Matterhorn - V i n t a g e


Publiziert von Nyn , 1. März 2024 um 11:09.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:22 August 1983
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2850 m
Abstieg: 2850 m

EINLEITUNG
Die Normalroute von der Schweizer Seite via Hörnligrat und heutige -teils erleichternde-teils erschwerende!- Bedingungen sind hundertfach beschrieben und der Berg zu Recht weltbekannt.
Ich möchte Euch hiermit gerne ausführliche Eindrücke sowohl meiner ersten Besteigung 1983, als auch der erneuten Besteigung im Jahre 1992 weitergeben und wie versprochen Bilder nachliefern.


1 9 8 3
TEXT vom KB zum Dom vom 18.8.1983
Nachdem wir wenige Tage zuvor am Matterhorn wettertechnisch mit Donner, Blitz und Neuschnee am Zelt nahe der Hörnlihütte abgeblitzt waren, musste mein Bruder leider schon nach Hause. So blieb ich mit Norbert am Berg und wir beschlossen, zunächst auf den Dom zu gehen
Wir trugen erneut schwere Rucksäcke, samt Zelt und Übernachtungsgeraffel bis nahe der Domhütte.
Aufstieg: Festigrat, UIAA II, ca 45Grad
Abstieg: Normalweg via Nordflanke


Nach diesem doch sehr ordentlichen Auftakt (der erst 4000er gleich der Dom via Festigrat - habe leider gar keine Bilder von dieser Besteigung) befanden wir, der Nobs und ich, uns für fit genug, um das Matterhorn erneut zu versuchen. Der Schnee von vor paar Tagen am Höri war weitgehendst weggeschmolzen, die Bedingungen sozusagen fast perfekt.

Text vom 02.09.2020 zur Besteigung  am 22.8.1983
(Bilder 1-4, aufgenommen von einem 59j.! Bergsteiger-Kollegen, den wir dort trafen und der wenn ich mich recht entsinne, mit Führer das Höri bestieg. Er war von unserem jugendlichen Überschwang sehr begeistert und hat uns dann später die 4 Bilder geschickt. Danke dafür!)


2ter und erfolgreicher Versuch am Hörnligrat.
Bei unserem ersten Versuch wenige Tage zuvor - zusammen mit meinem Bruder - hatten wir den untersten Teil bis etwa 3500m Höhe erkundet - das Wetter machte uns dann erstmal einen Strich durch die Rechnung.
Diesmal ging alles glatt!
Mit Norbert

Barfuss bis zum Schwarzsee. Norbert lief sogar bis zur Hörnlihütte barfuss, in deren Nähe wir erneut zelteten
(Damals ging das noch, k.a. wie das heute ist...)
- Wir starteten relativ spät. Dank stabilen Wetters, Helligkeit und guter Sicht hatten wir mit der Orientierung -wie sonst oft als problematisch beschrieben- keinerlei Probleme. Die ersten Führerseilschaften kamen uns dafür etwa am oberen Ende der Moseleyplatte schon wieder entgegen - einige wenige weitere Begeher im Bereich der Fixseile nach der Schulter. Die Verzögerung für uns war jedoch sehr gering.
- Gesichert haben wir 2 SL, die Schulter bis an die Aufschwünge war bockelhart gefroren blank, aber dank der Fixseile dann relativ problemlos. Die letzen Meter zum Gipfel zwar steil, aber mit gutem Trittschnee
- Den Gipfel hatten wir komplett für uns alleine! - und da wir ja nur bis zum Zelt absteigen mussten, konnten wir uns auch dafür Zeit lassen und genügend Konzentration übrig lassen.
- Alles in Allem fand ich die Route mit dieser "Taktik" eigentlich bedeutend weniger stressig, als sie von Vielen heute beschrieben wird. Zugegeben dürfte die Anzahl der Begeher (wie die der Sicherungsstangen - die es damals noch gar nicht gab!) auch deutlich angestiegen sein.


E r g ä n z u n g e n / G s c h i c h t l e (geschrieben 2024)
So "glatt" wie bei uns lief es nicht bei Allen. Mitten in der Nacht, als wir nahe der Hütte zelteten und ein paar h zu schlafen versuchten, kamen aus der Wand einige Male Rufe von Bergsteiger-Kollegen, die sich wohl beim Abstieg verspätet und/oder zu weit in die Ostwand verirrt hatten(?).
Wir bekamen diese Rufe - geht es euch vor großer Tour auch so, dass ihr eher unruhig seid?- schon halbwegs mit, sahen uns aber ausserstande, hier helfend einzugreifen. Waren doch u.a. etliche deutlich erfahrenere Bergführer auf der Hütte.
Wir erfuhren dann erst später, dass die Bergführer angesichts der vglweise lauen Nacht und der offenbar Unverletztheit der Rufenden von einer Rettung absahen - dazu aber gleich noch mehr!

T r a m p s
Nach Nobs' und meinem Gipfelerfolg übernachteten wir erneut im Zelt - für ein Frühstück reichte es glaub noch an Proviant - und stiegen dann halbwegs gemütlich nach Zermatt ab. (Eine Bahnfahrt konnten wir uns damals nicht leisten)
Da mein Bruder Andreas bereits abgereist war, standen wir nun leicht ungeplant ohne Fahrzeug da und da eine Zugfahrt vom Wallis zurück nach Oberschwaben für uns ebenso unerschwinglich war, beschlossen wir, es per Anhalter zu versuchen. (Ob wir ein Schild mit unserem Wunschziel bastelten, weiss ich nicht mehr - es galt zunächst, aus dem Seitental heraus zu kommen)

Mit dem ganzen ZeltundBergsteiger-Geraffel so gut es ging verpackt ein Unterfangen, welches zunächst reichlich ernüchternd war. Viele der  "Touristen", die uns beim Auf-oder Abstieg noch bewundernde Blicke zugeworfen hatten  (ECHTE MATTERHORN - BE...RG...STEIGER!) fuhren nun mit ihren dicken, leeren "Limousinen" an uns vorbei, ohne uns auch nur zu beachten.

Einige gefühlt sehr lange ca 1.5(?)h vergingen ohne Erfolg. Ich glaube, wir haben aus Angst, eine potentielle MF-Gelegenheit zu verpassen, auch keine Kochpause mehr gemacht. Schließlich hielt eine Frau mit einem KLEINWAGEN! an, die uns bis ins Rhonetal mitnahm (Ortsende Mörel). Damit standen wir dann -um ca 19 Uhr(?) -das weiss ich nicht mehr genau - an einer der Hauptstrecken Richtung Deutschland.

Abwechselnd hielten Nobs und ich die Daumen raus, aber es hielt sehr lange niemand an.
Schon überlegten wir, uns einen Schlafplatz zu suchen, -es muss schon gegen oder nach 21Uhr gewesen sein - als doch noch eher unerwartet ein Fahrzeug hielt, ein alter Audi100 war es glaub ich - mit einer deutschen Nummer aus FFB (Fürstenfeldbruck/Bayern)... Sollten wir erneut Glück haben? JA!

Die 2 "wilden" Jungs in ähnlichem Alter wie wir kamen sichtlich ebenfalls vom Berg und offerierten uns, uns bis ~Lindau mitzunehmen, gegen eine Benzinkostenbeteiligung.  SUPER! Mit uns 4en und 4x Hochtouren-Geraffel war die "Mühle" echt voll bis oben hin.

Wir tauschten unsere aktuellen Bergabenteuer aus und es stellte sich alsbald heraus, dass die Beiden eben diejenigen waren, welche wir in der Nacht vor unserem Gipfelsieg am Matterhorn aus der Ostwand hatten rufen hören!
Welch ein krasser Zufall!... da hatten wir Gesprächsstoff für eine lange Zeit und das war auch gut so.

Die nächsten h bzw. dann den größten Teil der Nacht verbrachten wir nämlich abwechselnd damit, etwas zu schlafen, oder als Beifahrer den Fahrer wach zu halten. Angesichts der geteilten Interessen/Erlebnisse zumindest sehr kurzweilig.

Unser "Absetzpunkt" war dann iwann am sehr frühen Morgen - ich meine außerhalb von Kressbronn, wo Nobs und ich uns noch 2 oder 3h iwo in einem Obstgarten in die Schlafsäcke hauten. (Pfändertunnel und neue B31 gab es noch nicht!)

Wir beschlossen dann, ab da getrennt weiter zu trampen, weil die Chancen so weit ab vom Berg zu zweit deutlich sinken würden mit unserem Riesengepäck.
Nobs kam zuerst weg (ich meine, Richtung Friedrichshafen, wo er eh hin wollte) - ich stand Richtung Ravensburg und wie es der Zufall erneut so will...es hielten nach schätze mal 20 Minuten - ich traute meinen Augen kaum - meine GROßELTERN! an, die damals einen Camping-Platz und Wagen am See bei Kressbronn hatten.

Oma hatte mich gesehen und erkannt - ."Das ist doch der MARKUS!"- hatte sie gesagt und Opa war umgekehrt. Beide haben in ihrer Jugend auch geklettert und waren sehr lange Jahre noch mit uns in den Bergen wandern gewesen, als wir Kinder waren.
Sie waren voll des Lobes über unsere Touren und unsere Odysee fand ein schönes Ende.
Oma und Opa kutschierten mich die ca 60km bis zu mir nach Hause!
Herzlichen Dank !


1 9 9 2
Text (geringfügig ergänzt) des KB und der Besteigung am 31.7.1992
Endlich hat es auch zusammen mit meinem Bruder Andreas geklappt, dem Horn aufs Haupt zu steigen.
Wir 3 (auch Nobs ist nochmal dabei!) zelten diesmal nah des Hirli, steigen erst kurz vor Helligkeit los und haben in meiner Erinnerung einen entspannten und sehr gelösten Tourentag. Die Gewissheit, dass wir das schonmal geschafft haben, hervorragende Bedingungen und die guten Akklimatisierungs- und Vorbereitungstouren mit Jonas + Nobs (Petit Dents de Veisivi + Dent Blanche) bzw. nur Nobs (Rimpfischhorn) die Tage zuvor tragen zum selten schönen Gelingen bei.

Am Hörnligrat selbst: Einige wenige Seilschaften kommen uns entgegen, das ist kaum störend, den Rest des Auf-, sowie des Abstiegs sind wir völlig alleine und ungestört!!!
Erneut genießen wir einfach Alles.
12.10 Uhr: Nur wir Drei sind GANZ oben!



ENDE
Die Bilder und alte, wie ergänzte Texte lassen unseren damaligen Wallis-Trips sehr lebendig werden. Mein herzlicher Dank geht daher an meine damaligen Tourenpartner Nobs und Andreas, mein wehmütiges Erinnern an den später am Berg verunglückten Jonas (R:I:P)



Tourengänger: Nyn


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (6)


Kommentar hinzufügen

Schubi hat gesagt:
Gesendet am 1. März 2024 um 15:29
Hey Markus.
Danke für's Mitnehmen auf die zwei Vintage-Matterhorn-Touren. Solche Erlebnisse sind bestimmt Gold wert ...
Beste Grüße
Frank

Umumba hat gesagt:
Gesendet am 1. März 2024 um 21:08
Zwei solche Zufälle beim Trampen auf dem Rückweg - in einem Film würde man das als zu viel Hollywood belächeln. :)

Wimpy hat gesagt: Die wilden 80er
Gesendet am 1. März 2024 um 21:47
Merci Markus, für die schönen Geschichten aus den wilden 80er .
Gruess vom Rüedu

Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 2. März 2024 um 06:52
Was für wunderbare Geschichten, Markus! Vielen Dank!

hannes80 hat gesagt:
Gesendet am 2. März 2024 um 12:44
Die alten Bilder haben richtig Charme ... ein superschöner Bericht von einer eindrucksvollen Unternehmung!

Nyn hat gesagt: Feedback auf Vintage
Gesendet am 2. März 2024 um 12:58
Werte hikr,
ich hätte nicht damit gerechnet, dass diese "alten" Bilder eine solche Resonanz erfahren würden. Dass diese Euch viel Freude bereiten, ist um so schöner für mich.
Werde diese Serie "Vintage" (und andere ebenso) sehr gerne fortsetzen.


Kommentar hinzufügen»