt es sich, innezuhalten und die phantastische Umgebung zu bewundern. Man sitzt einerseits bequem auf diesem Wisenbuckel unter der mächtigen Ostwand des Schlern, andererseits bricht das Gelände jäh in die gähnende Tiefe ab, und gegenüber steht der Langkofel über der weitläufigen Seiser Alm.

Welch ein Traum !!

Es folgt die zweite Hälfte des Gamssteiges, ebenso rassig wie der erste Teil, aber immer unschwierig und gut begehbar. Immer weiter geht es dicht an den Felsen empor, und dann habe ich nach weiteren 40 Minuten das obere Ende des Steiges erreicht: völlig unspektakulär endet er auf den flachen Wiesen, die sich im Gebiet des Schlernhauses (2450 m) ausbreiten. Nur noch 20 Minuten - dann ist dieses erreicht, knapp 4 Stunden habe ich ab Bad Ratzes gebraucht - darin sind aber etliche Fotopausen enthalten, so daß die in Bad Ratzes auf dem Wegweiser genannten 3:30 Stunden Gehzeit absolut realistisch einzuschätzen sind.

Im Nachhinein möchte ich den Gamssteig als das "Schmankerl des Schlern" schlechthin bezeichnen: gut begehbar, es braucht natürlich Kondition und alpine Erfahrung - dann aber wird die Begehung zum großen Erlebnis.

Teil 2: unterwegs auf dem Schlern

Wie geht es nun weiter? Zunächst einmal mit einer Brotzeit vor dem Schlernhaus, die ersten Übernachtungsgäste sind im Abmarsch begriffen. Noch steht jetzt, um 9 Uhr in der Früh', blauer Himmel über dem Gebirge, dies wird sich innerhalb der nächsten 2 Stunden aber ändern. Ich wandere auf bequemem Weg hinauf zum Petz (2563 m), dem höchsten Punkt der Schlern-Hochebene, jenseits wieder hinab und hinüber zum nahen Burgstall (2515 m). Noch ein Stückchen weiter, und ich stehe an den scharfen Abbrüchen, wo es viele 100 Meter hinab geht bis zu den Völser und Seiser Wäldern. Leider kommt nun zunehmend Gewölk auf, welches zunächst vor allem Euringer und Santner Spitze einhüllt. Nur kurz ragen diese beiden Spitzen aus dem Wolkengebräu - dann sind sie auch schon darin verschwunden. Schade!

Als ich zum Petz zurückgekehrt bin, haben sich auch Langkofel und Rosengarten eingehüllt: schwarze Wolken quellen hier empor und lassen nichts Gutes erahnen. Fast möchte ich meinen Plan der Schlern-Überschreitung aufgeben und sicherheitshalber über den Touristensteig nach Bad Ratzes zurück gehen - aber dann bestätigt ein Gespräch mit anderen Berggängern ("Des hält scho' noch bis abends") mein Vorhaben. Nur Mut, wird schon werden, und notfalls ist man am Schäufelesteig ja schnell drunten.

Teil 3: auf dem Schäufelesteig hinunter nach Peter Frag

Auf dem großen Wegweiser beim Schlernhaus ist auch der Schäufelesteig ausgewiesen. Er führt zunächst mit wenig Gefälle über Wiesengelände an den Westrand des Schlern; hier wird dann das Gefälle größer. Über viele Kehren geht es steil bergab, man betritt weiter unten Waldgelände, und wären nicht die vielen Bäume, würde sich wahrscheinlich ein Gefühl der Ausgesetztheit einstellen. So aber steige ich flott hinunter; viele Leute kommen mir entgegen, sie schwitzen sich an diesem schwül-warmen Sommertag bergan - und wieder einmal bin ich froh, so früh gestartet zu sein und hinunter zu gehen, während andere noch aufsteigen.

Knapp 2 Stunden nach Verlassen des Schlernhauses habe ich Peter Frag (1546 m) erreicht - hier trifft der Schäufelesteig auf den Prügelsteig, der sich als sanftere Alternative für den Aufstieg zum Schlernhaus anbietet. Tisch und Bank, ein Marterl und natürlich ein Wegweiser - das ist Peter Frag, zu dieser etwas eigenartigen Bezeichnung habe ich keine weiteren Erläuterungen gefunden.

NACHTRAG im Mai 2018:
unser Bergkamerad georgb hat mir eine äußerst plausible Erklärung des Namens gegeben:
"Petra Fracta" ist die lateinische Bezeichnung für "Felskluft" - und sie paßt hervorragend zu diesem Ort, an dem der Prügelsteig in den kluftartigen Einschnitt zwischen dem Schlernmassiv im Norden und dem Hammerwandkamm im Süden hineinführt.
Herzlichen Dank, georgb!

Teil 4: von Peter Frag zum Völser Weiher, nach Seis und zurück nach Bad Ratzes

Auf Weg Nr. 1 geht es nun Richtung Hofer Alpl, weiter zur Tuffalm (1274 m) und hinab zum Völser Weiher (1056 m). Inzwischen ist die Einsamkeit des Gamssteiges längst Vergangenheit, ein unglaubliches Gewirr badender Genußmenschen umgibt mich. Ab dem Völser Weiher folge ich dem Weg Nr. 2, er führt durch Wald, und kaum habe ich die Badeseen hinter mich gelassen, umgibt mich wieder Stille. All diese Badenixen liegen nur am Wasser, kaum jemand kommt auf die Idee, ein Stückchen zu laufen.

Etwas oberhalb der Hauptstraße, welche die diversen Orte des Seiser Gebietes verbindet, erreiche ich das Hotel Vigiler Hof: hier stelle ich mich an eine Bushaltestelle, und nach wenigen Minuten kommt auch schon ein Bus, der mich nach Seis zur Talstation der Seilbahn bringt (die Busse verkehren im 30-Minuten-Takt). Ich bin zufrieden, jetzt nach fast 10 Stunden Marsch die Beine etwas ausruhen lassen zu können.

An der Talstation der Seiseralmbahn ist ein großes Busterminal; von hier aus könnte man alle Stunde nach Bad Ratzes fahren (dieser Bus fährt nur alle 60 Minuten). Gerade eben ist kurz vor meinem Eintreffen jedoch ein Bus gefahren, ich mag keine Stunde untätig warten, zumal der Fußweg nach Bad Ratzes kürzer ausfällt. Ich überquere den großen P an der Seilbahnstation, an seinem hinteren führt ein bezeichneter Weg in den Wald hinein und hinauf nach Bad Ratzes. Nach weiteren 40 Minuten bin ich dort und habe damit meinen Ausgangspunkt wieder erreicht.

Mein Vorhaben ist damit Realität geworden - Schlernüberschreitung und -umrundung sind geglückt; ein langer, aber eindrucksvoller Rundweg steht im Tourenbuch.

Tourengänger: gero


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Geodaten
 30569.gpx Überschreitung Ost-West
 30570.gpx Wiederanstieg Seis-Bad Ratzes

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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 14. Juli 2016 um 07:20
eine wunderbare Bergreise!

lg Felix


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