Hocharn (3254 m) - auf den Höchsten der Goldberggruppe


Published by 83_Stefan , 30 July 2024, 21h28. Text and phots by the participants

Region: World » Austria » Zentrale Ostalpen » Goldberggruppe
Date of the hike:14 October 2023
Hiking grading: T4- - High-level Alpine hike
Climbing grading: I (UIAA Grading System)
Waypoints:
Geo-Tags: A   A-S 
Time: 9:15
Height gain: 1800 m 5904 ft.
Height loss: 1800 m 5904 ft.
Access to start point:Durch das Rauriser Tal über Rauris, Wörth und Bucheben zur Mautstation auf etwa 1230 Metern Seehöhe und weiter auf der Mautstraße bis zum Großparkplatz Lenzanger; Mautstelle am Begehungstag nicht besetzt, laut Internet 10 Euro Mautgebühr.
Accommodation:Abseits des beschriebenen Wegs: Naturfreundehaus Kolm Saigurn (1598 m, Naturfreunde Österreich)
Maps:Austrian Map

In Kolm-Saigurn, dem Abschluss des langen Raurisertals, lösten sich Ende August 2023 nach starken Regenfällen hunderttausende Kubikmeter Geröll und Gestein aus dem Pilatuskar zwischen Hocharn und Hohem Sonnblick und hinterließen im Talgrund eine Spur der Verwüstung. Auch der ehemalige Steig vom Naturfreundehaus zum Hocharn wurde im unteren Teil nahezu komplett verschüttet und im Bereich der Rutschung weggerissen. In diesem Tourenbericht ist der Anstieg beschrieben, der den verwüsteten Bereich umgeht, um anschließend über das Gletschervorfeld des Hocharnkees und den Südgrat zum Hocharn zu führen. Dabei kann man die zerstörerische Kraft der Natur mit eigenen Augen sehen und gewinnt einen Eindruck über die Dimension des Ereignisses. 
 

Der Hocharn ist zwar mit Abstand der höchste Berg der Goldberggruppe, aber wesentlich bekannter und auffälliger ist der benachbarte Hohe Sonnblick, der mit steiler Wand über dem Talschluss aufragt, und auf dessen Gipfel sich das Sonnblick Observatorium befindet. Der Hocharn hält sich dezent im Hintergrund, dafür glänzt er mit einem hervorragenden Rundumblick.

Die kostenpflichtige Kolmstraße führt von der Mautstelle hinauf zum Großparkplatz Lenzanger, wo ein Sperrschild die Weiterfahrt verbietet. Hier befindet sich ein Nationalpark-Informationszentrum und im Sommer hält hier sogar ein Linienbus. Vom Parkplatz folgt man der für den öffentlichen Verkehr gesperrten Straße weiter taleinwärts, an der Verzweigung hält man sich links. Die Straße erreicht schließlich das gewaltige Schuttfeld, das seit Ende August 2023 im Talgrund liegt, kurz nach dem Beginn des Schuttfelds befindet sich eine Brücke. Wer zum Hocharn will, verlässt hier die Straße und überquert die Hüttwinklache; zum Begehungszeitpunkt war der Steig offiziell gesperrt (siehe Epilog). Der alternative Anstieg über das Naturfreundehaus existiert nicht mehr.

Im untersten Bereich ist der Steig verschüttet, der Schutt wird aktuell abgetragen. Nach der Brücke hält man sich rechts und durchquert das Schuttfeld, um an seinem Rand grob in südwestlicher Richtung anzusteigen, bis man wieder auf den Steig trifft. Er vermittelt den weiteren Anstieg, bis das Gelände kurz vor dem Bach, der vom Pilatuskar herunterfließt, steiler wird und ein Grauerlenfeld erreicht wird. Hier verlässt man den Steig (Steinmann), der kurz darauf am Rande des Bachs weggerissen wurde, und kürzt auf deutlichen Spuren eine Kehre ab. Ab hier ist der Steig von den Auswirkungen der Mure nicht mehr betroffen und in gutem Zustand.

Durch steiles, mit Erlen bestandenes Gelände gelangt man am Erfurter Weg höher, eine kurze Stelle ist mit einem Seil versichert. Schließlich flacht sich das Terrain etwas ab und der Weg führt auf einen grasigen Rücken über dem Pilatuskar hinauf, auf dessen anderer Seite sich die steile Nordwand des Hohen Sonnblick Respekt verschafft. Weiter oben verläuft sich der Rücken und nach und nach gelangt man ins Gletschervorfeld des Hocharnkees, das von glattgeschliffenen Felspartien gekennzeichnet ist. Die zuverlässigen Markierungszeichen weisen den günstigsten Weg durch das meist unschwierige Felsgelände. Der Anstieg ist äußerst aussichtsreich, nicht nur der Hohe Sonnblick mit seiner dunklen Nordwand weiß zu überzeugen, sondern auch die Weitblicke stimmen - am Schareck schaut man vorbei bis zur mächtigen Hochalmspitze. Unter dem Hocharnkees schwenkt der Steig schließlich Westen um und quert durch ödes Gletscherschliffgelände hinüber in Richtung Goldzechscharte. Bereits am Anfang der Querung wird ein kurzes Toteisfeld des Gletschers überschritten, das sich in einer tiefen Rinne unter schützendem Blockschutt verborgen hält; kurz darauf ist ein Graben zu queren, aus dem man auf der anderen Seite steil, aber versichert wieder hinauskraxeln muss (Schlüsselstelle, T4-). Der restliche Weg zum Südgrat des Hocharn lässt sich bereits überblicken und zieht sich lange dahin, weil man in den glatt geschliffenen Felsen und in den schuttigen Passagen nur langsam vorankommt. Man erreicht den Grat an einer beschilderten Verzweigung nördlich der Goldzechscharte und hat nun den anstrengendsten Part hinter sich. Hier öffnet sich erstmals der Blick auf die andere Seite, wo sich gut 300 Meter tiefer der aufgestaute Zirmsee befindet, der zur Energiegewinnung dient.

Am meist deutlichen Steig geht es am Grat bergauf, vor allem im unteren Bereich muss man öfters Hand an den Fels legen. Nach einer unschwierigen Etappe mit Gehgelände wird ein Felsturm rechtsseitig umgangen, hierbei ist eine kurze, versicherte Rinne zu bewältigen (T4-). Anschließend geht es problemlos am breiten Rücken auf einen Vorgipfel hinauf, auf diesem Abschnitt zieht der elegante Großglockner die Blicke auf sich.

Es folgt das Finale der Wanderung: Am Verbindungsrücken gelangt man über den Resten des Hocharnkees hinüber zum Gipfelaufbau, wo es nochmals steil und felsig wird. Mit etwas Vorsicht lassen sich die letzten Meter aber gut bewältigen und dann steht man endlich oben auf dem Hocharn, wo gleich zwei Gipfelkreuze auf den Besucher warten. Der Ausblick ist eines Gruppenhöchsten würdig, aus dem 360-Grad-Panorama sticht insbesondere die Glocknergruppe mit dem höchsten Berg Österreichs hervor. Auf der anderen Seite grüßt in der Ferne die Hochalmspitze und im Nahbereich dominieren Hoher Sonnblick und Schareck. Das Hochalmkees liegt einem zu Füßen, aber hinunter nach Kolm-Saigurn sieht man nicht. 

Der Abstieg erfolgt auf dem Anstiegsweg und zieht sich insbesondere bei der Querung im Gletscherschliffgelände nochmals arg in die Länge.

Schwierigkeiten:
Anstieg von Kolm-Saigurn zum Hocharn: T4-, I (bei besten Verhältnissen technisch verhältnismäßig einfache Route; Schlüsselstellen bei der Querung im Gletscherschliffgelände sowie oberhalb der Goldzechscharte am Grat; über weite Strecken hochalpiner Anstieg, der nicht unterschätzt werden sollte).

Fazit:
Eine wahnsinnig aussichts- und abwechslungsreiche 5*-Unternehmung an der Grenze zur Hochtour, die mit zahlreichen Glanzlichtern aufwartet. Bereits kurz nach dem Start beeindruckt der Blick zur Nordwand des Hohen Sonnblick, im Mittelteil kann man im Gletscherschliffgelände mit dem Hocharnkees auf Tuchfühling gehen, ehe man sich am Grat vor lauter Ausblicken kaum sattsehen kann. Vorsicht: Der Anstieg war am Begehungstag offiziell gesperrt (siehe Epilog), das Gelände unterhalb des Pilatuskars ist nach dem gewaltigen Murenabgang im August 2023 instabil und sollte gemieden werden.

Mit auf Tour: maxl.

Anmerkung:
Mehr zur Verwüstung bei Kolm-Saigurn gibt es zum Beispiel vom Land Salzburg bei YouTube sowie auf der Homepage und vom ORF bei YouTube.

Epilog:
maxl und ich waren nicht auf eine Verwüstung im Bereich der Aufstiegsroute eingestellt, sonst hätten wir ein anderes Ziel gewählt. Beim Marsch entlang der Straße zum Naturfreundehaus wunderten wir uns zwar über die enormen Geröllmassen im Talgrund, dachten zunächst aber auch wegen einiger Bagger an große Bauarbeiten. Den Abzweig des ersten Steigs sahen wir im Schuttfeld nicht, deshalb wollten wir über das Naturfreundehaus ansteigen. Zu dieser Zeit sind wir nicht auf die Idee gekommen, dass es sich hierbei um die Hinterlassenschaften einer gewaltigen Mure handelt. An der Hütte war der Anstieg zum Hocharn nicht ausgeschildert, aber deutlich ausgetreten, kein Schild wies hier auf eine Sperrung hin und so folgten wir dem Steig bis er am Schuttfeld endete. Anfangs noch auf schwachen Trittspuren, bald aber schon weglos, folgten wir dem vermuteten Verlauf des Steigs. Wo dieser kurzzeitig neben der Sturzbahn der Geröllmassen verlief, war der Steig in tadellosem Zustand, weiter oben war er wieder völlig verschwunden. Spätestens hier dämmerte uns, was geschehen war. Am Bach, der aus dem Pilatuskar herabfließt, war nach einigen waghalsigen Querungen vorerst Schluss - die Mure hatte bei ihrem Abgang alles im Umkreis des Bachs mitgerissen, darunter Versicherungen, Leitern und Brücken. Was blieb, waren frisch herausgerissene Felsen, ein tief eingegrabener Bach und steile, instabile Flanken aus Schutt. Nachdem wir etwas abgestiegen waren, fanden wir eine Stelle, an der wir mühsam die Sturzbahn queren und auf die andere Seite gelangen konnten. Dort verläuft im unteren Bereich ein alternativer Steig, der sich weiter oben mit dem verwüsteten Anstieg vereint. Hier war ein Aufstieg möglich, nur eine kurze Stelle musste wegen einer weggerissenen Kehre umgangen werden, was aber problemlos möglich war. So konnten wir die geplante Tour fortsetzen. Beim späteren Abstieg folgten wir dem alternativen Weg, der im unteren Bereich ebenfalls verschüttet war, die Geröllmassen konnten allerdings ohne Schwierigkeiten umgangen werden. Lediglich an der Brücke, die zuletzt über die Hüttwinklache hinüber zur Straße führt, wurde auf die Sperrung hingewiesen - weder am Naturfreundehaus, noch bei der Verzweigung am Grat fand sich ein Hinweis.


Kategorien: Goldberggruppe, Gruppenhöchste, 5*-Tour, 3200er, T4.

Hike partners: maxl, 83_Stefan


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Geodata
 63482.gpx Tourenskizze (kein GPS)

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Comments (2)


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Sent 31 July 2024, 17h48
Danke, ein klasse Bericht, da bekomm ich gleich Lust den längst fälligen Hocharn zu besteigen. Mal schau´n ob sich das noch ausgeht.

Viele Grüße
Gerhard

83_Stefan says: RE:
Sent 2 August 2024, 15h41
Hallo Gerhard, vielen Dank für das Lob! Der Hocharn ist ein klasse Berg, ein Besuch lohnt sich sehr. Aber nur bei guter Sicht, sonst hat man nichts vom tollen Panorama. Viele Grüße!


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