Guffert über den Westgrat


Publiziert von Kaiserin , 19. November 2023 um 16:46.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Rofangebirge und Brandenberger Alpen
Tour Datum:21 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:13,7 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Nach Achenkirch am Achensee fahren, nördlich davon die Straße Richtung Steinberg am Rofan nehmen. Dort im Ort links zum Gasthof Waldhäusl abbiegen und am dortigen Wanderparkplatz parken.

Nachdem ich kürzlich wieder auf dem Guffert war (eigentlich meine Standardtour, die mache ich seit mehr als einem Jahrzehnt fast jedes Jahr in Form der klassischen Nord-Süd-Überschreitung) ist mir eingefallen dass ich meinen GPS-Track meiner einzigen alternativen Begehung dieses formschönen Berges hier einstellen will, nämlich die Route über dessen Westgrat.  Mike und ich hatten uns diese Route im Sommer 2021 ausgesucht. Passenderweise wurde das damit sogar mein exakt 10. Besuch auf dem Hauptgipfel, und auch ein Spezieller, denn wir waren am Ende derart spät dran dass wir den Gipfel tatsächlich für uns alleine hatten.  Das war mir noch nie passiert und ist mir seither auch nicht wieder passiert.

 

Warum stelle ich nun überhaupt einen Bericht rein?  Es gibt ja bereits einige gute Beschreibungen online inklusive Topos, und algi hat folgenden Bericht verfasst: https://www.hikr.org/tour/post43456.html.  Nun, wie oben bereits angedeutet, zum einen ist hier noch kein Track hinterlegt, zum anderen haben wir uns trotz zweier Topos mehrfach verhauen.  Eventuell kann ich Wiederholer*innen hiervor u.a. durch den Track bewahren.  Die Route ist nämlich vor allem eines: äußerst alpin!  Und von der Routenfindung her somit wirklich komplex.  Mit algis Bewertung bin ich daher auch nicht so ganz einverstanden. ;)

 

Zunächst einmal war der Aufstieg zur Route für mich persönlich ungewöhnlich, gehe ich die Südroute doch sonst nur runter, nicht rauf!  Aber natürlich kannte ich sie schon, halt in anderer Richtung.  Inklusive des Abzweigs unterhalb der “Löcherwand”, denn dort bin ich damals, als ich das erste Mal vom Guffert abstieg, aus Versehen abgebogen.  Wir hatten es dann aufgrund fehlender Markierungen recht schnell gemerkt. ;)  Jetzt wusste ich ja dass ich genau auf diesen Pfad einschwenken will, und tatsächlich ist der Beginn mit einem Steinmann markiert.  Hier biegt man also nach links ab, in die Latschengassen, die Stand Sommer 2021 gut ausgeschnitten waren und bis auf kurze Latschenkontakte im Bereich des kleinen Absatzes an dem man nach Norden abdreht problemlos passierbar waren.

Bei der Querung nach Norden zum Westgrat ist ein extrem steiles Schuttfeld zu queren.  Die beste Route ist mir unklar, wir sind dort durch wo wir aus der Vegetation rausgekommen waren, und das stellte keine gute Variante dar.  Die Passage hier war schon ziemlich prekär, ich kann davon eigentlich nur abraten, alles rutscht, jederzeit, ich weiß aber leider auch nicht wo es besser ginge.  Eventuell irgendwo oberhalb rüber?  Jedenfalls war das die einzige wirkliche Schwierigkeit beim Zustieg zum Grat.

 

Der Einstieg zum Grat ist dann klar, es liegt ja ein Drahtseil drin.  Danach verleitet aber recht bald eine Gasse in den Latschenkiefern zum Weitergehen geradeaus nach Osten.  Das ist aber falsch!  Die Latschen machen bald zu.  Beim Zurückgehen fiel uns auf dass nach (im Aufstiegssinne) scharf rechts oben eine Pfadspur duch den bewachsenen Hang führt - und da sogar ein kleiner Steinmann steht.  Diese Pfadspur gilt es zu finden.

 

Die erste Schlüsselstelle (III-), die mit einem Pendelseil versehene Platte auf der Nordseite, haben wir dann gesichert.  Wäre sicherlich auch ohne Seil gegangen, mit war’s auf jeden Fall angenehmer.

Die eigentliche Schlüsselstelle (III) sah dagegen gut machbar aus.  Mike war voraus.  Dass wir sie erreicht hatten war offensichtlich da plötzlich Bohrhaken auftauchen.  Auf meine Frage ob wir das Seil auspacken sollen meinte er dass er sich das erstmal anschauen will.  Zwei, drei Züge weiter kam von oben ein “hier hat’s ja Henkel!”.  Somit war die Sache klar: gar kein Problem, geht gut ohne Sicherung.  Ist aber halt auch nicht ausgesetzt, anders als die Platten.

Bei der zweiten, südseitigen Platte zwischen West- und Hauptgipfel ist es, vom Westgipfel kommend, nicht so ganz abschätzbar wie es mit etwaigen Griffen aussieht.  Wir haben daher an der Stelle wieder das Seil ausgepackt.  An allen drei Schlüsselstellen gibt es Bohrhaken für den Standplatz.  Mit Seil war’s dann gar nicht wild (II).  Ob ich’s allerdings bei einer Wiederholung seilfrei machen würde?  Davon bin ich nicht überzeugt.  Rutscht man ab liegt man hunderte Meter weiter unten, da ist eine Sicherung schon vernünftig.

 

Wir hatten wie erwähnt einige Verhauer, konkret vier an der Zahl.  Ich lasse sie bewusst im GPS-Track drin um zu zeigen wo man falsch abbiegen kann.  Sehr ärgerlich war der letzte Verhauer am Hauptgipfel: die eine Topo meinte man soll links, also nach Norden ausweichen und dort hoch.  Das haben wir uns angeschaut.  Man steht dann aber vor einer glatten Wand.  Was die Topo damit meinte ist mir schleierhaft.

Die andere Topo sagte hingegen dass man vor dem Hauptgipfel stehend rechts herumgehen und dann links einen Riss hochklettern soll (II).  Das war dann auch die gut machbare Variante über die wir am Hauptgipfel angekommen sind.

 

Interessanterweise war uns am Westgipfel erstmal komplett unklar welches der Grasbänder wir anpeilen müssen um die Plattenstelle zu erreichen.  Wenn man vom Gipfel aber einfach mehr oder minder direkt nach Süden den Grashang absteigt wird es klar, und es steht an der Stelle an der man aufs Band abbiegt auch ein Steinmann.  Hier besteht also eher nicht die Gefahr sich zu verlaufen.

 

Zur Zeit ist zu sagen dass wir nach 5 1/4 Stunden Gehzeit am Westgipfel ankamen.  Eine weitere Dreiviertelstunde später am Hauptgipfel.  In Summe haben wir also 6 Stunden bis zum Ende der Route gebraucht (Gesamtzeit mit Pausen: 7:10 h), obwohl wir bis auf die zwei Plattenstellen seilfrei gegangen sind und in derartigem Gelände eigentlich auch nicht langsam sind.  Das lag, wie bereits erwähnt, auch an ein paar Verhauern, die man glücklicherweise ziemlich schnell merkt, die aber dennoch Zeit, besonders zum Diskutieren, benötigen.  Von den Klettergraten die ich in dem Schwierigkeitsgrad bislang so gemacht habe war der Guffert-Westgrat sicherlich bislang der unübersichtlichste.  Er ist aber halt auch lang, das ist nicht zu unterschätzen.  Und eher kein wirklicher Grat sondern ein häufig breiter Rücken, mit entsprechend vielen Optionen.  Gerade im unteren Teil kommt man gefühlt kaum voran, die Gipfel wollten einfach nicht näher kommen.

 

Der Abstieg erfolgte dann unkompliziert und fix in unter 2 Stunden über den Normalweg runter zurück nach Steinberg am Rofan.

 

Für mich persönlich war der Guffert-Westgrat eine sehr eindrucksvolle Highlight-Tour, bei der ich eine andere Route auf einen Berg, den ich doch eigentlich so gut kenne, ausprobieren und erleben durfte.

 

Die Anforderungen am Westgrat liegen häufig bei II, sehr häufig bei I, mit vielen Stellen an denen man potenziell abstürzen könnte.  Die Schlüsselstelle ist in den Topos mit III bewertet, wobei ich diese um ehrlich zu sein nicht schwerer fand als viele andere Stellen, aber das ist subjektiv.  Im Gesamtkontext (Kletterschwierigkeiten/Ernsthaftigkeit/Ausgesetztheit) vergebe ich daher eine T6+ für den Grat.

Am Grat selbst waren wir langsam (?), jedenfalls relativ zur Beschreibung mit Topo die ich hatte.  Wie gesagt, wir sind bis auf die beiden Plattenpassagen alles seilfrei gegangen, Zeit haben wir hier also eigentlich nicht großartig verloren.  Dafür waren wir sehr schnell abgestiegen, was dann eine Gesamtzeit mit Pausen von 9,5 Stunden bedeutete.  Bei der Tour kommen ca. 1400 Hm und 13,7 km zusammen.


Tourengänger: Kaiserin


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