Horu hautnah: Gandegg- und Hörnlihütte


Publiziert von rhenus , 14. September 2024 um 17:02.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 6 September 2024
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 1100 m

Seit dem Frühjahr 2006 endlich wieder mal im schönen Matter- oder Nikoleital, wie das Tal früher hiess. Am Vortag unserer Trekkingtour zur Monte Rosa Hütte besuchte ich in einer leichten Wanderung in grossartiger Landschaft die Gandegg- und die Hörnlihütte sowie den "Matterhorn Glacier Trail" dazwischen. Die Pyramide des Matterhorns ist dabei stets vor Augen und machte auf mich erneut einen gewaltigen Eindruck.

Während das Saastal wegen eines Murgangs auf die Kantonsstrasse auf dem Landweg nicht mehr erreichbar war und über 2'200 Touristen blockierte, war das Mattertal mit der Bahn ohne Probleme erreichbar. Allerdings führte auch die Vispa ein grosses Hochwasser. Die ungestüme Matter Vispa, welche am 21. Juni 2024 in Zermatt über die Ufer trat und dort Schäden in Millionenhöhe verursachte, blieb diesmal brav in ihrem steineren Bett, als ich am Nachmittag des 5.9.2024 in Zermatt eintraf. Nach dem Einchecken im zentral gelegenen Hotel Continental machte ich eine kurze Wanderung durchs stark belebte Dorf, besuchte den legendären alten Friedhof, das Matterhorn Museum und machte bei trübem Wetter eine kurze Rundwanderung zum Aussichtspunkt Zem Bäch 1707m mit dem grossen Kreuz.     

Matterhorn Museum - Zermatlantis
Der touristische und wirtschaftliche Aufschwung vom armen Bergbauerndorf Zermatt zum Weltkurort ist zu einem grossen Teil auch dem Matter Horn und dessen tragischen Erstbesteigung am 14. Juli 1865 zu verdanken. Geschichtlich interessierten Bergsteigern kann daher der Besuch des im Jahre 2006 eröffneten neuen, unterirdischen Matterhorn Museum empfohlen werden. Unter dem Glasdach neben der Dorfkirche eröffnet sich unter Tage eine vergangene Welt, das alte Zermatt ("Zermatlantis"). Um einen gepflästerten Dorfplatz gruppieren sich 14 Gebäude mit Kirche, Pfarrhaus, Sennerei, Bergführerhaus oder die Reception des alten Hotels "Monte Rosa". Ein Schwerpunkt des Museums liegt in der Darstellung des Dramas der Erstbesteigung des Matterhorns durch Edward Whymper, der zusammen mit Vater und Sohn Peter Taugwalder, Michel Croz, Francis Douglas, Robert Hadow und Charles Hudson den Gipfel erreichte, aber mit dem Absturz von 4 Teilnehmern endete. Weiter wird u.a. die Geschichte der Matterhorn-Nordwand-Besteigungen gezeigt. Auch das Wirken des legendären Zermatter Bergführers Ulrich Inderbinen (1900 - 2004) wird dokumentiert. Der mit einer robusten Gesundheit gesegnete Inderbinen bestieg seinen Hausberg 371 Mal, das letzte Mal mit fast 90 Jahren!  

Gandegghütte - Gletschertrail - Hörnlihütte
Am 6. Sept. erwachte ein traumhafter Tag, doch es hatte bis etwa 3300m heruntergeschneit (ca. 40 bis 50 cm Neuschnee). Ich besuchte vom Trockenen Steg aus als Erstes die Gandegghütte, ein phantastischer Aussichtspunkt zu den weiss leuchtenden Zermatter Viertausendern und mit eindrücklichem Tiefblick zum Unteren Theodulgletscher. Die einstige SAC-Hütte ist heute in Privatbesitz und ein geeigneter Stützpunkt für die Angewöhnung an die grossen Höhen. Zurück bei den im Sommer tristen Bahnbauten im Trockenen Steg folgte ich dem markierten Weg (T2) durch die karge Steinwüste des Gletschervorfelds des Oberen Theodulgletschers und des Furgggletschers. Gletscher sind hochdynamische Landschaftselemente. Die beiden genannten Gletscher haben sich seit dem Hochstand der "Kleinen Eiszeit" um 1850 um ca. 3 km zurückgezogen. Der grosse Theodulgletschersee auf 2850m bildete sich erst etwa ab dem Jahre 1970, vorher hätte der Weg über Eis geführt. Erste Pionierpflanzen erobern die kargen Steinböden. Der nahe Theodulpass 3295m, ein wichtiger Passübergang zwischen dem Mattertal und dem Valtournenche war in der Warmphase vom 10. bis ins 13. JH bekanntlich auch auf der Nordseite komplett eisfrei. Wie der Berner Geologe Prof. Christian Schlüchter anhand von zahlreichen Holz- und Torffunden belegt hat, lagen die Gletscherzungen in den Schweizer Alpen vor 1'900 bis 2'300 Jahren mindestens 300m höher als heute. Mit dem Klimawandel dürfte dieser Zustand in einigen Jahrzehnten wieder erreicht sein. 

Fesselnd auf der ganzen Wanderung zum Hirli war der Blick auf die Ostseite des Matterhorns. Eine einzigartige, gewaltige Pyramide ist das Matterhorn! Der Zürcher Naturforscher Hans Conrad Escher von der Linth (1767 - 1823), der als Erster eine naturgetreues Bild des Matterhorns erstellte, schrieb zu seinem Besuch von Zermatt am 14. August 1806: "... erhält man auf einmal den Anblick des Matterhorns, der über alle Beschreibung gross u. auffallend ist - noch sah ich in der ganzen Alpenkette keine solche schroffe u. so hohe Felsenpyramide wie diese ist, die der Form eines starken Obelisken am nächsten kommt." 

Nach dem kleinen Furggsee 2872m führte mich der Weg hinunter ins eisfreie Gletschervorfeld des Furgggletschers, wo ich den viel Schneeschmelzwasser führenden Furggbach mit einem Brücklein bei Pt. 2677m ohne nasse Füsse zu kriegen überqueren konnte. Nach kurzem Gegenaufstieg erreichte ich die Bergstation bei Hirli 2775m. Nun folgte ich dem mit Kunstbauten, Leitern und Seilen gut ausgebauten und rege frequentierten Weg zur Hörnlihütte, welcher im trockenen Zustand ein T2 kaum überschreitet. Der Hüttenweg ist schön und interessant angelegt und führte mich in rund einer Stunde zur grossen, komfortablen neuen bzw. erweiterten Hütte. Als ich ankam, wurden durch die Air Zermatt einige Versorgungsflüge durchgeführt. Die neue Hörnlihütte wurde im Jahr 2015 anlässlich der 150-Jahr-Feiern der Erstbesteigung des Cervino eröffnet. In Anlehnung an seinen legendären Ausspruch schrieb der Schweizer Alt-Bundesrat Adolf Ogi auf die erste Seite des Hüttenbuchs: "Es ist ein freudeherrschendes Gefühl, hier zu sein. Dies im Andenken an alle diejenigen, die das Matterhorn zum schönsten Berg der Welt gemacht haben: mit Respekt, Ehrfurcht und Dank". 

In meinen Kreisen ist die Besteigung des Matterhorns über den leichten Hörnligrat verpönt (zu Touri bzw. zuviele Bergsteiger mit Stau am Berg, zu viel loses "Ghüder" mit Steinschlaggefahr). Doch diesmal waren - vermutlich wegen dem Neuschnee - trotz schönstem Wetter nur wenige Bergsteiger anwesend, die anderntags das Matterhorn besteigen wollten. Jedenfalls genoss ich fast alleine die sehr schöne Aussicht von dieser hohen Warte aus und machte mich dann auf den Abstieg zur Bergstation beim Schwarzsee. Am Freitagabend traf ich in Zermatt mit Dominik und Fabienne zusammen und lernte ihre vier Freunde und Freundinnen aus Süditalien kennen, mit denen wir anderntags zur Monte Rosa Hütte aufsteigen sollten. Gegen Abend gaben schliesslich auch 5 junge Musiker und Musikerinnen im Rahmen der "Zermatt Music Festival & Academy" auf dem Kirchplatz in Zermatt eine halbstündige Serenade.





Tourengänger: rhenus


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